Mal abgesehen davon, was dein Rektor davon hält, was Kollegen davon halten und wie das mit der Versicherung aussieht: Wenn sie das Schulsetting noch gar nicht kennt, würde ich das (ganz unabhängig von ihrem Verhalten) am Tag der offenen Tür selbst mit Erlaubnis auf keinen Fall machen.
Ich zumindest habe Tage der offenen Tür immer als super stressig erlebt. Die Kinder sind aufgeregt und überrennen einen, die Eltern wollen ins Gespräch kommen, die Kollegen brauchen mal kurz Unterstützung, dann die ganze Organisation, das Durchführen von irgendwelchen Lern-, Sport- oder Bastelangeboten… Das ist für mich kein Setting, in dem man auch noch einen Hund gebrauchen kann, auf den man ständig ein Auge haben muss (und das musst du im Umgang mit fremden Kindern einfach, egal wie gut ausgebildet der Hund ist). Und es ist für mich auch kein Setting, bei dem ein Hund in irgendeiner Form davon profitiert, da teilzunehmen.
Dass dein Hund darüber hinaus mindestens eine absolut kinderinkompatible Baustelle (das Anspringen) mitbringt und zudem schon im normalen Alltag ohne Reizüberflutung nicht leinenführig ist, kommt dann noch on top. Das geht im Schulkontext einfach nicht, erst recht nicht mit großem 30+ Kilo Hund.
Ich fände es wunderschön, Lotta mitzunehmen, weil viele Kinder Tiere lieben und ich mir vorstellen könnte, dass sie eine Bereicherung ist.
Das ist meiner Erfahrung nach übrigens gar nicht so oft der Fall. Von weitem und in der Theorie ja, da sind viele begeistert, aber wenn dann mal so ein großer, ggf. auch noch unruhiger und etwas distanzloser Hund vor ihnen steht, gibts doch einige Kinder, die echt Angst bekommen. Gerade mit nem städtischen Einzugsgebiet und an Brennpunktschulen wäre ich da sehr vorsichtig.
Und mit Maulkorb: Vergiss es. Ich hab hier einen öfters mal bemaulkorbten Hund, der größen- und gewichtstechnisch die Hälfte von so einem Labbi ist und optisch aussieht wie ne Plüschkugel, die das Welpenalter nie verlassen hat. Und trotzdem gibt es kaum ein Kind, das keine Angst vor dem Hund hat, wenn er nen Maulkorb trägt. Nicht die Kinder, die mich als verlässliche Bezugsperson kennen und erst recht nicht die Kinder, die null Bezug zu mir haben.
Zumal nur ein Metallkorb für wirkliche Sicherheit sorgt. Wer den als erwachsener Mensch schon mal gegens Schienbein gedonnert bekommen hat (egal ob böswillig oder einfach nur aus Versehen), der kann sich vorstellen, wie schnell sich da ein fünfjähriges Kind ernsthaft verletzen kann. Da braucht der Hund nur einmal den Kopf blöd rumreißen, es macht wumms und das Kind hat ne richtig dicke Prellung oder Schlimmeres im Gesicht.
Ich verstehe irgendwo, dass der Wunsch da ist, den Hund mitzunehmen. Aber ganz ehrlich: So tust du damit doch weder dem Hund noch dir und auch nicht den Kindern einen Gefallen. Da gibt es einfach zu viel, was schief laufen kann.
Gibt es Trainingsschritte, die ich vorher unbedingt machen sollte, wenn ich sie mit in die Schule nehmen möchte?
Wenn du es schaffst, mit ihr eine tip top Leinenführigkeit zu erarbeiten, Ruhe und Gelassenheit in Menschenbegegnungen und aufregende Situationen zu bringen und sie immer absolut verlässlich unter Kontrolle hast - in jeder Situation - dann könntest du langsam anfangen, sie an so ein Schulsetting zu gewöhnen. Vielleicht erstmal eine Stunde in einer Kleingruppe, dann mal als Begleitung zum Wandertag, dann mal als Begleitung in der Klasse, sowas. Ohne Druck, mit Kindern, die du gut kennst und einschätzen kannst, auch nur zeitlich sehr begrenzt und im besten Fall erstmal ohne großartigen Kinderkontakt.
Aber das ist was, dafür braucht es in der Regel einen Trainer, der auf genau sowas spezialisiert ist. Und das dauert Jahre. Und selbst dann besteht die Möglichkeit, dass es nicht klappt. Denn das, was gute Schulhunde leisten können müssen, sodass alles sicher und stressfrei abläuft und Hund und Mensch davon profitiert, das packen tatsächlich die wenigsten Hunde, auch unter den Retrievern.