Brackenhaltung - kann so einfach sein...

  • Klasse Sache, wenn man Hunde für das einsetzen kann, wofür sie mal gezüchtet wurden. Jetzt muss ein Hund auf Bewegungsjagden ja schon ziemlich selbstständig agieren. Gibt es auf Grund dieser Tatsache Probleme im Alltag? Was passiert wenn auf einem Alltagsspaziergang ein Reh vor den Hunden hochgeht?

  • Magst du mal erzählen wie diese Bewegungsjagden ablaufen?


    Kann mir grad nicht so richtig vorstellen wie das funktioniert wenn der Hund da 50km rumläuft. Man muss ja irgendwie dabei sein wenn der Hund was aufstöbert, oder nicht?

  • Zitat

    Klasse Sache, wenn man Hunde für das einsetzen kann, wofür sie mal gezüchtet wurden. Jetzt muss ein Hund auf Bewegungsjagden ja schon ziemlich selbstständig agieren. Gibt es auf Grund dieser Tatsache Probleme im Alltag? Was passiert wenn auf einem Alltagsspaziergang ein Reh vor den Hunden hochgeht?




    Hier klinke ich mich mal ganz kurz ein, hoffe das ist ok ;)



    Ich bin mit Jagdhunden aufgewachsen - Dackel, Foxterrier, Dt. Kurzhaar, Dt. Langhaar und Griffon Korthals.
    Mein Vater war aktiver Jäger.


    In den "jagdlosen" Zeiten habe ich vor allem die Griffon Korthals Hündin als Reitbegleithund mitgenommen und auch zu laaaangen Spaziergängen. Wenn Sie Wild sah/bemerkte, blieb sie stehen, "stand vor" und hat dann Blickkontakt mit mir aufgenommen. Auf ein leises: "nein, wir sind heute nicht auf Jagd" hat sie ohne weitere Beachtung des Stückes dieses quasi "ignoriert" und ist mit mir weiter ;) - absolut 100% problemlos! Sie war einfach eine tolle Hündin, unsere Escha! :fondof:



    Die Foxls waren da oft ein bischen "erregter", die mußte ich, je nach Situation, entweder kurz an die Leine nehmen oder aber es ihnen mehrfach versichern, das mit mir keine Jagt gemacht wird :p - aber dann war es auch ok und wir konnten unseren Spaziergang problemlos fortsetzen.



    Unsere eine Dackeldame "Hexe" war absolut raubzeugscharf - damals war ich allerdings noch ein Kind bzw. Jugendliche jedoch kann mich gut daran erinnern, daß wir ein 2, 3 Mal beim sonntäglichen Familienspaziergang stundenlang vor irgendeinem Fuchsbau warten mußten bis Dackeldame endlich wieder raus kam - mal mit und mal ohne Fuchs :p

  • Bei nem Vorstehhund und evtl. auch noch bei Terriern kann ich mir das auch gut vorstellen. Aber bei so selbstständigen Hunden wie Bracken??? Ich hab ja nun in meiner Gassirunde sowohl Beagle als auch Foxhounds mitlaufen...die sind fast immer ohne Leine unterwegs...
    Aberr die wissen auch, dass selbstständiges Jagen definitiv nicht erlaubt ist. Würden die jetzt manchmal dürfen und manchmal nicht...
    Klar, ein Hund kann das lernen, aber WILL ein Beagle sowas lernen... :D

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    Klasse Sache, wenn man Hunde für das einsetzen kann, wofür sie mal gezüchtet wurden. Jetzt muss ein Hund auf Bewegungsjagden ja schon ziemlich selbstständig agieren. Gibt es auf Grund dieser Tatsache Probleme im Alltag? Was passiert wenn auf einem Alltagsspaziergang ein Reh vor den Hunden hochgeht?


    Zunächst mal ein ganz klares NEIN, ein Beagle möchte nicht Gassi gehen von Arbeit unterscheiden - zumindest Dobby ist IMMER auf "Ich bin bereit" eingeschaltet :D Da ändert das Jagen eigentlich gar nichts, er war schon als Welpe so.


    Also es hat positive und negative Aspekte im Alltag -


    zunächst die positiven..der Umgang, Geruch, Witterung von/mit Wild ist so normal für sie, dass sie nicht bei der ersten Witterung völlig austicken, wie es ja bei anderen Hunden oft der Fall ist.
    Es ist eher unterwegs so, schau hier eine Fährte, schau da ein Wechsel, wir riechen grade was, schau da hinten eine Fährte usw usw. Sie sind ständig am anzeigen, wo was los ist. Ohne sich dabei aber besonders zu pushen, das ist eher ein interessiertes zur Kenntnis nehmen.


    Negativ - es sind Profis! Sie riechen, wittern, finden ALLES! Und sie sind ständig bereit dazu - d.h. man braucht sehr viel Aufmerksamkeit.
    Beide kennen den Unterschied zwischen Arbeit und Gassi gehen natürlich genau, beim Brack recht problemlos umsetzbar, beim Beagle natürlich beagletypisch eher schwierig. Wie bei anderen Hunden zählt auch einfach ein schnelles reagieren auf Situationen.
    Während man den Brack an vielen Orten freilaufen lassen kann und mit einer etwas schärferen Ansprache mal kurz auch klarstellt, dass WIR HIER NUR GASSI GEHEN, ignoriert Dobby natürlich gerne gekonnt die gleiche Ansage.


    Heisst im Alltag - beide dürfen in bestimmten Gebieten freilaufen und dann sind sie genauso am spielen, herumtollen und schnüffeln wie jeder andere Hund. Der Brackerich darf an einigen Stellen auch freilaufen (auch im Wald), wo Beagletaub an die Leine kommt.
    Dobby wäre sofort weg, wenn direkt vor ihm ein Reh aufsteht. Seine Reaktion darauf erfolgt in Bruchteilen von Sekunden noch bevor man den Mund offen hat. Dobby war als Junghund die Kategorie: Wildwitterung - auf den Hinterbeinen in der Leine - 10 min schreien - nicht mehr ansprechbar. Dieses Kaliber :hust:
    Dagegen ist er heute regelrecht "gesetzt".


    Heute heisst das er geht mit schleifender Schleppleine durch den Wald oder auch mal an der Flexi (auch mal beide wenn es dämmert, das ist entspannender für uns alle), völlig entspannt und ich habe notfalls Zugriff, sollte wirklich mal ein Reh vor uns über den Weg donnern. Ich muss ihn aber keineswegs ständig bremsen, zurückpfeifen o.ä. er geht dann ganz gemächlich, schnüffelt herum und weiß ganz genau, dass er nicht weg kann. So ist er halt, eine kleine Mistmade ;)


    Ich denke der große Unterschied ist, dass ich keinen Druck habe, dass er auf biegen und brechen überall und öfter freilaufen muss. Er hat ausreichend Freilauf und er kann sich bei der Arbeit ebenfalls auf Tausenden von Hektar völlig frei bewegen und austoben. Wenn er dann beim Gassi gehen in bestimmten Gegenden an der Leine ist, so kann er das prima verschmerzen und ich auch. Antijagdtraining gibt es keins, ich erwarte Aufmerksamkeit und dass sie ansprechbar bleiben im Wald, aber ich trainiere mit dem Beagle nicht aktiv für MEHR Freilauf. Wenn ich merke er hat nen schlechten Tag, kommt er an die Leine, gehen wir durch den Wald, kommt er an die Leine und wir gehen gemütlich weiter.
    Dadurch ist es sehr entspannt - ich habe als Junghund sehr sehr viel mit ihm gemacht, viel Gehorsam, Brauchbarkeitsprüfung, Begleithundeprüfung beim Jagdverband usw, er kann viel und man kann es widerwillig bei ihm abrufen - aber wir beide wissen, dass Gehorsam nicht sein Steckenpferd ist und dass er immer den Schalk im Nacken hat. Dobby ist ein echter Jagdjunkie wie er im Buche steht und wäre als reiner Familienhund eine absolute Katastrophe und sicherlich entweder irgendwann entlaufen oder im Tierheim gelandet.
    In den letzten 5 Jahren sind wir ein gutes Team geworden und jeder kennt die Schwächen des anderen sehr gut - ich überdecke seine indem ich ihn z.B. anleine wenn er einen fahrigen, unaufmerksamen Tag hat und gebe ihm damit keine Möglichkeit meine dann im Gegenzug auszunutzen.


    Der Brackerich ist da einfacher zu händeln, er ist führerweicher, möchte einen nicht verlieren unterwegs und wenn es wirklich mal sehr gut riecht, dann ruft man ihn ab und leint ihn an. Wesentlich unkomplizierter als der Sturschädel in tricolor.


    Sind beide abgearbeitet, ist der Alltag entspannter denn je, da ist sowohl mental als auch körperlich so die Puste raus, dass beide völlig einfach zu bedienen sind.
    Ich hoffe das ist einigermaßen verständlich erklärt, Björn :smile:

  • Harvey kann ich mit der Pfeife auch jeder Trieblage holen, wenn Henry startet, kann ich den Acker in die Luft jagen, würd ihn nicht jucken. Von daher: Zustimmung für deine These :lachtot:

  • Das hast du SEHR verständlich erklärt - Danke!
    So ähnlich hatte ich es mir schon gedacht!


    Versteh das, was ich jetzt schreibe nicht falsch...ich find das wirklich klasse, was du deinen Hunden da bieten kannst, aber lass uns das Thema doch etwas "breiter" diskutieren!


    Brackenhaltung - was bedarf es da?
    Die meisten Beagle, die man so sieht sind völlig verfettet und ziehen ihre Halter an der Flexi hinter sich her...abgeleint nutzen sie jede Chance um am Horizont zu verschwinden...Grundgehorsam?...Fehlanzeige!
    Arme Hunde...keine Frage!
    Es kann aber auch anders gehen...
    Ich hab in meiner Gassimeute einen Beagle (4 Jahre, vom Züchter) und zwei Foxhounds (8 & 14 Jahre, vom Tierschutz, ehemalige Schleppjagdhunde).
    Die leben bei sehr engagierten Haltern.
    Die laufen fast immer und überall ohne Leine.
    Klar...das sind keine "Ich-möchte-dir-jeden-Wunsch-von-den-Augen-ablesen"-Hunde wie z.B. ein Border Collie, die sind schon durchaus selbstständig und dickschädelig...aber ich hab bei denen auch das Gefühl, dass die wirklich einfach zu bedienen sind. Die wollen nix apportieren, die wollen nix erarbeiten...die wollen mit einer festen Gruppe durch die Natur streifen. Die wollen Sozialkontakte und sich bewegen. Das wars. Die werden nicht jagdlich geführt und selbstständiges Jagen ist absolut verboten.
    Da halten sie sich dran...ok...manchmal muss man sie mit Nachdruck erinnern.... :D ...aber es geht.
    Wenn die am Tag zwei, drei Stunden in der Gruppe im Freilauf unterwegs waren siehst du die den ganzen Tag nur noch pennend...eigentlich recht einfach!
    Du weißt bestimmt schon worauf ich hinaus will...
    So einen Hund jagdlich zu führen...ja...ist mit Sicherheit der Idealzustand...aber ich hab bei den von mir beschriebenen Hunden echt nicht das Gefühl, dass denen was fehlt...ich hab das Gefühl, dass die ausgelastet sind, obwohl mit denen nix "gearbeitet" wird...die gehen "nur" spazieren in der Gruppe...ist Bracken-/Laufhundhaltung evtl. auch ohne jagdliche Einsätze "einfach" - engagierte, hundeverständige Besitzer vorausgesetzt - oder hab ich da drei besonders pflegeleichte Ausnahmen kennengelernt?

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