Leider gibt es keine so schönen Nachrichten vom Bordertier:
Die Hyposensibilisierung hat wohl nicht den erhofften Effekt; ich hoffe nur, ihm bleiben die offenen Pfoten bei Schnee & Eis erspart, unter denen er bei den Vorbesitzern schon litt und die nach Auskunft der hiesigen Tierärztin wahrscheinlich von der Hausstaubmilbenallergie kommen.
Außerdem hat er beidseitig lädierte Knie (keine Patellaluxation) und links noch eine Hüftläsion; ich nehme mal an, eine Folge des Frisbeespielens bei den Vorbesitzern.
Damit hat sich das Thema Hüten ein für allemal erledigt; einen Hund, der evtl. aus vollem Lauf heraus plötzlich hinten auf beiden Läufen einknickt, hat an Kühen mit Sicherheit nichts verloren.
Ansonsten ist der Schleuderball noch voll in Betrieb (den man im Gegensatz zur Frisbeescheibe auch ohne große Technik schön flach werfen kann), und zwar als Methadon gegen die große Droge Autojagen und auch bei Wildsichtung. Inzwischen läuft Erwin sehr viel ohne Leine und fragt von sich aus den Ball an, wenn Autos kommen oder er Rehe sieht bzw. hört.
Werfe ich den Ball 2-3mal, ist es, als ob der Bewegungsreiz quasi aus dem Arbeitsspeicher gelöscht wurde. Habe ich den Hund dagegen an der Leine, wirft er sich erst einmal volle Kanne dagegen und würde bestimmt 10 Minuten losrennen wie gestört; ich habe es 2, 3mal ausprobiert. Ich kann ankündigen "jetzt wird er (= der Ball) wieder weggepackt", dann schüttelt sich das Bordertier oft und läuft ganz normal weiter.
Ich werde mit Sicherheit nichts machen, was die Nase auf den Boden zwingt, im Gegenteil: Ich habe ja gerade Hütehunde, eben weil die keine wandelnden Nasen mit Hund dran, sondern nasenmäßig eigentlich eher Analphabeten sind.
Erwin ist, genau wie Madame Cattledog, inzwischen Treckerexperte, d. h. er kennt die Treckermodelle vom Hof am Geräusch und fragt auch, wenn andere Bauern vorbeifahren, ob das nicht Herrchen ist. Fendt lässt ihn kalt, weil hier nur John Deere, Claas, Ferguson und ein alter Same laufen. Der alte Same hat ein ziemlich charakteristisches Motorengeräusch, aber auch der interessiert den Hund nicht sonderlich, denn diesen Trecker fährt fast ausschließlich Herrchens Vater.
Bei Feldarbeiten haben wir Herrchen und seine Helfer immer mit Kaffee und Stullen versorgt, und zwar ganz altmodisch mit Losradeln & Suchen, anstatt per Handy durchzurufen, welches Flurstück gerade dran ist, eben um den Hund zu beschäftigen. Er kannte schon den Korb und hüpfte in freudiger Erwartung vor mir her, und auf "Wo ist Herrchen?" ging es los, und er zeigte mir alle Trecker an, die er als zum Hof zugehörig erkannte, und wenn ich ihn losschickte, fegte er in vollem Galopp übers Feld, lief neben dem Trecker, bis er erkannte, wer drauf saß, und wenn es nicht Herrchen war, lief er weiter zum nächsten.
Das ist gefahrlos, weil Erwin eigentlich Angst hat vor Treckern. Selbst wenn Herrchen den Motor abstellt und absteigt, kommt er erst ran, wenn Herrchen ein paar Meter weg ist von dem Ding. Ans Mitfahren ist nicht zu denken.
Einer der Gründe, weswegen uns Erwin so ein begeisterter Catering-Hund geworden ist, ist dem Umstand geschuldet, dass er bei Herrchens Käsestullen zum Mitesser mutiert ist.
Auch Weidekontrolle hat er gelernt, d. h. Tränke prüfen und gucken, ob neue Kälber geboren wurden, und er zeigte immer an, wir müssen ja noch auf die Wiese hier. Nach dem Umkoppeln dauerte es immer ein paar Tage, bis er die neuen Koordinaten im System hatte.
Ich habe das Gefühl, so ein Borderhirn rotzt neue Synapsen mit der Geschwindigkeit aus, in dem ein Springbrunnen Wasser speit.
Obwohl ich Erwin nach wie vor als ganz tollen, unkomplizierten Begleiter empfinde, muss ich doch zugeben, mir sagen Shepherd & Cattle Dog doch etwas mehr zu, selbst wenn Border Collies und ganz speziell Erwin trotzdem ganz hoch oben in der Beliebtheitsskala rangieren.
Ich mag durchaus diese Ein-Mann- bzw. -Frau-Hunde, und auch Wach- und Schutztrieb weiß ich in dieser Einöde sehr zu schätzen.
Caterina
Ich bin bzw. war z. B. im Dunklen lieber mit Madame Cattledog oder meiner früheren Aussiehündin unterwegs