Das "hinten überfallen" ist ja, je nach Warte, von der aus man den eigenen Standard definiert, schwammig.
Aber wenn wir uns darauf einigen, dass dauerhafte vermeidbare Schmerzen durch z.B. ein unbehandeltes offenes Ekzem (ich nehm jetzt mal bewusst etwas, was nicht tausende Euros kostet und sichtbar ist und nicht durch vermeintlich liebevolle Zuwendung entstanden ist) in den Bereich des Nicht-Okayen fallen (ich glaube, da besteht Konsens) ist allerdings für den Hund völlig egal, ob die Besitzer:innen einen für uns nachvollziehbaren Grund haben oder einen für uns nicht nachvollziehbaren oder aus dem Weg zu schaffenden Grund.
Also ob wir jetzt sagen, dass es beim kranken Neugeborenen auf Station oder so für uns vertretbarer wäre, als bei "ist gerade alles so stressig auf der Arbeit" - das hilft uns ja nur, etwas moralisch einzuordnen und entweder gütig den identifizierten Mangel zu entschuldigen oder uns über ihn zu echauffieren.
Ich glaube, sozial ist das Abwägen darüber eine wichtige Praxis weil sie zunächst mal Emapthie mit den handelnden Menschen voraussetzt und andererseits ein Werturteil in Ansinnung auf Zustimmungsbereitschaft mit einem Gegenüber oder einer sozialen Gruppe, mit der wir uns identifizieren wollen, gefällt wird.
Die Frage nach dem "wie viel" ist also eng verwoben mit der Frage "vor welchem Hintergrund". Und die Variablen sind unendlich.
Nein, Leid gegeneinander aufzuwiegen führt nicht weiter, das stimmt schon. Niemand leidet weniger, weil ein anderes Lebewesen noch mehr leidet. Trotzdem befindet sich jedes Handeln in einer Verhältnismäßigkeit, in einer Relation zueinander. Das kann dazu führen, dass man irgendwann alles relativieren kann. Das verhindert letztlich Empathie und ist deshalb schwierig und hilft wiederum: niemandem.
Im Umkehrschluss kann man aber auch Einzelfälle nicht vor Schablonen messen, die ihre Okayness ablesbar machen würden, wir brauchen also Relationen, um spezifische Probleme einschätzen zu können, weil wir eben Menschen sind, die unsere eigenen Werturteile reflektieren müssen und vor allem deren Willkür und Unvereinbarkeit aushalten müssen.
Nur Lösungen gibt es halt nicht so wirklich, wenn wir davon ausgehen, dass all die anderen Menschen eben auch mündig sind und auch Fehler machen dürfen, auch wenn ich zustimme, dass Fehler an (ich nenne es jetzt mal so, auch wenn ich das Wort unpassend finde) "Schutzbefohlenen" schwerer mitanzusehen sind, als am eigenen Leben.