Beiträge von Schäferterrier

    Beantworte ich mit:

    Ich bin verwirrt. Verstehe ich dich komplett falsch oder meinst du tatsächlich, es wäre besser, meinen Hund mit dem Wissen, dass er unter bestimmten Umständen gefährlich für seine Umwelt wird, in Situationen, in denen eben diese Umstände jederzeit auftreten können, ungesichert zu lassen, weil „wird schon nichts passieren“? Weil der Hund seine Freiheiten leben soll?

    Das sehe ich komplett anders.

    Mein Hund hat täglich Freilauf, in der Regel ohne Maulkorb, im übersichtlichen und ländlichen Gebiet. Der darf seine Hundezeit haben und genießen, rennen, schwimmen, schnüffeln, spielen, Leckerlies jagen, mit Artgenossen raufen und so weiter. Das ist ein Privileg, das ich ihm weiterhin, so lange wie möglich, bieten möchte - und das kann ich nur sicherstellen, wenn ich ihn in engen oder städtischen Situationen prophylaktisch absichere.

    Ein Maulkorb bedeutet nicht nur Schutz für die Umwelt, sondern oft auch Freiheiten für den Hund.

    Klar kann man das nun gut oder schlecht finden, dass der Gesetzgeber da so einen Druck ausübt. Ich bin auch kein Fan von pauschalem „hat gebissen = Auflagen“, sondern wünsche mir in vielen Fällen mehr Verständnis dafür, dass ein Hund nunmal ein Hund ist und der naturgemäß auch mal beißen kann, ohne dass er gleich als „böse“ oder „gestört“ abgestempelt wird und lebenslange Leinen- und Maulkorbpflicht bekommt.

    Aber eine Lockerung dieser starren Regelungen ist nur möglich, wenn die Leute flächendeckend verantwortungsbewusst genug werden, ihren Hund auch mal von sich aus proaktiv abzusichern. Solange immer noch genug Hunde herumlaufen, die mit deutlichen Vorzeichen (!) ungesichert beißen, schwer beschädigen oder gar töten, werden die Rufe nach mehr Regeln und/oder einem Hundeführerschein immer lauter. Weil ja, wenn Hunde, bei denen bereits bekannt ist, dass sie gefährlich für die Umwelt werden können, nicht gesichert werden und dann zubeißen, dann sind die Halter in aller Regel nicht kompetent genug, um diesen Hund zu führen.

    Verstehe mich nicht falsch, Maulkörbe haben ihre Daseinsberechtigung, nichtsdestotrotz sehe ich so verdammt viele Maulkörbe in GANZ NORMALEN Situation, in denen nicht ein einziger Hund diesen "braucht". Nur, weil irgendein Mensch so disconnected ist von seiner Fähigkeit Stimmungen wahrzunehmen, und er deshalb regelrecht abhängig davon ist, zu wissen, dass der Hund vor ihm mit 100%iger Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage ist sein Maul so zu nutzen, wie es ihm möglich ist. Pure Angst ist das.

    Woher kommt denn deine Einschätzung, ob ein bestimmter Hund in einer bestimmten Situation einen Maulkorb braucht oder nicht?

    Mein Hund trägt auch in scheinbar „ganz normalen“ Situationen oft Maulkorb, obwohl er mit der Situation an sich gar kein Problem hat. Wenn man das sieht, könnte man auch denken, ich sei ne panikgetriebene Übermutti. Was man halt nicht sieht, ist, dass der Hund, wenn er sich plötzlich verletzt und Schmerzen hat, wahllos auf alles losgeht, was ihm zu nahe kommt. Das ist keine Schwarzmalerei, sondern erlebte Tatsache.

    Nun könnte man es natürlich als irrationale Angst bezeichnen, diesem Hund nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass er sich trotz aller Vorsicht die Rute einklemmt, ne Scherbe eintritt oder ne Kralle einreißt und dann grad jemand blöd daneben steht prophylaktisch nen Maulkorb anzuziehen. Ich nenne es eher ein gesundes Verantwortungsbewusstsein.

    Zumal mein Hund sich keineswegs „mit so einem dämlichen Maulkorb begnügen“ muss, der zieht den sogar sehr gern an. Netter Nebeneffekt von gutem Medical Training, dass er sich mit Maulkorb in der Regel sicherer fühlt als ohne.

    Ich finde es sogar ziemlich gut, dass immer mehr Maulkorb-Hunde unterwegs sind und der Maulkorb somit zunehmend entstigmatisiert wird. Würde jeder Hund, der einen Maulkorb bräuchte, auch einen tragen, wären die Forderungen nach strengeren Regulierungen und nem Hundeführerschein wahrscheinlich deutlich leiser.

    Woher hat der Züchter die Glaskugel, um "wesensfest" im Bezug auf Nervenstärke in jeder Trieb- und Lebenslage für das gesamte spätere Hundeleben zu sehen?

    Nervenstärke wird in erster Linie von den Aktivitäten im präfrontalen Cortex des Hundes geprägt.

    Eine Grundstruktur wird da im Wesentlichen schon angeboren, heißt Vererbung spielt eine ganz zentrale Rolle. Wenn beide Elterntiere da gut aufgestellt sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Nachkommen eine ebenso gut aufgebaute Grundstruktur erben.

    Großen Einfluss hat dann natürlich auch noch die erste Zeit beim Züchter, weil sich da das Hirn in großen Teilen vernetzt. Wenn da die passenden Erfahrungen gemacht werden, kann sich die geerbte Grundstruktur weiter positiv entwickeln.

    Natürlich ist das Gehirn bis zum Ende der Junghundphase trotzdem noch nicht „fertig“ und bei mieser Haltung kann noch einiges vergeigt werden, aber die wichtigsten Grundsteine werden trotzdem durch Genetik und die erste Zeit beim Züchter gelegt. Wenn der Hund da eine solide Grundstruktur des präfrontalen Cortex erworben hat, ist die halt da. Wenn die von Anfang an marode ist, kann man da, egal wie fleißig man dran arbeitet, nicht wirklich drauf aufbauen.

    In diesem Sinne kann ein Züchter durch eine entsprechende Auswahl der Elterntiere und gute Haltungs- und Aufzuchtbedingungen in erheblichem Maß beeinflussen, wie nervenstark seine Welpen werden. Eine Garantie gibts natürlich trotzdem nicht, aber die gibts bei Tieren ja nie, das sollte jedem klar sein.

    Dann gibts also keine wesensfesten Mischlinge?

    Naja, für mich ist „wesensfest“ tatsächlich auch ein typischer Begriff aus der Zucht.

    Nicht, weil Mischlinge pauschal nicht wesensfest sein können, sondern weil ich es super schwierig zu beurteilen finde, ob ein Mischling nun wesensfest ist oder nicht - eben weil Wesensfestigkeit je nach Hundetyp und Rasseanteilen für mich ganz unterschiedlich aussehen kann.

    Gerade bei Hunden mit unbekannten Elterntieren: Wie soll ich da beurteilen, ob der Hund tatsächlich überdurchschnittlich temperamentvoll und kernig ist oder einfach „nur“ ein ganz normaler Terrier-Mix? Wie soll ich wissen, ob der Hund tatsächlich ungewöhnlich reizoffen und sensibel ist oder „nur“ ein ganz durchschnittlicher Hüte-Spezialist?

    Klar, wenn die Elterntiere bekannt sind und die jeweiligen Rassen nicht allzu weit voneinander entfernt sind, kann man das etwas besser beurteilen. Aber bei vielen Mischlingen fehlt dieser Referenzwert, welches Verhalten erwartbar ist, eben.

    Wobei ich auch nicht finde, dass man jedem Hund unbedingt Wesensfestigkeit zuschreiben muss, damit es ein toller Hund ist. Ein Mali-Border-Mix, der total stoisch durch die Weltgeschichte schlappt, mit nichts und niemandem ein Problem hat, die Gelassenheit von nem HSH an den Tag legt und alles mit sich machen lässt, ist meiner Meinung nach absolut nicht wesensfest, sondern völlig aus der Norm - und trotzdem kann’s für viele Leute ein toller Hund sein.

    Ich frage mich manchmal was so ein Wolf macht wenn er sowas bekommt 🤔.

    Genau dasselbe, wie wenn es beim Hund nicht behandelt wird: Weiter wund beißen. Nicht selten infizieren sich Wunden von Wildtieren irgendwann, sodass sie über kurz oder lang an einer Sekundärinfektion sterben.

    Wenn Fremdkörper- oder Taubheitsgefühle dazukommen, kann es in seltenen Fällen auch sein, dass das Tier sich den „Fremdkörper“ (also z.B. ne taube Rutenspitze) selbst amputiert.

    Ach Mensch, jetzt hatte ich gehofft, dass hier ein Update vom TE kommt. Würde mich ja schon interessieren, wie sich das alles weiterentwickelt hat… schade. :( :

    Die Diskussionskultur im Forum ist halt so, wie sie im Internet generell ist: Schaukelt sich (gerade bei Reizthemen wie „Vermehrer“, „unpassende Rassewahl“, „uninformierte Anschaffung“ etc.) schnell hoch. Und da hat dieser Thread eben so ziemlich alles getriggert, was die Hundebubble so triggern kann. Da muss man einfach auch mit nicht so netten Antworten rechnen. Darüber hinaus gab es hier ja trotzdem auch viele hilfreiche Tipps und wie immer im Internet gilt: Man tut gut daran, die für sich relevanten Infos rauszupicken und den Rest geflissentlich zu überlesen.

    Ich verstehe unter „wesensfest“ einen Hund, der unter Berücksichtigung seiner rassetypischen Eigenschaften angemessen auf Situationen reagieren kann.

    Bedeutet zum einen: Wesensfestigkeit muss für mich immer anhand dessen, was für den jeweiligen Hundetyp als „angemessenes Verhalten“ gilt, beurteilt werden.

    Klar ist, dass z.B. ein Terrier von Natur aus zackiger, vehementer und mitunter aggressiver auf den ein oder anderen Reiz reagiert als ein Bassett. Oder dass ein Border Collie von einer Masse an städtischen Reizen anders getriggert wird als eine Französische Bulldogge. Deswegen sind weder Terrier noch Border Collies für mich per se wesensschwächer als die anderen genannten Rassen.

    Im Gegensatz dazu würde ich den Bassett, der innerhalb einer Sekunde vehement nach vorn geht, wenn ihm was nicht passt, durchaus als wesensschwach beschreiben. Oder ne Französische Bulldogge, die städtische Bewegungsreize so gar nicht verarbeiten kann. Oder nen Terrier, der die Standfestigkeit von Wackelpudding hat. Oder den Border Collie, der stumpf wie ein Stein ist.

    Unsere Hundelandschaft ist da meiner Meinung nach einfach viel zu unterschiedlich, um alle Hunde mit derselben Messlatte zu messen.

    Die andere Sache ist dann das „angemessen reagieren können“.

    Es gibt für mich einen riesigen Unterschied zwischen einem Hund, der wegen mangelnder Führung und Erziehung unangemessen reagiert, und einem Hund, der tatsächlich nicht angemessen reagieren kann, weil das Nervensystem halt Achterbahn fährt. „Wesensschwach“ sind für mich nur die Hunde, die tatsächlich nicht können, und nicht die, die es theoretisch könnten, aber halt nie gelernt haben.

    In diesem Sinne beschreibt Wesensfestigkeit für mich mehr das körperliche und psychische Potential, das der Hund hat, um rassetypisch angemessen zu reagieren, als das tatsächliche, beobachtbare Verhalten.

    Bei Hunden mit etwas längerem Hals sind die aufblasbaren Teile nichts, da kann der Hund den Hals einfach trotzdem bewegen.

    Bei dem Weichen hatte meiner ganz fix raus, wie man den umknicken kann, hat also auch nichts gebracht.

    Ist der Hund einen Maulkorb gewöhnt? Wenn er den entspannt trägt, finde ich das in solchen Situationen meist die bessere Alternative.

    Also, ich weiß nicht warum das immer so gehypt wird, aber bei meinen hat das nie dazu geführt, dass die Welpen sich entspannt haben. Sie haben gelernt aufzugeben. Als Handlingtraining.

    Ich kenne schon Hunde, auf die ein sanfter Griff um die Brust, ggf. in Kombination mit einer sanften Brustmassage, beruhigend wirkt. Inzwischen, mit genug Vertrauen zu mir, springt da auch mein Hund ganz gut drauf an, wenn er sich mal schwer tut, selbst zur Ruhe zu kommen.

    Das hat aber nichts mit tatsächlichem Fixieren, zwanghaftem Festhalten oder Ähnlichem zu tun. Der Hund kann jederzeit gehen, wenn er nicht will. Und ich glaube, da herrscht häufig ein Missverständnis.

    Einen Welpen so zu fixieren, bis er aufgibt, halte ich für eher suboptimal. Es mag zwar Welpen geben, bei denen das als Notfalllösung taugt, aber das kann auch richtig nach hinten losgehen, weshalb ich da andere Methoden als sinnvoller erachte.

    So oder so halte ich die Vorgehensweise speziell bei der TE mit einem TS-Welpen für sehr, sehr ungünstig.

    Für mich klingt das nach einem ganz arg überforderten Hund. Gerade wenn er aus dem TS kommt, ist das auch kein Wunder. Wahrscheinlich durfte er das Leben im häuslichen Umfeld vor seinem Einzug bei dir nicht wirklich gut kennenlernen. Dann wird er plötzlich da reingeschmissen, alles ist neu, es gibt tausend Sachen zu entdecken, im Blick zu behalten, zu untersuchen, ständig passiert irgendwas Aufregendes (weil für so einen Hund alles aufregend ist) usw. Das kleine Kerlchen wird von den vielen Eindrücken und Möglichkeiten einfach komplett erschlagen sein.

    lässt sich auch mit Kontaktliegen oder festhalten nicht beruhigen

    Kontaktliegen und/oder sanftes Festhalten kann bei Welpen aus guter Aufzucht durchaus beruhigend wirken. Aber du hast da einen Tierschutzhund mit ganz anderen Voraussetzungen und Vorerfahrungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der engen (Zwangs-)Kontakt mit dem Mensch beruhigend findet, ist eher gering.

    Meine Erfahrung ist, dass man solchen Hunden am besten hilft, indem man ihnen ihre eigene, räumlich stark begrenzte Ruhezone schafft, in der sie nichts anstellen können, in denen es nichts gibt, woran sie sich hochfahren können und wo sie außerdem keinen direkten Zugriff auf den Mensch haben (müssen).

    Ich hatte damals weder Box noch Laufstall. Stattdessen bin ich mit ihm regelmäßig ins Bad oder in die Küche gegangen, Tür zu, ignorieren und (notfalls auf der Arbeitsplatte oder Waschmaschine sitzend) warten. Hat anfangs auch mal ne halbe Stunde gedauert, aber es hat funktioniert.

    Nichtsdestotrotz war das für mich echt anstrengend und zeitraubend, weil ich ja nur blöd daneben saß und gewartet habe. Inzwischen würde ich mir da tausendmal lieber nen Laufstall anschaffen, in dem das Welpi entspannen und zur Ruhe finden darf, während ich mein Zeug erledige.

    Bedenke: Räumliche Begrenzung ist gerade für überforderte Hunde mehr Hilfe als Einschränkung.