Mein Hund wird abends aggressiv

  • Mein Hund Kenji, ein etwa zweieinhalbjähriger Shibarüde wird abends immer aggressiv. Er knurrt, keift, fletscht die Zähne und würde auch zuschnappen, wenn ihm jemand, egal ob Hund oder Mensch, dann zunahe käme.


    Zur Vorgeschichte möchte ich sagen, daß ich ihn vor knapp 4 Monaten zu meinen 2 anderen Hunden aus dem Tierschutz übernommen habe. Er war Anfang 2006 an einem Brückenpfeiler angebunden in der Nähe der polnischen Grenze gefunden worden. In den nächsten 16 Monaten durchlief er 2 Tierheime, mehrere Pflegestellen und war auch kurzzeitig immer wieder mal vermittelt gewesen. Ob er schon zu Beginn dieser Odyssee ein Angstbeißer war oder währenddessen dazu wurde, konnte ich nicht herausfinden. Er war es jedenfalls, als ich ihn übernahm. Im Hinblick auf seine Sozialisation kann man ihn als Kasper Hauser in Hundegestalt bezeichnen. Er war nicht an die Körpersprache von Menschen gewöhnt, aber auch die normalen Signale der Hundesprache waren ihm zumeist fremd, weder konnte er sie bei anderen Hunden deuten, noch selbst anwenden.


    Zu Anfang nahm er jede für ihn überraschende Hand- oder Fußbewegung meinerseits zum Anlaß um zuzuschnappen. Die ersten 3 Wochen hatte ich als ErsteHilfeSet immer Schere, Pflaster und blutstillende Watte in der Nähe meiner Spüle liegen, und habe sie auch öfters gebraucht. Vor meinen beiden anderen Hunden verkroch er sich in eine Ecke, kamen sie ihm zu Nahe, fletschte er die Zähne und schnappte zu.


    Mittlerweile hat er Vertrauen zu mir gefaßt, spielt auch schon öfters mit meinen beiden alteingesessenen Hunden, wir arbeiten an seiner Leinenführigkeit, er lernt so langsam einige Kommandos etc. Und ich seh bei allen Problemen, die er noch so hat, zumindest Land. Tagsüber ist er richtiggehend zutraulich und verschmust geworden, es ist eine wahre Freude, ihn so zu sehen.


    Einzig bei diesem Problem der abendlichen Aggression weiß ich nicht so recht, wie ich weiterkommen kann. Auch meine Hundetrainerin fühlt sich da überfordert. Im Augenblick wird er dann immer auf seinen Platz geschickt und in Ruhe gelassen. Aber diese Lösung befriedigt mich nicht sonderlich. Ich habe nun zwei mögliche Erklärungen. Entweder er fühlt sich durch die ganze Umstellung, das ganze Training etwas überfordert und ist abends einfach übermüdet und gereizt oder es steckt etwas pathologisches dahinter . Mein Tierarzt, mit dem ich darüber gesprochen habe, hat aber auch keine Idee, - im Augenblick wird erst einmal die Schilddrüse getestet, aber eigentlich sieht sein Verhalten tagsüber nicht so aus, als ob es daran liegen könnte.


    Hat jemand Erfahrung mit so einem Problem oder eine Idee. Ich wäre für jeden Hinweis dankbar.

  • Hallo,


    ich kenne das Problem! Es ist bei meiner Hündin (sie ist auch aus dem Tierschutz) zwar nicht so ausgeprägt wie Du es schilderst aber es ist deutlich dass sie abends wesentlich schlechter drauf ist als tagsüber.


    Sie wird abends sehr ruhig, manchmal wirkt sie fast schon deprimiert und knurrt dann auch mal meinen Freund an.


    Ich handhabe es auch so, dass ich ihr abends ihre Ruhe lasse (man merkt ja wenn der Hund lieber alleine gelassen werden möchte).


    Allerdings habe ich einmal gehört, dass es auch daran liegen könnte dass der Hund früher (also z.B. beim Vorbesitzer oder vielleicht als er auf der Straße gelebt hat) abends schlechte Erfahrungen gemacht hat!
    Vielleicht ist ja abends immer etwas passiert was für den Hund unangenehm war?


    Leider kann ich Dir keine besseren Tipps geben da ich das Problem auch nur im Griff habe indem ich die Kleine abends eher in Ruhe lasse.

  • Huhu,
    kann mich Thorns nur anschließen, hier dasselbe in Grün.
    Bei meinem Hund ist es schon viel besser geworden. Aber ich habe auch nur darauf geachtet, dass ihm niemand zu nahe kommt. Letztens habe ich ihn nachts mal berührt (er schläft neben meinem Bett auf dem Boden), da hat er fast in meine Hand geschnappt.


    Ich denke, die beginnende Dunkelheit macht Hunde wachsamer, gleichzeitig sind sie aber müder, was die Wachsamkeit verstärkt (wie zB auch Krankheit), aber auch das "Verstehen der Situation" erschwert. (weiss jemand, was ich meine?)


    Solange er nicht "vorwärts geht", also grundlos gegen Menschen agiert, würde ich zB. das Knurren ignorieren.


    Viele Grüße
    Silvia

  • Hallo!


    Nach dem, was Du schreibst, hast Du doch in nur 4 Monaten schon riesige Erfolge erzielt.


    Lass ihm einfach abends seine Ruhe, und beobachte sein Verhalten. Vielleicht fang an, ein Tagebuch zu führen. Dann erkennst Du eventuell irgendwann, woran es liegt. Schreib auf, Was ihr tagsüber macht, und wann er wie aggressiv reagiert. So lassen sich auch Fortschritte besser erkennen.


    Ich könnte mir echt vorstellen, dass er abends einfach müde ist, und ihm dann alles zu viel wird. Vielleicht sieht er auch nicht so gut, wenn es nicht mehr so hell ist. Oder er hat wirklich schlechte Erfahrungen gemacht.


    Lass ihm einfach noch etwas Zeit. Ihr seid doch auf einem guten Weg, wieso sollte es also nicht auch abends noch einfacher werden mit ihm?

  • Zitat

    Letztens habe ich ihn nachts mal berührt (er schläft neben meinem Bett auf dem Boden), da hat er fast in meine Hand geschnappt.


    Ja, ich würde meine Hündin jetzt auch nicht mehr nachts wenn sie schläft einfach anfassen. Geschnappt hat sie zwar noch nicht aber sie knurrt dann auf jeden Fall.


    Ich habe aber gelesen, dass das "normal" ist. Gerade Hunden, die schlechte Erfahrungen gemacht haben oder auf sich gestellt waren (z.B. auf der Straße gelebt haben) fehlt da das nötige Vertrauen bzw die Sicherheit.
    Wenn ein Hund z.B. auf der Straße gelebt hat musste er ja auf alles gefasst sein auch wenn er gerade geschlafen hat.

  • Zitat

    Huhu,
    Letztens habe ich ihn nachts mal berührt (er schläft neben meinem Bett auf dem Boden), da hat er fast in meine Hand geschnappt.

    Also ich würde meinen Kleinen auch nicht nachts berühren, er würde garantiert schnappen. Als Vorsichtsmaßnahme habe ich in jedem Zimmer ein Minilicht installiert, das die ganze Nacht brennt. Ich könnte sonst beim nächtlichen Schleichen auf die Toilette ihn aus Versehen berühren, wenn er mal seinen Schlafplatz wechselt. Ist halt blöde, wenn man mal Gäste über Nacht hat, die müssen dann erst nachdrücklich geschult werden.


    Lina: die Idee mit dem Tagebuch ist gut, die werd ich in die Tat umsetzen.


    Ich mache mir halt auch Sorgen, wenn es wirklich etwas pathologisches wäre und ich es übersehen würde...

  • Hast Du mal überlegt, ihm nachts die Möglichkeit zu geben, sich in eine Box zurück zu ziehen??


    Mein roter Cocker ist auch so ein Hund, der dank schlechtester Erfahrungen als Welpe und Junghund, ein Angstbeißer geworden ist, der in Situationen die in Überfordern und in denen er sich in die Enge getrieben fühlt (fremde Leute beugen sich so gerne über den ach so süßen Cocker :kopfwand: und bringen ihn damit in ziemliche Bedrängnis) mit Knurren und auch zuschnappen reagiert.


    Seit er Nachts in seiner Box schläft ist er auch tagsüber eine Ecke ruhiger. ich schätze mal, daß er einfach weiß, daß ihm nachts in der Box nix passieren kann und er da dann wirklich ausspannen kann. Die Tür der Box ist nachts geschlossen, eben auch aus dem Grund, damit keiner der im Halbschlaf nachts mal auf's stille Örtchen muß, über ihn stolpert und die Zähne ab bekommt. Die Box ist allerdings so groß, da hätte locker ein DSH drin Platz :D , daß er nicht die ganze Nacht auf einem Fleck liegen muß, sondern auch mal den Platz wechseln kann. Eine Wasserschüssel hat er natürlich auch drin. Die Box steht direkt bei uns am Bett, so daß er nicht das Gefühl hat, er wäre ausgeschlossen.


    Er hat auch im Wohnzimmer eine Box stehen, das ist allerdings eine kleinere Faltbox, die ich eigentlich gekauft hatte, um sie auf Turniere mitzunehmen. Aber da er sich tagsüber auch gerne mal zurück zieht, wenn es ihm zu viel wird, steht sie halt wenn wir nicht auf Turnieren unterwegs sind, im Wohnzimmer als Hütte herum. Silky ist inzwischen ein echter Boxenjunkie und liebt seine Boxen in jeder Lebenslage.

  • daniela, leider scheint er mit Boxen auch keine guten Erfahrungen gemacht zu haben. Ich hab hier eine schöne große Box herumstehen, extra für ihn gekauft, in die er dreimal reinpassen würde - ich wollte sie fürs Autofahren verwenden. Schön mit Lieblingsspielzeug, Leckerlein, Lieblingsdecke versehen: Fehlanzeige, er hat so panisch reagiert, ich hatte Angst, er würde sich selbst verletzen. Ich vermute halt mal aufgrund seines Fundortes, er ist einer dieser illegalen osteuropäischen Importe, die lange in irgendwelchen LKWs hierhertransportiert werden - die entsprechenden Bilder kennt ja jeder.

  • Das ist natürlich dann Mist, denn sonst gehen die meisten Hunde gerne in die Boxen.


    Das einzige was mir noch einfallen würde, wäre, ihn nur noch in der Box zu füttern, damit er lernt, sie mit was gutem zu verbinden und so vielleicht in einiger Zeit einen Rückzugsort gewinnt, der ihm Sicherheit bietet.

  • daniela, aber dies wäre ein sehr langwieriges Unterfangen. Er hat halt neben allen anderen Macken auch noch Platzangst. Beispielsweise ist er der einzige Hund, den ich je hatte, der nicht nach einer gewissen Zeit durch den Tunnel geht - egal wieviel Käse- und Wurststückchen ich auch darein schmeise (Ich mach mit ihm, damit er auch etwas mehr Spaß hat, so eine Art Gartenagility, alle anderen Gerätschaften nimmt er mit Begeisterung an)

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