Viele Baustellen: Autos jagen, Leinenaggression etc.

  • Ich finde das kommt auf den Hund an. Ich fahre z.B. gut mit dem Ausgleichsprinzip. Hatten wir einen aufregenden Tag, ist der Tag danach ein Ruhetag, manchmal braucht es auch noch einen zweiten. Hatten wir ein doofes Erlebnis oder viele kleine hintereinander, dann "breche" ich den Tag ab und fahre alles auf ein Minimum runter und gehe nur zum Lösen raus. Wenn ich jeden Tag nur zum Pinkeln rausgehen würde, würde mein Hibbel ganz schnell ins andere Extrem umschlagen und unterfordert sein. Die Balance ist einfach wichtig und vor allem die Ruhe drinnen. Darauf würde ich noch mal verstärkt achten und wenn nötig zu Ruhepausen zwingen, anbinden etc. Viele Hunde sind sehr dankbar über die Zwangspause und nehmen ihr Schicksal angebunden zu sein sehr schnell einfach so hin und schlafen relativ schnell ein.


    Würde es dann jetzt ganz praktisch reichen, wenn ich Charly morgens einfach für eine halbe Stunde bis Stunde mit in den "Garten" nehme, ihn dort an der langen Leine anbinde (eventuell noch ne Hofleine besorge?) und einfach meine Arbeit an den Tieren mache; dann zwei bis dreimal am Tag eine kurze Runde die Straße runter oder auch mal hinten auf die Wiese gehe (jeweils 5 bis 15 Minuten) und dabei nur das übe, was halt gerade nötig ist - also ohne zu ziehen an der Leine laufen, bei Autos etc. zu mir gucken usw. - was uns halt so in die Quere kommt - und drinnen nur auf Ruhe achten? Und gar kein Futterbeutel oder kann ich ihn den zumindest zwischendurch mal suchen lassen?

    Klingt für mich schon ganz okay. Nur du kannst einschätzen wie aufregend der Hofalltag für deinen Hund ist, wie viele Eindrücke dort auf ihn einprasseln und ob ihn das wenig oder doll aufregt.
    Den Futterbeutel würde ich nur raus holen, wenn ihr das wirklich konsequent ruhig macht. Aber auch da musst du schauen wie sehr ihn das anstrengt und ob es zum bisherigen Tagesprogramm passt. Besonders schnüffeln und suchen ist für Hunde auch sehr anstrengend. Das kann eine wohlige auslastende Anstrengung sein, aber für einen Hund der sowieso schon überfordert ist, kann es auch der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.
    Hundekumpels treffen würde ich anfangs jetzt in Grenzen halten, ich finde es aber durchaus sinnvoll einen Hund nicht komplett die Sozialkontakte zu nehmen, der schon den ganzen Tag "gedeckelt" werden muss. Einmal in der Woche wäre in meinen Augen okay. Du musst dann aber dafür sorgen, dass an diesem Tag nichts mehr passiert (und möglichst alle blöden Situationen meiden) und der Tag danach auch möglichst langweilig ausfällt, damit er wieder runter fahren kann.



    Und was mache ich dann in der konkreten Situation auf dem Hof? Also wenn er alles kommentiert, z.B. wenn ein Nachbar im Garten ist oder er irgendwo ein Auto hört? Ignorieren und kläffen lassen oder in irgendeiner Weise korrigieren? Und wenn ja, wie?

    Ich würde alles was momentan nicht auf dem Trainingsplan steht, versuchen zu meiden. Im Garten ist das schwer, also würde ich versuchen ihn in meiner Nähe zu halten und versuchen das Kläffen abzubrechen. Wobei das auch wieder drauf an kommt. Es gibt Hund die kläffen hysterisch (meiner) und Hunde die melden einfach nur. Ist es so ein hysterisches Kläffen, steigert sich der Hund da auch sehr rein, was Stress bedeutet und das würde ich abbrechen mit "Nein" "Aus" whatever, was du da so nimmst. Ist es nur das typische Melden (was er bei dir doch auch soll?) und er hört von allein wieder auf, würde ich ihn vermutlich einfach lassen oder versuchen ihm beizubringen, dass er nur kurz meldet (wau wau und gut). Das kann man auch gut über freudige Worte machen, wo man sich quasi für das Bescheid sagen bedankt.

  • Ich finde das kommt auf den Hund an. Ich fahre z.B. gut mit dem Ausgleichsprinzip. Hatten wir einen aufregenden Tag, ist der Tag danach ein Ruhetag, manchmal braucht es auch noch einen zweiten. Hatten wir ein doofes Erlebnis oder viele kleine hintereinander, dann "breche" ich den Tag ab und fahre alles auf ein Minimum runter und gehe nur zum Lösen raus.

    Da stimme ich Dir absolut zu. Das machen wir mittlerweile auch so.
    Aber ich finde, dass man erstmal auf einen gewissen entspannten Pegel kommen muss, bevor man mit dem "Ausgleichprinzip" anfangen kann. Herauszufinden, wann man diesen Pegel erreicht hat ist natürlich alles andere als leicht.
    Gerade bei Charly finde ich, dass es sich immer so anhört, als würde das kleinste bisschen ihn aus der Bahn werfen. Deshalb empfahl ich dieses absolute Null-Programm =)

  • Puh, okay, ich glaube, jetzt habe ich es verstanden. Also erstmal mindestens eine Woche lang nur zum Lösen raus, drinnen Ruhe, zur Not anbinden, sonst nichts. Das wird schwierig umzusetzen, aber ich werde es versuchen! Ab morgen bis einschließlich Samstag geht Charly mit meinem Freund ins Büro, dazwischen gibts nur Pinkelpausen. Das ist zwar nicht wirklich "Null-Programm", weils ja ins Büro geht, aber anders geht es gerade nicht. Und so wie ich meinen Freund verstanden habe, ist Charly im Büro entspannt und unauffällig. Vielleicht ist das Büro ja sogar besser als Zuhause, weil das nicht sein Revier ist. Nächste Woche Montag hab ich einen Termin mit Hund und Katz beim Tierarzt mit Schwerpunkt auf Naturheilkunde, jeweils zum Rundumcheck. Großes Blutbild bei beiden steht auf meiner Liste (bei Charly mit Schilddrüsenwert), zusätzlich ein Schmerzcheck. Den Dienstag darauf gehts wieder mit meinem Freund ins Büro und Mittwoch kommt der Hundetrainer. Den werde ich trotzdem kommen lassen, einfach, um mein Vorgehen mal zu besprechen und ihn nochmal draufschauen zu lassen. Vielleicht hat er ja noch einen Tipp parat. Und danach kann ich dann in die richtige "Nullrunde" starten. Das wird schwer!


    Was mir aber noch nicht wirklich einleuchtet: Wenn ich gar nichts mit ihm trainieren soll, ist das nicht eher kontraproduktiv? Also wenn ich kurz mit ihm raus gehe, hat er ja ständig nur die Nase am Boden und schnüffelt und zieht wie ein Bekloppter. Durch die straffe Leine baut sich bei mir und sicherlich auch bei ihm Frust auf, zudem ist er manchmal so in seiner Welt, dass er nur hektisch schnüffelt und markiert und sonst gar nichts mitbekommt. Ich schnalze dann immer mit der Zunge, das ist so das Signal für "Hallo, ich bin auch noch da, mach mal langsamer". Er reagiert je nach Erregungszustand sogar immer öfter drauf. So richtiges Fuß-Laufen auf Kommando klappt eh nicht, obwohl er es eigentlich laut Züchterin können müsste. Ich belohne ihn daher immer, wenn er neben mir ist und/oder mich anschaut. Das verstehe ich jetzt eigentlich schon unter Training und das möchte ich ungern weglassen, weil er sich so ja an mir orientiert und es meiner Meinung nach auch ein wenig die Aufregung rausnimmt. Wenn ein Auto kommt und ich nicht großräumig ausweichen kann (das lässt sich leider so gut wie gar nicht vermeiden, es sind aber wirklich nur einzelne), dann spreche ich ihn frühzeitig an und wenn er reagiert, gibts Leckerli. Außerdem einen Leckerlibombardement, wenn das Auto direkt an uns vorbei fährt. So würde ich es auch gerne beibehalten, weil ich solche Situationen ja nicht verhindern kann und ihn ja auch nicht einfach im luftleeren Raum hängen lassen kann, weil er das dann natürlich auf seine Art, also mit Kläffen, regelt. Das müsste doch in Ordnung sein, oder?

  • Hallo,
    beim Spaziergang würde ich das auch so machen. Du hilfst ihm ja sich nicht aufzuregen, deswegen würde ich das so beibehalten.
    Autos lassen sich ja nie komplett vermeiden, wenn man nicht in einer Holzhütte im Wald wohnt.
    Wenn er am Geschirr etwas zieht, fände ich das erst mal nicht schlimm. Richtiges Gezerre würde ich auch versuchen zu trainieren, das wäre ja wieder Aufmerksamkeitstraining, was du ohnehin für dein Training brauchst. Die korrekte Position (z.B. nur eine Seite) wäre mir aber erst mal egal, solange er mich nicht durch die Gegend schleift.
    Richtiges "bei Fuß gehen" ist auch schwierig, das würde ich mir momentan nicht als Ziel stecken.
    Ich würde aber versuchen ihn möglichst an langer Leiner laufen zu lassen, sodass er genug "Schnüffelradius" hat und dann nicht ziehen muss, weil er überall hin kommt wo er hin möchte. Oder rennt er dann in 5m in die Leine und zieht trotzdem?

  • Ja, es ist egal, wie lang die Leine ist, ob 2, 5, 10 oder 15 Meter... Selbst die 20 Meter Schleppleine nutzt er voll aus. Da bin ich ständig dabei zu schnalzen, stehen zu bleiben etc. pp. und sobald ich aufgeschlossen habe oder ihn zurückgerufen habe und wieder freigebe, rennt er wieder rein. Das nervt... Er sieht halt an längeren Leinen auch immer alles vor mir und kann sich schonmal schön aufregen, während ich noch gar nicht geschnallt habe, was los ist (er läuft ja fast immer vor). Deswegen nehme ich jetzt fast nur noch die kurze, also 2 Meter, kürzbar auf die Hälfte, wenn man doch mal durch die Stadt muss. Da bin ich im Zweifel einfach schneller bei ihm und er kann auch bei Aufregung nicht so reinrennen oder mich einwickeln, wie er es schon sehr oft gemacht hat. Wenn ich nur über die Wiese gehe, ist er auch öfter mal an der Schleppleine, aber da gibt's dann wieder Stop-and-Go wie oben beschrieben. Da denke ich manchmal, wäre die kurze Leine vielleicht im Moment generell die bessere Wahl auf Spaziergängen. Ich bleib ja auch stehen, wenn er irgendwo schnüffeln will, so ist es ja nicht. Nur lass ich mich dann nicht nochmal den Weg zurück zerren, wenn er da noch eine interessante Schnüffelstelle übersehen hat.

  • Okay verständlich. Dann würde ich ihn auch kürzer nehmen, zumal er an der längeren Leine dann auch mehr Wumms drauf hat und dich umreißen könnte.
    Du kannst übrigens auch mit in die Richtung gehen in die er schnüffeln gehen will, solange er dabei nicht zieht und die Leine locker ist. Wenn du ihm einfach ein bisschen hinterher läufst, versaust du dir die Leinenführigkeit nicht. Auch wenn er in eine Richtung zieht und du stehen bleibst, er dich dann anschaut und du belohnst, kannst du danach noch mal zusammen mit ihm dorthin gehen. Das ist für ihn dann sicher eine tolle Belohnung.
    Ich finde es immer schade, dass man gerade am Anfang immer nur alles verbietet oder umlenkt. Das macht ja durchaus Sinn, weil man ja trainieren muss, aber der Hund ist auch nur ein Lebewesen und hat Bedürfnisse. Gerade beim Schnüffeln kann ein Hund auch gut entspannen. Ich würde also versuchen das Ziehen nicht zu unterstützen, aber ihm trotzdem genug "Zeitung lesen" zu ermöglichen.

  • Ich mache das auch. Die Leute gucken immer, als wär ich vollkommen gaga, wenn ich abrupt umdrehe und in die andere Richtung laufe, aber ich gehe mit dem Hund raus, damit der schnüffeln kann.


    Wie war das jetzt mit eurem Garten und eurer Wiese, da löst er sich nicht?

  • Mich erinnert dein Geschreibsel gerade ein bisschen an Finyas und mein erstes Jahr. Die war ja auch mit allem irgendwie überfordert (sie hatte allerdings nur mit Menschen und Hunden ein Problem und halt den Jagdtrieb, Autos waren ihr egal).
    Da habe ich auch immer gedacht, "Aber ich muss den Hund doch beschäftigen. Das machen gute Hundehalter so!"
    Ja nix...ihr Verhalten ist immer und immer schlimmer geworden.
    Ich habe dann auch ein paar Wochen Nullprogramm gemacht - eine Besserung hat das bei uns auf Dauer nicht gegeben. Klar erst wurde sie ruhiger und dann wurde es noch schlimmer^^
    Unsere Trainerin meinte dann, dass das der falsche Ansatz für uns wäre. Es wäre nicht sinnvoll die auslösenden Situationen zu meiden, ich müsste nur das richtige Maß finden.
    Ich denke, sie hatte Recht.


    ABER wie so oft, es kommt halt auf den Hund an. Es kann sehr gut sein, dass deinem Hund das nichts tun hilft. Es kann aber auch sein, dass es das Problem verstärkt. (ich meine jetzt nicht die Erstverschlimmerung, sondern auf Dauer)
    Du wirst es einfach austesten müssen.




    Und hör nicht auf irgendwelche Hundehalter, die dir sonst was einreden wollen, weil sie euch ab und zu mal sehen! Mir haben auch alle gesagt, ich würde mit Finya alles falsch machen und der müsste man nur mal ordentlich zeigen, wo der Hammer hängt, damit die mit dem blöden Gepöbel aufhört. Jetzt sind sie ruhig. Die Netten haben mir irgendwann gesagt, dass ich sie wirklich gut hinbekommen hätte, die anderen gehen mir aus dem Weg.
    Es ist nur wichtig, dass du an euch glaubst, dann wird das schon =)

  • Da es ja schlimmer nicht werden kann, probiere ich es jetzt einfach mal mit dem Nullprogramm. Und taste mich dann langsam ans richtige Maß ran. Ich bin aber echt froh zu lesen, dass es anderen auch so ging wie es mir jetzt geht und das es ja wohl offensichtlich schaffbar ist, wenn man das Durchhaltevermögen dazu hat. Aber es ist echt schwer!


    Wie war das jetzt mit eurem Garten und eurer Wiese, da löst er sich nicht?

    Doch, da würde er sein Geschäft auch machen, das ist kein Problem.

  • Dann nehmt doch vielleicht den Garten, wenn ihn Autos an der Straße stressen. Wenn du merkst, dass er doch unbedingt den Reiz braucht, kannst du ja ein oder zwei mal die Woche die Straße nehmen und ihn das danach erst mal wieder einen Tag oder mehrere verarbeiten lassen. Ist jetzt nur eine Anregung. Wir können ja von hier nicht sehen, was deinem Hund gut tut.

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