Explizites Handling bei Leinenaggression in verschiedenen Situationen - was tun?

  • Hallöchen.

    Unsere größte und eigentlich letzte Baustelle ist die Leinenaggression unserer DSH-Mix-Dame.

    Ich habe zunächst meine Trainer befragt bzw. eine Stunde gebucht, um zu schauen, was wir machen sollen.
    Es hieß: Hund absitzen lassen, füttern und loben, solang sie ruhig bleibt. Habe ich auch lange so gemacht, aber so richtig entspannt war sie bei Hundebegegnungen nie.

    Also hatten wir Taktik geändert: Clickern. Bei Hundesichtung hinsetzen und clickern. Langsam Abstand verringern.


    Einiges ist mir aber irgendwie nicht so ganz klar und seit unserem Umzug habe ich keine so tolle HuSchu wie unsere alte mehr gefunden (ich hatte Kurse zur Leinenaggression bei Leuten, die auch im Fernsehen auftreten, wo ich aber nur negative Erziehung verwenden musste.....):


    1) Fremder Hund läuft irgendwo in ausreichender Entfernung vorbei. Unsere beobachtet diesen ruhig. Ich clicke. Muss sie dann zu mir schauen, bevor ich das Leckerlie gebe oder darf sie den anderen Hund weiter ruhig beobachten? Leckerchen nimmt sie auch, wenn sie mich nicht anschaut.


    2) Es gibt bestimmte Situationen, wo Abstand halten nicht geht. Neulich passiert: Ich zurück auf dem Weg zum Auto. Dame mit unangeleintem Hund und Fahrrad kommt. Beobachtet uns eine ganze Weile. Entschließt sich dann doch direkt an uns vorbeizugehen. Wir: Ich halte Leine, lobe unsere Anka verbal. Freund läuft ein Stück versetzt vorne und clickert, gibt Leckerchen. Trotzdem ist Anka ausgerastet. Was tun bei solchen Sachen, wenn weder Bogen laufen noch umdrehen eine Option ist? Ich habe das Gefühl, jedes ausrasten bringt uns weiter zurück und natürlich war das zu nah, aber ich muss irgendwann auch zur Arbeit und kann nicht die 3 km wieder rückwärts laufen... selbst die nächste Seitenstraße wäre 500 m entfernt.


    3) Mir wurde mal erklärt, dass es nicht gut wäre, wenn der Hund absitzt und Leberwurst bekommt. Weil ja irgendwie der Hund angeblich gar nicht wahrnimmt, dass da ein anderer vorbeiläuft und der andere Hund nicht explizit mit Leckerchen verknüpft wird. Bei uns war es allerdings so, dass die Sabberschnute an der Leberwurst hing und ihre Augen dem anderen Hund folgten. Meint ihr, das könnte so was werden?

    Eigentlich heißt es ja, dass Bewegung, dh ein Vorbeigehen am anderen Hund und gleichzeitiges leckerchen geben, den Stress eher abbaut und es für den Hund so entspannter ist. Ich habe aber das Gefühl, dass Anka beim Vorbeigehen, selbst in großer Distanz und mit Bogen laufen, öfters nach vorne geht als im Sitzen mit Leberwurst vor der Schnute... jemand ähnliche Erfahrungen? Ich denke, es könnte daran liegen, dass Anka beim Laufen gestresst ist und daher zieht und ihr so die Luft wegbleibt/sie Schmerzen hat. Das ist ja beim Sitzen nicht der Fall..


    Was soll ich bei diesen direkten, unvermeidbaren Begegnungen machen? Setzen lassen und Leberwurst?
    Was kann ich im Umgang mit dem Clicker verbessern?


    Ich bin über alle Tipps dankbar. Wir ziehen bald um und dort sind seeeeehr viele Hunde unterwegs und ich habe Angst, dass wir da sehr schnell einen sehr schlechten Ruf bekommen...

    Viele Grüße =)

  • Ich weiß das willst du vermutlich nicht hören, aber manchmal muss man seinem Hund schlicht und einfach auch mal mitteilen, dass er sich hier grade falsch verhält. Nicht jeder Hund steht auf Artgenossen und wenn Abstand halten und Leckerlie geben keine Besserung bringt, dann kann man sich entweder so weit ab der Zivilisation begeben, dass man sowas nicht mehr üben muss, oder man sagt dem Hund einfach, dass so ein Verhalten Konsequenzen hat.

    Ich löse das bei meinem Rüden so, dass ich ihn rannehme und mit meinem Körper blockiere, sodass er mich zwischen sich und dem fremden Hund hat. Und rummeckern seinerseits will ich nicht, punkt.

  • ...habe ich auch schon probiert. Leider ist Anka überaus unbeeindruckt von meinem nicht unbedingt schmalem Körper. Sie versucht sich dann zu drehen, zu winden, irgendwie an mir vorbeizukommen oder vorbeizuschauen... als wäre ich schlicht nicht existent.
    Sie ist in diesen Momenten null aufnahmefähig, da bringt auch meckern meinerseits nix. Wobei ich hier auch wieder nicht genau weiß: Stellst du dich echt nru zwischen deinen und den fremden Hund? Keine Worte? Und er bleibt da einfach ruhig?

    Das wäre ja 'n Träumchen bei meiner :verzweifelt:

  • 1) Ich bin zufrieden wenn mein Leinenpöbler bei Sichtung seines Erzfeindes überhaupt frisst. Ich verlange dann ein „sitz“ von ihm und er darf den anderen Hund ruhig ansehen. Aber eine Leistung (also das „sitz“) soll mein Hund schon zeigen.

    2) Wenn zu wenig Platz ist laufe ich auch mal an dem anderen Hund vorbei. Es ist mir dann auch egal was der andere Hundehalter denkt. Mein Balou legt sich bei „Feindsichtung“ gern mal auf den Boden und möchte nicht weitergehen und letztens hat sich der andere Hund auch auf den Boden gelegt. Da habe ich mal so gar keine Lust drauf, dass die beiden sich fixieren und keiner geht weiter.

    Also laufe ich dann im ausreichenden Abstand wenn mein Hund noch nicht pöbelt los. Dann sind wir so schnell am „Feind“ vorbei, dass er gar nicht zum pöbeln kommt.

    Ich habe mit Balou ein „hinter“ auftrainiert. Klappt ohne Ablenkung super aber wenn uns „Staatsfeind Nr.1“ begegnet meint Balou selber regeln zu müssen.

  • Nein, dass er nicht meckern soll musste ich ihm schon vermitteln und ich hab ihm da einfach deutlich gemacht, dass mich umreißen an der Leine oder auch einfach nur sinnlos pöbeln eben kein erwünschtes Verhalten ist. Da ich deine Hündin nicht kenne kann ich dir nicht sagen, was es braucht, um bei ihr anzukommen.

    Bei der Hündin meiner Mutter reicht es schon, wenn man sie anschaut und ihr laut sagt, dass sie ruhig sein soll, sonst gibt es eben Ärger. Da reicht alleine die Energie, die man dann in seine Körperhaltung steckt, aus xD

    Die meisten Hunde pöbeln ja aus Unsicherheit und fühlen sich bei uns als Leinenhalter nicht sicher genug, dh. du musst absolut souverän rüberkommen und ihr zeigen, dass du die Situation im Griff hast. Wenn ihr das aber nicht reicht, würde ich eben das Verhalten unterbrechen, so wie du sie auch davon abhalten würdest deinen Mülleimer auszuräumen oder den Postboten zu fressen (das klickerst du ja auch nicht).

  • Was vermutest Du denn, was der Grund für die Leinenpöbelei ist? Eher Unsicherheit, eher Frust, oder Ernst?

    Mitten im Konflikt drauf los zu trainieren macht aus meiner Sicht wenig Sinn. Ich würde erst mal in anderen Situationen (Stellvertreterkonflikten) ansetzen, um insgesamt eine bessere Ansprechbarkeit zu bekommen und um den Hund erst mal "trocken" zu vermitteln, was ich möchte.

    Und auf jeden Fall bei einer Methode bleiben, also einen klaren Ablauf etablieren. Dem Hund vermitteln, was er nicht tun soll und vor allem, was er stattdessen tun soll.

    Aus meiner Sicht funktioiert eine reine Ablenkung nicht, zumindest nicht dauerhaft.

    Ich würde also erst mal an anderer Stelle ansetzen, da kommt es aber darauf an, welche Moivation der Hund fürs Pöbeln hat und in welchem Grundthemenbereich Verbesserungen im Verhalten wichtig wären, z.B. Frustrationstoleranz insgesamt erhöhen, LeinenFÜHRIGkeit verbessern usw.

    Beibringen würde ich dem Hund ein sicheres Abbruchsignal (auch erst mal an anderer Stelle) und dann eine Alternativhandlung.

    Man könnte also erst mal üben, an einem vollen Futternapf mit einem Abbruchsignal dran vorbei zu kommen und den Hund dann belohnen, wenn er sich hemmt.

    Hund lernt also, dass er bei Nein alles zu unterlassen hat, STATTDESSEN aber dann ein tolles Futterstück bekommt oder suchen darf.
    Wenn man nur artiges Verhalten belohnt ist das sicher grundsätzlich gut, aber am Ende hat der Hund immer noch die Wahl. Wenn ich kein erwünschtes Verhalten einfangen kann, habe ich ja gar keinen Zugriff mehr - und dann?
    Ein Abbruchsignal ist also unvermeidbar.

    Dann würde ich in gestellen und somit kontrollierbaren Hundebegegnungen mit diesem Schema weiter üben. Also erst ein "einfacher" Hund mit entsprechend viel Distanz und im Ruhezustand), dann Distanz verringern, anderen Begegnungshund nehmen, dann weiter variieren (anderer Hund bewegt sich langsam, bewegt sich schnell). Das am besten immer erst mal am gleichen Ort.

    Wenn diese Begegnungen alle klappen, das alles noch mal in verschiedenen Umgebungen üben, damit der Hund generalisieren kann und ERST DANN würde ich in echte und nicht mehr gut zu kontrollierende Begegnungen gehen. Und erst wenn ich sicher bin, dass der Hund Abbruch plus Alternativverhalten verstanden hat und zuverlässig ausführen kann.

    Und bis dahin würde ich in so engen, nicht vermeidbaren Begegnungen GAR NICHTS machen. Denn ob so eine Begegnunge einen zurück wirft oder nicht, das hat man am Ende ja selbst in der Hand. Wenn ich eigentlich weiß, dass ich keine Kontrolle mehr habe und den Hund somit nicht zuverlässig abbrechen kann, mache ich lieber nichts, als dass ich da halbherzig was versuche, mit Clicker und Lecker mich irgendwie drumherum zu arrangieren und am Ende pöbelt der Hund doch noch los und alles Üben war für die Katz.

    Dass man solche Situationen im Alltag nicht vermeiden kann, ist klar. Wenn man ausweichen kann, würde ich es erst mal machen, wenn nicht, dann würde ich ruhig stehen bleiben, mir die Blümchen angucken und den Hund in seinem Konflikt erst mal stehen lassen und mich nicht beteiligen. Damit verschlimmert man zumindest erst mal nichts und auf der anderen Seite trainiert man ja, damit dann am Ende auch dies, momentan noch zu schweren Situationen zu meistern sind.

    Dafür muss ich beim Hund aber erst mal ein neues Verhaltensmuster etablieren und das dauert halt, bis ich das sicher anwenden kann.

  • Hallo,

    ich hatte mal eine Hündin aus dem Tierheim (war damals Gassigeher) die richtig leinenagro war und auch gerne mal um sich biss. Da half kein Leckerchen oder Clicker und schon schon gar kein absitzen. 30 kg in Rage waren nicht zu halten.
    Wir haben es dann mit Geschwindigkeit hin bekommen. Anderer Hund in Sicht, Leine kurz und im Dauerlauf dran vorbei. Ich wollte ihr einfach keine Zeit geben sich so auf einen anderen Hund "ein zu schießen".
    Es hat eine Weile gedauert weil ich nur 2 Tage in der Woche Zeit hatte, aber bei mir war sie dann total ruhig und ich konnte auch in langsamen Schritten an anderen vorbei. Es gab nur ein kurzes Lob weil für Leckerlies rauskramen hatte ich echt keine Nerven. Irgendwann bekam sie dann einen Ball zum Tragen und mit dieser Aufgabe war sie so glücklich das sie andere Hunde ignorierte. Sie wurde dann recht schnell vermittelt und die Leute haben es genau so gemacht und nie Probleme gehabt. Sie lief sogar einwandfrei am Rad an anderen Hunden vorbei.

    LG Terrortöle

  • Ein Hund lernt auch so was richtig und falsch ist ohne Strafe.
    Gutes Verhalten wird belohnt schlechtes Verhalten nicht.
    Am besten kann man einfach weiter gehen wenn der Hund bellt um Distanz zu schaffen.
    Oder man baut ein Abbruchsigmal auf aber positiv.

  • Huhu @gorgeous2000

    Genau da sind wir beim Problem angelangt ;-)

    Anka ist mittlerweile nahezu perfekt. Wir haben uns echt viel Mühe gegeben, hatten Privatstunden etc.

    Sie hört zu 99,9% perfekt, egal ob Abruf, Kommandos aus der Distanz, Frusttoleranz.... mittlerweile stoppt sie bei ihrem Lieblingsball sogar 50cm vor dem Ball. Wäre noch vor einem Jahr undenkbar gewesen. Sie lässt Essen liegen, wenn sie es soll. Sie ist wenn es klingelt nicht mehr komplett am Durchdrehen, sondern bellt 2x und erwartet dann ruhig das Leckerlie. Sie ist leinenführig, obwohl sie eigentlich noch ein ziemliches Energiebündel ist, trotz ihres Alters.

    Abbruchsignal ist aus. Klappt auch. In so ziemlich allen Situationen - außer bei anderen Hunden. Da ist es, wie ich erwähnte, als wäre sie komplett taub. Kein Fuß, kein aus, kein nein, kein weiter... gar nix hilft. Ihr Kopf ist nicht bei mir, obwohl sie in anderen Situationen mittlerweile immer ansprechbar ist. Daher sehe ich da auch keine Veranlassung, weiter daran zu üben.

    Daher hatte ich die expliziten Fragen für mein Training gestellt... wir haben so viel zusammen erreicht und genau da kommen wir nicht weiter. Das ist sooo frustrierend :-(

    Trainingspartner-Hunde haben wir leider nicht - wir kennen niemand mit Hund bzw wir kennen nur die vom Hundetraining und die kennt Anka mittlerweile alle so gut, dass sie locker an denen vorbei kann. Sind ja auch schon anderthalb Jahre dort.
    Im Dorf hat Anka nur einen Kumpel und bei dem freut sie sich wie Bolle wenn sie ihn sieht - also auch kein Trainingspartner.

    Allgemein ist es furchtbar schwierig bei uns mit Trainingssituationen: Wir haben anscheinend zwar an die 2000 Hunde im Ort, aber davon sind gefühlte 99% Gartenhunde. Ich sehe SO selten andere Hunde und wenn ich auf die zulaufen will, drehen die meisten selber ab, oder sie haben Fifi nur mal kurz zum Pinkeln aus dem Auto gehoben... Immer, wenn wir jemanden zum Üben haben, ist es wahrscheinlich so, dass ICH auch voll aufgeregt bin... sehr kontraproduktiv.


    @Terrortöle

    Das klingt, als könnte es bei meiner Kleinen echt gut klappen... wenn wir joggen, ist mir die Leinenaggr. auch egal - ich werde einfach kurz schneller und sie muss mit. Klappte eigentlich immer ganz gut... sie hat höchstens noch mehr nach vorne gezogen... dass ich das auch beim normalen Gassi ausprobieren kann, darauf bin ich gar nicht gekommen :-) Vielen Dank :-)

  • Mein Gefühl (ich find das ohne euch live erlebt zu haben echt schwierig, das einzuschätzen): nach allem, was ihr schon erreicht habt (toll!), kann sie in den schwierigen "Hundebegegnungs-Situationen" bis heute nicht loslassen. Sie ist mit dem Kopf bei dem anderen Hund, nicht bei Dir.
    Ich würde genau das aber wollen. Und daher auch darauf achten, dass sie mich ansieht. Beim "Sitz" ebenso wie beim Vorbeilaufen.
    Wobei ich ruhiges Vorbeilaufen wohl auch erstmal durch Vorbeijoggen ersetzen würde, wenn du dabei ein sichereres Gefühl hast. Vor allem scheint das für euch beide eine "Ignore"-Situation zu schaffen.

    Aber beim Sitz sollte sie mit Kopf und Augen - zumindest vorerst - bei Dir sein. Deswegen vergisst sie doch den anderen Hund nicht. Aber es macht klar, dass Du die Situation regelst.

    Mein Eindruck - so aus der Ferne...

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