Chemo für Euer Tier, ja oder nein

  • Hallo liebe Foris,


    ich habe einige Zeit überlegt, ob ich diesen Thread eröffnen soll oder nicht und bin dann zu dem Entschluss gekommen, dass ich weder ein "Für" noch ein "Wider" für die Allgemeinheit vertreten möchte, sondern ich möchte meine eigene Meinung und Erfahrung kundtun, vielleicht gibt es hier HH die diese Entscheidung noch vor sich haben und ein wenig Hilfe benötigen.


    Ich habe dieses Jahr meine Krebsdiagnose bekommen, hatte schwere OP's und musste mich einer Chemotherapie unterziehen. Ich hatte Anfangs große Angst davor, man kennt diese Menschen, die ohne Haare da sitzen und alles vollkübeln. Dass das heute nicht mehr so ist habe ich in dieser Zeit gelernt, aber außerdem habe ich auch gelernt wie gering die Heilungschancen durch eine Chemotherapie sind. Bei Menschen und auch bei Tieren liegen diese bei den verschiedenen Krebsarten zwischen 0,2 und 2,1 %. Eine niederschmetternde Prozentzahl, insbesondere wenn man selbst betroffen ist und sich fragt wozu man diesen ganzen Sch*** eigentlich macht.


    Zu Anfang lief die Chemotherapie ganz gut, sie wurde ambulant durchgeführt. Doch nach zwei Tagen ging es mir den Umständen entsprechend, man rappelte sich wieder auf und ging positiv nach einer Pause zum zweiten Zyklus über. Nach dem 5. Zyklus bzw. währenddessen erlitt ich einen Nervenzusammenbruch, ich musste den nächsten Zyklus also mit starken Beruhigungsmitteln durchstehen, selbst diese Benzodiazepine in hochdosierter Form haben nur wenig genützt. Ich versuchte es weiter, auch zuliebe meiner Angehörigen und Bekannten, doch nach weiteren zwei Malen konnte ich nicht mehr. Körperlich, seelisch.. ich fühlte mich wie ein Wrack. Und ich war mir selbst - zum ersten mal in meinem Leben - wichtiger.


    Ich kann dieses Empfinden nicht beschreiben und ich glaube auch, dass niemand dieses Gefühl nachempfinden kann wenn er das nicht selbst erlebt hat. Noch heute habe ich psychische Probleme bei gewissen Atmosphären, Praxen, Gerüchen, es geht einfach nicht aus mir raus. Eine Therapie wird hoffentlich bald Abhilfe schaffen. Mittlerweile habe ich auf Chemotabletten mit geringerer Wirkung umgestellt, das läuft schon besser, aber die 100% Lebensqualität liegen noch in weiter Ferne..


    Ich weiß, dass man Tiere nicht vermenschlichen soll, doch in dieser Sache sehe ich ganz klar den Fakt, dass Chemotherapie nicht das Allheilmittel ist, was es bei Bekämpfung dieser Krankheit gibt. Es gibt bei dieser Art von Schicksal keine wirklichen Heilungschancen in Medikamentenform, es ist eine mächtige Krankheit die den Kampf gegen die Menschheit und Tierwelt noch lange anführen wird. Eine OP wird natürlich eine gute Lösung sein, der bösartige Tumor soll immerhin verschwinden, aber die verbliebenen Tumorzellen mithilfe einer Chemotherapie zu zerstören sind für mich Wunschvorstellungen der Mediziner. Es kann helfen, aber diese Chance ist so minimal, dass man ohne diese Zytostatika deutlich mehr Lebensqualität erfahren kann als mit diesem widerlichen Gift.


    Ich möchte niemanden von einer Entscheidung pro Chemotherapie abhalten, wenn es um Euer Tier geht. Ich kann nur sagen, dass ich - sollte bei meinen Tieren einmal diese Krankheit festgestellt werden - definiv verneinen werde, wenn mir mein Tierarzt eine solche Behandlung vorschlägt. Wenn das Tier nicht leidet, kann es seine Zeit noch in vollen Zügen genießen, sollten Schmerzen oder andere Anzeichen zu erkennen sein werde ich meinem Tier helfen die Reise über die Regenbogenbrücke anzutreten. Ganz frei und unbeschwert - und zuvor haben wir noch wahnsinnig viele kleine, große, wundervolle, glückliche Momente miteinander erlebt.


    Ich bin einfach der Meinung, dass ein Hund, eine Katze oder sonstige Tiere nicht zeigen können, dass sie das nicht mehr möchten. Man kann ihnen ansehen, wenn es ihnen schlecht geht, ja, aber dass sie es nicht weitermachen wollen, das kann man nicht in ihren Augen lesen und ich denke wenn sie antworten könnten würden sie sagen: "Bitte, bitte schenke mir wieder Lebensqualität und erlöse mich von diesem schrecklichen Empfinden!". Hunde verstehe nicht was ihnen geschieht und können nicht die Kraft daraus schöpfen, dass es ihnen ganz eventuell helfen wird.


    Versteht mich nicht falsch, ich liebe meine Tiere über alles, aber dieses Empfinden während solch einer Therapie wünsche ich nicht mal meinem ärgsten Feind. Letztendlich bestimmt jeder Mensch selbst über sein eigenes Tier, aber egal welches Alter meine Tiere haben, ich würde ihnen dieses schlimme Empfinden ersparen und ihnen in einer noch so kurzen Zeit zeigen wie wunderschön und wertvoll dieses Leben ist, denn ich weiß mittlerweile wie es funktioniert dem kleinsten Sonnenstrahl eine große Bedeutung zu schenken.

  • Ich habe da mal irgendwo eine Studie drüber gelesen, weiß aber leider nicht mehr wo, die Chemo des Menschen ist mit der, der Hunde, nicht zu vergleichen.

  • Erst einmal möchte ich dir sagen, dass es mir Leid tut, was du alles durch machen musstest. :solace:
    Ich wünsche dir für die Zukunft viel Gesundheit!!


    Jetzt kommt allerdings mein großes ABER:


    Du kannst deine Erfahrung nicht auf Hunde projezieren, da die Chemo bei Hunden ganz anders wirkt.


    Meine Tasia hatte das Sticker Sarkom. Sie bekam wöchentlich eine Chemotherapie in die Vene injiziert und das über 6 Wochen. Natürlich hatte sie gewisse Nebenwirkungen: Übelkeit, Magenbeschwerden, Schlappheit.


    Nach den 6 Wochen wurde sie erneut untersucht und für geheilt entlassen. Das Sarkom war vollkommen verschwunden.


    Sie brauchte zwar noch einige Zeit, um wieder vollkommen Fit zu werden, aber heute kann ich sagen, dass sie die gesamte Prozedur sehr gut überstanden hat und eine glückliche und gesunde (was diese Sache betrifft) Hündin ist.
    Ich bereue diesen Schritt keine Minute und würde ihn jedem empfehlen, wo die Aussichten auf Heilung gut sind.

  • Zitat

    Ich habe da mal irgendwo eine Studie drüber gelesen, weiß aber leider nicht mehr wo, die Chemo des Menschen ist mit der, der Hunde, nicht zu vergleichen.


    Vergleichen kann man das in dem Sinne nicht, aber die Tatsache ist doch, dass Zytostatika Gift sind. Und egal in welchen Organismus dieses Gift eingreift, es kann nicht nur gut sein, es richtet nebenbei auch noch schade an, und egal in welcher Hinsicht, ich würde das meinen Tieren ersparen wollen.

  • Wenn bei uns was so in der Art wäre wie bei Tasia würde ich es auch machen lassen.


  • Danke! :smile:


    Das freut mich natürlich, dass es ihr wieder gut geht und sie als geheilt gilt. Ich möchte auch nicht sagen, dass Chemotherapie auf keinen Fall helfen wird, vielleicht wurde das falsch verstanden, es geht mir aber darum, dass ich mein Tier davor bewahren möchte weil ich weiß wie es sich anfühlt. Klar, die Wirkungsweise mag anders sein, aber das Empfinden kann sich bei den Tieren genau so wie beim Menschen widerspiegeln. Ein Gift - egal in welchem Lebewesen - ist schädlich und löst Nebenwirkungen aus, und da man in meinen Augen bei einem Tier nicht "lesen" kann wie es damit umgeht, würde ich den Schritt nicht gehen. Ich verstehe natürlich auch die Menschen, die einer Chemotherapie für ihr Tier entgegen sehen - aber für mich und meine Tiere ist diese Entscheidung schon heute gefallen.

  • Zitat

    Vergleichen kann man das in dem Sinne nicht, aber die Tatsache ist doch, dass Zytostatika Gift sind. Und egal in welchen Organismus dieses Gift eingreift, es kann nicht nur gut sein, es richtet nebenbei auch noch schade an, und egal in welcher Hinsicht, ich würde das meinen Tieren ersparen wollen.


    Das wäre dann für Tasia das Todesurteil gewesen und sie war da gerade 1,5 Jahre. =)
    Ich glaube nicht, dass du so entschieden hättest. Glaub mir, es ist immer situationsbedingt. Man kann das nicht pauschalisieren.

  • Zitat

    Das wäre dann für Tasia das Todesurteil gewesen und sie war da gerade 1,5 Jahre. =)
    Ich glaube nicht, dass du so entschieden hättest. Glaub mir, es ist immer situationsbedingt. Man kann das nicht pauschalisieren.


    Klar :) wenn es wirklich bewiesen ist wie groß die Heilungschancen sind, würde ich da nochmal - wenn auch sehr lange - drüber nachdenken. Aber allein die Tatsache, dass es passieren kann, dass sich mein Hund auch so fühlen könnte wie ich es getan habe... es ist schwer zu erklären.

  • Ganz ehrlich, ich bin Krankenschwester und arbeite in der Strahlentherapie, habe selbst im allerengsten Familienkreis einen Krebspatienten gehabt und ich kenne mehr als genug Patienten, die alles für eine Chance von 02,% bis 2,1% in Kauf nehmen würden.
    Es tut mir wahnsinnig leid, dass du das durchmachen musstest und ich wünsche dir nur das Beste für den weiteren Verlauf.
    Ich aber denke, ich würde sowohl mich, als auch meine Kinder und auch meine Katzen und meinen Hund einer Chemo unterziehen, egal wie die Prognosen und Chancen sind und wie schlecht es einem geht, den 0,2% sind besser als nix.
    Aber das ist meine Meinung und soll nicht als Angriff verstanden werden.
    Wie oben geschrieben wünsche ich dir von ganzem Herzen alles alles Liebe...
    Viele Grüße
    Birgit

  • Danke für deinen sehr persönliches Erfahrungsbericht und Appell, das hat mich sehr berührt.


    Über Chemo bei/für Hunde hab ich mich noch nicht ausgetauscht. Aber was die Chemo für Menschen angeht, da hör ich das immer öfter. Oder auch diese zynischen Absonderlichkeiten, dass man zB die alternative Misteltherapie erst bezahlt bekommt, wenn man im Sterben liegt und nicht zu dem Zeitpunkt, an dem man sich gegen die Chemo entscheidet.
    Ich bin dir, wie auch anderen, die sich so persönlich äußern, dankbar. Denn nur so kann es ja etwas bewirken und bewegen, wenn man es mitteilt, sich austauscht und es nicht für sich behält. Meinen Respekt für deine Offenheit!


    Und alles erdenklich Gute. Dass du noch viel mehr solcher Sonnenstrahlerlebnisse hast! Das ist mit Lebenszeit gar nicht aufzuwiegen, solche tiefen wahrhaftigen Momente.
    Ich schick dir Power und Sanftmut und Zuversicht!

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!