Belohnung durch Leckerlie/Futter?

  • Habe da mal eine Frage. :???:
    Ich gehe in die Hundeschule und dort arbeiten wir mit Futterbeutel und halt mit Futter als Belohnung. Mittlerweile fütter ich meinen Hund fast ausschließlich aus der Hand und er muss es sich vorher erarbeiten. Ich finde, es klappt soweit auch alles echt gut und er hat schon viel gelernt.

    Jetzt habe ich mich mit meiner Nachbarin unterhalten. Die haben nen 5 jährigen Münsterländer, der in seinem bisherigen Leben wenig Erziehung genossen hat. Bei meinen Nachbarn ist er jetzt nen Jahr oder so. Da sie so einige Probleme mit ihm haben, sind sie jetzt bei einem Hundetrainer. Dieser arbeitet jetzt komplett ohne Futterbelohnung. Die Belohnung soll die Aufmerksamkeit des Hundehalters sein.

    Bin jetzt etwas verunsichert. Das mit dem Futter hinterfrage ich schon länger. Möchte schließlich nicht immer und ständig mit Futter in der Tasche rumlaufen. :D

    Nun meine Frage! Was haltet ihr für den besseren/effektiveren Weg?
    Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Klappt Erziehung besser oder schlechter mit Futtergabe?
    Und kommt man da irgendwann ganz von weg? Wie seht ihr das?
    Lg

  • Wie findest Du denn die Fortschritte Deines Hundes?
    Bist Du damit zufrieden? wie findest Du im Gegensatz dazu das Verhalten des Hundes Deiner Bekannten?

    Ich sehe das so: Jeder Hund muß fressen, sonst überlebt er nicht. Aber nicht jeder hund braucht zwingend die Aufmerksamkeit eines Menschen. sonst gäbe es keine frei überlebenden Hunde und die gibts über den ganzen Erdball verbreitet...
    Futter ist eine wichtige Ressource, die Aufmerksamkeit des Menschen auch, aber die muß auch erst mal vernünftig aufgebaut werden - viele Trainer setzen voraus, dass sie Gottgegeben ist, und das ist sie nicht. ausser vielleicht bei Border Collies, Labradoren und Golden Retrievern...
    Ausserdem schließt das eine das andere doch gar nicht aus!! Solche Trainer stellen das gerne so hin: Entweder oder! Das ist Blödsinn!

    Wichtig beim Training sind:
    Präzises Timing der Bestärkungen
    je präziser desto besser. Am Besten geht das mit Merkersignalen, wie dem Clicker.

    Verwendung der RICHTIGEN Bestärkungen (nämlich solche, die der individuelle Hund in der jeweiligen Situation als Bestärkung empfindet (= Wenn ich den ganzen Tag durchs Dorf gelatscht bin, um Zeitungen auszutragen, ist ein heißes, langes Bad eine sehrsehr gute Bestärkung für mein Verhalten. Wenn ich aber in Eile bin, um rechtzeitig ins Kiono zu kommen, wäre ein langes heißes Bad ehr blöd, da würde ich dann lieber eine Dusche bevorzugen.
    Oder: wenn ich eine ziemlich stupide Arbeit, an der ich keinerlei spaß habe und die mir auch sonst nix "bringt" machen soll, sollte die entsprechen gut bezehlt sein, sonst werde ich das wohl nicht allzulange Fortsetzen, sofern ich die Kente auch anderweitig auftreiben kann.
    Und hier kommt dann die Paralle zum Hund: der muss SOWIES gefüttert werden, warum also nicht das Futter zum bestärken von gewünschtem Verhalten benutzen. Warum sollte ich eine derartig wichtige Bestärkung für "egalwas" im Hundenapf verschwenden???

    Übrigens: Man braucht, sobald der Hund ein Verhalten gelernt hat, das nicht jedesmal mehr mit zu bestärken, und schon gar nicht mit Futter, denn wenn man Futterbelohnungen mit Bedacht anwendet, kann man mit diesen Lobworte "aufladen" (z.B. indem man immer "fein" oder "klasse" oder was auch immer, sagt, bevor man den Keks reicht.

    Ausserdem gibt es ja noch tausend andere Sachen, für die ein Hund arbeitet.
    Meiner findet bestärkend (je nach Situation und gerade trainierter Übung)

    Buddeln dürfen
    Rennen dürfen
    mit anderen Hunden spielen dürfen
    Trinken dürfen (nein, ich lasse ihn sonst nicht dursten)
    im Gras wälzen,
    Rennen mit mir,
    Hüpfen mit mir
    irgendwo draus springen
    irgendwo rüber springen
    Springen in jeder Lebenslage,
    Hundetricks vorführen
    sich applaudieren lassen
    Loben lassen
    sich von Frauchen die Ohren durchschlabbern lassen.
    die Hüfte/Rücken kraulen
    auf der Brust kraulen
    Massage
    TTouch
    Leckerchen fangen
    Leckerchen jagen
    Leckerchen suchen
    Leckerchen aus meiner Faust rauszuzeln
    Leberpaste aus der Futtertube saugen
    ...


    Dauer des Trainings
    meist verlangen Menschen viel zu viel zu lange von ihrem Hund. Ein paar man am Tag je zwei Minuten konzentriert an irgendwas zu arbeiten und dann eine Pause zu machen, bringt mehr, als eine Stunde durchgehend an der selben Sache zu arbeiten, und doch läuft Training oft genau so ab...

    Aufbau des Trainings
    Dazu muß man sich vergegenwärtigen, was der Hund schon in welchen Situationen unter welchen Ablekungen erfolgreich gemeistert hat (und damit meine ich nicht: hat er ein mal zufälliger weise mal richtig gemacht...
    Und man muß sich bewußt machen, dass der Hund nicht durch ein paar Wiederholungen lernt, sondern das die Wiederholungen, bis ein Signal auch tatsächlich unter allen möglichen Bedingungen abrufbar ist, in die Tausende gehen.
    Man muß ausserdem darauf achten, dass man die meiste Zeit damit beschäftigt ist, die Grundmauer zu legen. J e gewissenhafter man damit ist, desto öher kann man schließlich die Ansprüche setzen.

    Und natürlich Art des Trainings
    Darunter verstehe ich: macht es Hund und Mensch Spaß, miteinander zu lernen? Wenn einer daran keinen Spaß hat, weil er Streß, Angst, Frust oder einfach auch mal keine Lust hat - was wird er dann aus der Lektion wohl lernen --> Arbeit mit dem Menschen ist doof.
    Der Überfordert mich, kommuniziert nicht richtig mit mir, nimmt meine Probleme nicht war, weiß gar nicht, was ich hier zum lernen bräuchte...

  • Unserer bekommt auch sein ganzes Futter gegen Arbeit draußen - damit will man ja erreichen dass dem Hund bewusst wird dass er von seinem Herrchen abhängig ist. Daher hab ich natürlich immer Futter dabei.

    Ich denke es ist sehr vom Hund abhängig, nur weil du jetzt mit Futterbelohnung arbeitest wirst du das nicht dein Leben lang machen müssen. Jetzt hilft es ungemein deinen jungen Hund zu motivieren und wenn du willst kannst du es später ja abbauen!

  • Shoppy
    Danke für deine super ausführliche Antwort. Wenn ich das so lese, habe ich das Gefühl, ich mache eigentlich alles richtig. Mein Hund ist absolut lernwillig und wir beide haben riesen Spass beim Training. Die Einheiten halt ich immer relativ kurz, so 5 Minuten und dann gibt es ne Pause. Ich belohne viel mit Futter aber natürlich auch mit spielen, Aufmerksamkeit, zusammen Blödsinn machen oder Streicheleineiten usw........Ich muss allerdings zugeben, mei Hund ist so verfressen, für Futter tut er fast alles. Mein Vorteil :lol:


    @all
    Also versteh ich das jetzt richtig? Irgendwann....wenn z.B. ein Kommando super sitzt, dann reduzier ich das einfach mit der Futterbelohnung? Oder sollte ich das schon eher?

    Nur mal so zur Info. Ich sehe bei den Nachbarn leider keine Fortschritte. Hatte halt heute erst überlegt ihr einen anderen Hundetrainer zu empfehlen. War aber wie gesagt unsicher weil ich selbst absoluter Anfänger bin und wollte mich erst nochmal informieren, bevor ich was in die Welt posaune. :smile:

  • Am Anfang bekommt der Hund noch für jedes "Sitz" etwas - irgendwann wenn es gut klappt eben nicht mehr. Das kommt aber alles von ganz allein!
    Unserer (15 Monate) bekommt fürs Kommen und Blickkontakt draußen immer noch was - einfach weil das seine Schwachstellen sind und er so mehr motiviert werden soll!

  • Jetzt wo du das mit dem Sitz ansprichst, merk ich grade das ich das ja schon längst mache. :headbash:
    Poldi bekommt für Sitz und Platz nur noch sporadisch was. Bei Hier und Bei Fuss gibt es aber noch sehr häufig etwas. Definitv unsere Schwachpunkte :ops:

    Dann bleib ich bei meiner Methode und sprech evtl. mal meine Nachbarin an, ihr Training zu überdenken.

    LG

  • ich sehe es so:

    Der Hund erfährt von mir fast immer (zumindest, wenn er ein gewünschtes Verhalten auf Signal ausgeführt hat), dass er das toll gemacht hat.
    Nach den Lerngesetzen wäre das (fast) eine Immerbestärkung. Ich Bestärke aber NICHT immer mit Futter - ich verwende irgendwas, was gerade passt, "erhältlich" ist (ich nehme nicht immer Futter mit auf Spaziergänge), was zur Motivation des Hundes passt, was niemand anderem schadet (ansonsten "könnte" ich gelegentlich mit "jag das Kaniggel" bestärken), und was nicht dem zuwider läuft, was ich gerade trainiert/bestärkt habe (z.B. würde ich einen Hund, der gerade lernt, das andere Hunde nicht Sch***e sind, nicht mit einem wilden, aufputschenden Spikel belohnen, denn er soll die Situation ruhig und entspannt finden...)

  • Hahaaaa,
    ich muss immer schmunzeln, wenn ich über diese Fraktion "Aufmerksamkeit ist Belohnung genug" lese. Hätte ich das bei meinem Hund so gehalten, könnte ich keine einzige unserer Hundesportaktivitäten mit ihm machen, und Gassi wäre ein einziger Frust, das schwöre ich dir.

    Ich habe natürlich auch nicht immer Futter dabei. Aber ich bestärke lieber einmal zuviel als zuwenig, denn mein Hund ist ein totales Sensibelchen und draußen sehr leicht ablenkbar, das heißt, die Generalisierung von Kommandos dauert Ewigkeiten. Ja gut, dann isses halt so. Sachen, die ich ganz ganz sauber haben will, verlange ich auch schonmal öfter vor dem gefüllten Abendfutternapf. In dem Moment ist die Motivation SO groß, dass sich das Kommando damit ein ganzes Stückchen tiefer eingräbt ;)

    Ich finde auch, du machst das richtig. Hört sich ja nicht so an, als ob du zum Futterautomat wirst. Das und das falsche Timing sind für mich die größten Gefahren bei der Bestärkung mit Futter. UND: Futterbeutel ist für mich nochmal komplett was anderes als Lecker aus der Hand. (Oftmals besser, mE.)

    Viele Grüße
    Silvia

  • Zitat

    Hahaaaa,
    ich muss immer schmunzeln, wenn ich über diese Fraktion "Aufmerksamkeit ist Belohnung genug" lese. Hätte ich das bei meinem Hund so gehalten, könnte ich keine einzige unserer Hundesportaktivitäten mit ihm machen, und Gassi wäre ein einziger Frust, das schwöre ich dir.

    Ich finde, das kommt doch sehr auf den Hund an. Meine sind zB über Aufmerksamkeit bzw. verbales Lob viel besser zu belohnen. Das ist für die beiden einfach die größere Bestärkung.

    Deshalb ist meine Meinung: Die Art der Bestärkung, für die der Hund empfänglicher ist, wird verwendet. :smile:

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