Liebe Leute, vielen Dank für euren Input und Ratschläge. Ich schätze es sehr, dass ihr euch Zeit genommen habt mir zu antworten.
Ich dachte ich schreibe vielleicht etwas mehr über unsere Situation und den Hund.
Mein Mann und ich sind keine Neulinge bei Hundehaltung – ich bin mit Hunden groß geworden und hatte selbst eine Hündin. Mein Mann hatte einen Hund zusammen mit seinen Eltern. Unsere Hunde waren unkompliziert.
Wir haben zwei kleine Kinder (5 und 2), 180 kqm Wohnung, Zeit, Geld, Erfahrung … uns fehlte nur ein Hund. Da wir beide viel Sport machen und die Rasse sehr mögen, entschieden wir uns für einen DSH. Wir kontaktierten den lokalen Partner von FCI (wir leben in Asien) und bekamen Kontakt zu zwei Züchtern, die grade Würfe hatten. Trafen uns, sahen uns die Welpen an, verliebten uns in unseren Flapsi und entschieden uns ihn zu holen. Aus reise-technischen Gründen holten wir ihn aber erst 2 Monate später vom Züchter ab, da war er 5 Monate alt.
Der Züchter ist sehr bekannt, spezialisiert sich auf Zucht und Ausbildung von Polizei, Zoll und Grenzer-Hunden. Sein Zucht- und Trainingszentrum liegt weit von bewohnten Gegenden. Ruhig und idyllisch. Von klein an wird mit den Hunden gearbeitet. Kann ja nix schief gehen, dachten wir uns.
Na ja. Als wir den Flapsi nach Hause holten (wir wohnen auf einer Insel mit ca 0,3 Mio Einwohner) sahen wir, dass er auf das Leben in der Stadt nicht vorbereitet war. Jeder Schritt war problematisch – aus der Wohnung raus – der Boden ist zu Glatt, Aufzugstüren, bodentiefe Spiegel im Aufzug, Lichter vor dem Haus, Schatten überall, usw. Die ersten Zeit war sehr anstrengend, aber er wurde sehr schnell stubenrein und wir dachten wir sind aus dem Gröbsten raus.
Womit wir nicht gerechnet haben, dass unsere lieben Mitbürger so einen Hund vielleicht mal im Fernsehen gesehen haben. 5 Monate alter Welpe versetzte die Leute in Panik. Ich scherze nicht.
Als er freundlich und neugierig jemanden beschnuppern wollte machten sich Leute in die Hose. Mütter holen ihre Kinder auf den Arm und gehen auf die andere Straßenseite. Erwachsene Männer schlage uns die Tür vor der Nase zu. Kinder kreischen.
Unser Kleiner wurde mehrmals von den Leuten, besonders von Kindern, erschreckt. Wir waren mit der Situation überfordert, wir waren darauf nicht vorbereitet.
Nach kurzer Eingewöhnungszeit ging ich auf die Suche nach Hundekontakten. Und wieder ging es schief (auch hier unser Fehler bzw. falsche Einschätzung) – wir ließen ihn an einen Hund ran, damit sie sich beschnuppern und der blöde Köter hat ihn ohne Vorwarnung gebissen. Wenn es Hunde in unserer Gegend gibt, sind es Handtaschengrößen, nicht trainiert oder sozialisiert. Seit dem heißt es – kein unbekannter Hund darf beschnuppert werden.
Um die Sozialisierung doch zu ermöglichen, gründete ich vor einem halben Jahr ein Hundeclub. Ich stellte fest, dass es ein paar große Hunde (Labs, GR) in unsere Gegend gibt und lud sie alle zu Treffen ein. Seit dem treffen wir uns alle zwei Wochen und lassen die Hunde spielen.
Unserer hat seine Freunde – zwei Englische Bulldoggen, ein Dobermann und ein Labrador. Insgesamt gelingt es uns ein mal in der Woche für ihn einen Spieltermin zu organisieren.
Was haben wir in den 9 Monaten erreicht?
Alle Grundkommandos sitzen, Note „Ausreichend“
„Bei Fuß“ funktioniert sogar in Kombination mit Fahrrad und Kinderwagen.
Die bekannten Wege funktionieren gut. Auch vor dem Geschäft anleinen ist problemlos. Sehr laute und volle Einkaufsmeile – gut.
Und nun noch mal zu Problemen.
Er lässt sich kaum vom jemanden anfassen. Das lässt sich nicht vermeiden, den unsere lieben Mitbürger kennen z.T. überhaupt kein Respekt und können versuchen, den Hund plötzlich anzufassen. Ja, so sind sie – entweder laufen sie kreischen weg oder stürzen sich auf den Hund wie bescheuert. Der Hund schnappt. Bis jetzt schnappt er nur als Warnung, niemals mit einem in Berührung gekommen, er macht dann ganz in der Nähe von der fremden Hand eine „Klaps“ mit den Zähnen.
Dasselbe macht er bei den Kindern. Die Babys sind OK aber sehr interessant. Bei Kindern stellen sich die Haare hoch und er zieht hin.
Als er zu uns kam hat er überhaupt nicht gebellt. Das Bellen lernte er nach dem er Monate lang von jedem dritten Hund auf der Straße angebellt wurde. Jeder Hund aus Entfernung löst dieselbe Reaktion aus – Schwanz grade, Ohren hoch, Nackenhaare hoch und er erstarrt bzw will dann hin.
Ein Mal haben wir nicht aufgepasst und er hat einen kleinen Hund angegriffen. Nicht verletzt, aber es hat nicht viel gefehlt.
Kennen wir den Hund und er darf ihn begrüßen, fängt er mit dem Schwanz zu wedeln, druckt sich zum Boden, kommt wieder hoch, Leckt die Schnauze ab und springt den Hund an, nicht paarungstechnisch aber zum beißen und spielen.
Ist die Stadtgegend unbekannt, so ist er aufgedreht, hört kaum, will überall hin, ist verängstigt. Bei Landausflügen, im Wald un am Strand ist er absolut selbstsicher.
Wir haben uns an den Züchter gewandt und einige Male zum Training getroffen. Verschrieben wurde uns das Stachelhalsband, Spielzeug bzw Leckerli zum Ablenken von stressigen Situationen und das Schock-Halsband zur Prävention/Bestrafung von Aggressionen.
So, jetzt ist die Anamnese etwas vollständiger.
Nochmals Mega-Dank für eure Zeit und Mühe.