Ausbildung durch "Vormachen" durch Mensch

  • Moinsen,

    folgendes hat segugio in einem andren Thema erzählt:

    Zitat

    Ich habe einmal einen Vortrag gehört, in dem eine Besucherin ein ähnliches Problem schilderte. Der Referent hat auf diese ähnliche Frage etwas - wie ich finde - Interessantes dazu gesagt: Er meinte, dass der Hund vielleicht das Gefühl hat, dass die HH die Situation nicht im Griff hat und er sich deshalb genötigt sieht, "eine Welle" zu schlagen? Sie sollte den Hund auf seinen Platz legen und ihm zeigen, dass sie die Situation beherrscht, in dem sie den Besuch eingrenzt: Sie sollte den Besucher an die Hand nehmen und in das Wohnzimmer führen, in an den Tisch setzen, ihm etwas zu essen geben, ihm den Teller wieder wegnehmen ...

    Finde ich auf den ersten Blick eher lustig, weil ich der Ansicht bin - die sich auf das begründet, was ich bis dato zum Thema Lernverhalten von Hunden weiß und gelesen habe - dass Hunde nicht - im Vergleich zu Primaten - in der Lage sind durch Nachahmung im Sinne von ganzen Handlungsabläufen zu lernen.

    Insbesondere nicht artenübergreifend, sprich, Mensch macht vor, Hund macht nach.

    Ich möchte betonen, es geht nicht um Dinge wie "Weg X ist sicher, Mensch geht also durch, Hund kommt hinterher" etc. sondern um Handlungsabfolgen.

    Im andren Thread habe ich das Beispiel Apportieren angesprochen und den Versuch vorgeschlagen, dem Hund das Apportieren beizubringen, indem man es vormacht.

    Da segugio jetzt erzählt hat, das würde funktionieren, dachte ich, das wäre doch einen eignen Thread wert - da will ich nämlich jetzt mehr drüber wissen.

    Sonst jemand Erfahrungen mit dergleichen?

  • Ich hab erst mal nur Beispiele für Lernen durch Imitation zwischen Hunden.

    Ich bin mit Joy einige wenige Male in der Hundeschule in einer Gruppe für Fortgeschrittene mitgelaufen, weil meine Gruppe ausfiel, Joy aber kontrollierten Hundekontakt haben sollte.
    Sie hat dort durch Abgucken Sitz/Platz + Bleib auf Entfernung gelernt:
    Sie lief in der locker frei laufenden Hundegruppe mit. Die Hundeführer gaben ihren Hunden das Sitz/Platz + Bleib-Kommando. Meine lief erst weiter, blieb dann stehen und schaute etwas irritiert die anderen Hunde an. Dann setzte sie sich auch - und lief erst los, als sie sah, dass die anderen Hunde auch zu ihren HH liefen, nachdem sie gerufen worden sind.
    - Ich war in der komfortablen Situation, dass ich Joys richtiges Verhalten mit Kommando belegen konnte - sitzt bis heute fest! Klar hab ich es gefestigt, aber sie hat es sich maßgeblich abgeguckt!

    Beispiel 2:
    Joy hat jedes Knabberzeugs (Schweineuhr usw) verweigert - bis sie sich bei der Doberfrau meines Ex abgeschaut hat, dass die Dinger zum Fressen sind. (Okay, der Futterneid mag's reingetrieben haben, aber abgegcukt war es trotzdem auch ;) )

    Und das ungeheure 3. Beispiel:
    Jene Doberfrau aus Beispiel 2 hat immer ihre Zunge in einem kecken Bogen gebogen beim Gähnen. DAS hat sich Joy abgeschaut! Ich schwöre, Joy hat vorher mit ausgestreckter Zunge und nicht mit gebogener Zunge gegähnt!


    Hund-Mensch:
    Ich hab irgendwo gelesen, dass einige Verhaltensforscher die Theorie haben, dass grinsende Hunde (zB Dalmatiner zeigen es sehr oft) sich das Zähne zeigen vom lächelnden Menschen abgeschaut hätten.

    Ich denke, Abgucken geht - auch im Sinne von Versuch und Irrtum. Mensch macht was, Hund macht etwas Ähnliches - und wird dafür positiv verstärkt. Vom Menschen oder von der Situation positiv verstärkt.

    Das neuzeitliche Stichwort lautet wohl auch hier:
    Spiegelneuronen.
    Relativ neu entdeckt, sind sie für dafür verantwortlich, dass Menschen ihr Verhalten untereinander imitieren (müssen).
    Fehlen halt nur noch entsprechende Hundeversuchsanordnungen...

  • Etwas ähnliches habe ich letztens in einer TV-Tiersendung gesehen. Dort ging es um einen sehr ängstlichen Hund, der insbesondere Männer meidete. Der Hund wurde abgelegt, die HH hat den "Dummy"-Mann an die Hand genommen, ihn im sicheren Abstand an dem Hund vorbeigeführt, dann auf einer Bank "absitzen lassen", ihm über den Kopf gestreichelt :D und sich gelassen neben ihn gesetzt. Nach und nach hat der Hund dadurch Vertrauen zu dem Mann in dieser Situation aufgebaut, so dass sich der Hund schlußendlich sogar neben den Beiden vor der Bank hingelegt hat, wenn auch immer noch ein wenig gestresst.

    Ich denke, es geht bei dieser Art von Training nicht darum, dass sich der Hund diese Handlungsabläufe abschaut und genauso nachahmt. Sondern vielmehr darum, dass die HH lernen, mit der richtigen Körpersprache ihrem Hund zu signalisieren, dass sie die Situation komplett unter Kontrolle haben.

    Die meisten HH können das sicherlich auch ohne solche durchaus "merkwürdigen" Trainingsabläufe, aber für manche HH mit besonderen Hunden kann ich mir sehr gut vorstellen, dass das prima hilft. Denn sie müssen/können aus ihren Alltagsgewohnheiten im Umgang mit Menschen und Umwelt ausbrechen, sich ganz auf ihre Körpersprache konzentrieren und sich selber gezielt umtrainieren. Klappt sicher manchmal besser, als wenn man einem HH in seinem üblichen Alltag versucht zu vermitteln, dass er jetzt doch mal wirklich gelassener sein soll und die Kontrolle übernehmen muss. :roll:

  • Zitat

    Finde ich auf den ersten Blick eher lustig, weil ich der Ansicht bin - die sich auf das begründet, was ich bis dato zum Thema Lernverhalten von Hunden weiß und gelesen habe - dass Hunde nicht - im Vergleich zu Primaten - in der Lage sind durch Nachahmung im Sinne von ganzen Handlungsabläufen zu lernen.

    Doch, sind sie...

    ...in der Verhaltensbiologie kennt man das z.B. als Vorbildlernen, Nach-
    ahmungslernen, Imitationslernen. Albert Badura (jemand, der das
    untersucht hat (zwar nicht bei Hunden, aber egal, die Natur repliziert
    bewährtes)), hat einiges dazu geschrieben. Wie komplex jedoch solche
    Verhaltensketten sein dürfen oder können.... keine Ahnung... da hab
    ich halt auch nur 'ne Meinung zu....

    Ich bin trotzdem Deiner Meinung, was dieses Segugio da geschrieben
    hat, ist nicht nur lustig, sondern imho regelrecht absurd. Ich denke
    nicht, dass Menschen einem Hund durch vormachen zeigen können,
    was er tun soll... :D

  • Das Buch "Die einzigartige Intelligenz von Hunden" von Alwin Schönberger ist da z.B. ganz interessant. Da sind aktuelle Forschungsergebnisse zusammen gefasst, auch zum Thema Nachahmungslernen. Ein Experiment ist z.B. : Spielzeug liegt hinter einem Zaun, Hunde müssen um den Zaun herum laufen, um dran zu kommen. Versuchen sie es alleine, dauert es oft lange. Geht dagegen ein Mensch den Weg vor den Augen des Hundes ab zum Spielzeug, macht es der Hund, der ihm dabei zugesehen hat, dann hinterher genau so. Die Hunde sind dabei sogar dann in der Regel den Weg des Menschen gegangen, wenn sie bereits vorher an einer Lücke im Zaun vorbei kamen. Gab dann noch einen ähnlichen Versuch, bei dem Mensch auf einen Hebel drückte, um ein Spielzeug in einer Box frei zu geben. Hunde, die dies beobachten durften, haben entsprechend auch als erstes am Hebel rum probiert.

    Das Beispiel mit dem unsicheren Hund oben, da denke ich wie souma: es geht darum, dem Hund zu vermitteln, Mensch schätzt die Situation ein, kümmert sich und hat sie im Griff.

  • mein hund hat als welpe/junghund (ab 12 wochen) sehr stark mein verhalten nachgemacht.
    er sah mir genau zu, was ich mache. zum beispiel mein schuhschrank: das ist so ein teil, dass schwingt auf, wenn man an den griffen zieht. mein kleiner fand super schnell heraus, wie man den schuhschrank öffnet und an frauchens schuhe gelangt. auch schubladen, die er durch ziehen öffnen konnte, waren kein problem.
    als er dann den klodeckel hochklappte stand ich ungefähr so: :schockiert:
    daneben.
    türen öffnen hat er sich bei mir auch abgesehen und kriegt das ohne probleme hin.


    im badezimmer habe ich einen mülleimer, der sich durch drauftreten öffnet. rammi kam auch hier schnell dahinter, was er tun musste, damit sich der deckel des mülleimers anhob.

    er benutzt außerdem seine vorderläufe sehr häufig was einige leute interessant finden.
    an manchen tagen erinnert er sehr stark an eine katze =)

    im verein haben wir eine tür, die so eine art riegel hat, den man hochklappen muß, damit die tür aufgeht. rammi wollte selbst probieren, wie man diese tür öffnet, da sie "anders" aufging.
    er stellte sich auf die hinterbeine und griff nach dem riegel und probierte mit seinem maul daran herum.

    in der hundeschule ist ein hund, der hat das "ran" (ans bein ran) durch abgucken gelernt.
    der Besi hat das "ran" mit seinem hund nicht geübt.

    seine intelligenz wurde ein paar mal zum problem.

    ein beispiel: mein papa stand vor der tür, ich war nicht zu hause- aber der hund. die tür war nicht abgeschlossen.
    mein papa wollte gerade wieder fahren, als der hund hinter ihm stand und sich freute.

    als mein hund bei seiner schwester war, hat er ihr gezeigt, wie man türen öffnet. sie hat sich am verhalten ihres bruders orientiert und öffnet jetzt auch eigenständig türen (was sie vorher nicht gemacht hatte).

  • mir ist noch was eingefallen, was er noch gemacht hat:

    lichtschalter betätigt, bei der katze hat er sich abgeguckt, wie man aus dem fenster klettert (kellerwohnung)....wenn mir noch was einfallen sollte, dann schreibe ich das nachher.

  • Einerseits funktioniert es gar nicht. Wollte unserer z.B. das Fangen von Leckerlies aus der Luft beibringen und habs ihr vorgemacht. Die Leckerlies fallen ihr nach wie vor auf die Nase.

    Andererseits: seit ich ganz diszipliniert immer den Gehweg benutze und nicht mehr auf der Straße gehe, macht es auch unser Hund......

    Es scheint also mal zu funktionieren und mal nicht...

  • Ich finde es auch bemerkenswert, wie unterschiedlich das nachahmen ausgeprägt ist. Wenn ich beispielsweise den Futter-Dummy an einer kniffligen Stelle ablege, so dass der Hund überlegen und rumprobieren muss, wie er dran kommt, muss ich zuerst Grisu zum Dummy schicken. Tu ich das nicht, beobachtet er bei Lucy, wie es geht und macht es dann einfach genau so. Wobei ich das schon bemerkenswert finde: er sieht ja auch Lucys Fehlversuche. Aber anstatt zu denken, das ist Teil des großen Ganzen, was letztlich zielführend war, erkennt er, das war nicht Teil des Lösungsweges, sondern nur genau ein bestimmtes Verhalten war zielführend.
    Oder was ich auch recht bemerkenswert finde: Grisu ist irgendwo am schnüffeln, dreht sich zu uns um und sieht, dass Lucy gerade ein Leckerchen fürs Sitz machen auf einem Baumstumpf bekommen hat. Falls er gerade Bock hat ( :p ), sucht er sich daraufhin den nächsten Baumstumpf (also nicht Lucys) und setzt sich drauf. Das ist doch schon eine ordentliche Differenzierungsleistung.

    Lucy dagegen macht Grisu nichts nach. Ich habe mich schon öfter gefragt, woran das liegt. Ist sie zu "dumm"? Oder liegt es daran, dass Grisu als Welpe zu Lucy dazu kam und so von klein auf gelernt hat, nachmachen lohnt sich? Oder traut Lucy Grisu einfach keine vernünftigen Lösungswege zu :hust: ?

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