Hunde-Diskussionen richtig managen - situative Beispiele

  • Es geht um das richtige Managen von Hundebegegnungen, die in eine gewisse Grenzwertigkeit laufen. Wann muss man wie handeln? Was kann man laufen lassen? Was ist tragbar, welches Verhalten muss man unterbinden?

    Ich glaube nicht, dass man das so allgemein formulieren kann. Das ist jedes Mal ganz von der Situation und der Konstellation der Hunde und Menschen abhängig. Ich entscheide also eigentlich immer im Moment, obwohl ich je nach Hund verschiedene Tendenzen habe. Beim einen lass ichs praktisch immer laufen, bei anderen greife ich vielleicht früher ein oder lasse gar keinen Kontakt zu.


    Auch als Mensch gibts Leute, die ich eher mag und andere, mit denen ich nicht so kann. Damit ich das aber herausfinde, muss ich mich erst mit ihnen auseinander setzen und lernen dürfen, wie ich mich jeweils verhalten soll. Dennoch gibt es Momente, in denen ich mit anderen uneins bin - ich denke, das lässt sich fast nicht vermeiden. So lange aber die positiven Begegnungen überwiegen, ist das, denke ich, sowohl beim Menschen wie beim Hund kein Problem. Mein Motto auch dabei: 'create good habits' - gute Gewohnheiten schaffen. Kommt es dabei mal zu einem unangenehmen Zwischenfall, erschüttert das nicht gleich das Weltbild - weder bei mir, noch bei meinen Hunden, weil die meisten Begegnungen ja freundlich verlaufen und wir gelernt haben, dass man mit der Mehrheit ja ein Auskommen findet, wenn man nur will.


    Beispiel von heute morgen: Wir waren mit einer Bekannten und ihrem 10 Monate alten Labbi Gassi. Die Hunde kennen sich schon von ein paar Touren, aber sind nicht unbedingt enge Freunde. Bei der Begrüßung, umliefen sich die beiden, schnüffelten aneinander und wirkten angespannt, aber freundlich. Dann versuchte der Labbi, der gerade in den Anfängen der Pubertät steckt, aufzureiten. Felix ging zwei mal einfach weg, beim dritten Mal machte er dem Labbi eine lautstarke Ansage und ging im mit den Zähnen voraus ins Gesicht. Mehr Show als sonstwas. Ich hab ihn dann mit dem Fuß da weg geschoben - der Labbi ging nun auch vor und ich wollte nicht reingreifen. Die anderen HH hat ihren auch gepackt und ich kurz auch Felix und kurz seine Aufmerksamkeit auf mich eingefordert. Ich konnte Felix dann auch loslassen und nur mit verbalem Abbruch davon abhalten, wieder drauf zu gehen. Normalerweise ist er der Typ, der wenn einmal gezündet, nicht mehr aufhört (leider hatten wir drei unschöne Begegnungen in den letzten Wochen, daher weiß ich das). Aber heute ging das. Ich hab ihn dann einfach weiter geschickt auf die Gassirunde. Der Labbi hat dann auch kapiert, dass das nicht geht und der Rest der Rund verlief ruhig. Die beiden haben dann auch viel zusammen geschnüffelt und am Ende auch gespielt.

    Ich denke, ihr habt da ganz gut gehandelt. Im richtigen Leben läufts eben nicht immer wie im Dogforum. Zwei junge Hunde - und auch noch Rüden, wenn ich richtig interpretiere - die gerade ihren Saft spüren, geraten aneinander. Felix hat zweimal de-eskaliert und hat sich dann gewehrt. Das finde ich ganz richtig. Ein nächstes Mal könntest Du ihn, wenn Du so eine Situation wieder einmal siehst, fürs Weggehen sogar noch belohnen. Sehr gut gefällt mir, dass ihr die beiden - im Grunde genommen ja gut sozialisierte - Rüpel nicht sofort panisch voneinander abgehalten habt, sondern weiter mit beiden zusammen gegangen seid. Gerade solche Lektionen sind für junge Hunde Gold wert, weil sie so nicht lernen, dass der andere tatsächlich und wie gewünscht auf Nimmerwiedersehen verschwindet, wenn man sich aggressiv verhält. So hatten die beiden die Gelegenheit, sich weiter miteinander auseinander zu setzen und zu lernen, dass unfreundliches Verhalten nicht zum Ziel führt und man ein Auskommen miteinander finden muss.


    Wenn Du wegen der letzten paar Begegnungen Bedenken hast, belohne Felix für beschwichtigendes Verhalten und gibt ihm die Möglichkeit auszuweichen, indem Du selber einen Bogen um fremde Hunde läufst. Es bleibt dann ihm überlassen, ob er Kontakt aufnehmen will oder nicht. Dass die andere Hundehalterin in der beschriebenen Situation ihren Hund ebenfalls abgerufen, bzw. unterbrochen hat, war völlig richtig. Wenns geht, sollte man natürlich sofort eingreifen (schon nur um des lieben Rückrufs Willen), damit Felix erst gar nicht so reagieren muss, aber eben... wir sprechen von der Realität und keiner glitzernden Idealwelt.


    Meine Hunde wissen, dass ich Ihnen helfe, wenn sie von anderen Hunden belästigt oder gar angegangen werden. Wer aber von sich aus grundlos pöbelt, Streit sucht und anfängt, lernt schnell, dass man Konflikten ganz einfach durch Distanzvergrösserung selbstständig ausweichen kann, weil man sich sonst den heiligen Zorn seines Frauchens auf sich lädt - und das wollte sich nun doch noch keiner langfristig antun. Sozial sein muss bei mir keiner, Kontakte vermeiden darf hier jeder, der das möchte, und ich sorge dafür, dass der dazu nötige Raum geschaffen wird, aber ungerechtfertigte Aggression und Mobbing werden nicht geduldet.


    Ich würde das aktive Weggehen aus einer kritischen Situation sehr hochwertig belohnen, denn genau das ist es ja, was Du haben möchtest: einen souveränen Hund, der selbstständig die richtigen Entscheidungen trifft und weiss, wie er aus einer unangenehmen Situation ohne Gesichtsverlust heraus kommt. Mach nun aber nicht den Fehler, den Hund mitten in der Situation zu rufen und zu loben. Das wiederum wäre sehr kontraproduktiv und würde den Stresspegel zusätzlich und unnötig erhöhen, worauf es durchaus zum hand- (bzw. schnauzen-)greiflichen Konflikt kommen kann. Wenn Du einen ruhigen Belohnungsmarker hast, also ein Signal, dass dem Hund zeigt, jetzt kommt eine ruhige, entspannende Bestätigung, würde ich den einsetzen, sobald er aus der Situation heraus ist. Später kannst Du ihn auch während der Begegnung einsetzen um ihm zu zeigen, dass er sich richtig verhält. Dafür ist aber viel Fingerspitzengefühl nötig, um den Hund nicht unnötig zu stressen und die Situation zu verschärfen.

  • Ich habe bei Sepp auch zu viel "laufen gelassen". Damals dachte ich noch, es wäre richtig Hunde etwas unter sich ausmachen zu lassen. Im Endeffekt hat er nur gelernt, dass er auf sich allein gestellt ist und er selbst managen muss. Blöd von mir, war harte Arbeit das wieder umzuändern - ebenso war es harte Arbeit, meinen fehler zu erkennen ;)
    Übrigens läuft es in vielen Hundeschulen in den Welpenkursen nicht anders ab : Welpen werden laufen gelassen und "bespaßen" sich gegenseitig, während Halter sich austauschen oder entzückt dastehen und sehen, wie süß die miteinander "spielen" :lepra:


    Ich hätte beim 2. mal auch schon eingegriffen.

  • Ich hätte beim 2. mal auch schon eingegriffen.

    "Eingegriffen" haben wir ja. Die Alternative wäre gewesen, den Labbi dann schon anzuleinen. Aber ob der das eben auch so effektiv begriffen hätte? Oder eben nach dem ableinen da weiter gemacht hätte?
    Die Frage finde ich spannend. Felix hat ja nur 2 echte Versuche gestartet, aufzureiten, wo ich ihn abflücken und anleinen musste in dem einen Jahr bei uns. Alle anderen, sehr dezenten Versuche, wurde von den entsprechenden Hunden souverän und deutlich beendet, bevor ich auch nur ansatzweise was tun musste. Und er hat daraus am besten gelernt.


    Aber es stimmt wohl, ich muss einfach stark schauen, wie das Gegenüber agiert und dann entscheiden, was möglich und was nötig ist.


    Wenn Du wegen der letzten paar Begegnungen Bedenken hast, belohne Felix für beschwichtigendes Verhalten und gibt ihm die Möglichkeit auszuweichen, indem Du selber einen Bogen um fremde Hunde läufst.

    Das habe ich sogar ganz instinktiv gemacht. Bei dem Cocker zum Beispiel, wo er ja stark deeskaliert, kommt er zu mir und ich lobe ihn verbal. Den Cocker blocke ich gleichzeitig.


    Übrigens läuft es in vielen Hundeschulen in den Welpenkursen nicht anders ab : Welpen werden laufen gelassen und "bespaßen" sich gegenseitig, während Halter sich austauschen oder entzückt dastehen und sehen, wie süß die miteinander "spielen"

    Die einzige Hundeschule hier, die überhaupt "freies Spiel" unter Aufsicht anbietet und mir zudem noch vom Trainingsansatz gut gefällt, nimmt nur kastrierte Hunde. :ugly: Intakte Hunde dürfen nur in Kurse, wo immer an der Leine gearbeitet wird.

  • Ich halte soetwas ja ganz simpel.
    Fehlverhalten wird einmal korrigiert - wird es danach immer noch gezeigt, dann ist die Chance vertan und die Situation wird beendet. Wer sich nicht benehmen kann, "fliegt halt raus" bzw. hat sein Recht vertan weiter frei agieren zu können in der Situation :ka:
    Hieße in dem Fall: Labrador reitet auf - wird abgebrochen - reitet wieder auf - kommt an die Leine.


    Ich bin inzwischen auch soweit, dass ich das klar kommuniziere bei den anderen Haltern. Wenn diese nicht von selbst dann effektiv dafür sorgen, dass ihr Hund dieses Verhalten nicht mehr zeigt, dann weise ich darauf hin, dass ich das wirklich nicht möchte. Und ansonsten gehen wir halt dann und brechen die Situation von uns aus ab - meine Hunde müssen sich ganz sicher von niemandem berammeln lassen.

  • Ich mag die Konsequenz, die @Brizo beschreibt. Das hilft den Hunden, den anderen Haltern (auch wenn sie das vielleicht nicht mögen) und auch einem selber.

    Das habe ich sogar ganz instinktiv gemacht. Bei dem Cocker zum Beispiel, wo er ja stark deeskaliert, kommt er zu mir und ich lobe ihn verbal. Den Cocker blocke ich gleichzeitig.

    Besser gehts nicht. Super!



    Die einzige Hundeschule hier, die überhaupt "freies Spiel" unter Aufsicht anbietet und mir zudem noch vom Trainingsansatz gut gefällt, nimmt nur kastrierte Hunde. :ugly: Intakte Hunde dürfen nur in Kurse, wo immer an der Leine gearbeitet wird.

    Ohje. Andererseits muss man sich wirklich fragen, ob man für 'freies Spiel' wirklich Kursgeld bezahlen soll. Dass die Schule da wiederum nur kastrierte Hunde nimmt, spricht trotz ihres vielleicht guten Ansatzes wiederum sehr stark gegen sie. Obwohl der Grund vielleicht darin liegen könnte, dass die Hundeschule möglichen Klagen ausweichen möchte. In GB ist da die Gesetzgebung ja noch einmal anders als in Deutschland.


  • Ohje. Andererseits muss man sich wirklich fragen, ob man für 'freies Spiel' wirklich Kursgeld bezahlen soll. Dass die Schule da wiederum nur kastrierte Hunde nimmt, spricht trotz ihres vielleicht guten Ansatzes wiederum sehr stark gegen sie

    Freies Spiel sind 10 Minuten von der Stunde, die sonst mit UO, ein wenig Agility und Apportieren gefüllt wird. Sozusagen von allem ein bisschen, so dass Hund und HH Spaß miteinander haben. Die Trainerin ist eine Stilwell-Schülerin und sonst wirklich gut. Aber das Thema Kastra scheint hier schwierig. Gilt auch für die "social walks". Nun ja, ist halt nicht.


    Ich hab hier einiges angeschaut und es ist nur abschreckend... hab's jetzt aufgegeben. Sollte ich mal bei einer Baustelle gar nicht alleine weiterkommen, dann lasse ich die Trainerin lieber für eine Einzelstunde kommen.

  • Hi,
    ich hoffe ich bin mit meinen Fallbeispielen hier im Thread richtig.
    Strandbegegnungen unseres Hundes Sino, männlich, unkastriert, 30 kg mit einem männlichen Hovawart, ca. 50 kg.
    Beide laufen frei, der andere HH weit weg. Beide Hunde beschnüffeln sich, man mag sich nicht. Sino kommt ohne Kommando zu uns, der andere folgt, Abblocken ausgeschlossen, der andere Hund wirkt sauer läuft um uns herum. Der andere HH reagiert eigentlich gar nicht Sino lässt sich nochmals kurz beschnüffeln, es reicht ihm dann, er läuft kurz vor dem anderen weg, markiert eine Stelle und Sekundenbruchteile später greifen beide Hunde sich gegenseitig an.
    Erst jetzt kann der andere HH seien Hund packen und ich ziehe Sino weg. Mist das ganze aber nochmal gut gegangen.


    Zweite Situation, so wie es sein sollte.


    Sino begenet wieder einem männlichen freilaufenden Rüden, ca 40 kg, beide beschnuppern sich steif. Sino kommt ungefragt zu uns und der andere Rüde läuft in einem Bogen von uns weg. Herrchen stand relativ in der Nähe und wirkte auf seinen Hund durch ruhiges Verhalten noch deeskalierend. Perfekt. Wir haben Sino fürs freiwillige Kommen sehr gelobt. Diesmal konnten wir uns vor ihn stellen, ich vermute aber der andere Hund wäre so oder so weggelaufen.


    LG


    Mikkki

  • Was Du so beschreibst, reagiert dein Rüde ja wirklich top.


    Wir hatten letztens eine eher doofe Begegnung. Cocker Spaniel (mal wieder, aber ein anderer, nicht der Erzfeind). Der Spaniel war angeleint, Felix im Freilauf. Felix wäre eigentlich vorbeigelaufen, aber der Flexi-Cocker ging auf ihn zu. Felix hat ihn freundlich begrüßt, der Cocker wurde steif. Felix hat es leider nicht kapiert, der andere fing an zu knurren. Da bin ich hin - war mir nicht sicher, ob der Abruf so klappt, weil da beide schon steif wurden. Da ging der Cocker auch schon vor und Felix gegen. Ich hab ihn aber direkt gegriffen und zur Seite gepackt. Er hat sich umgedreht und ist seinen normalen Weg weiter gegangen ohne den Cocker noch mal anzuschauen.
    Er sollte noch lernen, abzudrehen in so einem Fall. Allerdings ist das wohl a, gegen seinen Charakter und b, ist halt dann auch die Frage, was der andere tut.


    Übrigens - besagter Labbi aus meinem ersten Post hier, wurde letzte Woche kastriert. 11 Monate alt. Es wurde Zeit, meinte die Besitzerin. Tja, jetzt ist Felix wieder der einzige intakte Rüde im Wald...

  • Sino begenet wieder einem männlichen freilaufenden Rüden, ca 40 kg, beide beschnuppern sich steif. Sino kommt ungefragt zu uns und der andere Rüde läuft in einem Bogen von uns weg. Herrchen stand relativ in der Nähe und wirkte auf seinen Hund durch ruhiges Verhalten noch deeskalierend. Perfekt. Wir haben Sino fürs freiwillige Kommen sehr gelobt. Diesmal konnten wir uns vor ihn stellen, ich vermute aber der andere Hund wäre so oder so weggelaufen.


    LG


    Mikkki

    Der Hund, der geht ist in dieser Situation der dominante.


    Kommt dann der andere nochmal ist das brisant. Dann kannst du davon ausgehen, dass es knallt.


    Sino ist nicht zu euch gekommen, weil er Schutz sucht, sondern weil er eucht beschützt oder ihr seinen Ressource seid, um die es geht.


    Kommt der andere dann nach knallt es.
    Jedes mal.

  • Finde es ja immer entspannender wenn man mit seinem Hund trainiert das er nicht auf fremde Hunde zu läuft sondern sich erstmal abwartend verhält.


    Das nützt dir natürlich nichts. Aber ich bin sicher das du das schon gut regeln wirst Theobroma :)

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