Ich kann mich flying-paws nur anschliessen. Besonders, was den hysterisch kreischenden Sichtlaut gebenden Hund an der Leine betrifft: das sollte man aushalten können.
Im Prinzip ist die Vergangenheit des Hundes völlig egal. Auch, ob er tatsächlich für die Jagd gezüchtet und eingesetzt wurde oder nicht. Du suchst ja, wenn ich das richtig verstehe, keinen tauglichen Jagdhund, sondern möchtest einen händelbaren Begleiter. Wichtiger als die Vergangenheit des Hundes sind die Verhaltensweisen, die er jetzt und bei Dir an den Tag legt und die Frage, welche Massnahmen Du ergreifen musst, damit der Hund in Deinem Alltag führbar für Dich ist. Nur weil man sich irgendwie so durchwurschtelt und es 'schon irgendwie geht' heisst das nicht, dass man sich (dem Hund und dem eigenen Umfeld) das für die nächsten 14 Jahre lang antun möchte.
Ja, wahrscheinlich wäre es total hilfreich, wenn da mal jemand drauf guckt, der das besser einschätzen kann. Eine entfernte Bekannte bildet gerade einen Jagdhund aus, vielleicht kann ich die mal zu einem Treffen in den Herbstferien überreden.
Die Jägerin kann Dir sicher in Deinem Verständnis für Deinen Hund helfen, aber bedenke: ein Jäger, so meine Erfahrung, achtet auf und freut sich logischerweise über ganz andere Verhaltensweisen des Hundes als ein Begleithundehalter. Was für den einen ein 'guter' Hund ist, kann für den anderen zum Spiessrutenlauf werden. Freut sich der Jäger, wenn sein Hund ihn zu einem Wildwechsel hinzieht und ihm diesen sauber anzeigt, so findet der Begleithundehalter genau dieses Verhalten in seinem Alltag vielleicht nicht so prickelnd und würde demselben Hund ein Leinenführigkeitsproblem attestieren. Von einem Begleithund wird stete Impulskontrolle und moderate Begeisterungsfähigkeit (andere nennen es 'Trieb') gefordert, während man einen Gebrauchshund genau aufs Gegenteil selektiert. Letzterer soll auf ganz bestimmte Reize möglichst hemmungs- und kompromisslos reagieren, während sich ersterer in Gegenwart dieses Reizes bitte zurücknehmen und diesen ignorieren oder eben sehr kontrolliert darauf ansprechen soll.
Beim Terrier kommt noch dazu, dass man diese Art von Hund nicht auf Führigkeit gezüchtet hat. Terrier müssen während ihrer jagdlichen Arbeit (verglichen mit anderen Jagdhunden, wie z.B. den Spanieln, Settern oder Bracken) nur in sehr geringem Masse mit dem Menschen kooperieren. Zögerlichkeit oder Ängstlichkeit würden einen sehr schnellen Tod bedeuten. Mut, Schneid und Durchsetzungsvermögen (häufig Umschreibungen für Verhaltensweisen aus dem Aggressionsbereich) zeichnen einen 'guten' Terrier aus.
Sei Dir also bewusst, dass Du im schlimmsten Fall von diesem Hund sehr viel fordern wirst, das wortwörtlich gegen seine 'Natur' (also eigentlich die ihm ganz bewusst angezüchteten Eigenschaften, die ihn für die ihm ursprünglich zugedachte Aufgabe perfekt ausstatten) geht. Das ist - natürlich abhängig von Deinem Können - zwar durchaus möglich, aber sowohl für Dich wie auch für den Hund eine Herausforderung, die Du mit einem Hund eines anderen Typs so sicher nicht hättest. Mit so einem Hund wirst Du vor Erziehungsaufgaben und Verhaltensänderungen gestellt werden, die Du mit einem Hund, der bewusst als Begleithund gezüchtet wurde, gar nicht oder in sehr viel vermindertem Rahmen hättest. Während Deine (hypothetische) Freundin mit ihrem freilaufenden Collie gemütlich und gedankenversunken telefonierend durch den Wald schlendern und auf dem Hundeplatz bereits erste Obedience-Übungen absolvieren kann, arbeitest Du zur gleichen Zeit wahrscheinlich noch an der Leinenführigkeit oder an Aufmerksamkeitsübungen im Wald oder versuchst verzweifelt Deinen Terrier davon abzuhalten, den Hundeplatz nach Mäusen umzugraben. Der Collie ist in diesem Beispiel nicht der bessere Hund, aber er ist in diesem Beispiel besser für die Aufgabe, das Umfeld und die Erwartungen geeignet, die an ihn gestellt werden.
Mit viel Wissen, Können und Schweiss bringt man auch einen sehr jagdambitionierten, raubzeugscharfen Terrier aus Leistungszucht dazu, sich in unserem Alltag möglichst unauffällig zu bewegen. Seinem Naturell entspricht es allerdings nicht und man wird man stets Abstriche machen müssen. Kannst Du Dir vorstellen, diesen Hund nur sehr punktuell oder vielleicht auch gar nie frei laufen zu lassen? Kannst Du Dir vorstellen, draussen im schlimmsten Fall stets eine Schleppleine an diesem Hund zu haben? Bist Du und sind die Leute, die diesen Hund betreuen werden, verantwortungsvoll, fähig und willens genug, ihn für den Rest seines Lebens so zu führen, dass er keinen Schaden anrichten und kein anderes Tier verletzen oder töten kann (man denke da an Nachbars Katze, die gern mal im Garten herumstreunt oder die frei im Garten herumrennenden Meerschweinchen der Neffen beim Geburtstagsfest)? Könntet ihr damit umgehen, falls es trotz all Eurer Vorsicht doch dazu kommt, dass der Hund ein anderes Tier erwischt und wärt ihr bereit, die Konsequenzen zu tragen?
Es gibt durchaus Menschen, die Freude an derartigen Herausforderungen haben und durch und durch Terriermenschen sind. Ich denke hier im Forum z.B. an BieBoss, die erfolgreich Tierheimterrier zu rehabilitieren weiss und ein gutes Händchen für die Terrieristen zu haben scheint. Vielleicht hilft es Dir auch, etwas in ihrem Thread zu stöbern?