konditionierte negative Strafe - wie sind eure Erfahrungen

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    Da hab ich mich blöd ausgedrückt, meiner Meinung nach ist es Veranlagung einmal wie schnell ein Hund innerhalb dieser Leiter nach oben "klettert", wo er überhaupt einsteigt, ob er Teile davon überspringt und auch ob er überhaupt bis zum Ende (also beißen) gehen würden.


    Viele Hunde die ich kenne gehen bis max. "in die Luft schnappen/ abschnappen", viele ängstliche Hunde beschwichtigen nur eeewig, aber mehr auch nicht, andere starten direkt mit Bellen, schnappen kurz mal ab und beißen dann zu.


    Wie ein Hund auf negative Bestrafung (atwas etwas Angenehmes wird entzogen) reagiert ist erstmal eine Frage der allgemeinen Frustrationstoleranz (FT) und weniger eine Frage der 4Fs (auch ein verfressener Hund mit nieder FT wird zB nicht "weglaufen" wenn sein Futter gesperrt wird).


    ok, das hatte ich falsch verstanden, danke für die Klärung.
    Ich denke, das mit der FT in Bezug auf Futtersperren als negative Strafe ist schon richtig, aber in der Ausgangssituation war es ja auch noch, dass zusätzlich der noch unbekannte Marker ertönte und soziale Interaktion komplett entzogen wurde - das ist denke ich für einen sensiblen Hund schon eine andere Marke als nur Futtersperren. Dem war auf jeden Fall klar, dass es nicht nur um eine 0/8/15-Abbruchsignal-Übung ging.


    Von daher hat Corinna schon recht, negative Strafe ist ja nicht unbedingt "weniger schlimm" je nach Veranlagung des Hundes.

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    Für mich ist es eben wichtig, dass der Hund schnell lernt, welches Verhalten ihn aus dem Stress holt. Das dann in Kombination mit dem konditionierten Signal und es ist für den Hund eine eindeutige Sache.


    Ok, das ist der Punkt wo es bei mir noch hakt. Sagen wir mal du arbeitest an der Schafherde mit Hund mit negativer Strafe. Du markerst, trittst zwischen Hund und Herde als negative Strafe, Hund bietet richtiges Verhalten an, du machst den Weg frei. Alles prima.


    Hund ist dann aber mal in sehr hoher Erregungslage, wodurch auch immer ausgelöst. Er hat die negative Strafe gelernt als "kurze Frustphase". Reicht das dann noch aus? Oder muss der Marker mit dem Gefühl von "the end of the world as we know it" verknüpft sein, damit sie dann noch noch greift? Und dann erst das rettende Verhalten ("Flucht zu Frauchen" oder was auch immer) angeboten werden? Das ist eine ehrliche Frage, ich weiss es nicht.
    Ich sehe nur, dass Abbruchsignale, alternative Verhaltensweisen, etc wie sorgfältig aufgebaut auch immer, bei uns in der höchsten Erregungslage (und wenn es ein sehr rascher Weg dahin ist) nichts mehr bringen.

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    Was ist das denn?


    Naja, so ein normales "nein" oder "lass es" oder so halt. Sagt man dazu nicht "Nullachtfünfzehn"? Oder schreibt man das in Zahlen anders? (ich seh mich schon in den Stilblüten landen...)

  • Wenn ich den Hund an den Schafen in eine "End-of-the-world"-Zone kommen lasse, dann lässt er den Stress danach an den Schafen aus, wenn er keen genug ist (womit wir wieder bei der genetischen Veranlagung wären), er macht gar nichts mehr (freeze), fällt in Übersprungsverhalten (meist Schafkacke fressen) oder haut ab (Flucht). Da schließt sich dann gleich noch ein weiteres Problem an: Die Schafe nehmen den nicht mehr für voll und machen ihm zusätzlich Stress durch Angriffsattacken. Das ist ganz, ganz übel, denn aus dem Loch kommt man kaum noch raus, wenn das die ersten Erfahrungen sind. Also dosiere ich es in kleine Häppchen. Möchte ich z.B. das Anhalten trainieren übe die negative Strafe, beginne ich mit kleinen, machbaren Schritten:Es gibt mein Signal für die negative Strafe, ich sperre kurz die Schafe, reduziert der Hund sein Tempo, gebe ich ihn wieder frei. Dann setz ich immer mehr einen drauf, wobei das viele Trainingseinheiten brauchen kann.


    Ein "Nein" im Alltag ist bei mir immer ein Abbruch. Ich untescheide da nicht. Abbruch ist Abbruch, egal wann, wo und wie. Das bringe ich denen auch so bei, daher kann ich den Unterschied zu dem anderen nicht finden...

  • Übrigens kann man in der BCs Szene anhand der Abstammung den Umgang mit dieser Situation oft erkennen. Es gibt manche Linien, bei denen weiß man vorher schon ganz gut wie sie reagieren werden auf das Sperren ;)

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    Wenn ich den Hund an den Schafen in eine "End-of-the-world"-Zone kommen lasse, dann lässt er den Stress danach an den Schafen aus, wenn er keen genug ist (womit wir wieder bei der genetischen Veranlagung wären), er macht gar nichts mehr (freeze), fällt in Übersprungsverhalten (meist Schafkacke fressen) oder haut ab (Flucht). Da schließt sich dann gleich noch ein weiteres Problem an: Die Schafe nehmen den nicht mehr für voll und machen ihm zusätzlich Stress durch Angriffsattacken. Das ist ganz, ganz übel, denn aus dem Loch kommt man kaum noch raus, wenn das die ersten Erfahrungen sind.


    Das war dann von mir ein schlecht gewähltes Beispiel, deine sollen ja an den Schafen arbeiten. Da muss man natürlich anders trainieren.
    Aber ganz ehrlich, auch wenn ich mich damit als Tierquäler oute: wenn mein Hund ab sofort bei jedem Reh, das er sieht, einfriert oder zu mir flieht, fände ich das mehr als prima. Das man das so nicht beim Schicksal bestellen kann, ist mir aber auch klar. Deshalb mache ich mir ja soviele Gedanken und habe solange mit dem normalen AJT trainiert.


    Zitat

    Also dosiere ich es in kleine Häppchen. Möchte ich z.B. das Anhalten trainieren übe die negative Strafe, beginne ich mit kleinen, machbaren Schritten:Es gibt mein Signal für die negative Strafe, ich sperre kurz die Schafe, reduziert der Hund sein Tempo, gebe ich ihn wieder frei. Dann setz ich immer mehr einen drauf, wobei das viele Trainingseinheiten brauchen kann.


    Das macht Sinn, wie oben gesagt war mein Beispiel schlecht gewählt.


    Zitat

    Ein "Nein" im Alltag ist bei mir immer ein Abbruch. Ich untescheide da nicht. Abbruch ist Abbruch, egal wann, wo und wie. Das bringe ich denen auch so bei, daher kann ich den Unterschied zu dem anderen nicht finden...


    Ich schrieb da sozusagen von zwei Kategorien, weil ich das hier so empfinde. Vielleicht liegt da mein grosser Denkfehler. Aber Kommandos, die ausser in der höchsten Erregungslage sehr gut sitzen, sind das was ich mit 0/8/15 meinte. Das sind sicher die Sachen, an denen ich noch weiter arbeiten muss. Gut, dass du mich nochmal dran erinnert hast.


    Ich möchte nochmal klarstellen: ich habe das "normale" AJT nicht aufgegeben. Ich übe weiter, um bestimmte Kommandos auch in sehr hoher Erregungslage "durchdringen" zu lassen. Aber nach 1,5 Jahren musste ich auch einsehen, dass das allein nicht ausreichen wird, wenn es bisher nicht zum Durchbruch geführt hat.

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    Übrigens kann man in der BCs Szene anhand der Abstammung den Umgang mit dieser Situation oft erkennen. Es gibt manche Linien, bei denen weiß man vorher schon ganz gut wie sie reagieren werden auf das Sperren ;)


    Ist doch klasse, da kann man vorher Chaps oder Laufschuhe anziehen, je nachdem ob der Hund zum Nachvornegehen oder zum Flüchten neigt ;)

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    Ist doch klasse, da kann man vorher Chaps oder Laufschuhe anziehen, je nachdem ob der Hund zum Nachvornegehen oder zum Flüchten neigt ;)


    Ich hoffe, das ist jetzt wirklich Ironie...?


    Das Hütebeispiel funktioniert nach den selben Lerngesetzen wie anderes Training auch.


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    Aber ganz ehrlich, auch wenn ich mich damit als Tierquäler oute: wenn mein Hund ab sofort bei jedem Reh, das er sieht, einfriert oder zu mir flieht, fände ich das mehr als prima. Das man das so nicht beim Schicksal bestellen kann, ist mir aber auch klar. Deshalb mache ich mir ja soviele Gedanken und habe solange mit dem normalen AJT trainiert.


    Was denn nun: Hü oder Hott?


    Wenn Du ein Verhalten formen möchtest - z.B., dass der Hund zu Dir läuft, dann ist eine zu hohe Emotionalität bei der Verknüpfung hinderlich, denn dann musst Du auf den Zufall hoffen, dass das Stressverhalten eben das zufällige zur Dir Flüchten die Stressreaktion ist und drauf hoffen, dass der Hund nicht irgendwann einen anderen Weg wählt. Dabei musst Du weiterhin darauf achten, dass das Signal langfristig nicht an Bedeutung verliert. Das heißt, Du musst es immer hochemotional auffrisschen! Heißt, Du darfst nicht beginnen es "netter" zu trainieren. Es muss die Bedeutung vom Weltuntergang behalten.


    Machst Du das nicht so, kommt nämlich der nächste Faktor ins Spiel: Du möchtst hier ein genetisch fixiertes Verhalten "bearbeiten", das anscheinend bei Deinem Hund sehr, sehr stark vorhanden ist - also sehr stark selbstbelohnend ist, sonst hättest Du ja bereits Erfolg gehabt.
    Wenn Du jetzt also "netter" trainieren willst ohne ein Alternativverhalten gut aufzubauen (womit wir wieder beim Punkt: was kann der Hund noch lernen in der hochemotionalen Situation), dann wird das Jagen wieder in den Vordergrund rücken. Sprich: Es wird darauf hinauslaufen, dass der Hund irgendwann wieder jagen geht...

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    Ich hoffe, das ist jetzt wirklich Ironie...?


    Ja, war es. Ich mag einfach den "Achtung Ironie"-Smiley nicht.


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    Was denn nun: Hü oder Hott?


    Wenn Du ein Verhalten formen möchtest - z.B., dass der Hund zu Dir läuft, dann ist eine zu hohe Emotionalität bei der Verknüpfung hinderlich, denn dann musst Du auf den Zufall hoffen, dass das Stressverhalten eben das zufällige zur Dir Flüchten die Stressreaktion ist und drauf hoffen, dass der Hund nicht irgendwann einen anderen Weg wählt.


    Das Alternativverhalten bekommt er ja angeboten, aber halt nicht im ersten Schritt. Die Konditionierung lief ohne (also erstmal mit "ins Loch fallen"), jetzt im zweiten Schritt wird eins angeboten (sozusagen: "Du fühlst dich mies? Komm zu Frauchen, dann geht's dir besser"). Das Alternativverhalten wird dann auch belohnt, mit Spiel oder Futter. Das "Loch" war also das Äquivalent zu dem geworfenen Bomper bei Pietrella. Ob das "netter" ist oder nicht kommt denke ich wie schon gesagt auf den Hund an.


    Zitat

    Dabei musst Du weiterhin darauf achten, dass das Signal langfristig nicht an Bedeutung verliert. Das heißt, Du musst es immer hochemotional auffrisschen! Heißt, Du darfst nicht beginnen es "netter" zu trainieren. Es muss die Bedeutung vom Weltuntergang behalten.


    Machst Du das nicht so, kommt nämlich der nächste Faktor ins Spiel: Du möchtst hier ein genetisch fixiertes Verhalten "bearbeiten", das anscheinend bei Deinem Hund sehr, sehr stark vorhanden ist - also sehr stark selbstbelohnend ist, sonst hättest Du ja bereits Erfolg gehabt.
    Wenn Du jetzt also "netter" trainieren willst ohne ein Alternativverhalten gut aufzubauen (womit wir wieder beim Punkt: was kann der Hund noch lernen in der hochemotionalen Situation), dann wird das Jagen wieder in den Vordergrund rücken. Sprich: Es wird darauf hinauslaufen, dass der Hund irgendwann wieder jagen geht...


    Auch das ist mir klar. Ich habe mich oben unglücklich ausgedrückt, es geht mir nicht darum, den Marker wieder aufzuweichen oder "netter" zu machen. Ich sehe ihn als eine Art zusätzliche Massnahme, die man nutzen kann, wenn sonst nichts mehr geht.


    Beispiel gestern: ich wollte den Marker unter leichter Ablenkung trainieren, sprich Entenkontakt. Wir sind also an einer Stelle spazierengegangen, wo es sicher war, dass dort welche sind. Zwerg Nase kommt um die Kurve, sieht Enten, die ins Wasser laufen. Auf "Stop" bleibt er aber stehen, dreht sich zu mir um. Alles an lockerer SL. Wird dafür mit einem Wurf- und Zergelspiel mit Lieblingsplüschi belohnt. Wenn er nicht reagiert hätte, wäre der Marker gefolgt. Nach dem Marker hätte ich ihn freundlich gerufen, fürs Herankommen wäre er belohnt worden. So will ich das später auch mal nutzen.


    Hinterher habe ich mir aber auch überlegt, dass ich vielleicht trotzdem gleich ohne anderes Kommando hätte markern sollen, weil ich sonst nicht weiss, ob es unter dieser Ablenkung in einigen Metern Entfernung zu mir überhaupt klappt. Allerdings ist es mir letztendlich egal, ob er Enten meidet, wenn er sich von denen sowieso durch das normale AJT ablenken lässt. Dafür brauche ich keine negative Strafe, das klappt durch das andere Training auch so.

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