Therapiehund, ein geschützter Begriff?

  • Ich stoße immer wieder auf Berichte, wo sich Menschen aus unterschiedlichen Berufen mit ihren Hunden in Institutionen um das Wohl der Menschen kümmern und davon erzählen.dass sie Therapie machen.
    Es schiessen die Schulungsorte wie Pilze aus dem Boden, die solche Ausbildungen anbieten und keine Ahnung haben von Therapie - ich selber war an einer solchen gelandet....
    Ich habe während meiner späteren guten Ausbildung zum Therapiehundeteam mal gelernt, dass tiergestützte Therapie ein geschützter Begriff ist und nur von Menschen praktiziert werden darf, die eine therapeutische Ausbildung haben, alle anderen sind Besuchshunde...bestenfalls.
    Wie denkt ihr darüber? Stehe ich allein auf weiter Flur mit meinem Kopfschütteln?
    Grüße aus dem Frühling

  • Hallo! :smile:


    Da ich zur zeit meine Ausbildung zur Ergotherapeutin mache, interessiert mich das Thema tiergestützte Therapie auch, da ich später gerne mal so eine Ausbildung machen will.



    Woran erkennt man den ob man bei einer guten Therapieausbildung gelandet ist?


    Weisst du vllt ob man iwo im PLZ-Bereich 9 so eine Ausbildung machen kann?
    Ich kann nämlich nichts finden.. :hilfe:


    Wie lange hat deine Ausbildung zum Therapieteam gedauert?


    Liebe Grüße!!

  • Meine beiden Hunde (bzw. Hund und Exhund) gehen mit dem (Ex-)Herrchen alle zwei Wochen eine Stunde ins Altersheim, da wird hauptsächlich Plüschball apportiert, geschmust und geplaudert. Dazu waren einige Nachmittage Verhaltensüberprüfung und Schulung nötig.


    Ich würde nie im Leben darauf kommen, sowas Therapie zu nennen oder die Hunde als Therapiehunde auszugeben. Wenn man sowas einen Namen gibt, sinds "Besuchshunde", die "Besuchsdienst" machen, so wird es auch immer von dem Verein genannt, über den es gemacht wird (Tiere Helfen Menschen).
    Es ist keine Therapie, sollte allerdings auch nicht als unnütz oder unverantwortlich oder was auch immer abgetan werden. Sollte ich selber irgendwann nicht alleine für mich sorgen und auch selber keinen Hund halten können, wäre ich als Altersheimbewohner sehr froh über so einen Hundebesuch.


    Was es hier in der Gegend neuerdings scheinbar gibt, sind Leute die genauso einen Besuchsdienst nicht ehrenamtlich, sondern gegen Bezahlung praktizieren. Vielleicht sind es eher solche Leute, die bestrebt sind, den Besuch als "Therapie" zu verkaufen?


    Liebe Grüße
    Kay

  • Hi,


    der Begriff ist NICHT geschützt und genau hier fängt unser Dilemma an.
    Genau wie Hundetrainer kann sich jeder: Therapiehundeführer nennen.
    Allerdings eben NICHT: Therapeut! Denn dieser Begriff ist geschützt.


    Ich nenne es: Tiergestützte Arbeit bzw. eben wenn man es Ehrenamtlich macht: Besuchsdienste bzw. Besuchshunde und Besuchshundearbeit.
    Diese Hunde haben natürlich auch einen therapeutischen Effekt, was eben die allgemeine Grundlage dieser Arbeit ist.
    Aber um die Arbeit als Therapie zu verkaufen oder als Pädagogik braucht es eben den Menschen der dieser Arbeit ein Ziel gibt und dieser ist dann natürlich ein Therapeut oder ein Pädagoge bzw. er arbeitet mit einem solchen zusammen und ist dann Quasi "nur" der Hundeführer.


    Hinter Therapeutischer oder Pädagogischer Arbeit steckt natürlich noch ein bissel mehr. Auch hierfür kann man den Hund einsetzen, ABER der Hund lernt im Prinzip das gleiche was er eben auch für die Arbeit als Besuchshund lernt, der Unterschied liegt eben auf der Qualifikation und Arbeitsweise des Menschen.
    Der Hund ist und bleibt ein Hund, ein Medium, ein Katalysator, ein Türöffner, ein Begleiter.
    Er bewirkt immer das Selbe... kommt eben nur darauf an was man daraus macht.


    Ob man an eine gute Ausbildung gelangt ist sieht man daran ob a) nur der Hund ausgebildet wird ob Unterschiede gemacht werden zwischen Fachleuten und Nicht-Fachleuten.
    Z.B. das das Zertifikat am Ende der Ausbildung NUR dann auf Tiergestützter Therapie oder Pädagogik ausgeschrieben ist wenn der Mensch diese Qualifikation innehat oder wenn ereben mit einem Inhaber der Qualifikation zusammenarbeitet der eben die Tätigkeiten anleitet.
    Ansonsten eben "nur" als Besuchshund.
    Oder wenn die Ausbildung eben gleich da Unterscheidet.
    Das wären jetzt zwei Merkmale.
    Weiterhin würde ich darauf achten WER Ausgebildet wird bzw. vorallem auch WER Ausbildet.
    Ich, als Pädagogin, würde jedem Hundetrainer etwas husten wenn er MIR etwas über meine Arbeit erzählen wollen würde in der Ausbildung.
    das wäre quasi so als wenn man von einem Arzt in einer Weiterbildung lernt wie man ein Haus mauert.
    Klar mag er das wissen, weil er sich das angeeignet hat... aber solange er nicht die Maurerausbildung hat, ist das was völlig anderes!
    Das er die Ausbildung des Hundes macht ist eine Sache, aber es gehört noch ein bissel mehr dazu, denke ich. Auch für den Laien!


    Ein weiterer Punkt wären eben, daraus, die Inhalte der Ausbildung.
    Natürlich MUSS der Hund gewisse Dinge mitbringen bzw. muss sie lernen.
    Aber das ist eben nicht alles. Und für den Profi, also für Fachleute reicht die Ausbildung des Hundes alle mal nicht aus, wenn er sich nicht in der Theorie auskennt.


    Kommt drauf an, was man eben damit will. ;)
    Und ja, unter gegebenen Umständen kann man Geld für die Arbeit nehem denn es steckt weit mehr drin! ;)

  • Zitat

    Und ja, unter gegebenen Umständen kann man Geld für die Arbeit nehem denn es steckt weit mehr drin! ;)


    Das wollte ich keinem Therapeuten und keinem Pädagogen absprechen und hoffe, es ist nicht so rübergekommen. Deine Erklärung über den Unterschied zwischen Besuch und Therapie -- also dass nicht der Ausbildungsstand der Hunde sondern der des Menschen die Grundlage ausmacht --, das leuchtet sehr ein.



    Liebe Grüße
    Kay

  • @ Scherbenstern


    Darf ich mal fragen, welche Qualifikation Deine Hunde ( und Du ) gemacht haben, vor allem im Hinblick auf die pädagogische Arbeit?


    Bei meiner früheren Arbeit ( Hospiz ) durften wir alle unsere Hunde mitbringen und es war oft sehr schön mit anzusehen, wieviel ein Tier bewirken kann.
    Auf meiner jetzigen Arbeitsstelle ( mit psychisch Kranken ) wird eine nachgewiesene Qualifikation des Hundes verlangt, welche, hab ich noch nicht erfragt.


    Generell kann ich mir vorstellen, daß viele Schulungen -nett gesagt- wenig bringen, daher meine Nachfrage,


    neugierige Grüße, Jana

  • Hi Jana, klar darfst du fragen.


    Zum einen Beschäftige ich mich mit Tiergestützter Arbeit seit knapp 15 Jahren.
    Damals war der Bereich noch dermaßen dünn besiedelt das es richtige Ausbildungen wie heute, in der Form, nicht gab.
    Vorallem nicht für ehrenamtliche Schülerinnen.
    Somit habe ich meinen ersten Besuchsbegleithund nur mit Hilfe meiner damaligen Hundetrainerin ausgebildet und ich selbst bin als Praktikantin und angeleitete Ehrenamtliche (vielleicht sagt die der Soziale Dienst der Grünen Damen etwas) in verschiedene Institutionen gegangen.
    So hab ich neben Besuchen in Kitas und Haustier AGs eben auch Besuche in Alten und Pflegeheimen gemacht.
    Alles Ehrenamtlich, über ein paar Jahre.
    Gleichzeitig habe ich mich immer stärker für Hundeausbildung und Erziehung interessiert und als ich die Wirkung von Hunden auf die Menschen direkt gesehen habe - ich wollte meinen damaligen Welpen so gut es geht sozialisieren und weiter Prägen das ich ihn einmal mit ins Altenheim genommen habe wo ich ehrenamtlich gearbeitet habe, ich sah was er mit den Leuten "gemacht" hat und in dem Moment wusste ich: DAS ist es! :)


    Naja, danach folgten so perfide Dinge wie Abi, noch mehr Praktika in diversen Einrichtungen und dann eben mein Studium der Sozialen Arbeit (Doppelstudiengang SozialArbeit und SozialPädagogik).
    Innerhalb dessen habe ich in fast allen Hausarbeiten und Prüfungen und Diplomarbeit, eben wo es möglich war (leider nur ein paar) meinen Bereich der Tiergestützten eingebracht, hab dann auch mein Praxissemester in einer stationären Wohngruppe mit Anschluss an eine Tagesgruppe gemacht, die eben genau das angeboten haben... in leider eher schlechter Form.
    Tja und nebenbei eben Praktika und lernen bezüglich Hunde und eben auch Tiergestützte Arbeit (Selbststudium in den beiden Bereichen) das ist mein Stand bis jetzt.


    Da ich persönlich nicht auf die meisten Ausbildungen die es so gibt stehe und in vielen Dingen wohl auch vom Wissensstand darüber hinaus bin - ja man kann mir an dieser Stelle gerne wieder vorwerfen ich sei arrogant, möchte ich auch eigentlich keine solche Ausbildung machen.
    Sondern strebe eine Professionalisierung in dem Bereich Tiergestützte "Therapeutin" an.
    Also eine Ausbildung in der es rein um die Qualifikation des Menschen geht (Die richtet sich fast rein an Fachleute (95%), 2 Jahre Berufserfahrung min. sind vorschrift).
    Das kann aber ich aber erst machen wenn ich genug Kohle beisammen habe und meine 2 Jahre Berufserfahrung nachweisen kann, Ehrenamt zählt nicht.
    Da ich eben meine Hunde lieber selbst ausbilde und an dem Atn Fernlehrgang dran bin habe ich dann wohl auch die Qualifikation im Kynologischen Bereich zum Ausbilden von Hunden - ich mache den auch nur um alles etwas runder zu machen und evtl. Lücken zu füllen und auch um nen "Schein" nachweisen zu können den man gerne von mir fordert.


    Ergo: Es ist Sozialpädagogin mit Selbststudium Kynologie und tiergestützter Arbeit (gibt ja gut was an Fachliteratur mittlerweile).


    So also ein nicht ganz runder und recht abweichender Weg.
    Bisher.


    Nina

  • Dankeschön Nina für die Info. =)


    Zu tiergestützter Arbeit gab es nichts an meiner Uni ( Dipl. Pädagogik ), was ich sehr schade finde. Vielleicht ändert sich das ja, keine Ahnung.


    Die Hunde, die mit im Hospiz waren ( Hunde von Ehrenamtlichen und Angestellten ) , haben sich sehr unterschiedlich verhalten. Ein paar davon waren wirklich klasse. Manche Gäste fragten morgens extra, wer Dienst hat - und dann mußte die Türe aufbleiben. Ein Hund ( Collie ) z.B. ging dann immer alleine von Zimmer zu Zimmer und hat die Gäste begrüßt, sich manchmal sogar auf das Bett gelegt und einfach nur Nähe gegeben - ganz ruhig und friedlich. Wo Menschen nicht helfen konnten, konnte es zumindest manchmal ein Hund...


    Schade, das so etwas an vielen Stellen noch nicht erlaubt ist :| ,


    liebe Grüße, Jana

  • Hallo!


    erst mal zu der eigentlichen Frage von mume rumpumpel: Du hast recht, es gibt im Bereich der Tiergestützten Therapie keinerlei System und keine begriffsdefinitionen. Noch nicht einmal das Wort "Therapeut" ist geschützt! Jeder, der mit seinem Hund mal im Altersheim vorbeischaut, darf sich theoretisch "Therapeut" und seinen Hund "Therapiehund" nennen - und leider, leider tun dies auch einige... Soweit ich weiß, sind nur die Begriffe AAA/AAT von der Delta Society geschützt; alles andere ist Freiwild.


    Zu jule.p: Das ist ein ganz, ganz schwieriger Punkt!!! Ist für den Laien einfach total schwer einzuschätzen. Mein wichtigster Tip: fragen, ob man bei der praktischen Arbeit (also nicht bei der Ausbildung, sondern bei der Arbeit mit Patienten/Klienten) hospitieren darf. Das vermittelt meistens ein Gefühl dafür, ob man selbst diesen Umgang mit Mensch und Tier als angenehm empfinden würde. Ja, lass hier unbedingt Dein Bauchgefühl sprechen! Außerdem detailliert über Inhalt und Umfang der Ausbildung informieren. Und natürlich auch genauestens die Kosten hinterfragen; oft gibts Ärger mit ungeahnten Folgekosten.


    zu geordie: Hast recht, die Trennung von Therapie- und Besuchshund sollte vereinheitlicht werden. Beide sind sinnvoll und wichtig, aber eben nicht zu verwechseln. Finanziell sollten meiner Meinung nach Hundebesuchsdienste eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen. Mit professioneller kynotherapeutischer Arbeit hingegen kann man durchaus seinen Lebensunterhalt verdienen; ich tue dies zum Beispiel.


    an Scherbenstern: Ja, bitte, sei arrogant! Ich habe ebenso wie Du unsere kynotherapeutische Arbeit von Null an mit viel Mühe aufgebaut. Habe jahrelang gelesen, gelernt, zugeschaut, gefragt, recherchiert, geschuftet, und so weiter. Und ich habe es geschafft, mein Hobby zum Beruf zu machen und mein Geld damit zu verdienen. Da darf man doch stolz und auch etwas arrogant sein, finde ich! Mir ist dadurch auch voll bewusst, wie wichtig ein umfangreiches, interdisziplinäres Fachwissen ist, wenn man diese Arbeit wirklich gut und risikofrei machen will. Hoffen wir, dass sich diese Einstellung durchsetzt!


    Viele Grüße
    Lutz

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