Ist der Mensch artgerecht?

  • Hi,


    bei diesem Thema muss ich an die Geschichte von einem Airedale Terrier denken, der in den USA entlaufen ist und nach mehreren Monaten gefunden wurde - total verfilzt, verletzt, aber am Leben. Dieser Hund hätte ohne den Eingriff eines "rettenden" Menschen keine Chance gehabt und ist auch leider, trotz medizinischer Versorgung und zwischenzeitlicher Erholung nach nur einem Jahr an den Spätfolgen verstorben. Ich denke man sollte auch nach den Langzeitüberlebenschancen bzw. Lebenserwartung von Straßenhunden und wild lebenden Haushunden fragen.


    Erinnert sich vielleicht einer an den Namen des Airedales, ich komm gerade nicht drauf... :???:


    LG Nadja

  • Also ohne Euch jetzt irgendwie auf den Schlips treten zu wollen:


    Kann es sein, dass Ihr Eure Träume wie Marlboro-Man im Wilden-Westen, Hippie-Freie Liebe-Peace oder einfach "Aussteiger" ein wenig auf Eure Hunde übertragt.


    Seien wir doch mal ehrlich: Zivilisation ist das worin wir leben, ok, aber dann und wann hinterfragt man sich, ob man nicht als armer Afrikaner zufriedener leben könnte.


    Von daher hat Hund einen wesentlichen Vorteil uns gegenüber: Er denkt nicht über die hätte, könnte, würde - Geschichte nach. Lebt einfach hier und jetzt und von heute auf morgen.


    Eigentlich sollten wir zu ihm und seiner Anpassungsfähigkeit hinaufsehen.


    Und auch, wenn er die eine oder andere "Party" mitnimmt, unglücklich ist er deswegen noch lange nicht.


    Wir tun das doch auch: am WE bis in die Puppen pennen, es mal richtig krachen lassen um dann wieder pünktlichst in der Arbeit zu erscheinen....


    Und ja, ich könnte wahrscheinlich auch in der Natur ohne Lebensmitteldiscounter überleben. Ne Weile bestimmt. Das ändert aber in meinem Leben an sich überhaupt nichts....

  • Ich glaube schon, dass der Mensch ein passabler Partner für den Hund darstellt.
    Nur das moderne Deutschland tut es wohl nicht ganz...


    Unser erster Hund im Polen meiner Kindheit war ein BC-ähnlicher Mischling. Der bekam morgens sein Frühstück, brachte mich zur Bushaltestelle und lief dann bis 15Uhr frei herum, bis ich wieder aus dem Schulbus stieg.
    Der hatte kein Halsband, NIE eine Leine und Abends lag er dann vorm Kamin und ließ sich kraulen.
    Der Schäferhund meiner Oma lebte halb-wild. Bekam zwar Nahrung und Zuneigung, war aber manchmal auch mal 3Wochen lang weg. Und irgendwann wieder da und streunte tagsüber frei durchs Dorf und beschäftigte sich selbst. Nachtsüber war er ein aufmerksamer Wachhund (Mein Opa hatte einen Laden).


    Diese Hunde waren wirklich glücklich, sie hatte ihren Menschen und ihre Fürsorge, durften aber auch mehrere Stunden am Tag einfach Hund sein, ganz ohne Aufsicht.
    Gassigehen gabs in dem Sinne nicht. Der Hund lief einfach mit, wenn man einen Spaziergang machte. Aber WEGEN des Hundes extra spazieren gehen? Mein Opa hätte mich ausgelacht bei so einer blöden Idee...


    Und heute?
    Da les ich dauernd von Schleppleinentraining, Handfütterung, Leinenaggression, Ignorieren und Frusttoleranz, Dummytraining, Obedience und so weiter... was soll der Quatsch?
    DAS ist nicht artgerecht-es ist aber leider der einzige Weg, wie man Hundehaltung mit der menschgemachten Umwelt (Gesetze, Straßenverkehr, Vermenschlichung, Angst vor freilaufenden Hunden, Kontrollzwang) vereinbaren kann.

  • Kommt vielleicht auch ein wenig auf die Rasse an. Ich bin mir sehr sicher, dass Juno erstens nie und nimmer in der Natur überleben würde und sie es zweitens auch sehr gern hat, dass sie eben nicht die Verantwortung für sich selbst tragen muss. Sie lebt hier sehr entspannt ihr geregeltes Hundeleben und brauch sich um nichts kümmern.


    Ein anderer Hund, der vom Charakter eigenständiger ist, empfände das vielleicht wieder ganz anders.

  • Hunde können normalerweise wunderbar ohne den Menschen... ob es andersrum auch so ist?!?


    Dass Hunde, die die Möglichkeit dazu haben, menschliche Abfälle nach fressbarem durchsuchen, obwohl sie frei in Rudeln leben, ist da kein Argument gegen, Ratten, Waschbären, Grizzlys, Wildschweine und Mäuse machen das ja auch, und hier würde niemand auf die Idee kommen, dass diese Tiere NICHT wild lebten...


    Dass andererseits Hunde in freier Wildbahn nicht so alt werden wie bei Menschen ist auch natürlich und gilt auch für eine lange Reihe an Zootieren, seien es Tiger, Vögel, Affen usw. Auch Menschen werden ohne unsere westliche lückenlose medizinische Versorgung und Sozialversorgung nicht so alt: schaut euch mal die durchschnittliche Lebenserwartung in Zentralafrika an, die liegt da bei 40-50 Jahren! Krankheiten, Hunger, Revierkämpfe (heißt unter Menschen "Krieg", ist aber im Grunde dasselbe...)... wie halt bei anderen Tieren auch...


    Ob nun das Leben als "Knuddelsklave" bei uns artgerecht ist... wohl kaum, wenn mans genau bedenkt... und das "Auslasten" ist eigentlich auch nur ne Hundevariante dessen, wenn man einen Menschen jeden Tag auf ein Laufband stellt für ne Stunde und dann ein bißl Mühle oder Schach spielen lässt, ansonsten soll er pennen, gut aussehen und keinen Streß machen... :D


    Warum ich dann doch nen Hund habe?!? Na ja, I Just Can't Help It... Schließlich halten wir alle die Hunde, weil wir das wollen... selbst der größte Gutmensch hier wird sich eingestehen müssen, dass er seinen Hund nicht gefragt hat...


    LG
    Micha



  • Super beitrag. Danke! :smile:




    gruß krusti


  • Das hört sich traumhaft an. Ich glaube, für meine Große wäre das das ideale Leben, welches sie glücklich machen würde.
    Meine Kleine würde ohne mich vermutlich keinen Schritt vor die Türe machen.
    Aber für eigenständige Hunde finde ich die polnische Variante wirklich ein Traum!

  • Zitat

    Hunde können normalerweise wunderbar ohne den Menschen... ob es andersrum auch so ist?!?


    Doch, glaube ich schon! Immerhin sind wir, die HH, eine absolute Minderheit innerhalb der Gesamtbevölkerung dieser Erde.
    Und ich habe auch ein paar Jahrzehnte lang ohne Hund überlebt. :D

  • Ich finde es immer schwierig, wenn man bei Hunden von "artgerecht" spricht.


    Mal abgesehen davon, dass der Mensch inzwischen in fast jedes naturgerechte Lebewesen-Leben eingegriffen und es somit auch beeinflusst hat, haben wir den Hund über Jahrtausende domestiziert und gezüchtet. Insofern ist der Hund eine Art, die per se ganz stark mit dem Menschen zusammenhängt. Für mich ist der Hund, der gerade hinter mir Spekulatius frisst, eben nur noch ansatzweise mit seinen wilden Vorfahren zu vergleichen.


    Hunde die heute "in Freiheit leben" - wobei ich das oft als stark romantisiert empfinde, wenn man da von Freiheit spricht - sind durch Abfälle, Reste ... auch wieder stark vom Menschen abhängig. Eben weil der Mensch einfach omnipräsent ist, gibt es ja auch nicht mehr die freien Wildbestände, die ein Hund vielleicht vor tausend Jahren vorgefunden hat - wobei wohl schon zur Renaissance der Landbesitzer entsprechend auf wildernde Hunde reagiert hätte.


    Wichtiger finde ich, sich klar zu machen, dass der Hund kein Kuscheltier ist. Ich muss mir das auch selbst immer wieder sagen, wenn er sich im Bett ankuschelt und in meinem Arm schnarcht. Wenn man Respekt vor dem eigenständigen Wesen eines Hundes - eines Raubtiers - hat, dann hält man ihn glaube ich automatisch artgerecht.

  • Hmmm...


    Viele Ansätze hier kann ich gar nicht nachvollziehen...


    Würde, hätte, wäre :???:


    Als die hundeartigen sich dem Menschen vor ca. 10000 Jahren
    anschlossen und deren Nähe ( weil Abfall und Wärme ) suchten und die
    Menschen bemerkten, das eben diese hundeartigen von nutzen
    sein könnten... ggf. Schutz-u.Wachtrieb oder Apportierfreude.


    Daraufhin fing " Mensch " an, die Eigenschaften, die ihm ein höchst-
    maß an Effektivität ... ebend hüten, jagen, treiben, schützen usw. zu
    züchten und zu fördern...


    Eigentlich ist der Hund eine "Erfindung" des Menschen...


    Den Hund im freilebenden Rudel gibt es eigentlich nicht. Nur unter erzwungenen, nicht selbstbestimmten Umständen zum Selbstschutz.
    Ich spreche dem Hund selbstverständich nicht das Rudeltier ab...


    Nur, weil sich irgendwo in jwede Hunde zu Rudeln zusammenschließen,
    entspricht dies auch ihrer Natur oder ist es eine Zweckgemeinschaft?


    Weil sich wieder rassetypische Merkmale vermischen :???: welcher "echte"Hüti reisst wohl Wild ?


    Freilebende Hunde werden ja nicht " ausgewildert" ... es gibt
    diese Spezies nämlich nicht !!


    Grüße
    Susanne

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!