Hundeverhalten richtig deuten

  • Hallo liebe Hundefreunde!

    Ich habe folgendes Anliegen: da ich aktuell keinen eigenen Hund halten kann habe ich angefangen als Gassi-Geherin zu „arbeiten“. Ich habe eine nette Dame gefunden, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gut laufen kann und mit dessen Hund (Tibet Terrier, 7 Jahre) ich jetzt zwei mal die Woche spazieren gehe. Das Kennenlernen lief super, er bellt wenn es klingelt und bis ich reingekommen bin nur viel aber wenn ich dann auf dem Sofa sitze kommt er sofort auf den Schoß und lässt sich streicheln. Auch das Gassi gehen klappt gut, er lässt sich mitnehmen und draußen läuft er sehr schön. Das „Problem“ was ich habe ist nur das Anleinen. Sobald ich aufstehe und die Leine nehme (im Wohnzimmer) bellt er wieder. Wenn ich mich zu ihm runter beuge läuft er rückwärts und bellt weiter. Beim ersten Mal hatten wir es so gemacht, dass die Besitzerin mit zur Tür gekommen ist und ich ihn dort angeleint habe. Das hat ohne Probleme geklappt, da war er still aber das ist auf Dauer keine Option da die Dame ja schlecht laufen kann. Wie soll ich mich in dieser Situation am besten Verhalten? Mein Gefühl sagt, einfach die Leine nehmen, zu ihm hin und konsequent anleinen aber ich bin ja „Fremde“ in seinem Revier und wenn ich ihm quasi hinterherlaufe wenn er weg geht habe ich Angst, er schnappt nach mir (habe da mal eine schlechte Erfahrung gemacht). Es ist aber auch kein aggresives Bellen, ich würde es eher als unsicher bezeichnen. Für freundliche Hilfen bin ich sehr dankbar!


    Liebe Grüße, Stella

  • Schön, dass du der älteren Dame hilfst :smiling_face_with_hearts:


    Versuch doch mal, ihn bereits anzuleinen, wenn er bei dir auf dem Schoß sitzt. Oder setz ihn neben dich auf das Sofa und lein ihn an. Dann zur Tür gehen, anziehen und die Leine eben aufheben. So stehst du nicht "über" dem Hund.

    Viele Hunde haben ein Problem mit dem "bedrohlichen" herunter-/drüberbeugen.

  • Das mit dem anleinen auf dem Sofa klingt nach einer guten Idee, werde ich mal probieren, dankeschön!


    Und ich hab mich nicht richtig ausgedrückt, sorry, mit runterbeugen meinte ich in die Hocke gehen, also fast auf Augenhöhe sein, eben damit ich nicht bedrohlich wirke.

  • Ich würde auch eher versuchen, dass er zu dir kommt und du ihn dann anleinst. Das Anleinen auf der Couch finde ich eine gute Lösung.


    Außerdem bewusst auf deeskalierende Körpersprache achten. Ruhig auch schon die ganze Zeit, wenn du in der Wohnung bist. Dazu gehört zum Beispiel: Sich nicht vorbeugen (auch in der Hocke nicht). Nicht direkt in die Augen schauen, lieber ein bisschen am Hund vorbei. Nicht frontal dem Hund zuwenden. Nicht über den Kopf streicheln (evtl kennt er das auch und findet es nicht dramatisch, aber falls nicht...).

    Wenn du ihn doch (irgendwann) auf dem Flur anleinen möchtest, könntest du dich zum Beispiel auch auf den Boden setzen (nicht hocken, beim Hocken fällt man schnell nach vorne, was dann wieder bedrohlich ist). Dabei sitzt du seitlich, also nicht mit Blick auf den Hund. Und dann sprichst du ihn (ohne Angucken) an und schaust, ob er sich nähern mag. Falls er sich nähert: Nicht (!) versuchen, ihm über eine schnelle Handbewegung anzuleinen. Lieber langsam bewegen, immer die Reaktion abwarten. Und dann könntest du ihn erstmal seitlich am Körper streicheln.

    Du könntest die Übung auch einige Male machen, ohne ihn dabei anzuleinen. Wichtig ist eben, dass der Hund selbst wählen kann, wie viel Nähe ok ist. Und dass er auch immer gehen darf, wenn es ihm zu viel wird.

    Allgemein würde ich auch nochmal überlegen, was der beste Ort fürs Anleinen ist. Vor der Tür ist in vielen Wohnungen ein Flur und es ist vielleicht recht eng? Das ist für einen unsicheren Hund noch bedrohlicher, weil er wenig Ausweichmöglichkeiten hat und schnell das Gefühl bekommen kann, in die Ecke gedrängt zu werden. Eventuell gibt es Orte in der Wohnung, wo der Hund mehr Bewegungsfreiheit hat.


    Ich bin mir sicher, du bekommst das hin :bindafür: Du bist ja gewillt, dich auf das Hündchen einzustellen und scheinst auch empathisch zu sein, da du merkst, dass er unsicher ist. Das sind tolle Voraussetzungen.

  • Die Besitzerin soll Dir mal zeigen, wie SIE den Hund immer anleint, und dann kannst Du das mit ähnlicher Körperhaltung versuchen. Ansonsten kann sie dem Hund auch ein Kommando angewöhnen für "jetzt Geschirr anziehen" oder "Leine anziehen" oder so. Dann weiß der Hund, was jetzt kommt, und es fällt ihm leichter, das auch von Dir machen zu lassen. Weil er das Kommando kennt. Als Übergang kann auch sie neben Dir sitzen, das Kommando geben, und Du leinst dann an und irgendwann machst das alleine und gibst auch selbst das Kommando. Aber erstmal muß er das KOmmando dafür kennenlernen, klar. Das wär der Job der Halterin.


    Beim kleinen Hund auch praktisch, wenn Du ein eigenes Ritual etablieren möchtest: der Hund darf auf irgendeinen Stuhl springen, auf dem er dann angeleint wird. Rituale geben erstmal Sicherheit. Und nachdem er da erhöht steht, mußt Du Dich nicht (bedrohlich) über ihn beugen, er fühlt sich sicherer. Und: so wir das Aufdenstuhlspringen zur Einverständniserklärung fürs Anleinen, wenn Du ihn einlädst, raufzuspringen. Zögert der Hund: laß ihm Zeit, warte kurz, oder biete dasselbe 5 Minuten später an. Man kann auch da Leckerlies ins Ritul einbauen: Raufspringen, ein Leckerlie. Anleinen, ein Leckerlie. Runterspringen: ein Leckerlie. Und dann ein freudiges "Geh mer raus???" mit einladender Geste Richtung Haustür. Probier´s mal - zusammen findet Ihr bestimmt was, wo der Hund gern mitmacht.


    Eine zusätzliche Möglichkeit: die Besitzerin gibt ganz klare Negativmarker, wenn Hund sich anstellt (neee, bleib mal da!"), gibt ruhiges Kommando, stillzustehen und vermittelt dem Hund damit "alles gut, die darf das".


    Und wenn Du anleinen willst: immer deutlich die Leinen in der Hand. Weicht er zurück, nimm die Hand kurz zu Dir ran, lade ihn ein, wieder herzukommen, und versuchs nochmal und nochmal. Irgendwann wird er auch merken, Du tust nichts, wenn er zeigt, er möchte das nicht, und damit lernen, Dir zu vertrauen, und dann wird er Dich problemlos ranlassen.


    Probier mal aus wie er auf Stimme reagiert. Mein Faro reagiert sehr auf Stimme - wenn ich ne Zecke ziehen muß oder so, was für ihn nicht wirklich angenehm ist knurrt und grummelt er heute noch (Mißhandlungserfahrungen beim Vorbesitzer- hier hat er gelernt,wieder zu warnen, bevor er zulangt, einfach, indem ich auf jegliches Zeichen von "ich fühl mich damit nicht wohl" sofort reagiert hab und ihm seinen Abstand gelassen habe, aber trotzdem hartnäckig freundlich drangeblieben bin - also ich bin nie zurückgewichen oder hätte endgültig akzeptiert damit, daß der Herr das nicht möchte oder so.). Der grummelt laaaaut. Damit ich auch ja wahrnehme, daß er das gerade nicht mag, damit er nicht beißen muß. :-)

    Wenn ich dann aber kurz innehalte und damit signalisiere, ich tu nix, was er nicht will, und spreche ganz freundlich mit ihm (egal was, wenns freundlich ist, kanns auch der Wetterbericht sein *gg Hauptsache freundlich, solange wie ich an ihm hantiere!), dann kann ich das problemlos machen. Weil er merkt, ich will ihm nix tun, ich bin entspannt, er hat nix zu befürchten. Vielleicht hilft eine freundliche Stimmt auch bei Deinem Gassihund weiter.

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