Erziehungdefizite und Verhaltensanalyse

  • Ist hier eigentlich jemand der sich mit dem Verhalten von Hunden unter enormen Erziehungsdefiziten auseinandersetzt?
    Also nicht mit der Erziehung und Verhaltenstherapie, sondern mit der Beobachtung und Analyse von Verhaltensweisen unter den unterschiedlichsten Erziehungs- und Ausbildungsgraden.

  • hallo,

    meinst du jemanden, der sich mit papier und stift hinsetzt und hunde in den verschiedensten ausbildungsständen und auch in den verschiedenen ausbildungsmethoden beobachtet, seine beobachtungen katalogisiert und irgendwann auswertet??

    nee, machen wir leider nicht.
    würde mich aber auch mal interessieren ob es so etwas gibt.

    lg christina

  • Dafür müßtest du erstmal erklären, was du unter Erziehungsdefiziten verstehst ??

    Was ist denn Erziehung und Ausbildung ? Doch eigentlich nur ein gemeinsames Erarbeiten einer für beide Seiten verständlichen Kommunikationshilfe. Somit könnte es Defizite nur auf menschlicher Seite geben ! :wink:

    Oder meinst du mit Erziehung = Sozialisation, Defizite während der Prägephase ?

  • Ich mache unseren bzw. ehem. Hunden deutlich. Das sind ja die verschiedensten Typen dabei.
    Poco der kleine Straßenhund von Malorca,
    Taro aus einem rumänischen TH, Khan aus einem ungarischen TH, Ripper der durch Teleimpulsgeräteeinsatz verdorben wurde und Alf, der DSH der eigentlich nie im Leben einer normalen Kontrolle unterstand und Ivanka, ein Herdenschutzhund der eigentlich immer nur hier auf dem Gelände gelebt hat. Das sind Hunde mit höchst unterschiedlichen Vorgeschichten von denen keiner eine typische Erziehung oder Ausbildung genossen haben.
    Ich habe sicher nicht die Zeit Konzepte zur Verhaltensanalyse zu erarbeiten und ihr Verhalten unter Laborbedingungen/Qualitäten auszuwerten, lerne aber sehr viel aus ihrem Verhalten, aus ihren Interaktionen und Kommunikationsqualitäten.
    Etliche Verhaltensweisen sind absolut vergleichbar oder identisch mit denen von Hunden, die beispielsweise mit Hilfe einer Hundeschule zum ganz normalen Familie- und Begleithund ausgebildet wurden oder sogar spezielle Ausbildung (Jagdhund/Polizeihund) erfahren haben. Andere Verhaltensweisen sind wesentlich ausgeprägter und wieder andere entstehen erst durch das Zusammenleben von Hunden mit den unterschiedlichsten Vorgeschichten.

    Das sind Dinge die ich sehr interessant finde und aus denen sich ständig neue Rückschlussmöglichkeiten, aber auch neue Fragen ergeben.

  • mhm,
    hundeverhalten unter laborbedingungen zu testen wäre ja auch quatsch;
    ohne die umwelt kann man doch keine sinnvollen ergebnisse bekommen.

    ich denke es ist sowieso schwierig, denn es ist ja nocht nicht einmal die frage geklärt welches verhalten nun in wie weit genetisch bedingt ist, wieviel davon gute oder schlechte erziehung ist und welchen einfluss die persönlichen erfahrungen der hunde darauf hatte.
    es ist ja nicht nur das jeder hund unterschiedliche genetische vorraussetzungen mitbringt, er hat ja auch einen eigenen charakter, der sich zum größten teil aus den erfahrungen mit sich und seiner umwelt ernwickelt hat.

    das kann man denke ich noch nicht einmal an guter oder schlechter erziehung fest machen.
    manche hunde kommen mit gar keiner oder sogar schlechter erziehung prima klar und entwickeln sich toll, andere hunde haben probleme obwohl sie eine gute sozialisation und eine einigermaßen gute erziehung genossen haben.
    dann gibt es noch krankheiten, die das verhalten der hunde beeinflussen und noch nicht weiter erforscht sind.
    ich denke da zum beispiel an die futtermittelallergie, die aggressionen auslöst.
    oder andere phsychische krankheiten wie depressionen, autismus...
    oder symptome wie hyperaktivität, hysterie und cholerik.
    alles nicht weiter erforscht...

    die einzigste die ich kenne die versucht solche sachen zu erforschen ist dr. Dorit U. Feddersen-Petersen, dann beschäftigen sich andere wieder mit dem ausdrucksverhalten,..

    ich denke da wird man nie wirklich alles aufschlüsseln können.
    ich persönlich bin auch immer wieder am rätseln in wie weit peppers probleme mit ihrer krankheit zu tun haben, genetisch bedingt sind oder auf erziehungsfehlern beruhen. und ich habe sie noch nicht einmal aus dem tierschutz.
    wenn ich mir dann bobby angucke, der bevor er zu corinna kam schon einige male vermittelt wurde und wieder ins tierheim kam.
    dieser hund hat mit sicherheit nicht viel tolles erlebt -trotzdem ist er einer der sichersten und ausgeglichensten hund die ich kenne.
    man kann das verhalten der hunde also noch nicht einmal nur an erziehungsdefiziten oder defiziten in der sozialisationsphase fest machen.

    das thema ist schwierig und ich befürchte da muss jeder seine eigenen erfahrungen sammeln, nachlesen kann man da wohl noch nichts.

    lg christina

  • Zitat

    das thema ist schwierig und ich befürchte da muss jeder seine eigenen erfahrungen sammeln, nachlesen kann man da wohl noch nichts.

    Genau danach habe ich gefragt. :wink:
    Ein Beispiel sind meine Pretorianer und die Rentner.
    Die Pretorianer sind, mein Leithund (Malamute mit Grunderziehung), Jacky (Malamute-Berna Sennen Mix /Grunderziehung), Taro (rumänischer Streuner) und Angel (Pitbull-Malamute Mix).
    Alle Hunde waren auf dem Gelände verteilt und hatten zum Teil auch keinerlei Sichtkontakt zueinander. Dann tauchte eine Ratte, ein Mader o.ä. plötzlich auf. Mein Leithund begann die Jagd. Das Tier flüchtete in ein umzäuntes Stallgehege. Ohne irgendein akustisches Signal kamen die anderen Hunde direkt zu dem Stall und alle Hunde nahmen strategisch perfekte Positionen ein. Wie haben sie kommuniziert.
    Bei den Rentnern, ein Husky-Mix aus dem TH, ein ungarischer Streuner, ein Irish Wolfhound Mix mit normaler Erziehung und ein Streuner aus Malorca gibt es ein solches Verhalten nicht. Überhaupt ist das ganze Sozialverhalten mit dem der Pretorianer in keiner Weise vergleichbar.

    Ähnlich ist es mit Verhaltensänderungen meinerseits (besondere Aufmerksamkeit, Missachtung, Maßregelung, Kommandos, Beschäftigungsdauer). Einige Hunde reagieren sofort und intensiv, andere erst nach Stunden oder Tagen, andere überhaupt nicht.

    Der Irish Woolfshound Mix ist seit 12 Jahren bei Gaby. Du bräuchtest ihr nur über den Kopf zu streicheln und ihr einmal Futter geben. Dann könntest Du sie mitnehmen und sie würde uns keine Sekunde vermissen.
    Der malorkinische Streuner ist Menschen gegenüber völlig beziehungslos und betrachtet sie nur als Futterspender. Mein Malamute kommt freiwillig nicht heran und scheint sich manchmal regelrecht zu schämen wenn ich ihn kraule. Er ist im Prinzip völlig unabhängig. Andererseits würde er sich niemals so weit entfernen das er nicht wüsste wo ich bin. Er hält im Abstand von mehreren hundert Metern meine Richtung ein.

    Solche Dinge meine ich.

  • jetzt verstanden!

    na dann mal her mit all euren erfahrungen!
    ich hab ja leider nur einen hund und kann da nicht soo viel beisteuern...

    kenne nur noch ein beispiel:
    der ehemalige rottweiler rüde von freunden.
    der hund wurde mit acht jahren aus dem tierheim geholt.
    er hatte die ersten vier jahre seines lebens auf einem verwahrlosten schrottplatz verbracht, musste sich sein fressen in form von katzen selber fangen.
    die anderen hunde mit ihm waren DSH.
    der besitzer hat seine hunde regelmäßig mit dem stock verprügelt, bis der rüde vier war, da hat er sich den besitzer samt stock geschnappt...
    ...und landete im tierheim.
    das er sich bei besuch in kopfhöhe im gitter festbiss machte seine vermittlung nicht einfacher...
    meine bekannten entschieden sich damals für den hund, weil er während seinem gekeife immer wieder niesen musste. das brachte sie zu dem entschluss das der hund es nicht ernst meinen könnte und sie gingen in den zwinger.
    er meinte es tatsächlich nicht ernst.
    dieser hund wurde dreizehn jahre alt, ich habe ihn mit zehn jahren kennen gelernt.
    er ließ sich nicht ungefragt anfassen, gab man sich aber mühe ihn zu überreden durfte man so einiges.
    katzen hat er sein leben lang als fressen betrachtet, hatte auch kein problem damit ganze scheunentore zu demolieren um hinterher zu kommen.

    ich fand diesen hund absolut faszinierend, vor allem als dann das erste kind kam.
    es hatte schnell raus, das man die hunde (den rüden und die damals dreijährige rottihündin) prima füttern konnte, das ihr arm dabei bis zum schultergelenk im maul verschwand und dann vollgesabbert und ohne keks wieder raus kam, störte nur unwissende betrachter.
    irgendwann fing das kind an die hunde zu ärgern.
    es wurde ihm verboten und auch darauf hin gewiesen: der hund beißt dich!
    natürlich konnte das kind nichts damit anfangen und ärgerte heimlich weiter.
    bis es dem rüden zu viel wurde. als sie ihm einen eisstiel ins ohr pulen wollte und auf sein knurren nicht reagierte sprang er auf, machte ein riesiges theater, warf das kind um und fasste es am knie.
    (damals war die welt noch nicht voller "kampfhunde")
    das kind war völlig schockiert, von oben bis unten vollgesabbert und hatte nicht einmal einen abdruck am knie.
    hat aber nie wieder hunde geärgert und weiß was es bedeutet wenn der hund knurrt...

    diese reaktion von einem hund mit solch einer vorgeschichte fand ich beachtlich! nur schlechte erfahrungen über die hälfte des lebens und trotzdem noch in der lage souverän und ohne übertreibungen zu maßregeln!
    er war immer super zu den kindern und bis zu seinem tod ein super kumpel, der aber auch seine regeln hatte, auf deren beachtung er bestand und niemand hatte ein problem damit.

    lg christina

  • Ich habs immer noch nicht verstanden :flehan:
    Vielleicht irritiert mich auch nur das Wort "Erziehungsdefizite" in der Überschrift.
    Das was ihr Beide in den letzten Threads geschrieben habt, war ohne Zweifel hochinteressant, nur die Verbindung zur Erziehung und Ausbildung der betreffenden Hunde will sich für mich nicht so ganz erschliessen.
    All die genannten Beispiele lassen sich doch eher auf die Persönlichkeit und die Sozialisation der entsprechenden Hunde zurückführen, als auf deren Erziehung! Oder verstehen wir unter Erziehung etwas komplett anderes???
    Klärt mich doch mal auf!

    Liebe Grüße,
    Björn

  • Ich bin nun auch mal gespannt auf die Erfahrungsberichte.

    Uwe, ich bin nun bei Deinem letzten Beitrag sehr erstaunt. Du beschreibst alles aus einer recht emotionalen Perspektive - soetwas traut man Dir bei Deinen sonst so "harten" Worten gar nicht zu :wink:

    Um daraus eine "wissenschaftlich auswertbare Studie" zu machen, müsste man meiner Ansicht nach ungefähr tausend und mehr Faktoren beachten. Angefangen vom Zustand der tragenden Mutterhündin über sonstige Umstände in allen Lebensphasen bis hin zum aktuellen Zusammenleben (inklusive Ernährung, Medikamente, Wohnort, andere Tiere, die Menschen....). Außerdem neigen Menschen dazu nicht nur das Beobachtete zu beschreiben, sondern es wird gleich interpretiert!

    Ein Beispiel dafür:

    Zitat

    Mein Malamute kommt freiwillig nicht heran und scheint sich manchmal regelrecht zu schämen wenn ich ihn kraule. Er ist im Prinzip völlig unabhängig.

    Trotz allem kann man doch immer wieder Parallelen erkennen... oder die Ausnahme von diesen :wink:

    Viele Grüße
    Corinna

  • Björn, da bist du nicht alleine mit. Deshalb ja meine anfängliche Frage. Mit Erziehung hat das alles absolut nix zu tun. Was ihr hier beschreibt ist (eigentlich) vollkommen normales Hundeverhalten. Jeder hat eine andere Prägung erlebt, unterschiedliche Erfahrungen gemacht und handelt letztendlich, abhänging vom Alter, rassebedingtem Verhalten und Charakter doch wie ein Hund.

    Wakan was du beschreibst, zeugt doch von der Anpassungsfähigkeit und dem unauslöschbaren Instinkt, den jeder Hund in sich trägt. Das hat mit Erziehung genauso wenig wie mit Ausbildung oder Training zu tun, zumal ich denke, daß deine Bande weder noch genießt ! :wink:

    Sollte dieser Thread eine Anekdotensammlung über die Faszination Hund werden, der trotz aller Umstände in seinen Ursprung zurückfindet, das verkörpert, von dem wir nur noch träumen können ?

    Ich hatte es anfangs so verstanden (nur, daß es ungeschickt ausgedrückt war), daß es eine interessante Diskussion über das grundsätzlich Bekannte hinaus werden sollte !?

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