Es ist doch "nur" ein Hund - Unterschiedliche Erwartungen und Einstellungen rund um Vierbeiner

  • @day-flying moth: Dankeschön.


    "Eating Animals" von Jonathan Safran Foer find ich in dem Kontext auch sehr interessant.



    @PocoLoco: Der Grund, warum ich dich nach der Entstehung des "nur ein Hund" bereits auf der ersten Seite gefragt habe (ob es von deinen Eltern kommt), ist folgender: Ich kenne jemanden, der immer mal wieder meinte - "Man darf nicht vergessen, dass es nur ein Hund ist". Dieser Satz kann ja sehr vielfältig interpretiert werden.


    Der Hund versteht den zehnminüten Dialog nicht - ist ja nur ein Hund.
    Der Hund sieht die Gefahr nicht...
    Der Hund versteht ohne Training die Grenze nicht...
    usw.


    Aber diese Person konnte über Jahre und kann mir noch heute nicht erklären, was sie eigentlich mit dieser Aussage "Man darf nicht vergessen, dass es nur ein Hund ist" meint. Ist das abwertend bzw. im Sinne einer Hierarchie angedacht? Ist das erklärend? Ist das situationsabhängig? Dann hab ich die Eltern und deren Einstellung zu Tieren kennengelernt... Und mir wurde klar, das ist eine Aussage, die einfach übernommen aber nicht individuell reflektiert wurde. (das passiert uns allen und soll nicht abwertend oder verurteilend sein)


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    Für mich spielen bei der Thematik drei Sachen eine entscheidende Rolle:


    Liebe
    Respekt
    Kommunikation


    Wenn ich ein Wesen liebe, respektiere ich es und bemühe mich um eine entsprechende Kommunikation.
    Das kann der Barsch sein, den ich für 13 Jahre hatte. Sie hatte einen Namen. Sie war ein wenig gestört (deswegen dann auch lange alleine, denn sie mochte andere Fische nicht). Ich habe ihre Bedürfnisse respektiert und dazu gehörte es eben auch, dass ich ihre Zeichen zumindest versuche zu lesen (Kommunikation), den Lebensraum entsprechend gestalte usw.
    Das kann ein Säugling sein, der sich anfänglich ausschließlich über Schreien bemerkbar machen kann. Oder ein erwachsener Mensch, der zwar reden kann aber vielleicht nicht so gut darin ist, seine Gefühle verbal auszudrücken. Ich muss und ich werde nicht immer alles genauso verstehen und auffassen wie die Betreffenden, aber ich kann diese Wesen alle respektieren, lieben und mich um Verständnis bemühen.


    Daher gibt es für mich - egal, ob es meine Mutter ist oder meine Katze - eben auch kein abwertendes "nur". Es gibt für mich kein "Ich liebe xy ABER ist ja NUR". Ich liebe meine Fellnasen. Punkt. Da gibt es keine Abstriche und keinen Vergleich mit Menschen. Da gibt es individuelles Eingehen und gemeinsames Umgehen. Entweder ist es ein geliebtes Familienmitglied oder eben nicht.


    Ich würde vermutlich nie einen fremden Menschen retten, bevor ich meine Familie und damit auch meine Tiere rette. Und genau das verstehe ich bei anderen nicht (unter anderem). Wenn jemand die "heißgeliebte" Katze zwar als Familienmitglied bezeichnet aber nicht zum Tierarzt bringt. Wenn jemand seinen Hund sooo sehr liebt aber er gefälligst froh zu sein hat, wenn er die Minimalversorgung bekommt. Oder jemand natürlich seine Tiere ganz doll liebt, die aber im Fall der Fälle wenn überhaupt mal ganz zuletzt gerettet werden würden. Sobald abgewertet wird, sobald es eine Rangfolge gibt, ist das für mich keine Liebe.

  • @Chris2406 Stimmt, wir Menschen sind anderen Tieren kognitiv überlegen - gibt uns dass das Recht, Billionen von Tieren pro Jahr zu töten, weil wir auf das Fleisch nicht verzichten wollen? Gibt es uns das Recht, Straßenhunde in Tötungsstationen umzubringen, obwohl wir für deren Vermehrung auf der Straße verantwortlich sind? Gibt es uns das Recht, eine Kuh zu schlachten aber ein Pferd zu lieben? Diese Frage muss jeder für sich beantworten, von mir gibt es da ein klares NEIN

  • Ganz ehrlich, auch wenn ich das damals nicht ganz so gesehen habe war mein erster Hund für mich z.T. schon "Partner- / Kinderersatz". Er hat zumindest für mich eine emotionale Rolle erfüllt, die jetzt mein Mann und meine Kinder erfüllen.
    Ich war damals nicht in einer festen Partnerschaft, bin auch oft aus beruflichen Gründen umgezogen und der Hund war das eine konstante Lebewesen an meiner Seite. Er hat sich dazu auch angeboten, war ein totaler Ein-Frau-Hund. Uns gab es nur im Doppelpack, und jeder menschliche Anwärter für eine Partnerschaft, ob platonisch oder romantisch, hatte erst den Hund zu akzeptieren. Die Bedürfnisse des Hundes hatten Priorität. Ich bin z.B. auch oft allein mit Hund in den Urlaub gefahren. Ob das so gesund war, oder ob es den Hund manchmal emotional überfordert hat, keine Ahnung, aber wir waren glaube ich beide mit den Arrangement ganz zufrieden so.


    Jetzt ist es ein bisschen anders, jetzt habe ich einen Partner und Kinder, und die Hunde sind halt der hündische Teil unserer Familie. Sie stecken auch mal zurück oder laufen nebenher, aber das ist denke ich vor allem der Tatsache geschuldet, dass es jetzt mehr Mitspieler gibt, die alle ihre Bedürfnisse und Wünsche haben. Da muss jeder mal zurückstecken, wo ich früher Vieles ganz nach den Bedürfnissen des Hundes ausgerichtet habe. Grade mit Kindern gibt es viele Dinge, wo Hunde nicht mit dürfen - Spielplätze, Schwimmbad, Bibliothek, Kindergarten- und Schulfeste, Skikurs, Disneyland ;)...


    Meine Hunde müssen natürlich nicht immer funktionieren, aber wenn z.B. einer meiner Hunde wirklich nicht mit den Kindern könnte, oder Partner/Kinder ernsthafte gesundheitliche Probleme durch den Hund hätten, dann müsste schweren Herzens der Hund gehen. Ist zum Glück nicht so :).
    Aber auch ganz kleine Sachen haben sich geändert, z.B. hat es mir früher nie viel ausgemacht, dass Max am Tisch bettelt (er ist wirklich extrem futtermotiviert und frisst fast alles). Jetzt sperren wir die Hunde während des Essens hinter ein Babygate, weil unser kleiner Sohn noch sehr viel Schweinerei beim Essen macht und wir das Geschlecke nicht wollen. Ich bin mir sicher, für Max ist das ganz schlimm und sein Bedürfnis wäre es, das alles sofort aufzuschlecken...
    Ich denke, jeder definiert auch die "Bedürfnisse" des Hundes unterschiedlich, je nachdem an welchen Punkt er/sie in seinem Leben ist.

  • Oder jemand natürlich seine Tiere ganz doll liebt, die aber im Fall der Fälle wenn überhaupt mal ganz zuletzt gerettet werden würden. Sobald abgewertet wird, sobald es eine Rangfolge gibt, ist das für mich keine Liebe.

    In "entweder-oder"-Situationen bleibt einem doch aber gar nichts anderes übrig, da entwickelt sich automatisch eine Rangfolge.
    Auch in der Frage, ob man sich selbst für einen fremden Menschen in Gefahr begibt.


    Ich halte einen Grossteil dieser Diskussion für extrem theoretisch und vollkommen am echten Leben vorbei.


    JEDER macht auf irgendeine Art Unterschiede bei den unterschiedlichen Lebensformen.


    LG, Chris

  • Aber mit dem "mehr oder weniger" machst Du doch grad auch nix anderes, als andere mit dem "nur". Du siehst Unterschiede in den einzelnen Lebensformen - die m. M. n. auch tatsächlich da ist und die man auch benennen darf, solange man damit gescheit umgeht.

    Wir Menschen haben als Einzige die Möglichkeit, das, was wir tun, in differenzierte Worte zu fassen

    Nein. Es gibt auch Tiere, die eine uns verständliche Sprache in differenzierter und sogar logisch schöpferischer Weise verwenden können (ein prominentes Beispiel war der Gorilla Koko).
    Und nicht alle Menschen können vergleichbares.
    Manche noch nicht, manche nicht mehr und manche auch zu keinem Zeitpunkt ihres Lebens.
    Diese Unterschiede verlaufen zwischen den Individuen, nicht starr abgrenzbar zwischen Spezies.

  • Eine Hierachie baue ich in der Tat auch nicht. Selbst wenn ich den Hund nur als Hund sehe. Was in einer Situation als erstes kommt, bestimmt die Situation.



    Siehe oben. Auch dann, finde ich für mich, sollte es situationsbedingt sein.


    Natürlich ist das hier theoretisch aber die Einstellung bestimmt eben nicht nur das Verhalten in Extremfällen, sondern auchim Alltag. @Chris2406: du bist jemand, der sogar bei den Tieren draußen schläft, wenn nötig.
    Andere haben halt die abwertende und zugleich sehr fordernde Einstellung "ist NUR ein Hund, so eine Art der Zuwendung benötigt der nicht".


    Ich finde es hilfreich, sich darüber mal auszutauschen und neue Perspektiven wahrnehmen zu können. Denn die beeinflussen meine Einstellung damit mein Handeln.

  • Bitte jetzt keine Diskussion über das Recht, Tiere im Allgemeinen zu schlachten und zu essen (Was wir mMn natürlich haben!). Eine Debatte über Vegetarismus ist am Thema vorbei. Es geht - laut Thread-Titel - um Hunde.
    Ob ich auch Hunde essen würde, wenn ich am Verhungern wäre, ist ebenso eine Frage an der Realität vorbei wie das Rettungsscenario. Ein "Wer-ist-wie-wichtig" in einer Extremsituation lässt sich nicht von Sofa aus beurteilen.

  • @Chris2406 Stimmt, wir Menschen sind anderen Tieren kognitiv überlegen - gibt uns dass das Recht, Billionen von Tieren pro Jahr zu töten, weil wir auf das Fleisch nicht verzichten wollen? Gibt es uns das Recht, Straßenhunde in Tötungsstationen umzubringen, obwohl wir für deren Vermehrung auf der Straße verantwortlich sind? Gibt es uns das Recht, eine Kuh zu schlachten aber ein Pferd zu lieben? Diese Frage muss jeder für sich beantworten, von mir gibt es da ein klares NEIN

    Selbst wenn du auf Fleisch verzichtest, muss zum Anbau deiner Lebensmittel und für deinen Wohnraum die Tierwelt auf ihren Lebensraum verzichten und ein gewisser Teil sterben.


    Du präsentierst hier das klassische Klischee einer nicht zu Ende gedachtenm undifferenzierten plakativen Moralvorstellung.


    Ich hoffe, du ernährst deinen Hund vegan?


    Über 70 Prozent der Welthundebevölkerung lebt übrigens in nicht-menschlicher Obhut..

  • Finde ich nicht, diese Fragen drehen sich ja um unsere Lebensweisen mit unseren Fellnasen und wie wir sie sehen - daher sehr lebensnah ;)

    Ich würde vermutlich nie einen fremden Menschen retten, bevor ich meine Familie und damit auch meine Tiere rette. Und genau das verstehe ich bei anderen nicht (unter anderem). Wenn jemand die "heißgeliebte" Katze zwar als Familienmitglied bezeichnet aber nicht zum Tierarzt bringt. Wenn jemand seinen Hund sooo sehr liebt aber er gefälligst froh zu sein hat, wenn er die Minimalversorgung bekommt. Oder jemand natürlich seine Tiere ganz doll liebt, die aber im Fall der Fälle wenn überhaupt mal ganz zuletzt gerettet werden würden. Sobald abgewertet wird, sobald es eine Rangfolge gibt, ist das für mich keine Liebe.

    Sehe ich genauso. Dazu kann ich auch gleich ein lebensnahes Beispiel bringen: Meine große Schwester findet auch, dass Hunde "nur" Hunde sind und eben keine Menschen mit den gleichen Bedürfnissen und Rechten. Der letze Hund von ihr wurde abgegeben (wie sehr viele davor) weil er nicht ihren Vorstellungen entsprochen hat und sein Charakter sich nicht so formen ließ, wie sie es wollte. Dass dem Hund die Trennung sehr schwer fällt stand nicht zur Debatte, denn er ist ja nur ein Hund der diese komplexen Gefühle nicht versteht.


    @Mona X Guter Einwand! Und das ist ja auch so eine Sache: Der Mensch macht ja nicht nur einen Unterschied zwischen Mensch-Tier sondern auch Mensch-Mensch :dead:

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