Agressiv, unsicher, schüchtern ... und ich bin am Ende

  • Zitat

    Ein bisschen ängstlich und unsicher darf ein ganz normaler Hund auch mal sein.


    Das ist ja okay und abhängig vom Charakter. Aber Angst vor dem eigenen Schatten ist normal?


    Ich habe selber einen eher unsicheren Hund. Der zeigt aber nicht ansatzweise dieses Verhalten.

  • Zitat


    Das ist ja okay und abhängig vom Charakter. Aber Angst vor dem eigenen Schatten ist normal?


    Ich habe selber einen eher unsicheren Hund. Der zeigt aber nicht ansatzweise dieses Verhalten.


    Ich kenne das auch, dass Hazel (1 Jahr und 5 Monate) manchmal einfach Situationen hat, in denen Dinge, die gestern noch kein Problem waren, plötzlich gruselig sind. Und im nächsten Moment ist sie wieder der totale Draufgänger und macht einen auf dicke Hose.
    Ja, das ist normal.
    Ein Hund, der bei jedem fremden Eindruck fast am Boden kriecht und nicht mehr ansprechbar ist, das ist nicht normal und hat nichts mit Pubertätsschüben zu tun. So einen Hund würde ich dann auch anders händeln als einen "ideal" aufgezogenen Hund. Und vor allem würde ich mir Hilfe vor Ort holen, wenn ich selbst nach einigen Monaten Training zu keinem Erfolg komme und der Hund schon Ansätze gezeigt hat zu beißen.

  • Hey Alphie,
    vieles von dem was Du schreibst kommt mir sehr bekannt vor! Unsere Nosy hat ebenfalls leider keinerlei Sozialisation erfahren und hatte (hat) unheimliche Schwierigkeiten, mit der neuen Situation klar zu kommen. Sie war auch ein kleiner Mogli und ist in ihrer Unsicherheit und Panik wie eine Irre nach vorne gegangen. Gerade bei mir hat sie dann auch angefangen zu denken, sie müsse mich beschützen und das hat alle Begegnungen echt zur Hölle gemacht.
    Mittlerweile (wir haben sie jetzt ungefähr 10 Monate und sie wird im Februar zwei Jahre) machen wir aber riesige Fortschritte und vielleicht helfen Euch unsere Methoden auch dabei, den richtigen Weg für Euren Hund zu finden.


    Was geholfen hat:
    - ein Hund, der Panik schiebt, kann gleichzeitig nichts lernen. Also haben wir uns vom Tierarzt ein pflanzliches Medikament verschreiben lassen, das unseren Hund dabei unterstützt, die Nerven zu behalten (ich weiß nicht, ob ich den Namen hier nennen darf, aber bei Interesse schicke ich ihn Dir per PN)
    -wir haben eingesehen, dass unser Hund nicht viele Kapazitäten frei hat, um Eindrücke zu verarbeiten. Also haben wir die Gassigänge extrem gekürzt und einschätzbar gemacht, indem wir immer die gleiche Strecke gegangen sind! Und das zweimal am Tag ne halbe Stunde, also echt richtig wenig! Plus kleine Pipirunden morgens und abends. Auslastung fand fast nur durch ruhige Kopfarbeit in der Wohnung statt.
    Habt ihr einen Garten, in dem er sich ein bisschen austoben kann? Wir haben unsere Hündin konsequent an unserem Körper geführt draußen, um ihr Sicherheit zu geben. Das hat enorm geholfen, auch, weil man in jeder Situation sofort auf den Hund einwirken kann.
    -Begegnungen werden von uns vollständig durchstrukturiert. In den ersten vier Wochen haben, bis auf ein paar Hunde, die sie kennt und mag, sofort bei Sichtung eine 180Grad-Wende gemacht. Und zwar so gut es ging bevor sie sich aufregte. Bei Passanten und Radfahrern und Autos haben wir sie mit großem Abstand absitzen lassen und für jedes mal hingucken und wieder zu uns gucken mit hochwertigen (!) Leckerchen belohnt. War sie zu aufgeregt um diese anzunehmen: entweder raus aus der Situation oder, wenn das nicht mehr möglich ist: sich neben oder vor den Hund hocken und ihn sanft festhalten und ruhig warten, rastet er aus: Fest halten, beim nächsten mal mehr Abstand oder ein paar mal gleich Kehrtwende.
    Unser Hund ist immer noch ein Aggrobündel, aber mittlerweile lässt sie das mit den Leckerchen (und großem Abstand! ) sogar bei Hunden zu und sie hat langsam begriffen, dass wir die Situationen regeln.
    -Stabilität und Verlässlichkeit sind für unseren Hund total wichtige Faktoren. Sie braucht unbedingt verlässliche Regeln, die IMMER gelten und von uns IMMER freundlich umgesetzt werden.
    Druck schaltet ihr Gehirn aus. Es ist brutal hart, wirklich immer geduldig zu bleiben, aber nur so vermittelt man meiner Meinung nach dem Hund, dass man selber souverän ist und weiß was man tut und dass es klug wäre sich an einem zu orientieren.
    -Ganz wichtig: unser Hund brauchte ein Hobby in dem er richtig gut ist und Selbstvertrauen gewinnen kann! Bei einem Retriever liegt das Dummytraining nahe, wir haben die ersten Übungen in der Wohnung und im Garten gemacht und nehmen mittlerweile Einzelstunden. (Gruppen sind noch nicht möglich, soweit ist sie noch nicht)
    Euer Hund schnüffelt gern? Dann fängt doch damit im Haus an, das ist auch eine wahnsinnig gute Sache um einen Hund ruhig auszulasten! Und immer wie verrückt loben und bewundern! :)
    - ein Hund, der sein Leben lang auf sich selbst gestellt war, hat vermutlich nie gelernt sich zu beherrschen. Übungen zur Impulskontrolle und zur Frustrationstoleranz sind wichtig! Dabei ganz kleinschrittig vorgehen, z.B. Leckerchen vor die Schnauze und kurz warten bevor ihr im es gebt oder so.
    Unsere hat morgens und abends ein Warteritual bevor es Futter gibt. Das ist auch insofern gut, weil sie sich darauf verlassen kann und es den Tag schön einbettet.


    So, das war es erst mal, was mir so spontan eingefallen ist. Wir haben ja schon unterschiedliche Hunde, aber vielleicht hilft Dir der ein oder andere Ansatz, um daraus etwas für Deinen Hund zu entwickeln.


    Ich wünsche Dir auf alle Fälle viel Kraft und alles Gute! :)

  • Zitat

    Ich kenne das auch, dass Hazel (1 Jahr und 5 Monate) manchmal einfach Situationen hat, in denen Dinge, die gestern noch kein Problem waren, plötzlich gruselig sind. Und im nächsten Moment ist sie wieder der totale Draufgänger und macht einen auf dicke Hose.
    Ja, das ist normal.


    Ja, ja, um die ersten Heuballen wurde erst ein riesen Bogen gemacht, am nächsten Tag wurden sie angebellt und am übernächsten wurde dran markiert ;)


  • Danke, sowohl für die Empfehlung als auch für die Geschichte zu Deinem Hund. Es hilft auch zu höhren, dass jemand irgendwas ähnliches erlebt hat.
    Ich versuche ihn hinter mich zu bringen aber da stürmt er ehe nach vorne, zieht weg und will eben nicht hinter mir bleiben.


    Nein, keine Hundeschule ist möglich.
    Wie ich auch in meinem Posting reingeschrieben habe - wir haben keine Möglichkeit in unserer direkten Umgebung Hilfe zu holen. Direkte Umgebung heißt in unserem Fall Umkreis von ca. 2 Autostunden. Wir sind nicht in München sondern in einem weit weit entfernten Ausland. Sorry, falls sich jemand von der PLZ hat irritieren lassen. Wenn ich schreibe es gibt keine Möglichkeit, gibt es sie nicht weil wir zu faul sind oder zu geizig - seit dem der Hund da ist steht er auf dem ersten Platz und die Kinder müssen ganz schön einstecken. Der Hund bekommt täglich 2-3 Stunden ungeteilte Aufmerksamkeit, ohne Kinder, nur für ihn allein. Soviel bekommt keins der Kinder :))

  • Naja, Ihr seid im Ausland wo aber scheinbar andere kleine und große Hunde auch als Haustiere gehalten werden und auch Spielplätze für Kinder sowie verschiedene Gebäude vorhanden sind. Ich nehme also mal an, dass Ihr nicht in einem 50 Einwohner-Dorf in der Afrikanischen Steppe oder auf einer australischen Farm als einzige Bewohner im Umkreis von 2 Autostunden seid.


    Klar gibt es ne Menge Länder, wo Hunden nicht so viel Wert zugemessen wird wie in Deutschland und dementsprechend die Tierarzt- und Tiertrainersituation angespannter ist. Aber selbst dort kann man mit Glück und ein paar Tipps einen kompeteten Ansprechpartner finden.


    Außerdem gibt es in zahlreichen Ländern Tierschutzorganisationen, die Ansprechpartner vermitteln können.


    Vielleicht wäre es hilfreich, wenn Du schreiben würdest wo Ihr seid. Es gibt ja hier im Forum auch ne Menge "ausgewanderte" User. Ggf. ist durch Zufall ja jemand dabei der einen Tipp hätte.


    Man könnte ja (damit sich die 2 h-Anfahrt lohnt) einen Trainer suchen, der für ein komplettes Wochenende kommt.

  • Zitat


    Bevor du nicht gelernt hast, deinem Hund Schutz und Sicherheit zu geben würde ich aber eher nicht noch mehr "Sozialisierung" betreiben. Neues Kennenzulernen ist für den Hund nur gut, wenn es eine positive Erfahrung bleibt.


    Insgesamt finde ich das alles jetzt auch nicht soooo alamierend. In dem alter sind sie doch oft gleichzeitig Hasi und aufreisser... und dass sich der Schutztrieb jetzt zeigt, ist auch normal. Ihr solltet euch allerdings dringend zeigen lassen, wie man damit umgeht, und den Hund nicht ohne Maulkorb auf einen spielplatz mitnehmen!


    Bei den Kindern und Spielplatz gehen wir folgendermaßen vor - wir bringen in in direkte Nähe und trainieren mit ihm an der Leine. Es fällt ihm immer leichter die Kinder zu ignorieren. Die Kinder waren anfangs als er zu uns kam auch überhaupt nicht das Problem - er war sehr freundlich und neugierig.
    Nun ist ein Deutscher Schäferhund, sehr dunkel dazu, im Land, wo wir wohnen so etwas wie ein Drache es in Deutschland wäre.
    Fast täglich kommt es vor, dass jemand auf der Straße bei seinem Anblick kreischt und panisch davon läuft. Die Kinder sind die Kreischer überhaupt. Es wurden auch Sachen nach ihm geworfen. Und es kann genauso gut passieren, dass ein Kind in hirnloser Begeisterung sich einfach auf ihn drauf stürzt. So nehme ich es ihm auch nicht besonders übel, dass er mit der Zeit die Kinder nicht riechen kann.

  • Hallo,


    ...........ich würde es wirklich einfach mal mit den Bachblütenmischungen von der Fa. animal-drops probieren. Lass dich dort beraten, die machen ihre Arbeit gut.
    Einen guten Hundetrainer bräuchtest du trotzdem und viel, viel Geduld!


    Liebe Grüße,
    Johanna

  • Karotto, vielen Dank für deine Antwort.
    Ich habe schon an Homöopathie gedacht...
    Und die Idee mit dem Hobby finde ich sehr gut - bei uns ist das Frisbie, vielleicht sollte ich noch zusätzlich was überlegen!
    Deine Hündin war 14 Monate als als er zu Dir kam? das ist eine starke Leistung!

  • Ehrlich gesagt würde ich nicht nnoch ein Hobby oder ähnliches anfangen, wenn der Hund eh soviel Stress hat, braucht er eher mehr Ruhe. Wenn du meinst, dass der Kapazitäten für "mehr" freihat, dann würde ich genau überlegen WAS man am besten macht. Je nachdem wofür du dich entscheidest lernt der Hund verschiende wichtige Dinge, die auch bei der Angstproblematik weiterhelfen. z.b. Kooperation mit dem Menschen, selbstständiges Lösen von aufgaben (stärkt das Selbstbewusstsein und das Gefühl einer Situtation gewachsen zu sein), ...


    Wohnt ihr sehr ländlich? Also ist er oft mit Situationen konfrontiert, die ihm Angst bereiten?


    Ich empfehle dir mal das Buch "Der ängstliche Hund" von Nicole Wilde, weil es ein gutes Buch zum Thema ist und die meisten Aspekte anschneidet.


    Und vermutlich ist es auch hilfreich, wenn du eine Prioritätenliste erstellst, was er lernen soll, dass normal ist. Idealerweise haben Situationen/Dinge die sich nicht vermeiden lassen, die höchste Priorität. Dinge wie Kaufhaus oder sowas, kann man dann erstmal hinten anstellen und sich auf das wichtige/unvermeidliche konzentrieren.


    Was macht ihr in den 2-3Stunden, die der Hund ungeteilte Aufmerksamkeit hat? Diese Zeit lässt sich doch sicher sinnvoll nutzten?

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