Konditionierte Entspannung - auch was für uns?

  • Hallo,


    ich lese grad diese cavecani-Seite und aufgrund des Stichworts im Thread zum Thema Kontrollwahn kam ich zu dem Thema Kond. Entspannung.


    Folgende Baustellen - oder eigentlich ist die Wurzel allen Übels ja nur eine Baustelle - haben wir bei unserem 9 Monate alten Hund:


    - kann nicht alleine bleiben -> sucht sich dann gezielt etwas zum Zerstören, selbst wenn man alles versteckt, er geht auch an Fensterbänke usw. um Dinge da runterzuholen und kaputtzubeißen oder zu reißen.
    - Im Auto kurz warten (Tankstelle etc.) -> er bellt, sobald man 0,5 m vom Auto entfernt ist, und wenn man "zu lange" wegbleibt (z. B. weil man nicht der einzige an der Kasse ist), beginnt er, seine Decke im Auto zu zerrupfen. Er hat eine Box im Auto. Fehlt diese Box mal, geht er während des Wartens durch das Auto, sucht z. B. im Türfach nach Papier oder ähnlichem und zerrupft das dann.
    - Zu Hause: Immer auf Hab-Acht-Stellung! Wenn ich aufräume, im Haushalt was mache: er läuft mir permanent hinterher, wie ein Schatten! Lege ich ihn im Türrahmen ab, robbt er sich allmählich weiter in den Raum rein. Schließe ich die Tür hinter mir, schnauft er unter der Tür hindurch oder sucht sich im Haus etwas Zerrupfbares.
    - Sitze ich auf dem Sofa, liegt er bei mir. SOBALD ich mich selbst auf dem Sofa nur einen Tick bewege (z. B. Beine ausstrecken), steht er SOFORT auf und guckt mich an, als ginge jetzt irgend eine Action los. Ich kann mich im Haus nirgends auch nur ansatzweise bewegen ohne daß er direkt hinter mir ist. Ich setze mich irgendwo hin - er legt sich dazu. Stehe ich dann noch mal auf, um eine Kleinigkeit zu holen - er sofort dabei. Wenn ich 5x hintereinander die Treppe rauf und runter gehe, kann ich mich darauf verlassen, daß er IMMER mitkommt.
    - Kommt Besuch (viele haben bei uns einen Schlüssel), ist er sofort zur Stelle und begrüßt alle ausgiebig :muede:
    - er entspannt sich erst, wenn ich irgendwo länger als 15 Minuten sitzen bleibe.
    - Sobald er die Katzenklappe hört (wir haben 2 Katzen), steht er auf und rennt hin, um den Katzen hinterherzulatschen. Sobald eine Katze durch den Raum geht, läuft er hinterher, jagt sie auch manchmal.
    - gehe ich in den Keller, liegt er oben im Flur, DIREKT vor der Kellertreppe und wartet. Dauert es zu lange, geht das Zerstören wieder los.
    - Mal vor nem Geschäft warten, z. B. zum Brötchen kaufen oder Brief abgeben ist natürlich auch nicht drin, da bellt er sofort das ganze Dorf zusammen (und es geht echt nicht um Einkäufe oder sowas, sondern um Sachen von 1 - 2 Minuten).
    - Treffe ich auf der Straße jemanden, bleibe stehen und unterhalte mich kurz, beißt er in die Leine, bellt los, "kaut" auf meiner Hand oder am Jackenärmel herum - Gespräch unmöglich.


    :ka:


    Mit Ablegen auf Distanz probiere ich es - es fällt ihm noch sichtlich schwer. Tür hinter mir einfach zu hat den o. g. Effekt. Ich glaub, ich muß da strukturierter dran - ist denn die "Konditionierte Entspannung" da ein Weg? Oder noch was anderes?


    Danke vorab...

  • Könnte (abgesehen vom Zerstören) meine Hündin sein, von der Beschreibung her :D
    Wir haben mit konditionierter Entspannung sehr gute Erfahrungen gemacht und es hilft definitiv. Allerdings ist das auch kein Allheilmittel, sondern man braucht parallel ein gut strukturiertes Training und muss die Verhaltenesweisen auch im Alltag konsequent durchbrechen.

  • Ich hatte die gleiche Probleme mit meinem Labi Mädchen in der Pubertät.
    Abhilfe brachte konditionstraining mit ablegen auf ihre Decke. Belohnung anfangs schon nach 2 minuten ruhig sitzen bleiben wobei ich ebenfalls daneben sass.
    Der hund musste nur auf seiner decke bleiben, er muss nicht sitzen oder liegen, macht er aber bald spontan :-)
    Nach und nach habe ich es ausgebaut, zuerst paar schritten weg gehen, dann aus dem zimmer für paar sekunden ect...hat sehr gut geklappt nach so ca. 4 wochen konnte ich den hund auf seiner decke schicken und sie döste dann brav vor sich hin.

  • Er zerstört ständig Sachen - ich verzweifle bald!! :( :


    Gestern und heute mußte ich ihn jeweils 15 Minuten alleine lassen - nichts Neues für ihn und auch früher nicht problematisch gewesen. Ich hatte schon alles mögliche hochgestellt, weggeräumt, Schuhe alle ins Gäste-WC und dort die Tür zu, Puppenwagen der Kinder oben aufs Sofa, alles an Spielzeug in die Schränke oder Regale, echt alles.


    Was findet er? Er holt sich einen Holz-Nussknacker aus dem Regal und zerbeißt ihn.


    Heute holt er in meiner Abwesenheit einen Hausschuh meiner Tochter von der Fensterbank und zerfetzt den!


    Gerade mache ich die Kinder bettfertig und er holt ne Windel aus dem Eimer und zerrupft die vollends! dabei bin ich da, er sieht mich, kann hier frei rumlaufen, er ist in derselben Etage!


    Was ist hier los??

  • Ich würde im Alltag darauf achten, dass er vermehrt Distanz zu mir wahrt, ohne Kommando, um diese Erwartngshaltung zu verringern.


    Ihn immer mal aussperren, hinterherlaufen verhindern, er scheint ja enormen Frust zu haben und die Toleranz Frust auszuhalten, musst du erhöhen, denn die scheint ja bei Null zu sein.


    Auch mal wo anbinden würd ich machen, auch mal im Haus oder unterwegs.

  • ich find mich schon ziemlich streng... :( : Ich bin ziemlich pingelig im Training allgemein, ich achte darauf, daß ich z. B. erst ein Kommando auflöse usw., aber... ich bin grad total traurig und niedergeschlagen.


    Ich halte ihn schon auf Distanz, ich lasse ihn längst nicht mehr ständig hinter mir herdackeln. Ich schließe auch schon seit Wochen immer mal die Tür hinter mir und gehe z. B. alleine in die Küche oder sowas. Oder ich lasse ihn mal sitzen und bleiben, wenn ich kurz draußen (ebenerdig) zum Kompost gehe. Ich erfülle selten seine Erwartungen (in die Küche gehen = nicht immer Fressen, Schlüsselkasten öffnen = nicht immer rausgehen, er legt seinen Kopf morgens bei uns aufs Bett = ich springe nicht gleich auf usw.). Er wird beileibe nicht betüdelt, behätschelt oder gibt den Ton an.


    Einerseits kann er derzeit nicht (mehr) alleine bleiben, andererseits weiß ich nicht, wie er sich derzeit fühlt, wenn man's mal auf der "Psycho-Ebene" betrachtet. Unterfordert? Überfordert? Einfach nur pubertär? Gestresst? Frustriert? Wenn ja, worüber?


    Ablauf ist hier so, daß ich ihn morgens nach dem Aufstehen entweder kurz rauslasse oder ne Mini-Runde mit ihm gehe, je nachdem wieviel Zeit gerade ist. Dann bekommt er 1/2 Portion Futter. Dann muß ich die Kinder fertig machen und in den Kindergarten bringen, er kommt mit, wartet kurz im Auto (= sofortiges Bellen, danach entweder Warten oder An-der-Decke-Rumkauen). Danach direkt großer Spaziergang, sehr viel Freilauf, Rückruftraining, gelegentlich normale Grundsachen halt (klappt super!), toben, alles schön.


    Zu Hause ganze Portion Fressen, dann mache ich was im Haushalt oder entspanne mal. Lege ich mich hin, entspannt er auch. Mache ich Hausarbeit, latscht er mir permanent hinterher.


    Bevor ich mittags die Kinder abhole, gehe ich mit ihm noch mal, danach muß er halt 15 Min. warten, dann machen wir Mittagessen usw., nachmittags gegen 14 / 15 Uhr gehen wir noch mal ne mittlere Runde, und abends ab 20 / 21 Uhr ne Kleine. Der Nachmittag wird von den Kindern "beherrscht", sie toben ggf. rum, laufen im Haus herum, alles ganz normal. Drehen sie richtig auf, macht er mit, bellt, will mit balgen etc. :/ (Oft kommt auch noch die legendäre Oma (86) zu besuch, aber diese Problematik würde ein ganz neues Fass aufmachen).


    Abends arbeite ich zu Hause am PC, dann liegt er neben mir. Wenn ich meine Sitzposition geringfügig ändere, ist er sofort wieder wach und aufmerksam.


    Was ich an der kond. Entspannung auch noch nicht raus habe: Wenn er sich entspannt, lobe / belohne ich ihn? Dann ist er ja sofort wieder in Erwartung. :???:


    Schwierig. :( :

  • oh gott .. klingt ja grauenhaft :lol:


    wie reagierst du wenn du deine sitzposition veränderst und er sofort in hab-acht-stellung ist? ignorierst du ihn oder guckst du ihn an?


    hat er einen festen platz, den du ihm zuweisen kannst, während du hausarbeit machst? notfalls dort anbinden

  • Also das Entspannungstuch ist auf jeden Fall ein Teil der Lösung. Ich würde, sobald er sich entspannt (das siehst du ja auch wenn die Muskeln relaxen) kommentarlos ein Leckerchen hin legen (auch der Tipp weiter oben mit der Entspannungsdecke ist gut - gibts auch bei youtube Videos). Das hat bei unserem Hund gut geklappt. Gerade in so Situationen wie in dem Auto ist das Entspannungstuch natürlich auch nicht schlecht aber das wird nicht das einzige sein was helfen könnte. Einige sind der Meinung das dieses Thundershirt in so hohen Stresslagen gut helfen würde. Ich habe das noch nicht probieren können.
    Wir haben auch ein Signal dafür dass wir ohne den Hund gehen - "Du bleibst hier" - danach flog eine hochwertige Futterbelohnung ... vielleicht auch ein Knochen. Damit würde ich klein (also mit kurzen Zeiten) anfangen.
    Das sind so meine Ideen die ich probieren würde, wenn mein Hund solche Probleme machen würde.


    Übrigens würde ich drauf tippen das das ein "Pupertätsproblem" ist allerdings kann sich solchen Verhalten festsetzen.
    Ein guter Trainer ist vielleicht auch keine schlechte Idee.

  • Wenn ich im Sitzen die Füße bewege und er guckt erwartungsvoll? Dann bin ich innerlich genervt, nehme das zur Kenntnis, aber ich reagiere da nicht, gucke ihn auch nicht jedes Mal dabei an.


    Ich bin unsicher, ob ich ihn noch weiter distanzieren, auch anbinden usw. sollte. Frustriert das nicht noch mehr? Ich glaube schon, daß er ein "Kontrollfreak" ist, aber ich will auch, daß er sich wohlfühlt :fear: und nicht ausgeschlossen. Kontrollzwang kann ja auch stressen... ich weiß nicht. :muede: das ist einfach doof derzeit. Er ist jetzt 9 Monate alt, da muß doch noch was zu steuern sein.


    Wenn ich ihn z. B. beim Mittagessen im Flur neben der Küche bei geöffneter Tür auf seiner Decke ablege, dann liegt er da mit Kopf zwischen den Pfoten und "guckt traurig" (vermenschelnd ausgedrückt), aber richtig entspannt ist er nicht. Ich habe mal, als er mehrere Minuten so liegen blieb, ein Leckerchen zugeworfen - zack! stand er auf, fraß das Leckerchen und war wieder voller Erwartung :/


    Was auch immer furchtbar ist: Wir sitzen abends im OG im Arbeitszimmer. Kinder schlafen auch im OG, Hund ist im Arbeitszimmer dabei, entspannt sich, weil ich ja länger als 10 Minuten wo sitze.


    Gehe ich dann kurz runter, um mir z. B. ein Glas Wasser zu holen oder sonst was, dann ist er SOFORT hinter mir, kommt mit runter, guckt, was ich unten mache, kommt wieder mit rauf... nix mit Entspannung.


    Aktuelles Beispiel: er liegt neben mir und träumt (zuckt, wufft, "riecht" im Schlaf). EIGENTLICH will ich mir jetzt etwas Schoki und Getränk zum Arbeitsbeginn holen. Ich tue es nicht, weil ... er gerade einmal schläft, wahrscheinlich schläft er das erste Mal richtig heute, statt nur auf Hab-Acht-Stellung abgelegt zu sein.

  • Es gibt auch noch den Ansatz ein Signal für "ich bin jetzt nicht für dich verfügbar" zu aufzubauen z.B. eine Blumenvase immer an der selben Stelle wenn man sich nicht um den Hund kümmert. Die Vorgehensweise kenne ich allerdings nicht genauer - vielleicht kann da noch jemand was schreiben.
    Bei der konditionierten Entspannung musst du nicht Belohnen - der Duft wird mit dem Ausschütten von Entspannungshormonen verknüpft sodass bei richtiger Konditionierung der Duft zum Auslöser für die Ausschüttung der Hormone wird (ist das gleiche wie mit der Entspannungsdecke).

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