Als HH den Tierarzt kritisch begleiten!

  • Ich bin immer wieder erstaunt, manchmal auch schlichtweg empört oder fassungslos, wenn ich mitbekomme, wie ein Hund eingeschläfert werden muss und wie Besitzer den vollkommen unnötigen Tod ihres Tieres betrauern müssen, weil der Tierarzt komplett versagt.


    Meine Idee wäre deshalb, mal einen Thread zu starten der sich der Thematik annimmt, mit dem Ziel vielleicht den ein oder anderen HH zu sensibilisieren, worauf er achten sollte und womit er sich keinesfalls zufrieden geben sollte. Vielleicht greift der ein oder andere HH dann noch rechtzeitig ein um den Tod seines Tieres durch Inkompetenz und Schlampigkeit abzuwenden.


    Ich rede hier nicht davon, jedem Tierarzt von vornherein zu misstrauen. Ich rede davon, den Tierarzt als das zu nutzen was er ist, nämlich ein Experte, der nach den Standards und Regeln seiner Zunft zu arbeiten und den HH in die Lage zu versetzen hat, eine informierte Entscheidung zu treffen. Und nur der kann eine informierte Entscheidung treffen, der auch die richtigen Fragen stellen kann und schlüssige von nicht schlüssigen Antworten unterscheiden kann.


    Vielleicht besteht ja kein Interesse an den Thema und der Thread wird schnell wieder einschlafen -- kein Problem aus meiner Sicht. Aber für den Fall dass Interesse besteht, wäre mein Vorschlag,, dass wir Fallbeispiele sammeln und rückblickend einfach einmal aufschlüsseln, wo der erste Hinweis auftauchte, dass die Diagnostik (an der hängt es ja meist) einfach nicht sachgerecht und kompetent durchgeführt wurde und welche Lehren man als HH daraus ziehen kann. Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen, der in diese Situation kommt.


    Ich fange mal an mit 2 Beispielen, die recht frisch sind.


    1. Gebärmutterentzündung


    Vorgeschichte und Verlauf


    Trauriger Anlass ist ein Thread von heute. Eine 14 jährige Hündin musste eingeschläfert werden, nachdem sie eine Woche lang die klassischen Symptome einer Gebärmutterentzündung gezeigt hat. Es ging ihr immer schlechter, es fiel auf dass sie sehr viel Durst hatte und entsprechend oft sich lösen musste. Außer um in den Garten zum lösen zu gehen, hat sie sich kaum noch bewegt und nichts mehr gefressen.
    Der TA nahm Blut ab und stellte erhöhte Leukos fest. Er verordnete ein Antibiotikum und gab der Hündin eine Spritze (Aufbaumittel, Appetitanreger). Er sagte, den Bauch könne er leider nicht beurteilen, da die Hündin so verkrampft sei wenn er den Bauch anfasst. Zwei weitere Besuche beim TA mit der Hündin der es sichtbar zunehmend schlechter geht, führen nicht zu weiterer Diagnostik sondern zu "Abwarten" und Gabe von Schmerzmitteln.
    Die Tierhalterin, nach einer Woche schon recht verzweifelt, fragt hier im Forum nach, wo sie auch die richtigen Hinweise bekommt und umgehend eine TK aufsucht. Dort wird die richtige Diagnose gestellt. Da die Hündin mittlerweile -- nach einer Woche -- in einem sehr schlechten Zustand ist, wird von einer OP abgesehen und sie wird eingeschläfert.


    Worauf achten beim TA?


    - Hier wurden erhöhte Leukos festgestellt und Antibiotika verordnet. Fein. Was hier unterblieben ist, ist die Suche nach dem Entzündungsherd oder einer anderen Ursache für die Leukozytose. Man sollte sich m.E. grundsätzlich angewöhnen, zu fragen "WO ist der Herd, wo sitzt die Entzündung?". Und wenn eine Antwort kommt, dann sollte die nächste Frage sinngemäß sein: "Wie objektivieren Sie den Befund?". Also, wenn von einer Bronchitis gesprochen wird, erwartet man einen entsprechenden Auskultationsbefund (Abhören mit differenzierten Aussagen zu den Geräuschen), und wenn es massiv ist, eine Röntgenaufnahme. Wenn man von einer Entzündung im Bauchraum ausgeht, erwarten wir einen US Befund.


    - Der Hund hatte so einen verkrampften Bauch, dass der TA beim Abtasten nichts fühlen konnte -- und dabei hat er es belassen. Das war wahrscheinlich die größte Nachlässigkeit, denn das ist DAS klassische Zeichen eines akuten Abdomens. Wer das nicht weiss, dem sollte eigentlich die Zulassung entzogen werden. Hier wäre US absolute und sofortige Pflicht gewesen. Unabdingbar!


    - Ein weiterer Kardinalfehler, gerade beim akuten Abdomen ist die Gabe von Schmerzmitteln VOR der Diagnose, weil man so die für die Diagnosenstellung wichtigen Symptome überdeckt. Wir wollen zwar für unsere Hunde eine anständige Schmerztherapie -- darunter verstehen wir aber nicht, dass die Symptome weg-gespritzt werden und man sich nicht um die Ursache kümmert.


    - Bei einer AB Gabe -- wenn das AB richtig (zum Kein passend) gewählt wurde -- muss sich eine Besserung sehr schnell einstellen. Wenn diese ausbleibt, ist Abwarten IMMER IMMER IMMER falsch. Wenn der TA bei seiner Schiene bleibt, nichts wie weg.


    - Wenn es dem Tier plötzlich schlecht geht, lasst Euch nicht mit Aufbauspritzen abwimmeln ohne dass ihr eine Diagnose habt die durch objektive Befunde gesichert ist.



    2. Angebliche Nierenisuffizienz


    Dies ist ein Fall aus meinem privaten Umfeld und der Patient ist ein älterer Kater, den ich schon seit vielen Jahren kenne. Das Tier gehört einer guten Freundin von mir.


    Dem Tier ging es in den letzten Monaten immer schlechter. Man hatte den Eindruck er baut rapide ab. Er wurde dünner, das Fell sah irgendwie zerrupft aus, er erbrach öfter, war schlapp und gleichzeitig auch gestresst. Also wurde er natürlich zum TA gebracht. Die Diagnose lautete Nierenisuffizienz -- "das gibt es bei alten Katzen halt oft, da kann man ja nicht viel machen."


    Wir haben dann recherchiert, das meiste was bei Nierenisuffizienz empfohlen wurde, wurde auch gemacht: Diätfutter, dann gab es noch Globuli mit der viele gute Erfahrungen gemacht haben etc. Nur, dem Kater ging es immer schlechter. Und das Nierenfutter mochte er natürlich nicht, fraß kaum noch und wurde noch dünner. Es gab bessere Tage, und es gab sehr schlechte Tage. Es war manchmal ein echter ein Jammer. Der TA empfahl, sich zu verabschieden und an die Einschläferung zu denken.


    Als wir uns darüber unterhielten dass es jetzt wohl zu Ende geht und meine Freundin am Boden zerstört war, fragte ich so nebenbei, wie denn die Nierenwerte derzeit sind und ob sie stabil geblieben seien oder rapide ansteigen. Und dann der Hammer: "wie, Nierenwerte?" Lange Geschichte kurz gefasst: Es war noch kein einziges Mal Blut oder Harn untersucht worden. Der TA hat aus seiner "Erfahrung" diese Diagnose gestellt.


    Ich habe dann sehr ernst mit meiner Freundin gesprochen, worauf die den TA gewechselt hat. Der hat die entsprechenden Untersuchungen alle gemacht. Ende vom Lied: Die Nierenwerte (ich habe den Befund gesehen) sind alle im absoluten Normbereich, der Harnbefund ist auch jungfräulich.
    Dafür gingen die Schilddrüsenhormone im wahrsten Sinne des Wortes durch die Decke. Der Kater hat eine Schilddrüsenüberfunktion. Medikamentös eingestellt und dem Tier geht es gut. Er erholt sich sichtbar, frisst wieder normal und ist wieder am Leben interessiert.


    Das Tier hat ein halbes Jahr gelitten und wäre beinahe eingeschläfert worden, weil die Tierhalterin nicht wusste, dass man eine Niereninsuffizienz nicht diagnostizieren kann ohne entsprechende Laborbefunde -- und deshalb den TA seine Märchengeschichte (etwas anderes ist es nicht ohne Befunde) abgenommen hat.


    Worauf achten beim TA?


    Verdachtsdiagnosen sind okay. Aber nur bis die Befunde da sind. KEINE DIAGNOSE OHNE OBJEKTIVEN BEFUND!
    Symptomatische Therapie ist okay. Aber nur bis die richtige Diagnose steht. KEINE THERAPIE OHNE DIAGNOSE!

  • Ich hätte da auch ein Beispiel. Es ging zwar (hoffentlich) nicht um Leben und Tod, war aber sowohl für meinen Hund als auch für mich äußerst unangenehm:


    Vor etwa 4 Wochen war ich mit Cala bei meiner TÄ, da der Hund unter Durchfall und (anscheinend) Übelkeit litt.


    Nach der erfolgten Untersuchung spritzte die Ärztin Cala "Buscopan" am Rücken unter die Haut.


    Einen Augenblick später ging es Cala schlagartig schlecht: starrer Blick, plötzliche Bewegungs"ausbrüche" gefolgt von Apathie und fast manischem Jucken, dann wieder Mattigkeit und plötzliches Zusammensacken.


    Keiner hatte einen Schimmer, was mit meinem Hund los sein könnte, auch nicht die TÄ.


    Nach etwa 10 Minuten spritzte sie Cala deshalb Cortison.


    Der Zustand dauerte alles in allem etwa eine Stunde an, wir liefen mit Cala vor der Praxis auf und ab, zwischendurch waren wir immer mal wieder drinnen und ihre Vitalfunktionen wurden überprüft.


    Was ich später erfahren habe:


    Unabhängig voneinander erzählte ich 2 anderen TÄ von diesem Ereignis.
    Beide sagten mir, man dürfe Buscopan niemals subkutan spritzen, da darauf eine heftige (!!) Schmerzreaktion folgen könne.
    Buscopan müsse wenn immer intravenös verabreicht werden.


    Konsequenzen aus diesem Ereignis habe ich noch nicht gezogen. Ich überlege, ob ich die TÄ darauf ansprechen sollte...immerhin hat sie meinem Hund durch diesen faux pas erhebliche Schmerzen zugefügt und mir wirklich Angst eingejagt...

  • Zitat

    ....
    Was ich später erfahren habe:


    Unabhängig voneinander erzählte ich 2 anderen TÄ von diesem Ereignis.
    Beide sagten mir, man dürfe Buscopan niemals subkutan spritzen, da darauf eine heftige (!!) Schmerzreaktion folgen könne.
    Buscopan müsse wenn immer intravenös verabreicht werden.


    Konsequenzen aus diesem Ereignis habe ich noch nicht gezogen. Ich überlege, ob ich die TÄ darauf ansprechen sollte...immerhin hat sie meinem Hund durch diesen faux pas erhebliche Schmerzen zugefügt und mir wirklich Angst eingejagt...



    Das ist so nicht ganz richtig. Buscopan darf intravenös, intramuskulär und subkutan gespritzt werden.
    Es ist richtig, dass es bekanntermaßen sehr schmerzhaft ist. Darum wird empfohlen, es verdünnt subkutan zu spritzen. Intramuskulär sollte man vermeiden, weil durch die Schmerzen Lahmheit auftreten könnten. Intravenös hab ich es in 13 noch noch nie erlebt. Muss man auch sehr vorsichtig machen, da es da häufiger Schockzustände geben kann.

  • Ich finde die Idee zu dem Thread gut :gut:


    Vor einigen Tagen gab es bei Menschen, Tiere und Doktoren so einen Fall, der mich echt wütend gemacht hat.


    Hündin, kastriert, ging es morgens noch gut, ab mittags fing sie an zu erbrechen. Selbst Wasser kam wieder raus.
    Die Tierrettung wurde gerufen und die Ärztin stellte einen angespannten Bauch fest und die Hündin reagierte schmerzhaft.
    Die TA schlug vor, entweder zu ihr in die Praxis zu fahren, wegen Röntgen oder gleich in die Klinik.
    Die Besi entschieden sich für die Klinik.
    Die Hündin wurde an Infusionen angeschlossen, blieb auch dort, der VERDACHT lautete Darmverschluss und die OP wurde für den NÄCHSTEN Tag angesetzt.
    Die Hündin hat die Nacht nicht überlebt :omg:


    Selbst erlebt.
    Bibo fing mit knapp 3,5 Jahren an, das Laufen am Fahrrad zu verweigern. Ich konnte mir keinen Reim drauf machen, also wurde sie geröntgt. HD auf beiden Gelenken, schwerer Grad.
    Mein TA meinte damals, bei ihr könnte nichts helfen, es wäre zu schlimm.
    Hätte ich nicht auf ihn gehört, hätte ich Bibo viele Jahre "Schmerzen" bzw. eingeschränkte Bewegung ersparen können, denn die GA hat ihr sehr wohl geholfen, er meinte, das kann ihr nicht helfen. :omg:


    Eine Hündin aus dem Bekanntenkreis.
    Riesenschnauzerhündin wurde kastriert. Alles lief soweit gut. Weil alles gut erschien, ging meine Bekannte wieder arbeiten, Hündin hatte einen Trichter auf.
    Sie kam nach Hause (Kellnerin war also spät in der Nacht zu Hause) und überall war Blut an den Wänden. Gewebefetzen an den Wänden und auf dem Boden. Hündin lag im Wohnzimmer die Naht war zum Teil offen, es guckte auch schon was raus, alles war angeknabbert. Es sah aus, als wenn sie sich selbst "aufessen" wollte :ugly:
    Beim operierenden TA angerufen (Haus-TA) der nicht an sein Handy ging (Notfallhandy, er hatte ihr die Nummer extra gegeben, falls es Probleme geben sollte).
    Sie hat dann den Notdienst kontaktiert, der zum Glück sofort gesagt hat, sie soll kommen.
    Sie hat die Hündin in die Praxis gebracht, sie wurde sofort notoperiert.
    Der Darm lag schon außerhalb, war durch die offene Wunde nach außen getreten.
    Ohne die OP wäre sie wahrscheinlich in der Nacht verstorben.
    Ihr Haus-TA sagte dann am nächsten Tag zu ihr, sie wollte ihn informieren, was passiert ist, sie hätte auf die offene Wunde "nur" einen nassen Waschlappen legen müssen, dann wäre nichts passiert
    Der Grund warum die Hündin so reagiert hat, war eine allergische Reaktion auf den Faden. Nach der Not-OP gab es überhaupt kein Problem.
    Aussage ihres Haus-TA in 30 Jahren hatte noch nie ein Hund Probleme mit den Fäden :roll:

  • Viele der Fälle, die ihr hier schildert sind natürlich tragisch und hätten nicht passieren sollen, aber der TA hat keine Wahl, als oft auf Verdacht zu behandeln.


    Was meint ihr, wie oft die meisten Kunden wiederkommen würden, wenn man bei relativ unspezifischen Symptomen direkt die komplette Diagnostik auffährt.(Obwohl das für seinen Umsatz ja erstmal gut wäre)
    70% der Leute würden die Rechnung sehen und nie wieder kommen. Das müssen die meisten TA am Anfang der selbstständigkeit sehr bitter lernen, wenn man immer alles ordnungsgemäß abklärt und alles operiert was eigentlich operiert werden müsste, hat man bald keine Kunden mehr.


    Man muss nunmal nen Mittelweg finden zwischen symptomatischer Behandlung auf Verdacht und anständiger Diagnostik. Manchmal geht das eben nach hinten los.


    Wenn man von Anfang an sagt, dass man keine Kosten scheut und alles gemacht haben will können solche Dinge kaum passieren. Aber dann wird auch jeder kleine Durchfall finanziell astronomisch. Denn hinter beinahe jedem Symptom können 1000 verschiedene Krankheiten stecken.


    Manchmal muss man einfach das wahrscheinlichste annehmen, bzw. bei genügend Erfahrung seinem Bauchgefühl vertrauen auch wenn es dann auch mal schiefgehen kann.


    lG

  • Zitat


    Die Hündin wurde an Infusionen angeschlossen, blieb auch dort, der VERDACHT lautete Darmverschluss und die OP wurde für den NÄCHSTEN Tag angesetzt.
    Die Hündin hat die Nacht nicht überlebt :omg:


    Je nachdem, wie die Hündin dran war, hätte ich die selbe Entscheidung getroffen. Wenn sie vom Kreislauf schon recht schlecht war, MUSS man vor einer so großen OP den Kreislauf stabil haben.
    Ob das die Katze nach dem Autounfall oder eben ein Darmverschluss ist, erst den Kreislauf zu stabilisieren ist völlig lege artis!
    Andersrum hätte es dann Geschrei gegeben, weil das Tier in der Op gestorben ist. "Wie konnte der die nur in Narkose legen bei dem schlechten Kreislauf, fahrlässig bla bla bla..."


    Wie mans macht, macht mans falsch. Es sei denn es geht alles gut, dann hat man natürlich alles richtig gemacht :roll:

  • Zitat

    Oh F**k!


    Das mit der RS-Hündin ist ja wirklich heftig! Hatte das Verhalten des Haus-TA denn Konsequenzen?


    Wenn es mein Hund gewesen wäre ja, aber meine Freundin hat den TA gewechselt, sie ist dann zu dem Arzt gegangen, der die Not-OP durch geführt hat :D


    Vetmupfel: Mag richtig sein ;) Ich war nicht vor Ort und kann das nicht beurteilen. Und eventuell war sie vom Kreislauf her wirklich schon weit unten, kann ich nicht beurteilen.
    Wichtiger ist mir eigentlich die Info, wenn man solche Symptome hat, was ich vergessen habe, sie hat versucht Kot abzusetzen, aber immer nur gesessen und gedrückt, der sollte auch an einen Darmverschluss denken.
    Helfen kann es der Hündin eh nicht mehr :( :

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