Tierheimhund - und ein paar Probleme

  • Wir haben seit Samstag einen 1-jährigen Mischling (Rüde, kastriert) aus dem Tierheim. Er ist sehr verträglich mit anderen Hunden und Frauen - mit Männern hat er allerdings ein Problem. Wenn wir auf der Straße unterwegs sind, kommt er eigentlich ganz gut zurecht aber sobald er auf eher engerem Raum mit fremden Männern (z.B. Fressnapf, Fahrstuhl, Hausflur) ist, bellt er ziemlich aufgeregt und laut - hin und wieder knurrt er auch. Zudem gab es eine Situation, in der er einem Mann hinterher und schnappen wollte. Heute waren zudem die Obermieter ziemlich laut - was leider öfter vorkommt - und auch da bellt er laut und sucht aufgeregt nach der Quelle des Geräusches. Da wir in einem Mehrfamilienhaus (11 Etagen) wohnen, ist das Bellen ein ziemliches Problem für uns, das wir schnellstens in den Griff kriegen müssen - man begegnet nämlich nahezu immer Leuten auf dem Flur und durch den Schall fühlen sich die Leute schnell gestört.


    Ein weiteres Problem ist, dass der Hund keine Minute allein bleiben kann. Zuerst war er im Tierheim immer mit anderen Hunden zusammen, in der ersten Vermittlung an ein älteres Ehepaar war er auch keine Sekunde allein und bei uns kommt er daher auch gar nicht alleine klar. Sobald er mitbekommt, dass er alleine im Raum ist, beginnt er nach uns zu suchen, zu bellen und allgemein "wilder Hund" zu spielen. Wenn man dann wiederkommt, springt er uns an und versucht er " spielerisch zu schnappen (aus Freude?).


    Rufus ist so ein wunderbarer Hund, der einfach lieb gehabt werden möchte. Bitte helft uns, dass wir ihn besser verstehen lernen und die Probleme in den Griff kriegen können. Vielen Dank!

  • Wenn du mal im Forum suchst, wirst du schon einige Beiträge zum Thema alleine bleiben finden. Grob gesagt muss dass ganz langsam und Minuten weise aufgebaut werden.
    Was tust du, wenn er dann so “aus rastet “ beim Wieder kommen?


    Hast du einen Mann? Wie verhält er sich bei ihm?
    Für mich hört sich das nach angst/Unsicherheit an. Wisst ihr was zu seiner Vorgeschichte? Schlechte Erfahrung mit Männern gemacht?

  • Zitat

    Wir haben seit Samstag einen 1-jährigen Mischling (Rüde, kastriert) aus dem Tierheim


    Hey, Ihr habt den Kerle erst seit ein paar Tagen. Gebt ihm Zeit, Sicherheit und vor allem: zwingt ihn noch nicht in so Situationen wie Freßn**, Aufzug oder sonstwas. Damit überfordert Ihr ihn.


    Wenn im Fahrstuhl Leute sind, dann steigt nicht ein. Versucht zu Zeiten rauszugehen, an denen im Haus erstmal tote Hose ist damit Ihr so wenig Leuten wie möglich über den Weg lauft.
    Nehmt Rücksicht und vor allem bewahrt Ruhe wenn er sich "unmöglich" benimmt. Schweigend mit ihm aus der Situation rausgehen ist erstmal das Beste was Ihr grad machen könnt.
    Bellt er drinnen, dann lenkt ihn ab und belohnt ihn fürs Stillehalten.


    Und dann guckt vielleicht mal nach einer HuSchu oder einem Trainer die Euch über die ersten Hürden hinweghelfen können - wenn Du schreibst von wo Ihr kommt könnt Ihr hier vielleicht Empfehlungen kriegen......

  • Wenn er so reagiert, wenn man wiederkommt, versuchen wir ihn zur Ordnung zu rufen - funktioniert leider gar nicht. Darum versuchen wir es nun bestmöglich zu ignorieren, was gar nicht so einfach ist. Allerdings haben wir heute den ersten kleinen Erfolg gehabt - der Hund war zwar immer nur eine Minute allein (etwa 10x heute gemacht), hat aber nicht gebellt und war ein paar Male sogar recht ruhig.


    Zu meinem Freund verhält er sich freundlich. Es sind allgemein eher ältere Männer, die seine Aufmerksamkeit erregen aber eben auch nicht alle. Zu Kindern hat er leider auch nicht das beste Verhältnis - hat gestern nach einem (im Hausflur) geschnappt bevor ich reagieren konnte :/ naja, jetzt haben wir ihm einen Maulkorb gekauft, den er aber nur im Treppenhaus tragen muss. Ist schon möglich, dass er schlechte Erfahrungen gemacht hat - konnte man uns leider auch nicht sagen, da er ein Fundhund ist. Kann und sollte man schon jetzt daran arbeiten oder sollte man ihn erstmal "richtig ankommen" lassen?


    Tierläden werden von uns jetzt erstmal gemieden aber in Fahrstuhl und Treppenhaus sind leider oft Leute unterwegs - zudem hat Rufus einen Nylonmaulkorb, mit dem er nicht hecheln kann - daher fänd ich es auch nicht so super mit ihm in den 9. Stock zu laufen. Wir versuchen schon Zeiten zu wählen, zu denen nicht gerade Rush Hour im Haus herrscht aber da hier auch einige Leute nicht arbeiten gehen, läuft man leider immer Gefahr wem zu begegnen.


    Ruhe bewahren ist auf jeden Fall ein gutes Stichwort - ich glaube da muss ich noch dran arbeiten. Wir haben am Sonntag jedenfalls den ersten Hundeschulentag.


    Noch eine andere Sache - er nimmt öfter unsere Hände zwischen die Zähne, manchmal zwickt er auch leicht. Wir wissen nicht so recht wie wir diese Geste werten sollen. Meistens tut er es wenn er allgemein etwas wilder ist und uns auch anspringt. Will er uns so zum spielen auffordern oder dominieren?

  • Zitat

    Noch eine andere Sache - er nimmt öfter unsere Hände zwischen die Zähne, manchmal zwickt er auch leicht. Wir wissen nicht so recht wie wir diese Geste werten sollen. Meistens tut er es wenn er allgemein etwas wilder ist und uns auch anspringt. Will er uns so zum spielen auffordern oder dominieren?


    So ein junger Hund spielt noch mit den Zähnen.
    Wenn es weh tut, dann bringt es zum Ausdruck (Aua oder Quietschen). Wenn er sachte beisst, dann spielt ihr mit ihm weiter. So lernt der Hund, seine Zähne beim Spiel sachte einzusetzen.

  • Zitat

    Er tut es aber wenn wir gerade nicht spielen - ist es für ihn trotzdem "Spiel" weil er einfach aufgedreht ist?


    Dann ist es eine Aufforderung zum Spielen.

  • Die Sache mit der Dominanz ist ein alter Hut - deshalb verabschiedet Euch mal davon, daß er Euch vielleicht dominieren will.
    Er ist neu und muss auch Euch noch kennenlernen so wie Ihr alle seine Wesenszüge und Reaktionen in versch. Situationen kennenlernen müsst - es kann 5Mon. oder sogar länger dauern bis ein Tierschutzhund so "richtig" angekommen ist.


    Er möchte natürlich auch ausprobieren, wie weit er bei Euch gehen kann, wie konsequent Ihr seid und wie er Euch um die Pfote wickeln kann. Hunde sind da oft sehr subtil und vor allem ausdauernder als ein Mensch - daher "gewinnen" sie so oft...... :D


    Daher ist es am einfachsten für die künftige Beziehung, sich in manchen Dingen erstmal ein dickeres Fell zuzulegen. Wenn Hundi was macht was Ihr nicht möchtet dann ist es am sinnvollsten, ihn erstmal damit auflaufen zu lassen.
    Bsp: ihr sitzt, er will spielen und schnappt wild um sich oder nach Euren Händen oder so - aufstehen, weggehen, ev. Raum verlassen. Nichts sagen, am besten noch dem Hund den Rücken zudrehen - wenn er aufhört wieder hinsetzen oder reinkommen.


    Ganz wichtig zu wissen ist bei dieser Methode aber, das Hundi nach kurzer Zeit erstmal seine Bemühungen verstärken wird - in dem Beispiel wird er vielleicht zusätzlich noch bellen oder fester zubeissen.
    Wenn Ihr dann genauso reagiert - voila, dann habt Ihr bald gewonnen und Hundi merkt: Aha, egal was ich anstelle - so komme ich nicht zum Ziel. Sein Ziel war in diesem Moment ja, daß Ihr mit ihm spielt - bietet ihm Spielen an wenn er vor Euch sitzt und Euch anschaut (als Beispiel)


    Das kann erstmal alles mühsam und lästig sein, ist aber das was im Endeffekt am wirkungsvollsten ist und Hundi wird neu "programmiert": beißeln ist nicht, damit komm ich nicht weiter. Da Hunde Opportunisten sind, wird er es ganz schnell verstehen.


    Und Ihr werdet keine "Gewalt" brauchen - nur mehr Ausdauer und Geduld als der Hund. Und es ist wichtig, daß in der ersten Zeit alle Bezugspersonen des Hundes an einem Strang ziehen.


    Zitat

    - zudem hat Rufus einen Nylonmaulkorb, mit dem er nicht hecheln kann - daher fänd ich es auch nicht so super mit ihm in den 9. Stock zu laufen.


    Den Nylonmaulkorb würde ich sofort wieder aus dem Verkehr ziehen - ich persönlich finde diese Dinger tierschutzwidrig da sie das Hecheln verhindern: der Hund kann nicht schwitzen!! Es gibt so billige Gitterdinger aus Plastik - nicht schön aber effektiv. Damit kann Hundi auch mal Busfahren ohne Hitzestau und kann damit auch trinken . Daß der Hund damit "gefährlicher" wirkt ist eine rein menschliche Sichtweise.


    Für mich hört sich sein Verhalten nach Unsicherheit an - und die Aggressionen sind seine Methoden, sich die unangenehmen und bösen Dinge im Leben und im Hausflur vom Leib zu halten. Viele Hunde entwickeln dieses Verhalten aus Unsicherheit heraus - sie lernen sehr schnell daß sie damit Erfolg haben - und dann verselbstständigt sich solches Verhalten.
    Nun kann er aber nicht lernen, wenn er in so einer Situation steckt - dazu ist er zu sehr mit seiner Unsicherheit und seiner Aggr. beschäftigt. Daher ist wirklich wichtig, erstmal all sowas soweit wie möglich zu meiden.


    Der erste Baustein in Eurer Beziehung sollte Vertrauen und Verläßlichkeit heissen - Hundi muss lernen, daß er Euch vertrauen kann. Das fällt ihm schwer, wenn Ihr in immer in solche Situatioen bringt in denen er sich selber wieder verteidigen muss (die Denkweise des Hundes)


    Klickern wäre mMn das Mittel der Wahl bei Euch:
    Kauf Dir einen Klicker und tolle Leckerlies und dann fang an (Klickern in Kurzform):
    Klick-Lecker, Klick-Lecker usw.
    Nach jedem Klick gibst Du Hundi ein Lecker - das 4-5x tägl. jeweils 10-15Mal - keine weiteren Anforderungen stellen, erstmal muss er auf den Klick "programmiert" werden.
    2Tage sollten reichen, dann bedeutet der Klick für den Hund: boah ey, toll, lecker, gutes Gefühl :lol:
    Dann kannst Du anfangen zu klicken, wenn er Dich anschaut. Wenn er sitz macht, wenn er kommt. Und immer!!! ein Leckerchen danach geben.
    Als nächstes nimmst Du Dir die "gefährlichen" Dinge vor: z.B. sieht er draussen einen "gefährlichen" Mann - noch bevor er knurren kann klickst Du + und wenn er Dich dann anschaut: Lecker. Jedesmal wenn Hundi in eine Situation kommt und etwas sieht, wo er gleich losbellen oder knurren würde - klick+lecker.
    Alleine schon das Anschauen der bösen Auslöser wird geklickt - das wird ihn im Laufe der Zeit "umprogrammieren" da er mit dem Auslöser dann die Belohnung in Form von Klick+Lecker verknüpft.


    Das kann aber eine Zeit dauern und nach schnellen Anfangserfolgen gibt es oft erstmal tiiiiiiefe Rückschläge :omg: Im Aufzug wird es noch nicht gleich helfen, doch da könntst Du versuchen mit Dauergeklicke seine Aufgewühltheit zu mindern.


    Es ist eine effektive Methode, den Hund umzukonditionieren. Verknüpft er im Moment mit dem Anblick fremder Leute noch Angst und Unsicherheit, wird es sich im Laufe der Zeit in Neutralität oder freundliche Erwartung umwandeln, da er in ihrer Gegenwart immer das für ihn positive Klickgeräusch hört.


    Zwei Dinge sind wichtig: es muss immer ein Leckerchen oder eine andere hochwertige Belohnung nach dem Klick geben (Lieblingsspiel, loslaufen dürfen o.ä) und der Klicker muss auch immer wieder für "einfache" Sachen wie sitz oder so verwendet werden und nicht nur in kritischen Situationen.


    Die Befürchtung daß Du den Rest des Lebens mit Klicker und Leckerbeutel rumrennen musst brauchst Du nicht zu haben. Es ist ja keine dauerhafte Bestechung sondern es wird eine Umkonditionierung in gewissen Sit. vorgenommen - wenn er umkonditioniert ist braucht er das ja nicht mehr.
    Aber für eine gewisse Zeit ist so ein Klicker ein wirklcih tolles Hilfsmittel. Es ist ein absolut neutrales Geräusch, unabhängig von den Launen der Menschen, und ist nicht die Belohnung sondern versprichtt die Belohnung. Man kann ihn punktgenau einsetzen und von daher ist er so wirksam.


    Ich habe selber 5Klicker im Haus rumfliegen, alle mit Armband dran. Und meistens habe ich auch einen am Arm baumeln, dann ist er immer griffbereit wenn mein Hund etwas Tolles macht was beachtenswert ist - die Belohnung folgt dann auch gleich. -so lernt meiner quasi nebenbei das von mir gewünschte Verhalten immer öfter zu zeigen da ich das auch auf Entfernung mit dem Klicker präzise markern kann.
    Es gibt im www vieles übers Klickern zu finden, lies Dich da mal ein.


    Und, sorry für den langen Text, aber manchmal überkommts mich...... :headbash:

  • Ach ja, die Sache mit den Kindern............


    Wenn Ihr Zeit habt und das Wetter schön ist - dann setzt Euch doch einfach mal in die Nähe von spielenden Kindern draussen und belohnt Hundi mit Leckerchen, Spielen, Kuscheln einfach dafür ,daß er die "Nähe" der Kinder aushält. Wobei Nähe relativ ist und die Distanz meint, in der er noch nicht negativ auf Kinder reagiert.
    Wenn der Klicker eingeführt ist dann sollte jeder Blickkontakt auf Kinder ebenfalls geklickert werden. Trotzdem ist z.Zt noch Sicherheit für Kinder oberstes Gebot - und lieber einmal zuviel als zuwenig den MK drauflassen.


    Vielleicht habt Ihr ein hundeerfahrenes Kind im Bekanntenkreis. Das könnte Hundi dann auch mal mit Guddis vollstopfen ohne ihm dabei direkt ins Gesicht zu sehen.
    Wichtig ist, daß das Kind ruhig und gelassen bleibt, Ihr auch und Ihr diesen Versuch vielleicht auch erstmal mit Leckerchen werfen beginnt.


    Immer Ruhe bewahren!!
    Aufgeregte Menschen zeigen dem Hund nur, daß er mit seiner Meinung - Aufzüge mit Menschen, alte Männer, Kinder sind gefährlich - Recht hat da die Menschen ebenfalls erregt reagieren. Deshalb ist absolute Gelassenheit beim Üben mit so einem kleinen Hitzkopf oberstes Gebot.


    Zum Maulkorb ist mir noch eingefallen: es gibt von Hunter den Maulkorb Baskerville Ultra Muzzle - der ist sehr leicht und bietet dem Hund viel Platz zum Hecheln. Auch kann dadurch gut gefüttert werden - das könnte für Dich auch ein Kriterium sein.
    Den gibts aber nicht überall - aber im www ;)

  • Hallo Dana und herzlich willkommen hier!


    Zum ersten: Rufus ist erst wirklich kurz bei Euch, ich würde erst mal ganz wenig mit ihm machen, damit er auch zur Ruhe kommen kann nach den ganzen Umstellungen.
    Lernt den Hund erst mal etwas kennen. Ich sprechen aus eigener Erfahrung: Hunde aus dem TH brauchen etwas Zeit um anzukommen und zeigen sich in voller Bandbreite erst im Laufe der Zeit. Das gilt für gute und schlechte Eigenschaften.


    Solange Ihr den Hund nicht gut einschätzen könnt: keine Experimente mit lebenden Menschen ohne Anleitung, insbesondere nicht mit Kindern. Du schreibst, es ist Dein erster Hund - suche Dir einen Trainer oder wirklich hundefahrene Menschen, die Dir zur Seite stehen können. Ich habe schon gelesen, dass Ihr zur Hundeschule geht, auch da würde ich schauen, dass es am Anfang nicht zu viel für ihn wird. Ein, zwei Individualstunden bei einem Trainer bei Euch zuhause können eine sehr effektive Hilfe sein.


    Wisst Ihr etwas über die Vorgeschichte von Rufus? Warum wurde er schon einmal vermittelt und ist offensichtlich Rückläufer? Gab es Beißvorfälle?


    Versuche, Eure Gassigehzeiten so zu legen, dass möglichst wenig los ist im Haus.


    Das Training zum Alleinbleiben kann langwierig sein. Hier sollte man wirklich wie mit einem Welpen vorgehen. Also erst mal sollte das Alleinbleiben kurz in einem Zimmer der Wohnung geübt werden, dann kurz vor die Wohnungstür... der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem behutsamen Aufbau und wirklich REGELMÄßIGEM Üben.


    Das Schnappen kann Spiel sein, kann aber auch eine schlichte Übersprungshandlung sein, wenn Aufgeregtheit und Stress sich ihr Ventil suchen (zum Beispiel weil er viel Stress beim Alleinbleiben hatte).

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