Beiträge von Lucy_Lou

    Wo soll man da anfangen, Tipps zu geben... Euer Hund ist seit 13 Wochen (!!!) auf dieser Welt und sieht artgemäß viele Dinge völlig anders als ihr. Er hat angeboren ein völlig anderes Verständnis von der Welt und von Richtig und Falsch als Menschen. Und er befindet sich gerade mal 13 Wochen auf dieser Welt, die er somit sicher kaum in Ansätzen versteht.

    Warum genau soll euer Hund Sitz machen? Klingt provokativ, aber kein Hund käme auf die Idee, einem anderen Hund Kommando "Sitz" zu geben. Es ist kein "natürliches" Verhalten auf solche Kommandos zu hören, d.h. ihr müsst ihm entweder dieses Verhalten sehr schmackhaft machen oder nicht hören verleiden (was ich bei einem Welpen beim Aufbau der Kommandos vermeiden würde). Dazu kommt, ein Hund lernt Situationsbezogen. Z.B. kann Sitz für den Hund heißen: Wenn Mensch diesen seltsamen Laut von sich gibt (und menschliche Sprache ist wirklich nicht leicht zu verstehen für einen Hund), dann setze ich mich im Wohnzimmer vor seine Füße. Das heißt noch lange nicht, dass er es auch draußen kann oder bei Ablenkung oder auf Distanz oder aus der Bewegung oder so lange, bis ihr da Kommando wieder aufhebt. Das muss der Hund langsam (!) und durchdacht (!) in Einzelschritten lernen.

    Zum ziehen an der Leine gibt es schon einige Threads hier mit vielen guten Tips. Für mich persönlich ist die Frage: warum zieht der Hund? Es fühlt sich nicht angenehm an für ihn, warum tut er es also? Einfache Antwort, er will irgendwo hin. Z.B. zu einem anderen Hund, zu einem anderen Menschen, zur interessant raschelnden Tüte auf dem Gehsteig, zur interessant riechenden Stelle u.s.w. Wann immer ihr euch in die Richtung bewegt, in die der Hund gerade zieht, belohnt ihr ihn für das Verhalten. Der Hund merkt: Es fühlt sich zwar unangenehm an, aber nur so komme ich da hin, wo ich hin möchte. Konsequentes nicht-bewegen in die Richtung, in die der Hund gerade zieht, ist oft hilfreicher als ein Leinenruck. Zumal der Hund keine Ahnung, warum geruckt wird, wie auch?!

    Da gefragt wurde, warum oder nach Auswertung:

    Ich finde, jeder kann sich eigene Schlüsse draus ziehen, wenn er möchte. Ich finde, wie auch schon gesagt, dass eine allgemeingültige Auswertung auf Grund der Individualität der jeweiligen Hintergründe kaum möglich ist. Trotzdem finde ich in einigen Fällen bestimmte Korrelationen durchaus spannend. Auch, was einige als Problem empfinden oder eben nicht. Oder auch, wie verbreitet bestimmte "Probleme" sind.
    Und last but not least finde ich es spannend, auf diese Weise die Foren-Mitglieder und ihre Hunde näher kennen zu lernen :^^:

    Es tut mir leid, wenn es falsch rüber kam, es handelt sich nicht um eine wissenschaftliche Ausarbeitung oder etwas in der Art...

    Mal ein Rundumschlag zum Thema "Alltagstauglichkeit", aus persönlichem Interesse :^^:

    In meinem Umfeld gibt es bei quasi jedem Hund irgendwelche Baustellen, die die Halter (oder ihr Umfeld :p ) mehr oder weniger stören. Ich fände es interessant, wie häufig bestimmte unerwünschte Verhaltensweisen hier im Forum unter sicherlich größtenteils sehr engagierten Hundehaltern auftreten.

    Der Fragebogen:

    - ist euer Hund auch in "schwierigen" Situationen leinenführig? (mit "schwierig" meine ich, was das jeweilige Hund-Halter-Gespann eben als schwierig empfindet)

    - pöbelt euer Hund an der Leine in bestimmten Situationen?

    - kann euer Hund einige Stunden entspannt und unauffällig (kein Dauerbellen, zerstören etc.) alleine bleiben?

    - wie reagiert euer Hund auf unbekannten Besuch auf dem Grundstück/in der Wohnung?

    - fährt euer Hund ruhig und entspannt mit im Auto?

    - verbellt euer Hund (von euch unerwünscht) Passanten?

    - würde euer Hund hinterher hetzen/nicht abrufbar sein, wenn direkt vor ihm ein Reh/eine Katze/ein Kaninchen etc. los rennt?

    - jagt oder verbellt euer Hund Jogger, Radfahrer, Autos, Reiter etc.?

    - bellt euer Hund unerwünscht viel?

    - ist euer Hund ängstlich/aggressiv fremden Menschen gegenüber?

    - reagiert euer Hund ängstlich/aggressiv auf andere Hunde?

    - glaubt ihr, euer Hund hinterlässt in der Öffentlichkeit einen positiven Eindruck?

    - kann man euren Hund zu einem für alle Seiten entspannten Stadtbummel mitnehmen?

    - was würde passieren, wenn ihr euern Hund unangeleint im Samstagstrubel mit in eine Innenstadt nehmen würdet (rein hypothetisch)?

    - reagiert euer Hund unsicher auf Kinder/Betrunkene/verkleidete Menschen etc.?

    - macht es in den verschiedenen Situationen einen Unterschied, ob euer Hund angeleint ist oder nicht?

    - würde euer Hund eine weggeworfene Bratwurst, die er auf dem Spaziergang findet, fressen?

    - was ist für euren Hund auf einem Spaziergang genauso interessant oder interessanter als ihr selbst?

    - ist euer Hund im Freilauf zuverlässig abrufbar, wenn andere Menschen/Hunde in Sicht kommen?

    - reagiert euer Hund unsicher auf bestimmte Geräusche/gegenstände/Situationen/Untergründe etc?
    - falls ja: schafft ihr es dem Hund dann Sicherheit zu geben?

    - was glaubt ihr, fällt Nichthundehaltern an Hundehaltern am meisten negativ auf?

    abschließend:

    - Rasse und Alter des Hundes

    - ist es euer 1.-Hund?

    - habt ihr euch im Vorfeld über Hunde/die spezielle Rasse informiert? Hat das geschadet/geholfen?

    - habt ihr den Hund von Welpe an?

    - ist er aus dem Tierschutz, von privat, vom Züchter?

    - geht ihr in eine Hundeschule oder seid ihr gegangen? Hat euch das geholfen?

    - was bekommt euer Hund regelmäßig an Auslastung (Dauer des täglichen Spaziergangs, Spiele etc.)

    - an welchen Punkten habt ihr von Welpe an gegengearbeitet und so eventuelle Probleme verhindert?

    - von welchen Problemen seit ihr überrascht worden, mit denen ihr nicht gerechnet hättet?

    - was würdet ihr beim nächsten Hund anders machen?

    - wo seht ihr den Hauptgrund für eventuelle Probleme? (Fehler in der Erziehung, schlechte Erfahrungen, Charakter/Wesen des Hundes etc.)

    - empfindet ihr euch selbst als besonders engagierte Hundehalter?

    - glaubt ihr, euer Hund führt bei euch das Leben, dass er sich gewünscht hätte?

    Auf Spaziergängen fühle ich mich ohne Hund genau so sicher wie mit Hund. Ich war allerdings bei Spaziergängen noch nie in einer Situation, die ich als bedrohlich empfunden hätte.

    Zuhause ist das Gefühl der Sicherheit mehr vom Verstand her. Das heißt, ich denke mir, dass 2 recht große Hunde sicher abschreckend wirken, aber ohne Hunde würde ich mich auch nicht unsicher fühlen. Grisu schlägt auch nur selten mal Nachts bei "seltsamen" Geräuschen an, Lucy bellt höchstens vor Freude über den Besuch ;) . Dass meine Hunde tatsächlich in jedem Fremden, der das Grundstück betritt einen potentiellen Feind sehen, würde ich nicht wollen und habe entsprechend gegen gearbeitet.

    Wenn du es richtig aufbaust, ist ein Futterbeutel zum apportieren beibringen eine gute Möglichkeit. Der Aufbau sieht so aus, dass man den Beutel interessant macht, so dass der Hund ihn aus der Hand (!) kurz in die Schnauze nimmt. Bevor er ihn fallen lässt, lässt du ihn dir wieder geben und belohnst aus dem Beutel. Futter gibt es ausschließlich, wenn der Beutel in deiner Hand landet. Wenn der Hund das Prinzip verstanden hat, legst du den Beutel vor den Hund auf den Boden und lässt ihn dir geben. Gibt dein Hund dir den Beutel nicht, hat er das Prinzip noch nicht verstanden. Erst wenn dein Hund dir sicher den Beutel aufnimmt, hält und auf Kommando gibt, baust du Entfernung ein. Danach sind der Fantasie dann keine Grenzen mehr gesetzt. Meine Hunde lieben Suchspiele sowie Denkspiele. Wenn da Interesse ist, kann ich da gerne noch mehr zu schreiben, was man so machen kann.

    Andere Spiele draußen: Tricks clickern, Suchspiele (welchen Tannenzapfen hat Mensch gerade berührt, Zielobjektsuche, Fährte, Mantrailing, Spielzeug suchen etc.), Wald- und Wiesen-Agility: über Baumstämme balancieren, auf Distanz um Bäume herum schicken, zu einem bestimmten Punkt schicken, unter einem Ast durch, auf einen Baumstumpf setzen/legen/um die eigene Achse drehen etc... Einfach und für Hunde nett: Aufmerksamkeitssignal geben und wenn Hund guckt, ein Leckerlie über den Boden kullern, so dass Hund nachjagen darf.

    Hm, unter Beutetrieb verstehe ich, dass es dem Hund um die Beute an sich geht. Diese zu erobern und zu verteidigen, sie mit sich schleppen, als "seins" haben wollen. Mit der Definition hat meine Hündin keinerlei Beutetrieb (liebt aber trotzdem Zerrspiele :^^: ), aber sie hat ziemlichen Jagdtrieb. Mein Rüde hat kaum Jagdtrieb, wohl aber Beutetrieb. Auch wenn ich sonst darüber nachdenke, scheint mir da kein direkter Zusammenhang zwischen Beute- und Jagdtrieb zu sein...

    Anleinen tu ich sie an unübersichtlichen Stellen nicht. Eventuell, wenn wir auf einen "Hauptweg" treffen, lasse ich sie einige Meter davor absitzen, gehe gucken, ob jemand kommt und rufe sie dann nach. Oder an sehr unübersichtlichen Stellen lasse ich sie u.U. neben mir laufen.
    Meine Hunde sind da allgemein recht unproblematisch. Wild lassen sie in Ruhe (Lucy nach viel Training :roll: ), Jogger, Reiter, Radfahrer etc. interessieren beide nicht, auf andere Hunde läuft Lucy nicht freiwillig zu und Grisu lässt sich (nach viel Training) zuverlässig abrufen.

    Lucy hatte nie eine Flegelphase. Bei Grisu fand ich am anstrengensten, als er um die 12 Monate alt war. Er hat ausgetestet, wie selbständig er denn nun agieren darf und seinen Wachtrieb endgültig entdeckt. Außerdem hat er angefangen, Ressourcen gegen andere Hunde zu verteidigen und sich mit anderen Rüden zu messen... Nichts gegen eine gewisse Eigenständigkeit, aber er musste doch lernen, dass die Entscheidungen doch letztlich bei mir liegen, wie auf was reagiert wird. Fand ich selbst auch nicht immer einfach: ich bin mehr der Typ "Wattebauschwerfer" und bei Lucy war außer Konsequenz, Sicherheit vermitteln und positiver Motivation eigentlich nie was nötig... Bei Grisu brauchte es da teilweise etwas deutlichere Ansagen. Wobei er das auch gut angenommen hat und nach 1-3 Monaten (je nach "Problem") waren wir dann soweit durch

    Lucy hat Jagdtrieb, aber vermutlich kein Vergleich zu manch Jagdhund. Ich kann das schlecht beurteilen. Ich hatte bislang erst drei Hunde, von denen reagiert sie mit Abstand am meisten auf Wild. Wenn ich hier jetzt beschreibe, viele werden sich wohl denken: aber mein wirklicher Jagdhund, da ginge das so nicht.
    Trotzdem, da gefragt wurde: Mein Vorteile sind, dass 1. Lucy fast nur auf Sicht hetzt, mit den Augen bin ich ähnlich gut wie Lucy, würde sie Fährten verfolgen hätte ich es sicher schwerer gehabt. 2. wir begegnen hier täglich (!) Rehen, Kleintieren auf Sicht dagegen seltener. Und Lucys Jagdtrieb ist bei Kleintieren heftiger, so dass wir an der weniger schlimmen Reh-Variante gut üben konnten. 3. Lucy ist ein sehr sensibler und leichtführiger Hund.
    Zum Training: Zum einen haben wir sehr viel am Grundgehorsam gearbeitet. Vor allem daran, dass ich sie immer abrufen und immer ins Platz legen kann. Auch bei starker Ablenkung, auf große Entfernung, bei viel Ablenkung. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, sondern erst nach viel Training, mit langsamer Steigerung der Anforderungen. Dann habe ich sehr darauf geachtet, dass sie zum einen den Weg nicht verlässt und zum anderen einen bestimmten Radius um mich herum einhält. Das hat bei Lucy problemlos auch ohne Schleppleine funktioniert. Wenn sie den Weg verließ, ein strenges „raus da!!“, wenn sie zu weit entfernt war (ich schätze maximal 10 Meter) ein „Warte“. Sehr schnell hat sie da selbst drauf geachtet. Dann beschäftige ich mich sehr viel auf Spaziergängen mit den Hunden. Suchspiele, Futterdummy, Denk- und Geschicklichkeitsaufgaben u.s.w.. Die Hauptaufmerksamkeit gerade von Lucy (Grisu nicht unbedingt) liegt meist bei mir. Ist auch nicht jedermanns Sache ;).
    Was uns, wie ich finde, am meisten weiter gebracht hat, ist Impulskontroll-Training. Viel mit der Reizangel, aber auch vom geworfenen Ball abrufen und ähnliches. Und ich versuche mit dem Futter-Dummy Jagdsituationen zu simulieren. Ich versuche zu vermitteln, dass Jagd immer dann anfängt und endet, wenn ich das will und ich auch diejenige bin, die weiter weiß, wenn der Hund es nicht mehr tut.
    Es immer noch so, dass Lucy, wenn sie ein Eichhörnchen oder Kaninchen sieht, einen Moment erstarrt, zitternd, Pfote hoch, wie ein Pfeil fertig zum Abschuss sieht sie aus. Aber es klappt. Nach ein paar Sekunden innehalten ist sie wieder ansprechbar. Sie setzt nicht mehr zum Hetzen an. Bei Rehen ist die Reaktion besser. Da klappt die Verknüpfung: Reh = jetzt gibt es Futter von Frauchen. Den Teil meines persönlichen Antijagdtrainings gab (gibt) es auch. Ein donnerndes Nein, wenn sie ansetzt, Futter (eine Zeit lang hatte ich kleine Alu-Schalen Katzenfutter dabei), wenn sie ohne Aufforderung bei Anblick von Wild zu mir kommt. Ich habe ihr auch jedes Wild gezeigt, wenn ich es vor ihr gesehen habe. Anstatt zu hoffen, sie sieht es nicht, habe ich es als gute, kontrollierte Übungssituation gesehen.
    Wir hatten vor ein paar Monaten die Situation, dass neue Kaninchen von uns im Unterholz/Wald verschwunden sind. Ich habe es hier im Forum gepostet. Als ich mir nicht mehr anders zu helfen wusste, habe ich Lucy suchen geschickt. Sie hat sehr ausdauernd gesucht, beide gefunden, und sich im entscheidenden Moment ins Platz legen lassen

    Bei Lucy war das über ein Jahr Arbeit, an den Punkt zu kommen. Bei ihr hatte ich auch nicht das Gefühl, eine Schleppleine würde helfen. Aber jeder Hund ist anders. Und bei einem Hund, der Fährten folgt oder weniger Menschen-orientiert handelt oder ein noch ambitionierter Jäger ist, hat man es mit Sicherheit viel schwerer