Pastor Vasco Sam ca. 1 1/2: draußen ein Spießrutenlauf

  • Mal wieder ich mit Sam :( :
    Aaaalso kurz zur Vorgeschichte: Sam haben wir im Sept. 2009 als aggressiv gegen Menschen übernommen. Viel, viel Arbeit, Tränen und Nerven später läuft er ohne MK, Aggressionen konnten wir in Freundlichkeit wandeln..


    Meine Arbeit mit ihm im letzten Jahr:
    - Impulskontrolle, Impulskontrolle und noch mal Impulskontrolle
    - Frustrationstoleranz trainiert
    - Grundgehorsam
    - Abrufbarkeit
    - AJT nach Pia Gröning, am Ende konnte ich ihn von Fasanen abrufen, bei Kaninchen zumindest ansprechen...
    - Sozialisierung


    Auslastung:
    - Mantrailing
    - Dummy (für die Distanzkontrolle)
    - ZOS
    - am Rad


    Sein Charakter/Wesen:
    - Sam hat eine SDU, ist ein enfant terrible, steht fast ständig unter Strom, hat Konzentrationsprobleme, maximal kann er sich 10 Minuten konzentrieren, reagiert extrem auf Bewegungsreize, Hektiker, Hetzjäger


    Problem: derzeit ist arbeiten mit ihm nicht möglich. Auslöser war am 02.08.: ich war mit den Mäusen in den Feldern unterwegs, als einige Rehe ca. 1 Meter vor und hinter uns aus einem Gebüsch kamen und den Weg kreuzten. Sam hat sich aus allem rausgewunden, was er anhatte, so schnell konnte ich gar nicht reagieren und ist hinterher.
    Er blieb in Sichtweite und nach 5 Minuten war er wieder da..
    Ergebnis: seit diesem Tag dreht er draußen durch. Sobald er die Nase aus der Haustüre hat, ist er nicht mehr ansprechbar. Nichts geht mehr, alles was sich bewegt ist für ihn ein Reiz. Schon ein sich bewegender Grashalm kann dazu führen, dass er mir schreiend in der Leine steht.
    Sam ist nicht ansprechbar, auch wenn sich quasi nichts bewegt, dringe ich nicht zu ihm durch. Er scheint wie in einem Wahn zu sein.. Und er steigert sich dann da richtig rein... Sprich je mehr Reize, umso stressiger wird es.


    Mein Programm für ihn sieht derzeit so aus:
    - Morgens 1 Stunde draußen auf den Feldern, wenn nichts und niemand unterwegs ist (kein Wild, keine Spaziergänger, Jogger etc.), so reizarm wie möglich


    - mittags ca. 20 Minuten auf den "Damm", da ist auch nix los und keine Reize


    - abends ca. 15 Minuten auf den "Damm"


    Ca. 2 - 3 Mal die Woche kleine ZOS-Einheiten für den Kopf.


    In der Wohnung ist er ruhig, schläft viel und ist entspannt, kuschelt mit Nono und ist relaxed.. Da fährt er also nicht hoch.


    Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob ich zuviel oder zu wenig mache. Ich will ihn halt aus dieser Stressspirale rausholen und da denke ich mir, ist reizarm und ruhig doch eigentlich der beste Weg?!


    Habt ihr noch Ideen, was ich machen kann /nicht machen soll? Wieviel, wann, was?


    Zeitgleich hoffe ich, dass ich bald mit ihm eine Einzelstunde bei Ute (Canis) bekomme, bei der ich auch mit Sam zur Resozialisierung bin. Sie kennt ihn nun auch schon eine Weile und ich hoffe, dass sie mir da noch Tipps geben kann. Aber bis hoffe ich, dass ihr noch den einen oder anderen guten Tipp habt, wie ich Sam wieder soweit runterfahren kann, dass er zumindest ansprechbar ist :hilfe:

  • Zitat

    Sein Charakter/Wesen:
    - Sam hat eine SDU, ist ein enfant terrible, steht fast ständig unter Strom, hat Konzentrationsprobleme, maximal kann er sich 10 Minuten konzentrieren, reagiert extrem auf Bewegungsreize, Hektiker, Hetzjäger


    Bist du sicher, dass die SD richtig eingestellt ist?


    cazcarra

  • Ja, die SD ist mittlerweile richtig eingestellt. Haben wir ne Weile ausprobieren müssen, aber die letzten Tests waren alle im grünen Bereich. Mein Verdacht ging ja auch erst in die Richtung, da hab ich dann noch das große Profil machen lassen.. Aber das war ok :( :

  • Durch die Medis ist es bei ihm ja schon besser geworden, der war früher richtig extrem... Jetzt ist er zwar immer noch über dem Niveau, aber manchmal hab ich den Verdacht, dass er einfach so ist :muede:

  • Runterfahren finde ich die richtige Methode.


    Gleichzeitig braucht er aber auch die Möglichkeit, das Adrenalin wieder raus aus dem Blut zu kriegen. Und das geht am besten mit Bewegung. ZB Fahrradfahren oder Schwimmen. Ohne sportliche Betätigung braucht es viel, viel länger bis sich der Stresspegel wieder von alleine runtergefahren hat.


    Aber es hört sich echt heftig an, was du erzählst!
    Ich würde ihm einem TA mit verhaltenstherapeutischen Schwerpunkt vorstellen.
    Und auch eine Medikamentisierung erwägen.
    Also entweder die SD-Dosierung ändern ("richtige" Werte sind ja eigentlich nur im Abgleich mit dem Verhalten zu sehen, nie isoliert. Und sein Verhalten ist ja katastrophal....)
    oder, krass wie es klingt, Psychopharmaka.
    Um den Hund runterzubringen! Damit er einmal für ne Zeit richtig runterkommt und dann wieder verhaltenstherapeutisch ansprechbar ist. Denn das scheint er ja im Moment nicht zu sein - du schriebst, dass er seit dem 2.8, also seit 3 Wochen!, so hochgedreht ist. Das finde ich krass und denke, das ist TA-relevant, finde ich.
    Alternativ, wenn du "so jemand bist", könnte dir auch ein THP weiterhelfen (Konstitutionsmittel).


    Und noch mal meinen RESPEKT für dich, dass du dem Hund zur Seite stehst!!

  • Zitat


    Gleichzeitig braucht er aber auch die Möglichkeit, das Adrenalin wieder raus aus dem Blut zu kriegen. Und das geht am besten mit Bewegung. ZB Fahrradfahren oder Schwimmen. Ohne sportliche Betätigung braucht es viel, viel länger bis sich der Stresspegel wieder von alleine runtergefahren hat.


    Schwimmen geht nicht, denn Sam ist wasserscheu.. Am Rad wäre sicherlich eine Option, nur ist da halt das Problem, dass er jetzt auch am Rad alles jagt, was sich bewegt.. Und das ist am Rad einfach ein zu hohes Risiko. Ich hatte es ja ausprobiert, da war nur leider nix mehr mit schönen, gleichmäßigen Laufen so wie es vorher war..
    Fällt also auch weg...


    Zitat

    Aber es hört sich echt heftig an, was du erzählst!
    Ich würde ihm einem TA mit verhaltenstherapeutischen Schwerpunkt vorstellen.
    Und auch eine Medikamentisierung erwägen.
    Also entweder die SD-Dosierung ändern ("richtige" Werte sind ja eigentlich nur im Abgleich mit dem Verhalten zu sehen, nie isoliert. Und sein Verhalten ist ja katastrophal....)


    Ich hab es immer in Relation zu seinem Verhalten gesehen, konnte das mit meiner Hündin ja ganz gut vergleichen (ebenfalls SDU), bevor er das Forthyron bekam, war er wirklich heftig, dann konnte man schon eine Verhaltensbesserung sehen, aber er war noch meilenweit von einem gesunden Niveau entfernt und die Werte waren zwar besser, aber noch nicht dunkelgrün. Dann nachdosiert, wieder eine Verbesserung und die Werte waren im dunkelgrünen Bereich..
    Allerdings hab ich manchmal das Gefühl, dass der dunkelgrüne Referenzbereich bei ihm irgendwie eigentlich noch gelb ist und das man bei ihm einfach mit einem anderen Wert hantieren muss..


    Zitat

    oder, krass wie es klingt, Psychopharmaka.
    Um den Hund runterzubringen! Damit er einmal für ne Zeit richtig runterkommt und dann wieder verhaltenstherapeutisch ansprechbar ist. Denn das scheint er ja im Moment nicht zu sein - du schriebst, dass er seit dem 2.8, also seit 3 Wochen!, so hochgedreht ist. Das finde ich krass und denke, das ist TA-relevant, finde ich.


    Psychopharmka finde ich schon heftig und bin da nun so gar kein Fan von. Er ist ja ansonsten ein toller fröhlicher Kerl und das will ich nicht irgendwie unterdrücken!!


    Zitat

    Alternativ, wenn du "so jemand bist", könnte dir auch ein THP weiterhelfen (Konstitutionsmittel).


    Eine HTP haben wir und da haben wir auch sein Konstitutionsmittel bekommen.


    Zitat

    Und noch mal meinen RESPEKT für dich, dass du dem Hund zur Seite stehst!!


    Danke!


    Ich hab Sam heute nochmal beobachtet. In der Wohnung so wie alle Hunde ruhig und ausgeglichen, springt nicht bei jedem Geräusch auf, spitzt höchstens mal ein Ohr, ansprechbar.
    Draußen: sofort auf 180, nix geht mehr...


    Wenn ich ihm einen Job gebe, dann hat er sein typisches "ich will, ich will, ich will! Sofort! Jetzt!" Da fährt er relativ schnell hoch und wird hektisch, deshalb belasse ich es auch bei kurzen Einheiten..


    Klar, er ist jung, aufgeweckt, neugierig, lebendig.. Aber ich hab das Gefühl, DAS ist nicht mehr normal für einen Junghund.. :/


    Vor dem Rehcrash war er draußen ansprechbar, hat konzentriert mit dem Dummy gearbeitet, die Steadinessübungen hat er am Ende wie ne Eins gemacht, Platz in der Entfernung und der Kerl ist auf den Boden gesaust, als ob es nix Tolleres gab, hat zwar immer die Umgebung gescannt und war nicht 100 %ig entspannt, aber für ihn war das im Vergleich zu früher schon ein tolles Ergebnis. Und jetzt? Es geht gar nix mehr...
    Sam schnüffelt nicht, liest keine Zeitung, Pieseln & Haufen setzen muss schnell, schnell gehen und dann wird wieder geortet, ob und wann sich die nächste Gelegenheit zur Jagd bietet..

  • Ich kenne das sofort auf 180 drehen von Pedro auch. Je mehr ich dann versucht habe, ihn auch mal auszulasten oder ihn durch Bewegung runter zu bringen, desto schlimmer wurde es. Bis ich die totale Kehrtwende gemacht habe und wirklich 100 % Ruhe verordnet habe. Bei uns hieß das zu Beginn max. 3 x 15 min in absolut reizarmer Umgebung Gassi gehen (gaaaanz langsam), überhaupt nichts spielen o.ä. immer den gleichen Weg hin und zurück. Je mehr an der Leine gezappelt wurde, desto kürzer habe ich sie genommen und desto langsamer wurde ich. Das wichtigest war mir, dass wir möglichst entspannt wieder zu hause kamen. Im Laufe der Monate, bei uns waren das gute 5, wurde aus dem total zappeligen, überdrehten, schlecht gehorchenden Zottel ein ruhiger ausgeglichener Hund, der sich viel an mir orientiert und auf meinen Pfiff ziemlich schnell wieder bei mir ist. Jede "nette" Beschäftigung kann für den Hund Stress bedeuten - positiver oder negativer - und lässt den Hund nicht wirklich zur Ruhe kommen. Ich habe damals auf sein geliebtes Mantrailing verzichtet und nur wenn es draußen mit ihm gut ging hin und wieder mal eine "Eigenfährte" für ihn gemacht. Mit fremden Menschen oder anderen Hunden zusammen, dazu noch im Auto warten ... da hätte ich mir die Arbeit der letzten Wochen innerhalb weniger Minuten wieder zunichte gemacht.


    Adrenalin baut sich nicht nur durch Bewegung ab. Bewegung kann für den Hund aber auch wieder Stress bedeuten und diverse andere Hormone im Blut steigern die den Stresslevel hoch lassen. Bei uns half nur absolute Ruhe.


    Liebe Grüße
    Conny =)

  • Huhu Conny, das hatte ich schon mal irgendwo von dir gelesen und fand das sehr interessant. Was mich da so ein bisschen bremst: Sam "braucht" schon ein bisschen mehr Bewegung.. Gut, einige Tage kommt er auch mit kürzer aus, aber bei 5 Monaten würde er mir die Wände hochgehen!! :gott:


    Ich war heute mit ihm bei der Physio und seine Wirbelsäule wurde gerade gerückt. Er hat sich dabei so entspannt, dass er zum Schluss gar nicht aufstehen wollte :lol: Da war ich echt überrascht von ihm.. Er KANN ja entspannen, er ist ihm Haus ja ruhig.. Nur draußen ist er so bekloppt und das macht es so schwer. Wenn er drinnen auch noch hibbeln würde, ok - aber so??


    Ich kann Sam doch auch schlecht die nächsten 6 Wochen nur in den Garten lassen, wo er keine Action und keine Reize hat.. :muede:


    Die Spaziergänge sind schon ruhig und ich bremse ihn auch aus, in dem ich langsam gehe.


    Ach Mensch, irgendwie ist es gerad wie verhext.

  • Hallo,


    bevor ich mit Pedro so überhaupt nichts mehr gemacht habe, hatte ich genau die gleichen Bedenken wie du. Ich glaube auch, dass ich es ohne meine / seine Trainerin nicht geschafft hätte. Sie machte mir immer wieder Mut und zeigte mir auch die ersten zarten Veränderungen. Sie versicherte mir, dass Pedro in erster Linie Ruhe (auch draußen) lernen müsse und auch ein kleiner Junghund von damals etwas über einem Jahr nicht umkommt wenn er einige Zeit nicht rennen, spielen oder sonst was darf. Ja - ich habe schon öfter darüber berichtet, weil es uns so unheimlich gut getan hat. Und ich möchte Dir noch einmal Mut machen, es zu versuchen. Mir hat unser Tagebuch unheilich weitergeholfen. Vorallem auch zu sehen, welche Punkte besonders stressig sind und sich nach einigen Tagen selbst zu überzeugen, dass man auf dem richtigen Weg ist.


    Pedro war genauso, wie du Sam beschreibst. Zuhause absolut ruhig, meist nur am Schlafen und kaum geht die Haustür auf, flog (nach Erlaubnis) mein Hund an mir vorbei und zappelte von links nach rechts, vor - zurück und er war absolut nicht sinnvoll ansprechbar. Anfangs habe ich jeden 2. oder 3. ruhigen Schritt gelobt und belohnt. Ich freute mich, wenn ich innerhalb von 15 Minuten 300 m hin und 300 m zurück geschafft habe ohne einen rotierenden Hund an der Leine zu haben. Ich freute mich, wenn ich auf dem Hinweg schon Leckerlis verfüttern konnte und nicht erst mit viel Glück auf dem Rückweg. - Alles Dinge, die inzwischen so selbstverständlich sind. Aber es war ein harter Weg.


    Wie lange du mit Sam arbeiten müsstest, wie lange eure einzelnen Einheiten ausfallen dürften oder welche Maßnahmen sonst bei euch noch in Frage kommen kann ich natürlich nicht beurteilen.


    Liebe Grüße


    Conny =)

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