Selbsthilfegruppe "Gestresste Stadthunde"

  • Bin jetzt erst auf den Thread gestoßen, aber fand ihn sehr interessant, zumal mein Kleiner auch noch so seine Schwierigkeiten mit der Stadt hat. Wie hat es sich denn bei euch so entwickelt? Vielleicht mögen ja ein paar mal erzählen, ob und was für Fortschritte sie in den letzten Monaten mit ihren Hunden gemacht haben? Fänd ich spannend :smile:

  • Bei uns hat sich total viel eingespielt, teilweise durch Gewöhung, teilweise durch erwachsen-werden (sie ist jetzt drei), teilweise durch Trainerstunden, momentan ist sie noch obendrauf superruhig und gelassen durch Scheinschwangerschaft.

  • Auch wenn die Antwort spät kommt, freut mich für euch, Alina, dass sich da so viel eingespielt hat :)


    Ich muss aber doch auch nochmal ein bisschen nach Erfahrungen/Tipps fragen. Mein Jungspund ist inzwischen gute fünf Monate alt, seit knapp drei Monaten bei mir. Er hat leider vor seinem Umzug zu mir und meinem Freund nicht viel kennen gelernt (Tierschutzhund) und ist daher in der Stadt (wir wohnen nahe der Innenstadt) noch recht gestresst. Ich weiß, drei Monate sind noch keine besonders lange Zeit und da kann sich sicher vieles noch bessern. Viel hat sich auch schon gebessert, aber im Moment ist spazieren gehen mit ihm für mich irgendwie doch sehr anstrengend. Wir üben in der Wohnung immer mal "Fuß"; das Konzept hat er grundsätzlich verstanden. Draußen klappt das aber nur in sehr ruhigen Gegenden, manchmal auch bei etwas mehr Außenreiz, wenn Leute vor uns gehen, damit er denen bloß nicht zu nahe kommt... Mit Leckerli, wie wir es in der Hundeschule gemacht haben, ist bei ihm draußen meist nichts zu machen, weil er dafür viel zu gestresst ist. Ansprechbar ist er oft kaum, sodass ich auch den Eindruck hab, ihm nur sehr wenig Hilfestellung als eine Art "Vorbild" geben zu können. Dass er nicht an der Leine ziehen soll, haben wir ihm daher hauptsächlich durch "Stop and Go" beigebracht, sind also immer stehen geblieben, wenn er gezogen hat. Das klappt auch soweit eigentlich ganz gut, aber hauptsächlich an der langen Leine. Wenn ich ihn kurz nehme und ihn dann eigentlich gern im "Fuß" neben mir hätte, klappt das meist nur für ein paar Meter, manchmal auch gar nicht. Die ganze Zeit die Leine lang lassen ist aber auch keine Option, weil er sich gelegentlich erschreckt und dann kopflos zur Seite ausbricht - und oft sind die Bürgersteige nicht breit genug, um die volle Leinenlänge zu erlauben, ohne dass er dabei auf die Straße läuft.


    Ich glaube, mein größtes Problem bei der Sache ist zur Zeit meine Empathie... :( Es stresst mich, meinen Hund so gestresst zu sehen, und das wiederum stresst sicher meinen Hund. Ich weiß, ich brauche Geduld, aber im Moment bin ich nach den (eigentlich recht kurzen) Spaziergängen oft echt fertig und niedergeschlagen und verlier da auch schonmal den Blick für die kleinen Fortschritte - leider :dagegen: Er soll ja gar nicht strikt an meinem Bein kleben und nur noch Augen für mich haben - aber ein bisschen ansprechbarer wäre schon schön, und nicht alle drei Schritte stehen bleiben müssen, weil er schon wieder in die Leine rennt, würde den Spaziergang auch für alle Beteiligten angenehmer gestalten. Habt ihr Tipps, was man da machen könnte? Oder heißt es wirklich einfach Zähne zusammenbeißen und Geduld, Geduld und Geduld? Ich würd ihm sooooooo gern seinen Stress wenigstens ein bisschen nehmen! *seufz*

  • Wie groß ist er denn? Solange der Hund so gestresst ist, dass er kein Futter annehmen kann, lernt er eh nix, würde ich mal so salopp formulieren. Besser wäre es, wenn du irgendwo in der Nähe ein ruhiges Fleckchen hättest, wo er sich lösen kann. Mehr muss er erst mal nicht können. Da müsste der Hund halt erst mal hin gebracht werden, das Problem mit der Wohnsituation hatten wir ja genauso. Meine passt glücklicherweise in Taschen und in den Fahrradkorb.
    Im zweiten Schritt würde ich ihn von dort aus dann die Welt beobachten lassen. Im sicheren Abstand von seinem safe place aus.

  • Danke für deine Antwort :) Für Taschen und Fahrradkörbe ist er leider zu groß; er bringt jetzt schon gute 20 kg auf die Waage. Ich geh auch davon aus, dass er draußen zu gestresst ist, um wirklich zu lernen. Hinter dem Haus ist es zum Glück recht ruhig, sodass er dort aufmerksamer ist und sich auch schonmal zum Spielen animieren lässt. Das Lösen ist da auch prinzipiell kein Problem. Meist mach ich einfach dann eine bestimmte Runde hinter dem Haus, die er auch brav mitgeht. Nur an einer Stelle, wo es einen Durchgang zwischen den Häusern zur Straße raus gibt, rennt er noch in die Leine. Aber das ist auch schon viel besser als noch vor ein paar Wochen. Ich würde jetzt halt versuchen, diese "Standardrunde" Stückchen für Stückchen zu vergrößern.
    Insgesamt hab ich übrigens den Eindruck, dass er mit sitzen und beobachten größere Schwierigkeiten hat als mit einfach vorbeigehen. Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass ihm der Abstand meist noch zu klein ist; das muss ich mal noch gezielter ausprobieren.
    Aber einen Grund zur Freude hatte ich heute morgen: Als wir aus der Haustür kamen, lief ein Mann auf uns zu. Er hatte noch ein bisschen Abstand, sodass wir die paar Schritte über den Weg zur Wiese gehen konnten, ohne mit ihm zu kollidieren. Marley ist ausgewichen, aber nicht panisch geworden oder in die Leine gesprungen. Und selbst zum Lösen war er ruhig genug - oder der Druck hoch genug (erste Runde des Tages). Und das, obwohl der Mann echt nicht weit weg war. :applaus: Bin stolz auf meinen "Kleinen". Und nachdem er mich heute morgen eine Dreiviertelstunde länger hat schlafen lassen als sonst, bin ich wohl auch wieder ausgeruht genug, um kleine Fortschritte wieder angemessener zu würdigen ;)
    Übrigens, danke, Alina, für diesen Thread. So eine Selbsthilfegruppe ist schon was tolles! :smile:

  • Leider ist der Thread ja nie so richtig ins Rollen gekommen, wobei man da ja auch andererseits froh drüber sein sollte, dass es doch nicht so viele gestresste Stadthunde gibt. :ugly:


    Schön, dass ihr so eine Möglichkeit hinter dem Haus habt. Da bin ich neidisch.
    Ich würde dann erst mal nur ein mal pro Tag oder alle zwei Tage an dem Durchgang Übungseinheiten aufbauen. Solange er sogar bei der unstressigen Runde dort noch zieht, macht es noch nicht so viel Sinn, da gleich durch zu gehen und die Runde auszuweiten. Ihr könntet dort Ruhe und Beobachten "spielen" oder aber was richtiges spielen, was ihm Freude macht. Oder auch versuchen, dort zu arbeiten, je nach dem, was euch am meisten liegt. Ich würde erst ausweiten, wenn er sich dort wohl fühlt, auch Futter nehmen kann und nicht zieht, denn deine Methode mit dem Stehenbleiben ist für ihn sicher großer Stress, da er anscheinend auch so ein Fluchthund ist wie meine.
    Jetzt mal angenommen, ihr passiert den Durchgang und er zieht und du hältst gegen, dann wäre seine erste Verknüpfung mit dem "Draußen" schon wieder eine sehr negative.

  • Insgesamt hab ich übrigens den Eindruck, dass er mit sitzen und beobachten größere Schwierigkeiten hat als mit einfach vorbeigehen. Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass ihm der Abstand meist noch zu klein ist; das muss ich mal noch gezielter ausprobieren.

    Da bin ich übrigens ganz bei deinem Hund. Mir ist es auch immer lieber, eine unangenehme Situation schnell hinter mir zu lassen. Hier liest man öfters, dass HH ihre Hunde bei Begegnungen an den Wegrand setzen. Sowas wäre nichts für mich. Ich nehme den Hund auf die angewandte Seite und gehe zügig, umso eher ist die beengende Situation vorbei.
    Fürs ruhige Beobachten ist wirklich viel viel Abstand notwendig.


    (Mein Hund hat das zum ersten mal an einem Ort von selbst angeboten, wo ich es nie erwartet hätte: Auf ihrem mittlerweile geliebten Tram-Grünstreifen. Da setzt sie sich inmitten von Schienengetöse und außenrum die 6-spurige Straße einfach hin und guckt sich aus sicherer Entfernung die Welt an. Einfach weil da nie Menschen oder Hunde vorbei kommen. Aber an den Aspekt habe ich am Anfang gar nicht gedacht, für mich wars dort einfach nur laut und stressig. :headbash: )

  • Ich wusste gar nicht, dass es so ein Thread gibt :winken: !
    Da bin ich auch dabei.
    Bei Jordi äußert sich der Stress durch totale Hektik. Er wirkt dabei selten ängstlich. Ich habe immer das Gefühl, dass er einfach extrem reiz-offen ist.
    Woran das bei ihm genau liegt, kann ich nicht sagen. Er wurde mit Sicherheit nicht besonders toll Sozialisiert und hat eine ultra schlechte Frustrationstoleranz. Er ist einfach überhaupt kein in sich ruhender Hund.
    Mir fällt allerdings auf, dass er nach einer schönen Runde mit viel Freilauf die Stadt viel besser ertragen kann. Ich bin letztens sogar mit ihm über einen Flohmarkt geschlendert. Er hat sich sehr stark an mir orientiert und somit lief er ganz brav neben mir her.
    Das wäre ohne vorherigen Spaziergang undenkbar gewesen.
    Generell hilft es, wenn ich Jordi in stressigen Situation sehr stark auf mich fokussiere. Das muss ich meist die ersten 10-15 Min machen, denn dann beruhigt er sich und läuft schön neben mir.
    Wenn er nur mich im Kopf hat, dann hat er weniger Möglichkeiten die ganzen Reize aufzusaugen.
    An manchen Tagen geht aber einfach gar nichts, dann ist er nicht zu beruhigen und hibbelt nur herum.
    Ich habe oft ein schlechtes gewissen, dass ich so einem Hund die Stadt zumuten muss, aber abgeben kann ich ihn auch nicht :( : .

  • Ich habe oft ein schlechtes gewissen, dass ich so einem Hund die Stadt zumuten muss, aber abgeben kann ich ihn auch nicht

    Ja, so gehts mir auch. Wenigstens fahren wir dieses mal zu Silvester aufs Land. Das möchte ich dem Hund hier nicht noch mal antun. Heute Nacht war schon wieder irgendwo Feuerwerk und letzte Woche auch und bald werden auch wieder die Kids anfangen rumzuböllern und das geht dann bis tief in den Januar/Februar rein so weiter. :muede:

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