Gequälter Hund

  • Hi,


    meine Freundin hat seit Dienstag einen Pflegehund aufgenommen. Der arme Kerl (ca 1,5. Jahre alt) kommt aus einer Zwingerhaltung und ist völlig verstört.


    Wenn sich ein Mensch mit ihm zusammen im Raum aufhält, traut er sich nicht aufzustehen. Er steht also nur auf, wenn keiner im Raum ist. Nach draußen traut er sich auch nicht, so dass er sein Geschäft auch nur in dem Raum macht. Wenn jemand im Raum ist, dann macht er einfach in sein Körbchen und versucht sich daneben zu legen. Allem Anschein nach, muss er vergangene Nacht sogar seinen Kot wieder gefressen haben.


    Ich war gestern mal mit Paul da, weil wir dachten ein anderer Hund würde ihm vielleicht ein wenig Sicherheit geben. Er hat Paul dann auch interessiert angeschaut, sich aber nicht von seinem Platz bewegt. Paul hat dann mal vorsichtig geschnüffelt und sie haben kurz ihre Nasen berührt aber mehr ist auch nicht geschehen. Als meine Freundin und ich dann den Raum verlassen haben, ist er mal kurz aufgestanden und hat geschaut wo Paul ist, dann hat er schnell gemacht und sich sofort wieder in eine Ecke verzogen.


    Meine Freundin sitzt nun stundenlang neben ihm und füttert ihn aus der Hand, damit er lernt das vom Menschen auch positives kommen kann und hoffentlich bald mehr Vertrauen hat und sich traut aufzustehen auch wenn jemand im Raum ist.


    Hat von Euch schon mal jemand mit so einem Verhalten Erfahrungen gesammelt und vielleicht ein paar sinnvolle Tipps? Auch mit dem Kot fressen. Warum frist er nachts seinen Kot wieder auf? Hat er Angst oder ist das ein Zeichen von Mangelerscheinungen?


    Mangelerscheinungen hat er auf jeden Fall, keine Frage. Er ist total unterernährt und muss jetzt langsam aufgepäpelt werden aber dieses Verhalten ist schon komisch.


    LG
    agil

    • Neu

    Hi


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    • Hallo!


      Auf keinen Fall bedrängen! Aus der Hand füttern ok - aber dann lasst einfach die Tür von dem Raum auf, legt ein paar Leckerlies in eurer Nähe auf den Boden und lasst den Hund kommen, wenn er will. Geht einfach eurem Tagesablauf weiter nach und versucht nicht, ihn zu überzeugen. Das muß von ihm ausgehen! Ängstliche Hunde einfach in Ruhe lassen und durch Ruhe und Routine zeigen, daß es eben gar nicht so schlecht ist in Menschennähe. Und wenn dann "zuuufällig" leckerer essbarer Kram in menschennähe auf dem Boden liegt - umso besser.


      Oder sie soll sich einfach weg von ihm auf den Boden setzen und mit Leckerlies spielen - ohne ihn anzusehen, ohne ihn zu locken. Einfach nur ihm zeigen "ich hab hier was, ich bin klein - also wenn du dich traust, dann komm".


      Wir haben mal eine super ängstliche Pflegehündin gehabt, bei der wir am Anfang auch etwas ratlos waren. Sie ließ sich obendrein noch nicht anfassen, sondern lief panisch weg. Wir haben ihr ein Geschirr umgemacht, eine ganz dünne Leine dran, mit der sie sich nicht verfangen konnte, so daß wir sie einfangen konnten, wenn es sein mußte. Ansonsten habe ich sie da liegen gelassen wo sie wollte und mich einfach nur versucht klein und interessant für sie zu machen. Es hat gedauert, aber zum Schluß hatte sie bereits Vertrauen gefasst.


      Heute ist sie ein völlig normaler aufgeschlossener Hund. Frauchen ist auch hier aktiv (BorderCollie) und man würde nichtmehr denken, daß das mal das ängstliche Wesen vom Anfang war.


      Setzt euch nicht zu viel zu ihm und bedauert ihn. Mitleid ist falsch! Macht ihn neugierig. Auch die Idee mit den anderen Hund ist prima. Setzt ihr euch mit Paul in Sichtweite auf den Boden und krault ihn durch, spielt leise und ruhig usw. Und sollte das seine Neugier wecken, ignoriert das erstmal und geht dann nur vorsichtig mal mit der Hand in seine Richtung.


      Das mit dem Kotfressen ist schwer zu sagen. Es kann Angst sein (vielleicht hat er Ärger bekommen, wenn er in seinen Zwinger gekotet hat) oder einfach eine Angewohntheit, weil er nicht satt wurde, ebenso auch ein Mangel. Ich würde das erstmal beobachten und hinnehmen.

    • Danke Pebbles! Ist schon echt schwierig. Man ist nie sicher wie verhält man sich richtig. Ich werde heute sofort nach dem Spaziergang mit Paul wieder hinfahren und mal schauen ob die Beiden sich vielleicht doch ein wenig anfreunden. Paul ist ja auch eher zurückhaltend und sehr vorsichtig, so dass er den armen Kerl nicht verschreckt. Das mit dem Ignorieren und mit Paul in Sichtweite spielen oder kraulen ist eine gute Idee. Wir werden es auf jeden Fall versuchen.


      Ich habe die Tipps sofort an meine Freundin per Telefon weitergegeben. Sie sagte mir, dass sie in der Nach eine Leckerlistrasse gelegt hat, die war heute Morgen auch weg. Das will sie im Laufe des Tages auch immer wieder wiederholen.


      Sie geht in dem Raum (Wohnküche) auch ihren täglichen Arbeiten nach und ignoriert ihn dabei. Natürlich macht sie zur Zeit alles behutsammer, so dass er nicht durch Töpfegeschepper oder ähnliches noch zusätzlich erschreckt wird. Es ist einfach nur so traurig und herzzerreizend, wenn man sich den armen leidenden Kerl anschaut.


      Es ist auf jeden Fall schon mal tröstlich, dass Du schon positive Erfahrung mit einem so schlecht behandelten Hund gemacht hast.


      Wollen wir hoffen, dass er auch bald ein fröhlicher Hund wird.


      Wie lange hat es ungefähr gedauert, bis sich die Hündin an Euch ran getraut hat? Er hat auch kaum Muskeln, da er sich ja fast gar nicht bewegt. Ach, das ist einfach grausam.


      LG
      agil

    • Ich schreib hier mal nix zum Thema, weil ich mit wirklich gequälten Hunden noch keine Erfahrung gemacht habe, aber eins will ich trotzdem loswerden:


      Ziehe meinen Hut vor Euch, weil Ihr bereit seid, Zeit, Nerven und Herz in die armen Huschels zu investieren!!!
      :respekt:

    • Danke caramamba. Meine Freundin kann das auch nur, da sie zu hause ist und die Zeit hat. Wenn sie noch im Berufsleben wäre, dann könnte sie das auch nicht. Auch hat sie Haus und Garten und der Hund kann unten in der Wohnküche mit direktem Zugang zum Garten bleiben. Trotzdem muss ich auch sagen, dass ist schon eine große Aufgabe, die meine Freundin sich da aufgeladen hat und ich werde sie so weit ich kann unterstützen.


      agil

    • Also wir haben die Hündin 3 Wochen hier gehabt, bis sie dann zu Nadine gezogen ist. In den drei Wochen hat sie irre Fortschritte gemacht. Was ich aber nicht zuletzt auch meinen Mädels zuschreibe, die ihr ja ein normales Leben vorgelebt haben. Daher finde ich es super, daß du dir mit Paul die Zeit nimmst, regelmäßig hinzufahren. Hunde schauen sich sooo viel voneinander ab und ich finde es recht wichtig, wenn so ein Hund die Möglichkeit bekommt, sich von einem netten ruhigen Hund viel abzugucken.


      Versucht einfach auch ruhig, im ein Geschirr umzubinden und ihn anzuleinen - vielleicht dackelt er hinter euch her, daß er etwas Bewegung bekommt.


      Bei Kiri sah das damals so aus, daß sie nur zwischen meinen Beinen gelaufen ist. Du glaubst nicht, was so merkwürdiges Gehen für Muskelkater macht *g*. Aber ich habe ihr das am Anfang gestattet und sie ist mitgelaufen. Zwar völlig gestresst, aber dennoch. Nach einiger Zeit bin ich dann mit eng aneinandergepressten Beinen gelaufen, damit sie nichtmehr dazwischen konnte (gab wirder Muskelkater) und dann fing sie auch an, normal zu gehen, mal zu schnüffeln. Versucht es einfach, denn Bewegung MUSS er haben - auch wenn er es blöde finde. Muskeln und Verdauungsapparat brauchen einfach Bewegung. Nur sichert ihn gut ab, daß er nicht evtl. sich in Panik aus dem Geschirr zieht.

    • Ein Geschirr hat sie ihm schon angezogen aber leider ist es nicht möglich ihn anzuleinen. Sobald er merkt, dass ein Widerstand da ist, rastet er völlig aus und schnappt total panisch umsich.


      Meine Freundin versucht es nun so, dass sie ihn über Leckerchen verteilen in der Küche zum Aufstehen bewegt und wenn er dann ein wenig Zutrauen gefasst hat, wird sie es nochmal versuchen ihn nach Draußen zu bekommen. Auf Dauer ist das natürlich auch eine große Belastung, denn er macht ausschließlich in der Wohnung - zum Glück Fliesen - trotzdem sehr unangenehm. Ich fahre heute Abend wieder hin und schaue mal ob er vielleicht auf Paul schon besser reagiert. Morgen habe ich zum Glück schon ab Mittag Zeit, so dass ich den ganzen Nachmittag da verbringen kann. Hoffentlich spielt das Wetter mit, dann kann man versuchen ihn über Paul nach Draußen zu locken.


      Ach ja, eine kleine Laufleine hat er am Geschirr dran, bloß festhalten geht daran noch auf keinen Fall.


      Um ihn zu meiner Freundin bringen zu können, haben sie ihn in Narkose legen müssen. Er hat sich nicht einfangen lassen und wild umsich geschnappt. Echt ein armes Kerlchen. Ich hoffe, dass es bald besser wird und er das Leben wieder etwas mehr genießen kann.


      LG
      agil

    • Wo hat sie den Hund denn her? Was war das für ein Mensch? Und wer ist auf die Haltungsbedingungen aufmerksam geworden? (Frage an euch beide)


      Weiß nicht, ob ich das könnte, mir so viel Leid anzusehen, es mit viel Mühe wieder hinzukriegen, und ihn dann abgeben zu müssen (ist doch Pflegehund, oder?). Wer weiß, wo er danach hinkommt. Erst gewöhnt der Hund sich an euch, und dann wollt ihr ihn auch nicht mehr (aus Hundesicht). Weiß nicht, ob ich das ertragen könnte.


      Gruß/Esmeralda

    • Hallo???


      Was heißt "wollt ihr ihn nichtmehr". Für so einen Hund ist es eine Erlösung in einer Pflegestelle erstmal das normale Leben kennen zu lernen und dann an vernünftige Leute vermittelt zu werden. So wie er jetzt ist / beschrieben wird, hat er kaum eine Vermittlungschance. Die Arbeit der Pflegestelle liegt jetzt darin, aus dem Hund einen Hund zu machen, den jemand mit gutem Gefühl in seine Familie aufnehmen kann.


      Ein Hund gewöhnt sich super schnell um. Ich habe bisher noch von keinem meiner Pflegehunde gehört, daß er mir auch nur "eine Träne nachgeweint" hätte. Einen treffe ich regelmäßig, die Hündin freut sich zwar immer, wenn sie uns sieht, aber dennoch ist sie glücklich in ihrer Familie und vermisst uns nicht für fünf Pfennig - und das ist auch gut so!


      Von mir aus auf jeden Fall den größten Respekt für jeden, der bereit ist, sich als Pflegestelle anzubieten. Ich weiß, wie viel Arbeit dahintersteckt und ich hatte bisher eigentlich immer großes Glück mit einfachen Pflegehunden. Dennoch überlegt man bei jeder neuen Anfrage wieder und wieder, ob man es macht.

    • Hey! Bleib mal ganz ruhig, das war doch aus Hundesicht geschrieben. So stelle ich mir die Gedanke des Hundes vor! lies doch mal richtig. Ich finde das total klasse, dass Leute sowas machen, finde es nur unheimlich schade, dass die Hunde nicht gleich vermittelt werden können, weil sich die Leute nur einen unkomplizierten, ordentlichen Hund ins Haus holen wollen. Ich würde sowas auch gerne machen, aber ich würden den Hund dann nicht mehr rausrücken.


      MfG/Esmeralda :hearts:

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