Leinenagression & meine "neue" Hundetrainerin

  • Hallihallo,


    ich möchte hier mal von meiner Erfahrung mit einer - wie ich finde sehr guten - Hundetrainerin am Wochende berichten. Würde mich freuen, wenn es jemanden interessiert und vielleicht auch das Ganze etwas beurteilt.


    Ich hatte es immer mal wieder in diverse Postings eingestreut: Meine Mischlingshündin Shari (4,5 Jahre, kastriert) wurde letzten Herbst auf dem Hundeplatz bei einer seltsamen Übung gebissen. Bezüglich der Übung (bei der ich auch völlig falsch reagiert habe): es gab zwei Reihen Hundehalter mit angeleinten und absitzenden Hunden und in der Mitte eine Gasse, wo immer ein Hund frei laufend durch musste. Eine freilaufende Hündin hatte sich (laut Besitzerin, die das wohl auch dem Hundetrainer sagte) auf meine Shari von Anfang an "eingeschossen" und als sie freigemacht wurde, raste sie direkt auf uns zu und verbiss sich in meine Hündin. Ich war hilftlos und in Panik, ließ da nicht mal die Leine los. Der Hundetrainer tat nichts und auch die andere Hundeführerin nichts. Meine Shari nur am panischen schreien. Irgendwann liess die andere Hündin dann los, Shari blutete wie verrückt (es war aber "nur" das Ohr durchgetackert). Vorher war Shari mit allen Hunden verträglich und spielte sehr gerne. Ab dem Zeitpunkt war sie leinenagressiv und extrem angespannt und schnell unter Stress. Nicht nur fremde Hunde verunsicherten sie, sondern auch fremde Menschen. Sie brauchte immer erst ca. 15 Min. beim Spazierengehen mit "Fremden", bis sie sich beruhigt hatte und nicht mehr total gestresst bellte.


    In der Theorie wusste ich auch, wie ich sie handeln sollte: Fehlverhalten ignorieren und positiv verstärken, sobald sie nicht bellte (bzw. Anzeichen zeigte). Es wurde in der letzten Zeit auch besser, aber mir fehlten auch ein bisschen die Übungsobjekte und - vor allem - jemand, der einfach mal mich beobachtete, weshalb ich lange (!!!) auf der Suche nach Unterstützung war. Nun habe ich eine Hundetrainerin gefunden und am Samstag war das erste Treffen.


    Meiner Meinung nach lief es super ab: Ich weiss jetzt, dass ich Shari nicht komplett ignorierte, da ich zwar nicht verbal auf sie einging, sie aber permanent in ihrer Unsicherheit Blickkontakt suchte und ich ihn ihr auch gab. Dies bestätigte sie wohl schon. Ich sollte meinen Hund also tatsächlich wie Luft behandeln und nach Möglichkeit wirklich ganz woanders hinsehen. Die Hundetrainerin ging zuerst mit uns beiden alleine und wurde seltsamerweise auch nur ganz kurz (vom Auto heraus) angebellt. Sharis Unsicherheit war in Nullkommanix verflogen (sie bekam Leckerchen und musste kleine akrobatische Übungen machen wie z.B. unter den Beinen der Hundetrainerin durchgehen. Und - oh wunder - Shari bellte gerade dreimal und dann war sie total entspannt und wartete auf weitere Leckerchen. Später holte die Trainerin ihren eigenen Hund raus und auch hier reagierte Shari unerwartet entspannt. Die Trainerin meinte sogar, dass Shari ein ganz tolles Sozialverhalten habe und absolut super auf ihren Hund reagiert habe (mit kleinen Zurechtweisungen, als er ihr zu stürmisch wurde).


    Gestern gingen wir dann mit Beate aus dem Forum hier spazieren. Wir trafen sie zum ersten Mal und Shari bellte noch weniger! Ich war total fasziniert und bin natürlich sehr glücklich über den Erfolg. Es wurde ja irgendwie besser, aber trotzdem war ich dann doch eher im Stillstand und hier ist es besonders wichtig, dass jemand Fremdes mal auf einen draufblickt und den Spiegel vorhält.


    Soo... das wurde ja doch recht lange. Eigentlich habe ich keine konkrete Frage, ich wollte nur mal meine Erfahrungen so mitteilen und dass es immer gut ist, wenn jemand Objektives mal auf einen achtet und man so die eigene "Betriebsblindheit" abschaltet. Mir ist nie bewusst aufgefallen, dass ich eigentlich ständig auf Shari achtete und ich wusste nicht, dass sie SO sensibel auf mich reagiert.


    Edit: Seit dem Beissvorfall, wo ich total versagt habe, möchte ich meinen Hund beschützen und meine Unsicherheit spiegelte sich auch in der Frage an die Hundetrainerin, ob ich Shari nicht irgendwie das Gefühl geben sollte "Ich bin für sie da, ich beschütze sie". Woraufhin sie nur meinte "Wovor soll Shari denn überhaupt beschützt werden? Ist doch nichts schlimmes hier! Gib ihr lieber das Gefühl 'Mädel, das kannst Du alleine schaffen - dazu brauchst Du mich nicht'!".


    Vielleicht habt ihr ja Lust, das ganze zu kommentieren :)


    Liebe Grüße
    Susanne

  • Ich freu mich auch für euch!!
    Genau wie du sagst: Wenn eine Situation festgefahren erscheint, jemand Fremdes mit Hundeverstand draufgucken lassen, das zahlt sich aus! Das Entscheidende ist aber, denke ich, dass DU etwas an der Situation ändern wolltest und deshalb aktiv geworden bist.
    Habe etwas Ähnliches mit meiner Hündin hinter mir. (Selbstbewusstsein aufbauen, damit sie vor anderen Hunden nicht in Panik wegrennt.) Gestern im Wald war es so, dass sie die beängstigende Situation mit einem in Drohhaltung auf sie zustürmenden Hund längst abgelegt hatte, ich aber immer noch das Adrenalin in meinen Adern spürte. Ich dachte: Nun merke ich mal meine Anteile und wenn ich nicht aufpasse, ist der Hund therapiert und ich darf auf die Couch :D
    Ich denke, dranbleiben lohnt sich, Geduld und ggf Fremdhilfe annehmen zahlen sich für ein glücklichen Hunde- und Menschenleben aus - du bist/ihr seid ein gutes Beispiel dafür!

  • Hallo Susanne!


    Ich tue ja auch alles menschenmögliche um aus dem Teufelskreis, in den ICH gefangen bin, bei der Leinenaggressivität und dem Umgang Eikas mit anderen Artgenossen gefangen bin, auszubrechen.


    Freitag bin ich deswegen nach Heusenstamm gefahren (ca. 80 km von uns entfernt) und habe dort unter Kennerblicken Eika an einer Spielstunde teilnehmen lassen.


    Fazit war:
    Es gab keine Probleme mit Eika, im Gegenteil. Sie weiß ihre Sprache einzusetzen, ist aber noch unsicher. So hat sie sogar einmal geschlichtet, sich dabei aber eine Situation ausgesucht, in der es hoch herging. Zum Üben sollte sie sich dann doch erst kleinere Streitereien suchen. Silke ist allerdings in dem Moment das Herz in die Hose gerutscht. Sie sah nur, wie Eika mittendrin war und, weil die Wogen hoch schlugen, auch mal abschnappte. Eika behielt aber die Nerven, und die Diskussion war beendet.
    Silke wollte erst gar nicht glauben, dass wir Eika als ungeübt, aber sonst völlig normal einstuften. Während der Stunde konnten wir manches erläutern, warum ein Hund sich so verhält, wie er es gerade macht.


    Unsere Trainerin ist in der Spielstunde auch immer dabei. Beim Thema "Leinepöbeln" ging sie nochmal auf das Thema Individualdistanz ein. Zaubern kann niemand von uns. Speziell hier braucht es Geduld und Nerven, das ist nicht nur bei Eika so.


    Fazit:
    - An der Leine hat Eika, wie einige andere Hunde auch, Probleme. Durch ihre Größe ist es für Silke dann schwieriger, ruhig zu bleiben. Ich habe die konzentrierte Handhabe mit Leckerlis gezeigt, die Silke evtl. beim Ablenken helfen kann. Das müsste geübt werden. Und sie muss üben, ruhiger zu werden, ich hatte den Eindruck, dass Eika dafür sehr empfänglich ist. Aber das weiß Silke selber.
    - Beim Spielen hatte Eika keine Probleme. Mal rannte sie mit, mal ging sie ihre eigenen Wege, mal beschnupperte sie die anderen oder kam neugierig an, wenn es interessant wurde. Wenn ich bedenke, dass sie zum einen eine 80-km-Fahrt hinter sich hatte und zusätzlich alles fremd für sie war, dann muss ich sagen: Ich bin neidisch.



    Nun suche ich mir eine neue Hundetrainerin, da ich inzwischen einsehen, daß meine bisherig keine Ursachenforschung betreibt sondern nur mit "Hau-Ruck" -Methoden (Halti; Wasser auf Kopf) arbeitet!


    Außerdem bin ich auf der Suche nach einem Calming Signals Kurs



    Gruß SilkeS.

  • Hallo
    Da ich jetzt mit meinen Hunden einzeln Gassi gehe, weil Chandro auch " wild " an der Leine wird, mit Euren Erfahrungen würde ich mir gerne Zeit und Fehler sparen. Also das ganze Theater ignorieren,um den anderen Hund einen weiten Bogen schlagen oder umdrehen, und rein gar nichts sagen oder machen? Ist das richtig?

  • Hallo Chandrocharly !



    Also das ganze Theater ignorieren,um den anderen Hund einen weiten Bogen schlagen oder umdrehen, und rein gar nichts sagen oder machen? Ist das richtig?
    Es ist aber wichtig, warum Deine Hunde Ziehen.
    Eika braucht an der Leine Individualdistanz zum anderen Hund.
    Ich soll es nicht ignorieren, sondern sie ablenken.


    Susanne soll ihrem Hund Selbstsicherheit vermitteln....


    Das sind zwei verschiedene Ursachen!


    Klär ab, warum Deine Hund ziehen, daß kannsst Du das Problem kämpfen!


    Gruß SilkeS.

  • Hi Sylvie,


    soweit richtig - aber noch besser wäre es garnicht so nah ran zu gehen das Charly Theater macht und dann sein Ruhigbleiben zu bestätigen. Und so im Training diese Distanz langsam verringern.


    @ Susanne,


    das liest sich doch mal super. Vor allem wenn man noch andere Threads im Kopf hat wo jeder Fehler weit von sich geschoben wird.
    Wir machen allen ständig kleinere, manchmal auch größere Fehler - und genau dafür sind doch die Profis da, die mal drüber schauen und uns sagen: guck mal, DAS ist zur Zeit bei Euch der springende Punkt.
    Danke für Deinen Erfahrungsbericht.

  • Zitat

    Hallo
    Da ich jetzt mit meinen Hunden einzeln Gassi gehe, weil Chandro auch " wild " an der Leine wird, mit Euren Erfahrungen würde ich mir gerne Zeit und Fehler sparen. Also das ganze Theater ignorieren,um den anderen Hund einen weiten Bogen schlagen oder umdrehen, und rein gar nichts sagen oder machen? Ist das richtig?


    Nicht immer. Es gibt Hunde, die "können" es eigentlich und werden von ihrem Besitzer, wenn dieser irgendwas Beieinflussen will, nur "genervt" - und reagieren daher mit Pöbeln.


    Es gibt aber auch Hunde, die haben so gar keine Idee, wie man sich an der Leine "höflich" verhält, wenn man anderen Hunden begegnet. Die muss man dann tatsächlich anleiten. Wieviel Anleitung es dann braucht, ist auch wieder individuell.


    Ich erzähle mal von meinen Hunden:
    Meine Teak kann ich nie unangeleitet in solchen Situationen lassen. Die ist selbst ohne Leine überfordert. Als mit Leine sowieso. Der muss ich immer sagen, was sie tun soll.


    Bei Bobby mache ich das nur, wenn der andere Hund ihm "Todesdrohungen" entgegenschleudert. Das macht ihm sichtbar zu schaffen. Daher vermittele ich ihm dabei: "Hey, mach mal dies und das" Und "Ich hab das im Griff".


    Bei Chill muss ich nie irgendwas tun. Die würde nie auf Pöbeleien eingehen, sie fühlt sich durch die Leine nicht derart eingeengt, dass sie sich in ihrer Kommunikation beeinträchtigt sieht.


    Aber um zu wissen, welchen Hund Typ man vor sich hat, muss man Hunde schon gut lesen können und auch erkennen können, wieviel von dem Verhalten man selbst "verschuldet". Da ist ein objektiver Blick eines Fachmanns oft sinnvoll...


    Viele Grüße
    Corinna

  • geht um Chandro. Er zieht gar nicht immer, übe mehr lockere Leine als ständig Fuss. Es geht um Hund von vorne. da fängt dieser kleine Wichtigtuer an sich gross zu machen,zu ziehen, Bürste evtl. Ich will einfach nur ruhig an anderen Hunden vorbeikommen. Es ist nicht immer nett, in einen anderen Thread so " reinzuspringen " aber andauernd neu eröffnen und Leine ,die 10000 ste? Deshalb ,bitte entschuldigt, nutze ich einen themenbezogenen Thread und wünschte,ich wäre auch so weit wie der Themenstarter.

  • Huhu,


    wie schön, erste Reaktionen :)


    DonCamillo: Vielen Dank! :-))


    Zitat

    Ich dachte: Nun merke ich mal meine Anteile und wenn ich nicht aufpasse, ist der Hund therapiert und ich darf auf die Couch :D


    Hihi... das trifft es. Eigentlich sind doch immer die Menschen schuld.


    Zitat

    Nun suche ich mir eine neue Hundetrainerin, da ich inzwischen einsehen, daß meine bisherig keine Ursachenforschung betreibt sondern nur mit "Hau-Ruck" -Methoden (Halti; Wasser auf Kopf) arbeitet!


    Hey, ich wusste ja gar nicht, dass Du Dich nun doch hier angemeldet hast! Schön, dass Du mit Eika so tolle Fortschritte machst! Du solltest das unbedingt auch noch im Literaturschock-Forum berichten - dort haben ja auch einige Anteil an eurer Geschichte genommen und ich bin sicher, dass das einige interessiert :)


    Zitat

    Also das ganze Theater ignorieren,um den anderen Hund einen weiten Bogen schlagen oder umdrehen, und rein gar nichts sagen oder machen? Ist das richtig?


    Ich denke, das ist ziemlich schwierig zu sagen, weil - wie Silke auch schon richtig schrieb und flying-paws das auch deutlich gemacht hat - jeder Hund unterschiedlich ist. Ich hatte z.b. vorher ja auch gedacht, dass ich Shari ignoriere. Mir war überhaupt nicht bewusst, dass ich sie durch Blickkontakt bestätigte und mir war noch weniger bewusst, dass sie diese Bestätigung so sensibel aufnahm.


    Zitat

    das liest sich doch mal super. Vor allem wenn man noch andere Threads im Kopf hat wo jeder Fehler weit von sich geschoben wird.


    Huch, ich hoffe, Du meinst jetzt nicht mich damit? Mir war eigentlich schon direkt nach dem Vorfall klar, dass ich total falsch reagiert hatte *schluck*


    Zitat

    Es ist nicht immer nett, in einen anderen Thread so " reinzuspringen " aber andauernd neu eröffnen und Leine ,die 10000 ste? Deshalb ,bitte entschuldigt,


    Mach Dir mal keine Sorgen! Das passt meiner Meinung nach hier schon rein und ich hatte ja keine direkte Frage (kann nur sein, dass Du deshalb vielleicht weniger Antworten kriegst). Ich würde Dir aber auf jeden Fall den Tipp geben, dass Du mal mit einer guten Hundetrainerin (kann natürlich auch das männliche Gegenstück sein) spazierengehst und sie Dich beobachtet und Dir Tipps und Erklärungen gibt.


    Liebe Grüße
    Susanne

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