Junghündin fällt in welpenhaftes Verhalten zurück

  • Erna (2 Jahre alte Cockerhündin) ist ein unkomplizierter, freundlicher, friedlicher und euphorischer Hund. Nur eins macht mir Sorgen:

    Ich habe sie damals mit knapp vier Monaten von einer Familie bekommen, der Erna zu kompliziert war und die den Hund abgeben wollten. Sie zeige anfangs ein eher sonderbares Sozialverhalten und schien damals bereits eine sehr niedrige Stresstoleranzgrenze zu haben. Wenn ich mit ihr schimpfte, fing sie aus heiterem Himmel an, zu urinieren. Sie urinierte allerdings auch, wenn ich ihren Fressnapf in der Hand hielt und unmittelbar davor war, sie zu füttern. So als dürfte sie erst etwas fressen, wenn sie sich vorher erleichtert hat. Zweiteres haben wir in den Griff bekommen, aber das Urinieren unter Stress ist leider geblieben. Was kann ich dagegen tun?

    Ein zweites Problem ist ihre ungestüme Art. Erna begrüßt Besuch immer überschwenglich, was die einen freut und die anderen nervt. Die Versuche, Erna vorher in ihr Körbchen zu schicken, scheiterten nach maximal 5min. Sie ist dann ganz aufgedreht und möchte den Besuch unbedingt begrüßen. Dann habe ich an ihrem Platz eine Leine befestigt, wo ich sie anleine, wenn Besuch kommt und sie erst ableine, wenn sie ruhiger geworden ist. Die Prozedur ist immer die gleiche: Erna bellt dann das ganze Haus zusammen und hält das auch gut und gerne eine Stunde durch. Da sich dieses Bellen sehr klagend und verängstigt anhört (jaja, die menschliche Interpretation) und sie die Tonart dabei variiert, bis sie in hohes "Welpenbellen" verfällt, hatte ich eine Kamera aufgestellt, um sie während ihrer Bell-Phase zu beobachten. Was ich dort sah, verwunderte mich: Sie schien keineswegs ängstlich, sondern pöbelte eher herum. Sie wedelte mit dem Schwanz und sprang aufgeregt hin und her, wie beim Spielen. Ist das Dominanzverhalten? Wie können wir die Besuch-Situation am besten meistern?

    Viele Grüße aus Berlin
    Hundeleben

    Ich

  • Ist sie nur angebunden, wenn Besuch kommt, oder machst du das ab und an auch alltags ?

    Was gibt es denn, was der hund besonders gut kann, wo hört er richtig klasse ?

    Gruß, staffy

  • Sie ist nur angebunden, wenn Besuch kommt.

    Was sie besonders gut kann? Fährtenarbeit klappt sehr gut mit ihr und "Fuß" macht sie auch sehr gerne. "Sitz", "Platz" und Konsorten klappen auch, wobei ich mir wünsche, sie wäre bei längeren Übungen konzentrierter. Was hat das mit ihrem welpenhaften Verhalten zu tun?

    Verwunderte Grüße
    Hundeleben

  • Geht Ihr oder der Besuch denn auf sie ein beim Hereinkommen? Wird mit ihr gesprochen (egal ob beruhigend oder zum verbieten), wird sie begrüsst, sprich hat sie mit ihrem Verhalten Erfolg und bekommt Aufmerksamkeit positiver oder negativer Art?

  • Zitat

    Wenn ich mit ihr schimpfte, fing sie aus heiterem Himmel an, zu urinieren. Stress ist leider geblieben. Was kann ich dagegen tun?

    Hallo,

    das Pinkeln vor dem Fressen hast du nun in den Griff bekommen.
    Wann pinkelt sie noch?
    Beschreibe diese Pinkelsituation bitte mal genauer.

    Du weißt sicher, dass Pinkeln auch ein Beschwichtigungssignal ist?
    Wenn du mit ihr schimpfst (wann bzw. warum musst du denn schimpfen???) und sie lässt unter sich, kann es auf Angst hindeuten.

    Gruß
    Leo

  • Hört sich nach einem sehr unsicheren Hund an. Ich denke, sie "muss" aus ihrer Sicht den Besuch begrüßen (sich unterwürfig zeigen), damit sie für sich sicher gehen kann, dass ihr keiner ans Leder will. Bei Cockern endet ein solches unsicheres Verhalten ja häufig in Herumhüpfen, Bellen und Wedeln. Das ist das pure Stressverhalten, sonst nichts.

    Wie reagiert sie denn, wenn sie draußen von fremden Leuten angefasst wird?

    Das Pinkeln vorm Fressen könnte sich auch zum Ritual ausgebaut haben. Es basiert vermutlich auf dem Verhalten, des "zur Sicherheit pieseln, dann passiert einem von einem Ranghöheren nichts". Hast Du für das Pinkeln bestraft?

    Viele Grüße
    Corinna

  • Hallo allesamt,

    und vielen Dank für die schnellen Antworten.

    Soweit ich das beurteilen kann, hat Flying-Paws den Nagel auf den Kopf getroffen. Erna ist ein unsicherer Hund. Aber sie ist nicht nur unsicher.

    Ein Beispiel: Neulich kam ein massiger Rotti-Mix im Park in einem Affentempo auf sie zugerannt. Ich schaute zu Erna und sah, dass sie freudestrahlend auf ihn zutapste - wie sie es bei bislang jedem Hund machte - und bemühte mich nicht zu zeigen, dass ich an die Dobermann-Szene aus "Ein Fisch Namens Wanda" dachte und den Stress nicht auf Erna übertragen wollte. Ich frage mich dann: Ist dieses freudige Annähern von Erna Selbstbewusstsein oder Beschwichtigungsverhalten? Als die beiden aufeinandertrafen, begrüßten sie sich freudig und Erna schmatzte ihn ab und unterwarf sich ihm. Sie unterwirft sich übrigens fast jedem Hund, was wiederum ein äußerst unsicheres Verhalten ist.

    Wenn sie draußen von fremden Leuten angefasst wird, was in der Welpenzeit extrem häufig war und auch heute noch oft geschieht, freut sich Erna überschwenglich. Ich deute dieses Verhalten als Relikt aus der Welpenzeit, in der sie es sehr genossen hat, im Mittelpunkt zu stehen. Ich empfinde diese Aufmerksamkeitshascherei z.B. keinesfalls als unterwürfig.

    Erna ist auch noch nie eine Situation über den Kopf gewachsen. Raschelnde Tüten, hupende Autos, schreiende Kinder, Pferde: Erna blieb in allen Situationen gelassen. Während andere Hunde sich ängstlich zurückzogen, blieb mein Hund locker und unbeeindruckt.

    Recht widersprüchlich, nicht wahr? Dennoch denke ich, dass es ihr nicht schaden wird, an ihrem Selbstbewusstsein zu arbeiten. Was kann ich tun, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken? Erfolgserlebnisse schaffen? Wir machen regelmäßig Fährtenarbeit (was sie übrigens LIEBT :D ) und ab und zu meistern wir gemeinsam einen Agility-Parcours. Ich lese mich überdies gerade in das Thema Obedience ein, da ich glaube, dass dies ihre Konzentrationsspanne erhöhen könnte.

    Viele Grüße aus Berlin
    Hundeleben

  • Für mich hat flying-paws eher mit dem Stressverhalten den Nagel auf den Kopf getroffen.
    Ein Hund der sich unterwirft hat nichts mit einem unsicheren Hund zu tun (kann schon beides sein, aber rein aus Submission lässt sich nicht auf Unsicherheit schließen).

    Aus meiner Sicht (die letzten drei Beispiele berücksichtigend) gerät der Hund einfach sehr leicht in hohe Stressphasen. Dann wäre anzunehmen, dass der Grundlevel recht hoch ist, sonst ginge das ja nicht so schnell.
    Ich würde also erstmal versuchen sie da runter zu holen.

  • Ich gehe mal davon aus, daß deine Hündin nicht kastriert ist. Obwohl das beschriebene Verhalten klassisch für einen Früh-Kastraten wäre.

    Wie sehr steht Erna bei euch zuhause im Mittelpunkt ?
    Ich rate mal, daß sich vieles um sie dreht, oder ?

    Schenk ihr mal weniger Beachtung, mach sie nicht so wichtig drinnen, lauf mal an ihr vorbei, ohne sie zu sehen und vor allem: Üb, daß sie auf ihrem Platz liegen bleibt und das ersteinmal ohne Besuch.
    Vermutlich hat sie bisher nie gelernt, daß sie drinnen mal abgemeldet ist (damit meine ich nicht, daß der Hund im Korb liegt, während man Fernseh schaut, sondern daß sie einfach mal ins Leere läuft), daß sie mal nix zu melden hat und sie einfach ruhig auf ihrem Platz liegen soll.

    Das wäre erstmal mein Ansatz, die größte Überwindung für dich, aber definitiv eine Hilfe für den Hund.

    Gruß, staffy

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