Beiträge von Wandelroeschen

    Das find ich ja spannend. Ohne Dich in eine andere Richtung lenken zu wollen: ich hole mir Hunde generell erst ab diesem Alter. Ich bin nun mal so gar kein Welpentyp und so ab vier, fünf (für mich persönlich noch besser, ab 12 Monaten) kann man langsam erahnen, wo die Reise hingehen könnte. Ganz ehrlich, wenn ich (bei den Hunden, wo das möglich ist) mit den Wurfgeschwistern vergleiche, zeigen sich keine besonderen Auffälligkeiten, auch wenn die Hunde erst später und teilweise erst nachdem sie schlechte Erfahrungen gemacht haben, zu mir gekommen sind. Das 'Grundgerüst' ist noch da - teilweise tief verborgen, aber ob Dir ein Hund aufgrund diverser Umweltreize panisch in die Leine springt oder damit relativ gelassen umgehen kann, siehst Du zu einem späteren Zeitpunkt bereits sehr viel besser, als wenn das noch so ein kleines, 8 oder 12 Wochen altes Flauschebällchen ist.

    Ja, Umwelt, bisherige Erziehung (oder eben nicht) und individuelle Erfahrungen spielen eine grosse Rolle. Trotzdem denke ich manchmal, dass Hundehalter (und gerade die, welche sich im Sporthundebereich aufhalten) sich gerne überschätzen, was ihren Einfluss auf den Charakter des Hundes angeht. Ganz so nach den eigenen Vorstellungen formen, wie manche sich das einbilden, kann man auch einen Hundewelpen nicht.

    Ich muss mich den Skeptikern anschliessen. Nun hab ich ja durchaus häufiger mit extremen Tierschutzfällen und damit auch mit über Jahre hinweg in Boxen und sehr engen Räumen eingesperrten Hunden zu tun. Was alle Hunde, die so gehalten wurden, dringend benötigen, ist kräftigendes Training für den Muskelaufbau, weil ihr Bewegungsapparat meist völlig 'eingerostet' und atrophiert ist. Ich hätte in all der Zeit aber noch nie festgestellt, dass auch nur ein einziges Tier darunter nach einigen Wochen forderner (aber nicht überforderner) Spaziergänge zunächst geradeaus, danach in hügeligem Gelände und später auch querfeldfein, bzw. mitten durch den Wald noch derartige Koordinationsschwierigkeiten oder Bewegungsprobleme gezeigt hätten. Natürlich gibt es Bewegungslegastheniker, aber die finde ich auch bei Hunden, die eine vollkommen akzeptable Aufzucht erlebt haben.

    Auch ich würde hier eher auf eine gute Marketingstrategie dieser Tierärztin tippen, denn auf wirklichen Therapiebedarf dieses Hundes. Bleibt ein Hund trotz aller getroffenen Massnahmen derart auffällig, würde ich eher an Schmerzen und tiefergreifende Ursachen denken - und diese dringend und seriös mehrfach abklären lassen - als die Probleme auf eine Haltung in der Box zurückzuführen.


    In der Szene der Arbeits-Border Collies ist es populär sich Hunde von großen Vemehrern ... ähem ... Züchtern von der Insel zu bestellen. Diese Hunde leben oft ein wahrlich erbärmliches Leben. Sie werden aufbewahrt (kleine Boxen, Kettenhaltung etc.) und hin und wieder mal an die Schafe geworfen. Das war's.

    Keine Ahnung, ob von so einem Hund hier die Rede ist. Aber, wer so was kauft, kauft bewusst diese Probleme mit.

    Das kann ich bestätigen. Wobei ich auch da - trotz teilweise wirklich grauenhafter Zustände - noch nie einen Hund erlebt hätte, der derartige motorische Probleme zeigt. Solche Exemplare verschwinden erfahrungsgemäss schon lange und endgültig bevor sie über den Rand der Wurfkiste (sofern überhaupt vorhanden) klettern könnten... Dass solche Hunde aber psychisch starke Auffälligkeiten zeigen, wenn man sie plötzlich aus ihrer bekannten Umwelt herausreisst und der unsrigen sowie unseren Erwartungen aussetzt, das erlebe ich wiederum sehr häufig.

    Einer meiner Hunde ist IBD-Patient, der diverse Futtermittelintoleranzen aufweist und der sofort mit schwerem Durchfall reagiert, wenn er etwas frisst, was er nicht verträgt. Bei ihm hilft sowohl gegen Durchfall wie auch gegen die Bauchschmerzen nichts so gut und schnell wie Kohle.

    Aber Achtung: ich achte penibel darauf, reine Kohle zu verabreichen, die keine Süssungsmittel (Xylit z.B. wird gern zugesetzt und kann für Hunde bereits in relativ kleinen Dosen tödlich sein) oder Ähnliches enthalten. Das Produkt, das ich verabreiche, hab ich mehrfach von Tierärzten meines Vertrauens absegnen lassen. Kohle sollte ausserdem sparsam eingesetzt werden: es bindet alle möglichen Stoffe (also auch solche, die man lieber im Hund drin bleiben lassen möchte) und hilft, diese nach draussen zu transportieren. Kohle ist also keine Dauerlösung, aber für uns ein wahrer Segen.

    Absolut. Deswegen schrieb ich 'vergleichsweise'. Fair wäre es gewesen, weder Tier noch Reiterin überhaupt in diese missliche Lage zu bringen.

    Dass die Athletin in ihrer Situation keinen anderen Ausweg sieht, kann ich verstehen. Ohne irgendwem hier die Absolution erteilen zu wollen: man wird nicht Spitzensportler*in, indem man irgendetwas gross infrage stellt. Schon gar nicht bei einem der grössten Wettbewerbe überhaupt und doppelt nicht, wenn man sich gerade auf Siegerkurs befindet. Wer 20 Minuten und vielleicht ein paar Sprünge zur Verfügung hat, sich auf den bevorstehenden Wettkampf einzustellen, der hat keine grosse Möglichkeit eine Vertrauensbasis zu schaffen. Dafür ist der Sport nicht gemacht. Hier hat ein Tier zu funktionieren und das darf man durchaus anprangern und verwerflich finden.

    Das tue ich im Übrigen auch und ich bin genau aus diesen Gründen (und ganz eventuell noch der einen oder anderen physischen Unzulänglichkeit sowie mangelnder temporärer und finanzieller Möglichkeiten in meiner Jugend...) keine Topsportlerin geworden. Es ist mir ein grosses Anliegen, meinen durchaus vorhandenen Ehrgeiz nicht auf Kosten anderer Lebewesen auszuleben, sondern mir eigene Herausforderungen zu suchen. Das muss ja aber nicht für andere genauso gelten.

    Der Reiterin alleine nun aber einen Strick daraus zu drehen bedeutet, sich einen leichten Sündenbock zu suchen. Die Verantwortung würde ich hier ebenfalls ausserhalb der Turnierarena sehen: beim Veterinär, der das Pferd durchgewinkt hat oder bei denjenigen, die das Pferd zur Verfügung gestellt haben sowie beim Veranstalter selbst und nicht zuletzt auch bei Richtern und den Funktionären, die das Reglement und die Wettkampfbedingungen aufgestellt und übernommen haben.

    Die Reiterin bleibt sogar vergleichsweise fair mit dem Tier

    Nein, bleibt sie nicht.

    Fair wäre gewesen, anzuerkennen, dass dieses Tier nicht kann, abzusteigen und sich dann heulend auf den Boden zu werfen, gegen die Bande zu treten, auf den nächsten Boxsack einzuprügeln, etc DAS wäre fair gewesen.

    Aber hier wird versucht, ein verängstigtes, überfordertes Tier mit allen Mitteln in den Parcour zu zwingen, weil man die Medaille will und selbst ohne das Vorspiel vorm Einreiten, sieht man bei jedem Sprung, dass es nicht passt und etwas nicht stimmt.

    Möglich, dass Du jemand bist, der jahrelanges, hartes Training und ein Ziel, für das Du und Dein Team hart gekämpft hast, hinter Dir lassen und in so einer Situation in Würde absteigen könntest. Das ist bewundernswert.

    Zum Springsport-Link, den Du noch gepostet hast: Fünfkampf ist nicht mit reinem Pferdesport zu vergleichen. Die Situation im Link ist zweifelsfrei besser gelöst worden, aber nicht im geringsten dasselbe wie ein Fünfkampf und die Situation, in welcher sich die Reiterin in unserem diskutierten Fall befand.

    Ich find's schwierig, die Athletin jetzt als Sündenbock und nervlich instabil oder übermässig grob hinzustellen. Ja, die Bilder sind nicht schön und ich denke, es wäre wohl allen Beteiligten lieber gewesen, wenn sich die Situation so nicht ergeben hätte.

    Da hat sich eine Top-Athletin jahrelang vorbereitet, sich durch widrige Umstände durch eine Pandemie hindurch geschleppt und es schlussendlich doch noch zu Olympia geschafft. Sie war auf Medallienkurs, vielleicht sogar Gold. Und dann kommt es zur letzten Disziplin, wo das Pferd, das einem zugelost wurde (und das man nicht, wie in einem Beitrag weiter oben fälschlicherweise behauptet, einfach nach Gutdünken hätte austauschen düren) absolut nicht in der Lage und willens ist noch einmal durch den Parcours zu gehen.

    Die Reiterin bleibt sogar vergleichsweise fair mit dem Tier und 'haut nicht einfach drauf', wie es die Trainerin in diesem Moment von ihr fordert. Sie setzt die Hilfen nicht mit übermässiger Gewalt ein, aber versucht das Pferd natürlich und verständlicherweise schon auf Kurs zu bringen, was ihr kurzzeitig dann ja auch gelingt.

    Man kann gerne diskutieren, ob Reiten im Fünfkampf des 21. Jahrhunderts noch vertretbar ist oder ob die Regeln so geändert werden sollten, dass eine derartige Situation vermieden werden kann. Der Athletin hier allerdings jegliche Kompetenz abzusprechen und sie als grausam oder als nervliches Wrack hinzustellen ist nicht in Ordnung.

    Unfair ist die Sache sowohl dem Pferd wie auch der Sportlerin gegenüber.

    Aber nun frage ich mich, wie ich das dann aufbaue. Nur kurz spielen und direkt wieder wegpacken, was evtl. auch zu Frust führt? Und muss das dann ein Spielzeug sein, was es nur beim Rückruf gibt? Oder gibt's vielleicht noch andere Möglichkeiten, an die ich nicht gedacht habe? :hilfe:

    Wie ich den Rückruf aufbaue? Mit allem, wirklich allem, was ich irgendwie zur Verfügung habe um dem Hund das Gefühl zu vermitteln, dass er gerade den Himmel auf Erden erlebt. Ein zuverlässiger Rückruf ist meines Erachtens das einzige, was ein Hund wirklich können muss. Alles andere ist Beilage.

    Der Hund schiebt Frust, wenn die Belohnung für einen gut ausgeführten Rückruf aufhört? Perfekt! Dann freut er sich umso mehr auf den nächsten. Ich halte das genau so wie Hummel. Dabei ist es völlig schnurz, ob ich den Hund mit einer Belohnung bestätige, welche von mir wegführt oder nicht, solange ich ihm (und hier liegt häufig der Fehler) nicht unbewusst beibringe, dass er erst gar nicht zu kommen braucht und ein Blick auf mich auch reicht, bis z.B: der Ball fliegt. Wenn der Hund bereits sieht oder weiss, ob und wie er belohnt wird, bevor er nach einem Rückrufkommando überhaupt bei mir angelangt ist, handelt es sich um eine Bestechung und nicht um eine Belohnung. Wenn der Rückruf ertönt, ist der Hund dann nicht dahingehend erzogen worden, dass er kommt, wenn gerufen wird, sondern hat das Signal lediglich damit verbunden, dass er jetzt netterweise darauf aufmerksam gemacht wird, bei genügend Lust die Möglichkeit nutzen zu können, sich beim Besitzer einen Keks abzuholen.

    Auch wenn ich mich ein bisschen spät zur Party geselle: ich glaube @Alimonera gern, dass ihre 'Ansagen' nicht ankommen und sie das Thema schwierig zu händeln findet. Gar noch nicht eingegangen wurde in dieser Diskussion darauf, dass es sich hier um einen Aussie handelt und das Verhalten durchaus eine andere Motivation als 'Freude' an Menschen sein könnte.

    Ich kenne solch 'zwanghaftes' Anspringen von Junghunden vor allem bei Rassen, die sich als adulte Tiere nicht gerade als Menschenfreunde auszeichnen. Diese Hunde scheinen dann eben - genau wie hier - in diesem Bereich häufig als trainingsresistent. Weder 'Lob' noch 'Ansagen' helfen signifikant, das Verhalten des Hundes zu ändern und zwar, weil der Hund die Begegnung nicht einordnen und damit umgehen kann. 'Training' scheint da oft wenig zu helfen, weil das eigentliche Problem, dass der Hund mit der Situation komplett überfordert ist und in ein alterentsprechendes, ritualisiertes Verhalten - eben fiddeln, also eine Stressreaktion und keinesfalls Ausdruck von 'Freude' - fällt, nicht beseitigt wird. Ob der Besitzer in dieser den Hund eh schon überfordernden Situation noch mit einem Keks herumwedelt oder ihn mit einer Ansage in noch grössere Aufregung versetzt, spielt dann im Hundehirn, das im Moment aufgrund der Stressituation sowieso nicht mehr gross aufnahmefähig ist, eine relativ marginale Rolle.

    So oder so bringt man dem Welpen, dessen Genetik ihm später rassebedingt vielleicht sowieso noch suggerieren wird, dass alle und alles Fremde erst einmal grundsätzlich verdächtig und potentiell abzulehnen sind, genau auf diese Art und Weise bei, dass derartige Begegnungen erst einmal allerhöchste Stressstufe bedeuten. Als Welpe hat er glücklicherweise noch meist weder die dazu nötige Lebenserfahrung, noch die dafür nötige Entwicklung durchgemacht oder das dafür nötige Selbstbewusstsein aufgebaut, um diesen Stress über Aggression zu lösen und verfällt deshalb noch ins Fiddeln (manche nennen dieselbe Konfliktlösungsstrategie 'Flirten').

    Und wie so oft mache ich, wenn ich den Hund versuche mit einem Keks abzulenken oder richtiges Verhalten zu belohnen ganz bestimmt weniger kaputt, als wenn ich bei gerade so einem jungen, völlig überforderten Hund auch noch als Besitzer 'Ansagen' mache, selbst noch Aggression als Lösung aufzeige und den (negativen) Stress damit unweigerlich noch erhöhe. Was lernt mein Hund? Ach, der Besitzer löst Stresssituation durchaus auch über Aggression. Bei einem Hund, dessen Veranlagung ihm für genau diese Lösungsstrategie sowieso schon den Weg ebnet, vielleicht nicht gerade das Mittel der Wahl. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich höre, dass der Hund sich als 'Welpe und Junghund noch sooo über Menschen gefreut hat' und jetzt 'ganz plötzlich' Menschen nicht mehr toll findet.

    Also: Ruhe reinbringen und den Hund erst mal von allen Leuten fernhalten. Allen. Menschenkontakt und Begrüssung grundsätzlich nur an der Leine und unter kontrollierten Bedingungen. Das heisst, der 'zu begrüssende, fremde' Mensch ist instruiert und weiss, wie er sich zu verhalten hat. Bevor der Hund überhaupt aufdreht. Gut möglich, dass man mit dem Hund erst einmal üben muss, ohne Aufregung an fremden Menschen vorbeizugehen, bevor er bereit ist, sich frontal zu nähern. Den Hund, bevor er aufdreht und solange er noch ansprechbar ist, zu sich rufen, belohnen, Pause. Alles bitte ohne Aufregung und Ruhe, Ruhe, Ruhe. Je langweiliger, je unaufgeregter und ereignisloser das Training, desto besser. Hund und Mensch sollen ja runterkommen. Erst, wenn ruhige Begegnungen reibungs- und konfliktlos klappen, darf an Leuten geübt werden, die (natürlich wiederum gut instruiert), quietschen, tätscheln, juchzen und selber 'drüber' sind. Wir verlangen da von Hunden mehr als von uns.

    Danke für den Input! Ihr Vater ist Border, Mutter ist DoberxVizla mix. Ich wollte nur sicher gehen, dass dies definitiv ein absolut untypisches Verhalten ist und ich damit nicht irgendwelche Triebe unterdrücke.

    Bedeutet das jetzt in letzter Konsequenz, dass Du, wenn Du hörst, dass das tatsächlich rassetypisches Verhalten ist, den Hund Dich munter weiterbeissen lässt? Immerhin liesse sich das Verhalten Deines Hundes durchaus damit erklären, dass er sicher grosse Befriedigung in der Lösungsstrategie erfährt, die er sich da für seinen Frustabbau ausgedacht hat: den Border in ihm befriedigt es, wenn er Menschenbeine 'jagen', den Dobermann, wenn er dabei noch einen schönen, sicheren Griff setzen kann.

    Ich denke, Du merkst selber, wo Dein Denkfehler liegt. Auch dem besten Border Collie würde es nicht verziehen (bzw. gerade dem nicht!), wenn er 'im Eifer des Gefechts' plötzlich die Beine seines Besitzers im Fang hätte. Abgesehen davon werden Border, die Schafe beissen, bei Trials disqualifiziert. Auch ein Dobermann darf nicht einfach links und rechts um sich beissen, wie es ihm passt.

    Ich würde also schleunigst dafür sorgen, Deinem Hund absolut unmissverständlich klar zu machen, dass Du dieses Verhalten weder an Dir, noch an irgend jemand anderem tolerierst. Menschen (und übrigens auch andere Tiere oder Gegenstände, die nicht explizit dafür vorgesehen sind) werden nicht gebissen. Basta. Mit 6 Monaten ist bei diesem Hund das Kind hoffentlich noch nicht in den Brunnen gefallen. Zieh Dir keinen Hund heran, der denkt, dass beissen eine akzeptable Form ist, mit Frust umzugehen. Brich das Verhalten ab, möglichst noch bevor der Hund den Biss überhaupt setzen konnte. Überlege Dir, wann und warum Dein Hund in eine derartige Frustration gerät, dass er beissen muss, vermeide diese Situation, bis Du dieses Problem unter Kontrolle hast und zeige ihm stattdessen Alternativen auf, wie er konstruktiv und für sein Umfeld akzeptabel mit Frust umgehen kann. Hunde, die unkontrolliert beissen - völlig egal aus welchem Grund, sind eine Gefahr für die Umwelt und sich selber.

    Nochmal zum 'Hilfe, mein Welpe beisst!'-Thema:

    Ich arbeite ja möglichst viel über positive Verstärkung. Bei mir regnet es - gerade in Anfangsphasen, wenn Vertrauen aufgebaut werden soll - Kekse. Ich belohne gern und häufig und zeige dem Hund mit allem, was ich habe, dass er hier willkommen ist, dass es sich lohnt, mit mir zusammen zu arbeiten und er hier sicher ist. Ich verteile anfangs wirklich für möglichst jedes Verhalten, was ich irgendwie 'nicht falsch' finde, Futter und Aufmerksamkeit. Mit zunehmender Erziehung baue ich das natürlich wieder ab - so käme es mir nicht im Traum in den Sinn, für meine eigenen Hunden, die bereits jahrelang bei mir sind, noch dauernd mit einem Leckerlibeutel herumzurennen.


    Aber das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass ich keine Grenzen setze oder niemals strafe. Aber ich möchte jedem Hund - und insbesondere Welpen - so eine faire Chance lassen, zuerst lernen zu dürfen, welche Verhaltensweisen erwünscht sind und konsequent belohnt werden, bevor ich aversiv eingreifen muss. Grenzen setze ich allerdings ab Tag eins. Das geschieht aber nach Möglichkeit so, dass ich nicht den Hund in seine Umwelt hineinkorrigieren muss, sondern die Umwelt an den Hund anpasse.


    Das behalte ich so lange bei, bis erstens eine gewisse Vertrauensbasis zwischen mir und dem Hund besteht und zweitens, bis ich mit der Basiserziehung dieses Hundes soweit bin, dass er die Abläufe kennt und weiss, was ich von ihm verlange. Bevor wir uns jetzt missverstehen: je nach Hund sprechen wir hier von 3-7 Tagen, in denen er 'ankommen darf' und während derer ich sein Umfeld so manage, dass Strafe schlichtweg nicht nötig ist (wobei natürlich trotzdem jede Menge an Erziehung stattfindet). Erst danach - und auch erst, nachdem ein Abbruch über positive Verstärkung aufgebaut wurde, so dass der Hund wissen kann, was 'nein' oder 'lass es' überhaupt bedeutet - erlebt mich der Hund, wenn unbedingt nötig, aversiv.


    Aber: bevor dieser Hund mich, andere oder sich selbst zu Schaden kommen lässt, greife ich selbstverständlich und absolut kompromisslos auch aversiv ein. (Obwohl das, wenn ich so handeln muss, natürlich ein ganz klares Versagen meinerseits in der angemessenen Handhabung und Sicherung dieses Hundes aufzeigt. Aber in der realen Welt lässt sich nun mal nicht immer alles vorhersehen oder kontrollieren.) Drohen, sich abwenden, die Flucht ergreifen, sich ängstigen, erstarren, sich im Übermut an einem (dafür freigegebenen) Spielzeug auslassen, etc. ist absolut erlaubt und wird respektiert, aber ein Hund, der mich oder andere ernsthaft zu beissen versucht oder das in einer Art und Weise tut, dass die Haut Spuren davonträgt - und zwar völlig egal, ob er erst eine halbe Stunde oder bereits eine Woche bei mir ist - wird eine äusserst heftige und eingängige Reaktion meinerseits erfahren.


    Ich verstehe nicht, wie man sich wochenlang vom eigenen Welpen die Gliedmassen zerbeissen lassen kann. Jede Wiederholung des ja eigentlich unerwünschten Verhaltens festigt ja ebendieses. Ausserdem will ich doch gerade so einem jungen Hund, der Neues noch aufsaugt wie ein Schwamm, schnellstmöglichst beibringen, dass gewisse Verhaltensweisen nicht wie gewünscht funktionieren ('wenn ich in menschliche Haut beisse, komme ich niemals zu meinem Ziel bzw. ist das niemals befriedigend') und andere befriedigender sind ('mit meinem Menschen mit Objekten zergeln ist lustig, aber wenn ich Haut erwische ist leider Schluss mit dem tollen Spiel'). Ich bringe meinem Hund doch nicht erst wochenlang bei, dass es dem Menschen völlig egal ist, wenn er volle Kanne in seinen Körper hackt und er ihn schon nett wieder herausoperieren wird, nur um ihn - nachdem man den zwölften Trainer konsultiert hat - einige Zeit später dann doch und jetzt massiv aversiv abzubrechen? Kein Wunder, dass der Welpe da dann erst recht überdreht und vollends verunsichert und verwirrt ist.

    Mir blutet ein bisschen das Herz weil ich meine, bei Donna hervorragende Anlagen zum Hüten zu entdecken.

    Solange man den Hund nicht an Schafen getestet hat, weiß man erst Mal nicht, ob der Werkzeugkasten beim eigenen Hund das überhaupt hergeben würde.


    Ich bin übrigens gegen "therapeutisches Hüten". Um den Effekt zu erreichen, den man braucht, ist tägliche Routinearbeit notwendig. Das kann in der Tat ein wichtiger Baustein sein - diese Hunde sind am Vieh in der Regel nun mal der Fisch im Wasser, der sonst auf dem Trockenen leben muss. Trotzdem gehen davon die Verhaltensweisen wie Stereotypien und Zwangsverhalten nicht weg. Die muss man lebenslang behandeln. Echte Arbeit kann die Behandlung erleichtern, aber sie ersetzt sie nicht.

    Abgesehen davon halte ich 'therapeutisches Hüten' den Schafen gegenüber für ziemlich unfair bis tierschutzrelevant. Beim Gedanken daran, dem Hund zu helfen, geht meiner Erfahrung nach dabei häufig das Wohl der Schafe vergessen.

    Gerade, wenn man bedenkt, dass einige dieser armen Kreaturen dabei ein ums andere Mal dafür missbraucht werden müssen, um unerfahrene Hunde anzustesten oder völlig aus dem Ruder gelaufene Hunde zu 'therapieren'.

    Das dünkt mich insofern nicht off topic, weil ja überforderten Border Collie Besitzern - auch hier im Forum - doch gern immer mal wieder dazu geraten wird, den Hund doch an den Schafen zu 'testen'.