Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2

  • Sehr interessantes Thema - habe gerade eure Diskussion gelesen.

    Interessant, aber sehr, sehr schwierig... Ich bin immer wieder geschockt, wenn ich sehe, wie sehr sich rechtes Gedankengut wie eine Seuche immer mehr in den Köpfen der Menschen ausbreitet. Und leider habe ich die Erfahrung schon oftmals machen müssen, dass reden nichts hilft.

    Vor vielen Jahren habe ich als Auszubildende nebenbei in einem Bistro bedient. Damals waren Nazis bzw. rechtes Gedankengut noch nicht so verbreitet wie jetzt. Aber wir hatten damals eine Gruppe an Nazis (wirklich Nazis, die durch entsprechende Kleidung ihr Statement klar zum Ausdruck brachten) oftmals im Bistro. Total unerwünscht seitens des Chefs, von uns (obwohl sie sich nicht daneben benahmen) und seitens der Gäste. Es blieb dem Chef nichts anderes übrig, als mit ihnen zu sprechen und sie zu bitten, eine andere Lokalität zu suchen. Das alles hat ihn und uns sehr beschäftigt, wir hatten da echt Bauchweh deswegen - denn eines war klar, dass das alles ganz schnell kippen kann und sie kein Problem haben, sich entsprechend körperlich zur Wehr zu setzen.

    Wie will man mit solchen Leuten diskutieren? Leuten, die anderen Angst machen, weil sie einfach radikal in ihrer Einstellung sind. Weil sie einfach andere nicht respektieren? Was will man denen mit Worten entgegen setzen?

    Ich diskutiere mit Leuten, die offen für Diskussionen sind. Aber nicht mehr mit Leuten, die außer Stammtischparolen und/ oder Einschüchterungen nichts "zu bieten" haben. Da werde ich ignorant und schotte mich komplett ab.

    Daher kann ich den Entschluss der Autorin auch gut nachvollziehen. Und ja, ich kann auch nachvollziehen, dass sie einfach keine Lust hatte, dass ihr Buch in der Diskussion über diese rechten Bücher untergeht. Dass sie dann einfach sagte, nö, will ich nicht (einfach, weil sie diese Bücher nicht unkommentiert lassen kann).

    Wie der Buchhändler dies nun in der Öffentlichkeit breit tritt, finde ich nicht gut.

  • Für mich stellt sich so oft die Frage, wie kann man die "Seuche rechtes Gedankengut" aufhalten?

    Ein kleines Beispiel, wo ich mal wieder sehe, dass einfach nicht nachgedacht wird, dass Leute nicht in der Lage sind, ihr Hirn einzuschalten:

    In den letzten Tagen kursieren über WhatsApp, auf FB und sonst wo Aufrufe (die ja von der AfD unterstützt werden), sich die Franzosen als Vorbild zu nehmen und gegen die gestiegenen Kraftstoffpreise zu wehren, indem man diesen Sonntag tanken geht und am Montag die Tankstellen boyokottiert (zumal das ja völlig wurscht ist, wann man tanken geht...). Jedenfalls sind die Leute nicht in der Lage, wahrzunehmen, dass die gestiegenen Krafstoffpreise bei uns eine ganz andere Ursache als in Frankreich haben (in F sollen zusätzliche Steuern auf Kraftstoff erhoben werden, in D ist vor allem der Süden betroffen, wegen Niedrigwasser des Rheins und eine Explosion in einer Raffinerie in Ingolstadt).

    Hier mischt wohl die AfD kräftig mit. Nutzt die Unsicherheit der Menschen total aus. Aber sie zeigen sich dadurch bürgernah. Das ist so ihre Masche, wie sie immer wieder die Bindung zur normalen Bürger herstellen.

    Und die Vertreter der "normalen" Parteien? Die sind so sehr mit sich selbst und ihren parteiinternen Querelen beschäftigt, dass sie dafür gar keine Zeit mehr haben. Sie sind so abgehoben von der Basis, schweben ohne Verbindung zur Bevölkerung in völlig anderen Sphären. Das Vertrauen in unsere Politiker - und ihre Aufgabe und Verantwortung im Sinne des Bürgers zu handeln - geht immer mehr verloren (Stichwort Lobbyismus).

    Sorry. Ich hoffe, das euch das jetzt nicht so sehr aufstößt. Aber ich versuche einfach zu ergründen, warum es rechtes Gedankengut mittlerweile so einfach hat und so um sich greift. Ich sehe das schon mit großer Sorge.

  • Noch mal zum Politik krams...

    Ich finde das richtig richtig gut von der Autorin, dass sie ihre Lesung dort abgesagt hat.
    Sie macht ihren Standpunkt damit mehr als deutlich und das macht sie für mich schon mal sehr sympathisch.

    Ich würde diesen Buchladen wohl auch meiden, denn ich will sowas einfach nicht sehen und es macht auf mich einen schlechten Eindruck, wenn für sowas noch extra Regale freigeräumt werden.
    Wir haben so schon viel zu viele "rechte" hier, die müssen nicht auch noch gefüttert werden :dagegen:


    Also, von mir ein klares Daumen hoch, für die Autorin :bindafür:

    Wobei man sagen muss: die Buchhandlung hat einen eher linken/Alternativen Ruf. Der Buchhändler hat das Regal ganz klar gekennzeichnet und er will damit sicher keine Rechten anlocken.

  • Interessante, bedenkenswerte Argumente hier, Danke Euch!


    Falls jemand mal Lust auf ein knackiges Sachbuch hat:

    Behringer, Tambora und das Jahr ohne Sommer.

    Es geht um einen verheerenden Vulkanausbruch im Jahr 1816 in Indonesien. Dieser hatte weltweite Auswirkungen auf das Klima und also die Landwirtschaft und starke politische Folgen bis weit nach Europa hinein.
    Aber auch skurrile:
    Der (Die?) Cannstatter Wasn, dieses Volksfest, wurde uA deshalb gegründet.
    Historisch- wissenschaftlich, sehr gut geschrieben auch für den Laien.
    Einfach spannend.

  • Frisch abgeschlossen:

    "Der General der toten Armee" von Ismail Kadare

    Grober Inhalt: Zwanzig Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs erhält ein italienischer General den Auftrag, seine gefallenen Landsleute in Albanien zu bergen und die Überreste in die Heimat zu überführen

    Mein Leseeindruck:
    Mir gefiel, wie über die gesamte Länge des Buches Stück für Stück das heroische Selbstverständnis und die militärische Arroganz des Generals dekonstruiert wurde.
    Angefangen beim heiligen Dienst an den gefallenen Helden - endend mit restloser Desillusionierung und an der Grenze zum mentalen Totalschaden.
    Das Buch ist durchsetzt mit Einschüben, die den Hauptfaden (die Grabungsarbeiten und die Reise durch Albanien) unterbrechen und Einblicke in das unmittelbare Kriegsgeschehen geben.
    Die schroffe albanische Landschaft wird nach und nach Abbild des geistigen Zustands des Generals (der namenlos bleibt).
    Insgesamt ist das Buch eine Abwärtsspirale, die jede Form von verklärtem Militarismus gründlichst zerdeppert - sowohl in den Köpfen der Protagonisten als auch in den Schilderungen des unendlichen Kriegselends.

  • Ich bin erst auf S. 80 bei "die Vermessung der Welt". Wenn ich da an "die Geschichte der Bienen" denke, da hab ich in 4 Tagen die 500 Seiten weggelesen.

    Der Zugang zu dem Buch fällt defintiv nicht so leicht, wie zu Lundes Buch (die auch absolut nicht vergleichbar sind) - was man an der bisher gelesenen Seitenzahl sieht. Manchmal komme ich mit den vielen genannten Personen nicht ganz mit und es fallen mir die vorwiegend fehlenden Dialoge auf. Humboldt ist - auf neudeutsch ausgedrückt - ne krasse Nummer. :D

    Bisher konnte es noch nicht meine Begeisterung entfachen. Bin daher noch gespannt, was kommt.

  • Bin daher noch gespannt, was kommt.

    Wenn ich mich recht erinnere, wird es noch richtig spannend und auch zT komisch auf der Expedition.

    Nicht vergleichbar mit den "Bienen", das seh ich genau so, aber ein Wurf.
    Dranbleiben! ;)

  • Wenn ich mich recht erinnere, wird es noch richtig spannend und auch zT komisch auf der Expedition.
    Nicht vergleichbar mit den "Bienen", das seh ich genau so, aber ein Wurf.
    Dranbleiben! ;)

    Ich bleib auf jeden Fall dran ;) Und heute Abend geht mein Mann mit seinen Kollegen zum Essen - da freu ich mich schon auf einen ruhigen Leseabend.

  • Ich habe gerade "Die Erfindung der Flügel" von Sue Monk Kidd gelesen und war sehr beeindruckt.
    Die Autorin hab ich mir von @leserinmithund gemerkt und ich werde sicher noch andere Bücher von ihr lesen.

    Das freut mich, soweit ich weiß, gibt es auf Deutsch aber von ihr nur noch
    "Die Bienenhüterin". Das fand ich auch schon gut, wenn auch etwas kitschiger.
    Das Nachwort der "Flügel" ist doch wirklich erhellend, was?

    Diese Art zu erzählen gefällt mir ingesamt sehr gut.

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