Ägypten - Das Tal der Hunde: Moonvalley bei Dahab

  • Ich bin ja des öfteren in Ägypten, vor allem auf dem Sinai, in dem kleinen Örtchen Dahab.


    Dort gibt es - wie in vielen anderen Orten auch - eine ganze Menge Straßenhunde.


    Im Vergleich zu meinem ersten Besuch vor 6 Jahren hat sich die Situation deutlich verbessert - mittlerweile werden die Hunde von den Einheimischen akzeptiert, z.T. auch von ihnen gefüttert.


    Die Vergiftungsaktionen sind nicht mehr so häufig - und dafür ist zum großen Teil eine einzelne Frau verantwortlich, die ich im März 2005 besucht habe.


    Janette ist eine ca. 50jährige Britin, von zarter und kleiner Gestalt und lebt mit ungefähr 100 Hunden im [url=http://maps.google.de/maps?f=q&hl=de&geocode=&q=dahab&sll=51.124213,10.546875&sspn=13.143918,41.132813&ie=UTF8&ll=28.525435,34.50899&spn=0.004487,0.010042&t=h&z=17]Moonvalley[/url] (im Link ** durch oo ersetzen, dann funktionierts), ca. 5 km nördlich von Dahab, auf dem Sinai.


    Dieses Tal ist zur Ostseite (also zur Straße) mit einem Zaun abgetrennt, an den übrigen Seiten wird es von Felsen umschlossen.


    Die Hunde sind also nicht eingesperrt, und es kommen auch häufig Wildhunde aus der Wüste für einige Zeit zu ihr - auch wenn sie sofort weg sind, wenn sie angesprochen werden - es sind halt echte Wildhunde, die sich von Menschen fernhalten.


    Auf dem Gelände verteilt sind einige Unterstände und wenige Bäume zum Schatten spenden, eine längere Hütte mit einzelnen "Hunderäumen" für kranke Hunde und am Ostende ist nochmal ein eingezäuntes Areal für trächtige Hündinnen, bzw. für Hündinnen mit Welpen.
    Janette selbst hat eine winzige Hütte mittendrin für sich.


    Ich krame mal mein altes Reisetagebuch hervor - und schreibe meine direkten Eindrücke vom 20.3.2005 auf - Bilder gibt es natürlich auch!


    Die Qualität der Fotos ist leider sehr schlecht - abgescannte nicht besonders hochwertige Bilder. - Sorry dafür!


    20.2.05
    Ich habe mir morgens ein Rad ausgeliehen, um Janette im Moonvalley zu besuchen: Sie ist als Autorin für die Reiseführerreihe "Footprints" vor Jahren nach Dahab gekommen und hier hängengeblieben.


    Erst hat sie sich ein wenig um die Pferde hier gekümmert, ist dann aber bald auf Hunde umgestiegen.


    Vor 2-3 Jahren hat die Regierung eine große Strychnin-Vergiftungsaktion in Dahab durchgeführt und einen Großteil der mehr oder weniger wild lebenden Hunde in und um Dahab vergiftet.





    Janette hat ihre Aktion erst im Ort Dahab selbst durchgeführt, die Möglichkeiten in einem einzigen Haus schienen ihr für das Hundeelend in Dahab nicht ausreichend.


    Seit ca. 10 Monaten hat sie jetzt das Moon Valley für 2000 ägyptische Pfund (das sind ca. 300 Euro) im Monat gemietet und lebt dort derzeit allein mit 110 bis 120 Hunden [genau ist das nicht zu schätzen, da immer mal wieder wildlebende Hunde aus der Wüste für einige Zeit da sind, die aber extrem menschenscheu sind]. Helfer hat sie selten.


    Das Tal ist zur Straße hin druch einen Zaun abgesperrt, sie versucht dadurch die Beschwerden über die Hunde auf einem geringen Level zu halten, was ihr auch mehr oder weniger gelingt.


    Kaum bin ich auf dem Gelände begrüßt mich schon das erste Rudel: 10-12 Hunde traben auf mich zu, einer bellend vorweg - das Rudel, das im vorderen Talbereich lebt, nimmt mich in Empfang.




    Ich bleibe stehen, hocke mich auf den Boden und warte. Die Gruppe bleibt 5 Meter von mir entfernt stehen, dann kommt ein Hund auf mich zu, beschnuppert mich und schaut mich an. Ich stehe auf und werde von dem Rudel durch ihr Territorium geleitet.



    Insgesamt leben territorial begrenzt etwa 8 Rudel im Valley und den umgebenden Bergen, nach meinem Empfinden mit recht natürlichem Verhalten und relativ problemlos.


    Problematisch wird es, wenn eine der Gruppen in ein anderes Gebiet übersiedeln will oder wenn permanent die Territoriengrenzen überschritten werden.


    Die "Leithündin" des ersten Rudeln begrüßt mich also und bringt mich ca bis zum ersten Drittel des Tales, wo mir Janette entgegenkommt.
    Wir setzen uns in den Sand und ich lasse mir eineinhalb Stunden lang etwas von ihrer Arbeit erzählen.


    Je länger wir sitzen, desto mehr Hunde kommen und legen sich zu uns.



    Jedes Gebiet innerhalb des Tales muss täglich von ihr mit Wasser und Nahrung versorgt werden - damit ist sie mindestens 4 Stunden beschäftigt.


    Nacht kann sie im Dahab Hilton den Küchenmüll nach Essbarem für die Hunde durchsuchen - mehr Unterstützung gibt es nicht.
    Jede Nacht schafft sie das nicht, die Hunde machen auf mich soweit erstmal einen gesunden Eindruck.



    Sobald sie alt genug sind, werden sie - wenn mal wieder ein Tierarzt von einer Orga geschickt wird - gegen Parovirose und Tollwut geimpft - gegen Würmer und Zecken ist kaum anzukommen.



    Für läufige Hündinnen oder kranke Hunde werden in einem abgesperrten kleinen Bereich untergebracht.


    Am Ostende des Tals ist ein weiterer kleiner Bereich mit einer Hündin, einem Rüden und 9 Welpen im Alter von ca. 8 Wochen, die noch nicht geimpft wurden.




    Janett erzählt, dass es momentan häufiger zum Kampf zwischen zwei benachbarten Rudeln gibt - und hinter ihr braut sich etwas zusammen.




    Insgesamt ca. 25 Hunde haben sich entschieden, dass die Frage nach den Grenzen ihres Reiches jetzt sofort geklärt werden muss.


    Janette springt auf, läuft dazwischen, läßt einen Brüller los - und es ist Ruhe. Ein wenig gegrummelt wird noch, sie drängt jede Gruppe ein wenig zurück ins jeweilge Gebiet, grummelt nochmal und kommt wieder zu mir.


    "Wo waren wir stehengeblieben?" - Hinter ihr ist wieder Ruhe eingekehrt. Die Hunde haben sich in den Schatten verzogen oder dösen in der Sonne.





    Ich gehe mit ihr durch das Tal, lasse mir alles zeigen. Immer begleiten uns mindestens 10 Hunden.


    ----- So, genug erzählt. Ihr Langfristprojekt und die Probleme, die sie bei der Umsetzung hat vielleicht ein andernmal.


    Jetzt erstmal Bilder - ohne weitere Worte.










    Nach ungefähr 4 Stunden verabschiede ich mich, ich lasse ihr ein wenig Geld, etwas Futter (sorry Hummel und Balljunkie - es war tatsächlich ein Beutel Fr*lic) :ops: , ein paar Halsbänder und 2 Leinen dagelassen.


    Netterweise werde ich von einer größeren Gruppe Hunde noch aus dem Tal geleitet. Brave Hunde ;)




    So, mehr Fotos habe ich nicht davon. Sonst nur noch Massen an Fotos von den Baladis (so werden diese Hunde von den Ägyptern genannt, steht auch in Sayeds Impfpass als Rasse), direkt im Ort Dahab.


    Und diese netten Hunde werde ich in den nächsten 3 Wochen mal besuchen gehen... :sun:

  • Ein sehr faszinierender Bericht! Hoffentlich triffst du die Frau und die Hunde wieder und kannst dann mehr berichten - das wäre super!! :reib:


    Danke, dass du die Fotos eingescannt hast für uns :streichel:


    Kaja

  • Finde deinen Bericht wirklich sehr interessant Frieda!
    Wirklich super was eine Person allein doch alles schaffen kann. Und was sie dafür in Kauf nimmt!
    Wie bekommt sie denn das Geld für die Miete zusammen, durch Spenden?

  • Zitat


    Danke, dass du die Fotos eingescannt hast für uns :streichel:


    Kaja


    :irre: Nix da, Kaja, die waren schon gescannt - mit einem Uraltgerät vor 3 Jahren... Die Arbeit würd ich mir heut nicht mehr machen ;-)


    Und noch eines vom November 2007 - direkt in Dahab.
    Dort haben wir zu viert ca. 5 Minuten an einer Ecke gesessen und waren auch schon von 2 Schmusekatzen und 2 Schmusehunden bekuschelt.


  • Hey, da hast du dir aber Arbeit gemacht.
    Sehr interessant.


    Eigentlich haben es die Hunde dort in dem Tal ja schöner, als sie es sich wünschen können.
    Aber doch nur eine Notlösung.


    Wenn Jeanette (heisst sie so? sorry, vergessen) nicht nach Essen suchen kann, wo bekommen die Hunde dann was her? Gut genährt sehen sie ja aus.
    Gehen die auch jagen?
    Es sind ja extrem viele Hunde. Sowohl fürs Jagen, als auch zum Füttern. Das ist doch gar nicht finanzierbar. Auch der Zeitaufwand, für 120 Hund Futter zusammen suchen, ist ja riesig.


    Das Ganze ist wirklich eine Lebensaufgabe.


    Werden die Hunde den kastriert?
    Macht ja keinen Sinn, wenn sie sich auch noch vermehren.


    Bin mal gespannt, auf den weiteren Bericht.


    Liebe Grüße
    Christine

  • Sehr interessant geschrieben, Frieda!


    ( Habe bei meiner Bewertung gerade zu früh auf Enter gedrückt, sorry...)


    Ich wünsche Dir einen schönen Aufenthalt dort, und freue mich schon auf Deine neuen Eindrücke.





    :)

  • Zitat

    Finde deinen Bericht wirklich sehr interessant Frieda!
    Wirklich super was eine Person allein doch alles schaffen kann. Und was sie dafür in Kauf nimmt!
    Wie bekommt sie denn das Geld für die Miete zusammen, durch Spenden?


    Ich weiß gar nicht, ob sie noch dort ist oder ob sie das Projekt abbrechen musste.


    Soweit ich sie verstanden hatte, lebte sie hauptsächlich von ihren Ersparnissen. Ab und zu bekommt sie auch mal kleine Spenden.


    Einige Cafes und Tauchschulen in Dahab unterstützen sie mit Spendenbüchsen.



    Sie bekommt immer mal Reste von Hotels, aber sichere Quelle ist halt das Hilton.


    Zu der Zeit als ich da war, war es für sie gerade ganz schwierig das Gelände überhaupt zu verlassen, da zwei Rudel gerade echt was zu regeln hatten, wie sie sagte.


    Sicher gehen die Hunde auch Jagen - eine kleine Berglandschaft ist direkt dahinter, Mäuse, Ratten und Kaninchen gibt es.


    Wasser wurde einmal in der Woche in Kanistern gebracht.


    Ab und an kommt mal ein Tierarzt, entweder von einer Orga in Hurghada oder tauchende Tierärzte, die Impfstoff mitbringen können.


    Wenn Geld da ist, dann werden die Hündinnen kastriert.

  • Meeeeeensch, wo treibst Du Dich schon wieder rum :motz:
    Kann mir mal einer den Neid aus den Klamotten schütteln.
    Unser einer erfriert hier und Du gehst tauchen, gibs ruhig zu, hab Dich ertappt.


    Aber im ernst, das ist mal eine riesen Aufgabe der die Frau sich dort stellt.
    Währe schön wenn Du weiter, und ausführlicher darüber Berichten könntest.


    LG
    Quendolina

  • Hallo Frieda,


    super Bericht. Danke!
    Da bin ich ja mal gespannt, was und wen du jetzt dort treffen wirst.
    Ich freue mich auf deinen Bericht!

  • Direkt in Dahab gibt es deutlich weniger Straßenhunde, als noch vor 6 Jahren, als ich das erstemal dort war.


    Mittlerweile hat sich, so scheint es mir, auch das Verhältnis vieler Ägypter zu den Hunden gewandelt, die allermeisten Hunde in Dahab selbst sind in Cafés, Restaurants und Tauchbasen untergekommen und werden von allen gut umsorgt.


    Sie leben einfach nebenher, liegen den Großteil des Tages in der Sonne und werden bei Sonnenuntergang gegen sechs Uhr Abends wach und streifen um die Häuser. Denn:


    Fütterungszeit! Die Touris strömen in die Strandrestaurants, Grillstuben, der Marktplatz füllt sich, alle sind draußen - da fällt immer mal was ab. Streicheleinheiten gibt es auch.


    Wenn man sich irgendwo niederlässt dauert es normalerweise nicht lange, bis man einen Hund bei, neben oder auf sich hat - wenn die Katzen nicht in diesem Restaurant die Oberhand haben (die gibt es auch überall).


    Es sind zwar superkuschelige, aber sie bestimmen selbst, ob, wann und wielange sie bekuschelt werden wollen.
    Das kann auch schon mal einen ganzen Abend lang gehen. Und am nächsten Tag guckt er einen noch nichtmal an, weil er eine neue Touri-Liebe gefunden hat!


    Saubande ;)







    Zu diesem letzten Bild ist zu sagen, dass auf dem Podest ein echt großer Fernseher steht - sozusagen das Kino in Dahab - jeden Abend ist die Bar gefüllt und alle starren auf den Fernseher - und auf die beiden hier, die es sichtlich genossen haben im Mittelpunkt zu stehen.




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