Neuer Hund rennt hinterher und zwickt, nur nicht Halter

  • Hallo ihr Lieben!

    Vorweg: Ich bin mit meiner Hündin auf dem Weg in die Hundeschule und werde da auch wenn möglich einen Trainer auf das Problem gucken lassen. Außerdem bitte ich von Beiträgen wie "lass den armen Hund doch erstmal ankommen" abzusehen, da ich in meiner aktuellen Situation nicht vermeiden kann, dass ich mit dem Hund zum Teil auf andere Menschen treffe und (natürlich unter Berücksichtung des Hundestresslevels und der jeweiligen Situation) das Verhalten bearbeiten und verhindern möchte, dass es sich festigt. Ich bin auch sicher, dass der Faktor Zeit und das Ankommen in Zusammenhang mit dem Problem stehen. Ich wünsche mir hier vor allem Erfahrungsaustausch mit Leuten, die ein ähnliches Verhalten bei ihren Vierbeinern kennen/kannten.


    Also zum Thema :-)
    Seit knapp zwei Wochen ist eine Hündin bei mir (knapp 1jährige Schäfermixhündin). Sie ist im Welpenalter in Bosnien von der Straße in den Tierschutz gekommen und seit ca. 4 Monaten bei einem Tierschutzverein in DE. Es handelt sich dort um eine Art Großpflegestelle. Sie lebte in einer Hundegruppe und hatte dort täglich Auslauf, lebte also nicht im Haus. Sie zeigte sich dort sehr offen und entspannt gegegnüber bekannten und unbekannten Menschen.

    Hier zeigt sie das Zwicken nicht immer, aber häufig (wenn ich sie nicht hindern würde) in folgender Situation nur in Haus und Garten, (noch) nicht bei Spaziergängen:


    Mind. eine weitere Person, Hündin und ich sind in der Gruppe. Wenn eine andere Person als ich aufsteht und die Gruppe verlässt, rennt sie hinterher und versucht in Richtung der Person zu zwicken. Allgemein wirkt sie (je nach Person und Schnelligkeit) unsicher/angespannt/teils stark beunruhigt, wenn sich ankündigt, dass eine Person jetzt gehen wird und wenn Personen schnell irgendwo hinlaufen. Ich gehe davon aus, dass ihr Verhalten ausgelöst wird davon, dass sich eine Person schnell (weg)bewegt. Bei mir zeigt sie das Verhalten allerdings überhaupt nicht.

    Ich habe sie seit den Situationen ganz am Anfang in Risikosituationen (mit Besuchern und den Mitbewohnern, die sie noch nicht so gut kennt bzw bei denen sie unsicherer ist) in Absprache mit dem Verein immer an der Leine, damit sie das Verhalten nicht durchführen kann und wenn es doch passiert (sollte natürlich nicht, aber es gab zB vor ein paar Tagen eine ungünstige Situation) maßregele ich sie mit einem deutlichen Ey und gehe zwischen sie und die Person, hinter der sie her ist, fixierend auf sie zu. Vor wenigen Tagen ist es leider noch einmal aufgetreten. Einer der unbekannteren Mitbewohner ist unangekündigt schnell durchs Wohnzimmer in die Küche gelaufen (wo ich mit der übrigen WG war), sie war auch im WZ, ist hinter ihm hergelaufen und hat in seine Richtung gezwickt. Auf meine Zurechtweisung reagiert sie mit "Rückzug" und eingezogenem Schwanz, wirkt aber auch nach der Situation noch ziemlich beunruhigt und ist mit dem Blick immer da, wo die Person hingegangen ist (auch wenn die Person dann schon weg ist). Insgesamt zeigt sie den Ansatz zum Verhalten weniger oder gar nicht, wenn sich Menschen langsam bewegen und zB schrittweise losgehen (also erst aufstehen, kurz warten, langsam loslaufen). Die Beunruhigung ist aber mal mehr mal weniger stark immer vorhanden.

    Kennt ihr so ein Verhalten? Ich habe den Eindruck, dass zum einen starke Unsicherheit ist (ergo Zeit. Eingewöhnung, Sicherheit gewinnen und Kennnenlernen, was Menschen im Haus+Garten machen und wie sie sich verhalten und dass es normal und unbedrohlich ist, wenn sich Menschen schnell irgendwohin bewegen), aber sie gleichzeitig auch lernen muss, den Impuls zu kontrollieren.

    Ich bin halt Ersthalterin und es gibt so unterschiedliche Ansätze bei solchem Verhalten... Von erstmal sich selbst mit dem Hund allein einen Monat im Zimmer einsperren, um ihm ein ruhiges Ankommen zu ermöglichen bis hin zu "den Hund richtig zusammensauen und dann hat er es zu verstehen" kommen da "Tipps", die unterschiedlicher nicht sein könnten..
    Ich hab eigentlich ein gutes Gefühl bei meiner Strategie gerade (da es ja ganz langsam auch Fortschritte gibt), aber alles in Richtung Zwicken, Beißen etc kann ja auch einfach gefährlich werden und darf einfach kein bleibendes Verhalten sein.


    Was sind Eure Erfahrungen zu dem Thema?

  • Dass den Hund einschüchtern in solchen Situationen nicht zielführend ist, sondern sich blödestenfalls doch irgendwann auch gegen Dich richten könnte.


    Was tun kommt auch etwas darauf an, ob das nun wirklich Angstaggression ist oder Zurechtweisung oder...


    Mein Menschen- und Hundeschnapper geht bis auf Weiteres ausschließlich mit Beißkorb raus. Und ich versuche ihn gar nicht erst in Situationen zu bringen, in denen er schnappen muss.


    Nach 2 Wochen hätt er vermutlich absolut nicht verstanden, wenn ich ihn zurechtgewiesen hätte und es wäre auf Kosten des sich nur zaghaft entwickelnden Vertrauens gegangen. Also absolut kontraproduktiv. Die Angstaggression lässt sich - bei ihm - eher über Vertrauen regeln.


    Klare Ansagen auch, aber die passen nicht überall. Der Hund muss einen erst mal genauso lesen lernen, wie man selbst den Hund.


    Idealerweise schützt Du Deinen Hund (und Dein Umfeld) davor, dass er sich selbst schützen muss.


    Außerdem: Maulkorb. Sofort.


    Ev. Hausleine umd einen mitbewohnerfreien Rückzugsort.

  • Wirklich lösen wird man Eure Situation über ein Forum nicht können.


    Aber so eine erste Deeskalationsmethode wär eventuell: Babygitter.

    Geht Deine Zimmertür zum WG-Wohnzimmer hin auf?


    Ein Hund, der womöglich Stress mit Menschen und oder Bewegungen hat, mitten in den Trubel zu lassen, ist riskant.


    Babygitter sperrt nicht komplett aus, aber schützt Mensch und Hund voreinander.

    Du hast vielleicht einen Hund, der nicht überall dabei sein kann.


    Vorallem aber hast Du einen Hund, der derzeit die vielleicht schlimmste Phase seines Lebens durchmacht. Raus aus vertrautem Umfeld, rein in die (für ihn) völlige Ungewissheit.


    Von Aliens auf einen fremden Planeten verschleppt.


    Ruhe und Vertrauensaufbau. Nicht Action und ständig herausfordernde Situationen. Vorerst ist aber so ziemlich alles herausfordernd für einen Hund, der nie drinnen gelebt hat und womöglich auch nicht sonderlich viel mit Menschen zu tun hatte.

  • Klare Ansagen auch, aber die passen nicht überall. Der Hund muss einen erst mal genauso lesen lernen, wie man selbst den Hund.

    Du meinst im Sinne von der Hund kann erstmal mein "Ey" und meine sonstige Reaktion nicht verstehen? Ja das mit dem Lesen lernen braucht sicher auch Zeit. Sonst könnte ich ihr Verhalten vielleicht auch besser einschätzen.


    Nach 2 Wochen hätt er vermutlich absolut nicht verstanden, wenn ich ihn zurechtgewiesen hätte und es wäre auf Kosten des sich nur zaghaft entwickelnden Vertrauens gegangen

    Sie hat sich mir von Anfang an angeschlossen, ich habe sie auch mehrmals vorher halbtags besucht. Klar wächst echtes Vertrauen über die Zeit, aber ich schätze, dass sie das, was sie hat mir ggü, nicht so schnell verlieren wird (sie hat von Ankunft hier an null Berührungsängste mit mir. wenn wir kuscheln, rollt sie sich auf den Rücken und streckt ihre Beine in alle Richtungen und lässt die locker in der Luft hängen, folgt mir auch draußen überall hin, lässt sich entspannt überall anfassen etc.)
    Auch wenn ich "gruselige" Sachen mache, also mit großen Gegenständen rumhantiere oder laute Geräusche mache, lässt sie das nicht zurückweichen.
    Wie sah das denn bei deinem Hund am Anfang aus?
    Klar kann man Vertrauen kaputtmachen, aber ich denke, die klaren Ansagen durch mich "verträgt" sie. Zumal ich ansich auch eine ruhige Person mit leiserer Stimme bin. Das heißt, eine klare Ansage fällt bei mir im Vergleich zu jemand anders vielleicht auch relativ "sanft" aus. Hab mich da eher gefragt, ob ich nicht noch deutlicher reagieren sollte in solchen Situationen. Eine Hundefreundin von mir hat eine Situation beobachtet und meinte danach, dass meine Körpersprache und Stimme noch eher "klein" waren. Aber das liegt natürlich im Auge des Betrachters..
    Auf jeden Fall bin ich auch dafür, Situationen so zu managen, dass es nicht zu ihrem Verhalten kommt und sie nicht "zu viel" (wie zum Beispiel am zweiten Tag, da hab ich ihr zu viele soziale Situationen zugemutet meiner Ansicht nach) auszusetzen.

    Was tun kommt auch etwas darauf an, ob das nun wirklich Angstaggression ist oder Zurechtweisung oder...

    Ja.. deshalb wäre der Blick eines Trainers sicher mal gut.

  • Klare Ansagen auch, aber die passen nicht überall. Der Hund muss einen erst mal genauso lesen lernen, wie man selbst den Hund.

    Du meinst im Sinne von der Hund kann erstmal mein "Ey" und meine sonstige Reaktion nicht verstehen? Ja das mit dem Lesen lernen braucht sicher auch Zeit. Sonst könnte ich ihr Verhalten vielleicht auch besser einschätzen.


    Nach 2 Wochen hätt er vermutlich absolut nicht verstanden, wenn ich ihn zurechtgewiesen hätte und es wäre auf Kosten des sich nur zaghaft entwickelnden Vertrauens gegangen

    Sie hat sich mir von Anfang an angeschlossen, ich habe sie auch mehrmals vorher halbtags besucht. Klar wächst echtes Vertrauen über die Zeit, aber ich schätze, dass sie das, was sie hat mir ggü, nicht so schnell verlieren wird (sie hat von Ankunft hier an null Berührungsängste mit mir. wenn wir kuscheln, rollt sie sich auf den Rücken und streckt ihre Beine in alle Richtungen und lässt die locker in der Luft hängen, folgt mir auch draußen überall hin, lässt sich entspannt überall anfassen etc.)
    Auch wenn ich "gruselige" Sachen mache, also mit großen Gegenständen rumhantiere oder laute Geräusche mache, lässt sie das nicht zurückweichen

    Was Du beschreibst sind aber ganz andere Situationen - da gibt es nur Dich und Deinen Hund und ev. Gegenstände. Kein(e) andere(r) Mensch(en) im Spiel und nicht miteinander vergleichbar.

  • Aber so eine erste Deeskalationsmethode wär eventuell: Babygitter.

    Geht Deine Zimmertür zum WG-Wohnzimmer hin auf?

    Meine Zimmertür geht zum Flur auf, der weiter ins WZ führt, aber ohne Sichtkontakt von Raum zu Raum. Deshalb heißt es wenn ich in Küche, Bad etc muss entweder Hund allein lassen oder mitnehmen.

    Kindergitter habe ich tatsächlich. Meistens habe ich die Tür aber zu, damit sie besser zur Ruhe kommen kann in meinem Zimmer. Praktisch ist das, wenn zB jmd nach Hause kommt und sie von den Geräuschen beunruhigt ist. Dann kann ich die Zimmertür aufmachen und sie durch die Abtrennung gucken, wer da ist und auch für die Leute von draußen ist es ne Barriere.

    Ein Hund, der womöglich Stress mit Menschen und oder Bewegungen hat, mitten in den Trubel zu lassen, ist riskant.

    Genau. Deshalb nehme ich sie eher mit, wenn da gerade keiner ist oder max. 1-2 Personen sind, die sich ruhig verhalten (also zB auf dem Sofa sitzen). Und dann idR an der Leine oder die Leine dabei für den Fall, dass jemand dazukommt. In die Küche darf sie nicht, das heißt manchmal ist sie auch bei offener Tür im Wohnzimmer, wenn in der Küche gegessen wird. Von da aus kann sie einen Teil der Küche einsehen. Aber in der Situation läuft dann zB in der Regel niemand durchs WZ.
    Ich mache das auch vom Tagesverlauf und ihrem Stresslevel abhängig, ob ich sie mitnehme oder nicht.

    Ruhe und Vertrauensaufbau. Nicht Action und ständig herausfordernde Situationen. Vorerst ist aber so ziemlich alles herausfordernd für einen Hund, der nie drinnen gelebt hat und womöglich auch nicht sonderlich viel mit Menschen zu tun hatte.

    Jap ich hoffe wir sind da auf dem richtigen Weg.
    In meinem Zimmer kommt sie zum Glück sehr gut zur Ruhe und ich achte auch drauf, dass sie da viel Schlaf und Erholungspausen bekommt. Den größten Teil des Tages halten wir uns auch da auf.

  • Was Du beschreibst sind aber ganz andere Situationen - da gibt es nur Dich und Deinen Hund und ev. Gegenstände. Kein(e) andere(r) Mensch(en) im Spiel und nicht miteinander vergleichbar.

    Ich beziehe das auch nur auf das vorhandene Vertrauen mir ggü. Oder meinst du, dass sie in sozialen Situationen erst Vertrauen zu mir gewinnen muss?

  • Für mich liest sich das nach Kontrollettiverhalten/Massreglung.

    Gar nicht untypisch für den Typ Hund.


    Warum die Hunde das tun ist vielschichtig. Das kann von unsicherheit bis rotzfresch alles sein.


    Wichtig ist das keine Person zu schaden kommt, kannst du das nicht garantieren, dass pack dem Hund einen Maulkorb drauf.


    Und lass das ganze von einem Trainer angucken.

    Wenn du Empfehlungen brauchst, frag hier im Forum.

  • Ja genau das meine ich. Ich wuerde da wie schon empfohlen mit Management arbeiten, d. H. dein Hund bekommt im häuslichen Bereich eine Schutzzone und ja die sollte auch für die Mitbewohner Sicherheit bedeuten.


    Ich denke auch es ist gut dir fachliche Hilfe nach Hause zu holen um zu erkennen was ist die Ursache im Hund und dementsprechend richtiges Handeln zu lernen.

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