Ich kann das Verhalten nicht einschätzen - versteh einer den Hund

  • Hallo zusammen,

    vor vielen Monaten habe ich mal auf die Frage, welcher Hund passt, geschrieben, dass der Pudel ganz toll ist, weil mein Zwergpudel so brav und vor allem sehr ruhig ist.

    Nun habe ich meinen Meister bekommen - ein weiterer Zwergpudel ist eingezogen. Eigentlich sollte ich ihn nur vorübergehend nehmen, bis die Hündinnen in seinem ehemaligen Zuhause nicht mehr läufig sind. Aber grundsätzlich wollte die Vorbesitzerin ein dauerhaftes neues Zuhause für ihn. Lange Rede, kurzer Sinn. Wir haben ihn alle ins Herz geschlossen und er darf bleiben. Er ist 6 Jahre alt und kastriert.

    Wir wohnen ja direkt gegenüber von unserem Betrieb. Drei Wochen hatten wir Urlaub. Seit diesen drei Wochen lebt er bei uns und wir sind wegen einiger Arbeiten im Haus nicht weggefahren. Ich will damit sagen, dass er unseren häuslichen Alltag kennen gelernt hat. Und wir den Hund! Er ist ein Kläffer, zwar nicht extrem aber doch so, dass wir das gerne anders hätten.

    In folgenden Situation bellt er:

    - Wenn jemand zur Haustür reinkommt, egal ob mit oder ohne zu klingeln. Egal ob Familienmitglied oder Fremde.

    - Wenn uns jemand auf dem Spaziergang entgegenkommt oder auf einem anderen Weg, den wir einsehen können, läuft

    - Bei Hundebegegnungen sowieso

    - Wenn wir die beiden (auch kurz) alleine lassen.

    Jetzt kommts - seit Montag arbeiten wir wieder. Und ich dachte, das wird was, wenn die Kunden reinkommen. Es gibt eine Tür die zu uns an den Tresen führt und daneben ist mein Büro, da steht die Tür immer halb offen, für den Fall wenn wer was von mir will. Jedenfalls hab ich mich echt gefürchtet vor dem Büroalltag und fett eingekauft - Leckerchen, Schleckmatte, Knebel (kleiner Scherz :relieved_face:) usw., damit ich ihn ablenken, loben oder was auch immer kann, wenn jemand zur Tür reinkommt. Aber siehe da. Alles kein Problem. Er liegt auf seinem Platz und reagiert null auf all die Leute. Liegt einfach brav da, auch wenn Leute zu mir ins Büro kommen und ignoriert sie. Genau wie meine Ersthündin. Ich kann es nicht fassen. Gerade mal drei Tage mit im Büro. Warum tillt er bei der Haustür aber nicht bei der Tür zum Tresen?

    Heute war es so, dass ich mit Hunden (Männlein angeleint) über den Hof vom Haus in den Betrieb gegangen bin und er rumgekläfft hat, weil Kunden auf dem Hof standen. Ich meine, das ist doch echt komisch. Die Kunden kamen später noch rein, haben mit mir in meinem Büro gequatscht. Hund hat sich nicht gerührt. Übrigens kann ich das Büro gerne mal 10 Minuten oder so verlassen. Da bleiben sie liegen. Ganz anders als im Haus.

    Dann noch was. Ich hab halt auch einen Futterbeutel gekauft zum Trainieren und Spielzeug gibt es auch. Da geht er nicht ran. Er ist zwar verfressen aber er schnallt es einfach nicht. Ich glaube, er kennt Spielen nicht. Ich kann was werfen, da rennt er vielleicht mal hinterher, lässt das Spielzeug aber liegen. Futterbeutel fülle ich in seinem Beisein, wedel dann rum, er ignoriert ihn. Also, er tut uns echt leid weil er nicht viel gelernt zu haben scheint im alten Zuhause. Wo ist die Intelligenz des Pudels hin? Wo ist der kleine Jagdhund in ihm versteckt?

    Wo er herkommt hat er in einem kleinen Rudel gelebt. Sehr abgelegen. Die Hunde dürfen da rein und raus wie sie möchten. Da fanden wohl auch selten Spaziergänge statt. Ich denke draußen ist er unsicher, kann es aber nicht genau deuten.

    Was mir wichtig ist: In der Regel machen wir ein mal pro Jahr Urlaub mit dem Wohnmobil. Ich wünsche mir, dass er da nicht jeden (Hund) ankläfft, der bei uns vorbeiläuft und auch, dass er im Restaurant oder so ruhig bleibt, wenn andere Hunde reinkommen.

    Habt ihr ein paar Tipps für mich?

    Ganz herzlichen Dank schon mal!!!!!

  • Wo er herkommt hat er in einem kleinen Rudel gelebt. Sehr abgelegen. Die Hunde dürfen da rein und raus wie sie möchten. Da fanden wohl auch selten Spaziergänge statt.

    Dann mach langsam. Er meistert doch bereits mega viel mega gut!

    Nicht jeder Mensch spielt mit seinem Hund. Wenn er das nicht gelernt hat, mit dem Menschen zu spielen, musst du ihn langsam ranführen.

    Deine Erwartungshaltung an den Kleinen tönt recht hoch. Unbeabsichtigt wahrscheinlich :-) Reflektiere das mal in Ruhe und schraub die Erwartungen an ihn zurück. Er ist seit einem Monat bei euch - hey das ist mega kurz. Sein Leben ist gerade total auf den Kopf gestellt worden. Nur weil er bereits erwachsen ist, heisst es nicht dass ihn das nicht auch beschäftigt.

    Sollte er nicht viel kennen, sind Leute die auf ihn zukommen sehr schwierig einzuschätzen. Dann hilft ihm. Nimm ihn aus der Situation raus und bring Abstand rein. Das hilft.

    Zweifle bitte nicht an seiner Intelligenz! Lebensbedingungen formen ein Lebewesen, er wird sich bei euch anders formen. Gib ihm Zeit. Unterstütze statt fordere. Freue dich anstatt ihn zu bemitleiden.


    Lasst euch Zeit.

  • Ich denke, dein Hund kann ziemlich gut unterscheiden, es spricht wohl für seine Intelligenz als dagegen.
    Vermutlich kennt er "jemand kommt in unser Zuhause" und hat da schon immer gebellt und war aufgeregt. Dass aber wer auf Arbeit kommt, das kennt er nicht. Also war auch die Erwartungshaltung dort eine andere. Ergo: kein Gebell.

    Vielleicht nutzt du das für dich und gibst ihm ein Signal auf Arbeit. Jemand kommt rein, er bleibt liegen und du sagst völlig nebenbei und ruhig sowas wie "prima, da kommt wer und der ist nicht dein Job."
    Das kann man dann (viel!!) später auch Zuhause anwenden, wenns klingelt. Dann kannst du den gleichen Satz sagen, ihn vielleicht noch auf eine Decke oder ins Körbchen oder irgendeinen Platz bringen, wo er sein darf, aber aus der Verantwortung raus ist und dann kann auch da Ruhe einkehren.

    Ich würde da von deiner Seite, wie wildsurf schon schreibt, mehr Ruhe reinbringen und erstmal nicht zu viel machen.

  • Oh, das mit der Intelligenz war nicht ganz so ernst gemeint.

    Aber ihr habt schon recht - meine Erwartungshaltung ist wohl zu hoch.

    Wir haben halt das Gefühl, dass er schon ewig bei uns ist. Er hatte sich auch gleich auf uns eingestellt.

    Danke, für Eure Hilfe. Ich halte jetzt mal die Hufe still.

  • Vermutlich kennt er "jemand kommt in unser Zuhause" und hat da schon immer gebellt und war aufgeregt. Dass aber wer auf Arbeit kommt, das kennt er nicht. Also war auch die Erwartungshaltung dort eine andere. Ergo: kein Gebell.

    Genau das war das aller erste, das mir durch den Kopf ging. Er hat die zwei verschieden Situationen total unterschiedlich verknüpft, für ihn ist das nicht das Gleiche.

    Ich denke, du solltest erstmal nicht voraussetzen, dass der Hund irgendwas kann was du möchstest nur weil er schon erwachsen ist. Davor hat er ja ganz anders gelebt. Also bring ihm alle Kommandos und Dinge die er könne soll ganz Kleinschrittig wie bei einem Welpen bei, dadurch könnten sich einige Probleme schon in Luft auflösen. Wenn er z.B. gelernt hat, auf dem Spaziergang kommt ein Mensch entgegen, ich soll Fuß laufen, braucht er nicht mehr zu bellen, da er gelernt hat welches Verhalten richtig und erwünscht ist.

  • Im Büro gibt es vermutlich seit dem ersten Betreten striktere Vorgaben, wo er sich wie aufzuhalten hat als daheim?

    (Zusätzliche Beschäftigung würde ich auf in einem halben bis Jahr verlegen. Der hat erst mal genug Neues zu lernen.)

  • Alles klar.

    Danke für die weiteren Ratschläge.

    Also erst mal nur etwas Training und später andere Auslastung.

    Er kann ja schon vom vorherigen Zuhause Sitz, Rolle, Pfötchen und sowas. Ich kann ihn auf den Spaziergängen auch super abrufen, auch wenn jemand kommt, trotzdem er kläfft. Er schaut auch immer wo ich bin. Je nach Tageszeit läuft er an der Schlepp oder auch mal frei. Er macht auch auf Kommando Sitz wenn andere Hunde kommen aber dann bellt er halt sitzend weiter.

    Das Büro ist klein. Er hat seine Decke neben mir und da pennt er. Das gibt ihm wohl Sicherheit. Es gibt keinerlei Aktivitäten.

    Unser Haus ist groß. Ich wusel halt da nach Feierabend viel rum. Waschküche, Küche, Treppe hoch, Treppe runter. Klar, dass es für ihn (auch für die Ersthündin) nicht so einfach ist , mich sicher bei sich um sich zu haben. Manchmal verfolgen sie mich. Manchmal bleiben sie in einem anderen Zimmer, ab und zu sogar getrennt voneinander in verschiedenen Räumen.

    Vielen Dank nochmal.

  • Das klingt als würde er gleich viel selbst regeln wollen (oder meint das eben zu müssen) wenn er beim Spaziergang Abstand zu dir hat und zuerst auf den Reiz trifft.

    Da würde ich mal eine Weile versuchen ihn enger bei mir zu führen. Wenn jemand im Sichtfeld auftaucht den Hund aktiv hinter mich nehmen / auf die abgewandte Seite um ihn aus der Verantwortung zu nehmen und mich selbst zum Reiz wenden. Laufen lassen dann nur dort wo niemand sonst ist.

    Viel Spaß mit dem neuen Knirps, das wird noch :kleeblatt::smiling_face:

  • Den Hund enger nehmen, würde bei uns nicht funktionieren. Da wäre für Daisy und Jacky (Jacky ist ebenfalls ein Zwergpudel) sofort Spannung aufbauen und sie würden erst recht nach anderen Hunden suchen.

    Ich würde mal genau beobachten, ab wann sich der Hund wie verhält (es passieren ja körpersprachlich noch einige Dinge vor dem Bellen). Jacky hat ein ähnliches Verhalten, bei ihr war es Unsicherheit. Keine Angst, sie war nur überfordert und wusste nicht, wie sie reagieren soll also hat sie gebellt.

    Von dem, was du zur Herkunft schreibst, haben die Hunde ja auch nicht so viel kennengelernt. Spricht für mich auch einfach für Unsicherheit, dass er einfach nicht weiß, was er machen soll und da noch die richtige Anleitung fehlt.

  • Kann ich verstehen. Es war auch keine gespannte, kurze Leine gemeint. Da die Rede von Freilauf und Schleppleine war habe ich an eine normale 2 Meter Leine gedacht, so ist der Hund näher beim Menschen, bekommt mehr Anleitung und ist dadurch evtl. weniger überfordert.

    Das funktioniert für mich gut mit verschiedene Hunden, aber natürlich ist alles an Tipps dann nochmal individuell zu betrachten.

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