Erfahrung mit geistig behinderten Hund

  • ......was mir noch aufgefallen ist.....
    besagte Hündin wurde nie von anderen Hunden angegriffen oder sonst wie belästigt, weder von Rüden noch von "zickigen" Hündinnen, sie wurde eigentlich überhaupt nicht beachtet :???:
    Sie hat ja auch auf keine Spielaufforderung reagiert, auf kein Drohverhalten.......manchmal kam ein " Wuff", aber der Blick blieb leer. Andere Hunde haben sie wohl nicht ernst genommen, einige haben sogar einen Bogen um sie gemacht :roll:
    Sie ist früh gealtert, d.h. schon mit 5 Jahren ergraut , aber nie aggressiv oder unberechenbar geworden. Nur als ihre einzige Freundin starb, meine alte Gina, hatte ich den Eindruck, daß sie durch den Verlust doch ein bißchen schwermütig geworden ist......jedenfalls hat sie sich nie wieder auf eine andere Hundefreundschaft eingelassen.
    Schade, daß wir noch zu wenig darüber wissen....aber wenn man etwas nicht kennt, heißt es ja nicht , daß es das nicht gibt :smile:

  • Sehr interessantes Thema. Ich wusste gar nicht, dass es das bei Hunden auch gibt. Aber warum eigentlich nicht?


    Ich stelle mir das nur ein bisschen schwierig vor mit der "Diagnose". Es gibt auch viele Hunde, die beim richtigen Halter wahrscheinlich normal intelligent wären, aber aufgrund von Unterforderung, Gewalt etc. "abgestumpft" sind. Diese sind ja dann im eigentlichen Sinne nicht geistig behindert. :???:



    LG Lexa

  • Ein sehr bedrückendes Thema irgendwie. Man hat immer das Gefühl, eine geistige Behinderung ist ein Grund MItleid zu empfinden... wobei ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich immer angebracht ist..
    Für mich mag es traurig sein, wenn der Hund sich nicht integrieren kann, immer halb apatisch wirkt.. aber für den hund ist es vielleicht genau so ok..


    Zitat

    Das ist bestimmt noch ein weites Forschungsfeld - warum sollte Behinderung auf Primaten begrenzt sein?


    Dem stimme ich zu. Der Unterschied zwischen Menschen und anderen Tiere ist hier allerdings die Überlebenschance. Der Mensch ist in der Lage Individuen am Leben zu erhalten, die auf sich gestellt keine Chance hätten, schon allein, weil sie vielleicht nicht mal die Zitze finden würden oder gar irgendwann selber Nahrung zu suchen..


    lieben gruß
    aj

  • Hi,
    also über die Intelligenz von Hunden gibts ja genug Literatur, z.B. von Stanley Coren " Die Intelligenz der Hunde". Damit haben sich die Experten schon vor über 15 Jahren wissenschaftlich beschäftigt :roll:
    Da gehts um Arbeits-und Gehorsamsintelligenz, um sprachliche Intelligenz und um Persönlichkeit, um die klügsten Hunde und auch um nicht so kluge Hunde. Leider umfasst das Kapitel über "geistig unbewegliche " Hunde nur 4 Seiten...., aber wie gesagt, da Buch ist 15 Jahre alt!
    Viel hat sich da aber nicht getan.....es ist für die Verhaltensforscher wohl interessanter schlaue Hunde zu erforschen, den IQ zu berechnen oder andere Messmethoden zu erarbeiten, als sich mit "dummen" Hunden abzugeben.
    Sorry, daß ich da ein bißchen "wissenschaftlich" daher komme. Ich arbeite selbst mit geistig behinderten Menschen und warum soll es bei Hunden nicht auch so eine Art "Inselbegabung" geben :???:
    Sie fallen durch jede Prüfung, aber sie wissen vielleicht genau, wann das Kind aus der Schule kommt !
    Coren schreibt auch über das Für und Wider beim intelligenten Hund. Hohe Lernfähigkeit will auch beschäftigt werden ;)

  • Unser Boomer ist nicht nur taub sondern auch geistig ein wenig neben der Spur. Er ist tollpatschig in seiner Art. Läuft rum ohne zu gucken gegen welchen Stuhl, Schrank oder Menschen er gerade stoßen könnte. Er kann Entfernungen nicht abschätzen uns stößt sich deshalb beim schnuppern immer wieder die Nase.
    Wäre er ein Mensch würde man bei ihm die Diagnose ADHS stellen. Konzentrieren auf etwas ist nur für Sekunden möglich genauso wie auf einem Platz sitzen bleiben.
    Kopf stoßen ist schon ein Lebensmotto.
    Aber für nichts auf der Welt würde wir den kleinen Schussel eintauschen.

  • Hi Funny, was genau ist ADHS, davon habe ich noch nie gehört?


    Hört sich fast an wie unser einer Kater, aber bei ihm ist es eine Nervenschädigung, ich würde ihn niemals hergeben, er ist ein selbstbewusstes Kerlchen mittlerweile geworden, draussen hätte er keine Überlebenchancen.


    Man kann es vielleicht nicht vergleichen, aber ich hatte vor vielen Jahren eine Begegnung im Krankenhaus mit einer Frau, sie wartete auf das Ende der OP, ihrer kleine Tochter ein halbes Jahr alt.
    Sie erzählte, dass sie nicht weiß ob das Mädel die OP überleben wird, sie sei auch geistig und körperlich behindert und die vierte OP. Man hätte es schon im Mutterlaib festgestellt.
    Mir kam es in den Sinn zu denken, wäre vielleicht gut gewesen, wenn das Kind bei der Geburt starb. Sie sah mich an und sagte, viele sagten es wäre ein Segen, wenn das Kind bei der Geburt gestorben wäre. (Ich habe mich so ertappt gefühlt und geschämt.
    Sie erzählte weiter, ihr Mann sei gegangen, er konnte das Los nicht mittragen. Aber, jeder Tag sei ein Geschenk, und jedes lächeln entschädigt für alles.
    Ich schämte mich fürchterlich, wie konnte ich hergehen und einfach urteilen, ich bewunderte diese gepflegte gebildete und irgendwie glückliche Frau.


    Ich weiß nicht mal mehr, wie sie aussah, aber sie prägte mich. Genauso, wie wenn sich jemand bewusst für ein behindertes Tier entscheidet. Schön Funny, das du deine Erfahrungen mit reingeschrieben hast.


    lg Tine

  • Hallo Tine,


    unter ADHS versteht man eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung.
    Unsere Tierärztin meinte zu uns, wenn Boomer ein Mensch wäre, dann hätte er das. Er entspricht genau diesem Krankheitbild. Kann sich auf nichts konzentrieren, also nicht länger bei einer Sache bleiben. Lässt sich von allem und jedem, von dem was er gerade macht, ablenken.
    In diesem Fall muss ich sagen, zum Glück ist er taub, denn sonst wäre die Reizschwelle bei ihm noch niedriger.
    Er hat in der Zeit, seit er bei uns ist (2 Jahre) viel gelernt. Allerdings hätte jeder andere Hund das gleiche bereits in ein paar Monaten erfasst, an dem wir zum Teil noch heute arbeiten müssen.


    Als wir Boomer zu uns holten, wussten wir nur, dass er taub ist. Die zusätzliche Behinderung war uns nicht bekannt und fiel uns erst im Laufe der Zeit auf, als wir mit ihm arbeiteten.
    Dieser liebenswerte Schussel hat unser Leben sehr bereichert. Wir würden ihn nie als Last empfinden und sind dankbar dafür, dass wir ihn haben.

    Fanny *Zicke*
    Dany *Prinz Erbse*
    Boomer *Schusselchen*

  • Irgendwie denkt man gar nicht darüber nach, dass ein Tier auch dieses ADHS oder ADS haben könnte?
    Man sieht oft ein Hund,
    unser Jack Russel hier am Ort ist einfach nur überdreht sagen viele,
    der Boxer eher phlegmatisch.


    Man bringt oft eine Rasse oder Mischungen, mit einer gewissen Eigenschaft in Verbindung, dass bei dem einen oder anderem mehr dahinter stecken könnte. Darüber macht man sich eigentlich nie Gedanken.
    Auch eine körperliche Behinderung steckt man leichter weg.
    Ach der ist taub, wie kommunizieren sie denn mit ihm,
    ach der sieht nix, stösst er dann überall an?


    Dies sind aber Behinderungen, die man kennt bei Tieren, beziehungsweise geläufig sind.
    Aber, geistige Behinderungen, hört man eigentlich nie. Selbst hier in diesem grossen Forum, zwei Personen, wobei eine nur wieder einen Bekannten hat.


    Diese Thematik wird mich noch ein wenig beschäftigen, da habe ich glatt neue Grübel und neue Denkanstösse vor mir.


    lg Tine

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