Nicht jeder Mensch kommt am gleichen Punkt an seine Grenzen. Nicht jeder Mensch ist gleich leidensfähig.
Ich denke, man sieht hier - nicht nur aus den Berichten der TE - die langen Leidensgeschichten, die ein schwieriger Hund mit sich bringt, sehr gut. Auch die psychische Abhängigkeit, in die man gerät. Man ist tagein, tagaus gedanklich so mit diesem einen Hund beschäftigt, dass man keinen Abstand mehr findet. Man läuft im Dauerstress und irgendwann auf dem Zahnfleisch.
Ob man das, wenn man in diese Situation geraten ist, wirklich durchstehen muss, ist sehr individuell und eine persönliche Entscheidung, die jede*r selber treffen muss. Zu bedenken ist vielleicht auch, dass ein Mensch, der dauerhaft über seine Grenzen belastet wird, irgendwann gar nicht mehr funktioniert: und dann fallen in diesem konkreten Beispiel ein Mensch und nicht nur einer, sondern gleich zwei Hunde durchs System und müssen von anderen betreut und versorgt werden.
Es ist absolut typisch, dass man diese Hunde 'nicht loslassen' und sich nicht vorstellen kann, dass ihn jemand anderes aufnimmt und den Job, für ihn zu sorgen, genauso verantwortungsvoll übernimmt wie man selbst. Man gerät in einen Tunnel, in dem man sich nicht vorstellen, dass sich das irgendjemand freiwillig antut. Dabei wird vergessen, wie enthusiastisch man vielleicht am Anfang noch war und dass man selbst ja auch schon jahrelang kämpft und trotzdem noch nicht aufgegeben hat.
Ich halte es für eine Qualität, sagen zu können, wann man seine Grenzen erreicht hat.
Ich sehe verschiedene Möglichkeiten:
- den Hund zu behalten, aber mein Leben wieder für mich zu leben. Zu lernen, das Umfeld für diesen einen Hund so zu gestalten, dass er möglichst nicht darunter leidet und mir meine Freiheit zu nehmen. Zu lernen, mit den Schuldgefühlen umzugehen, dass man diesem Hund nicht gerecht werden kann. Das bedeutet aber auch, dass man die nötige Infrastruktur und Wohnsituation dafür hat.
- den Hund abzugeben. Mit allen Konsequenzen. Loszulassen, voll und ganz. Dass das - eben durch die mittlerweile erreichte psychische Abhängigkeit - wahnsinnig schwer fällt, sieht man ja. Das wäre dann so ein 'lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende'-Szenario. Hier müsste man lernen, mit der Schuld zu leben, dass man den Hund aufgegeben und die Sache 'nicht durchgezogen' hat.
- den Hund woanders und gegen Bezahlung unterzubringen. Ist unkonventionell, teuer, kann eventuell aber funktionieren, wenn die richtige Person oder Institution gefunden wird. Auch hier wird Schuld eine Rolle spielen: dass man selbst versagt hat und nun so viel Geld für eine alternative Betreuung ausgibt, das man vielleicht für anderes brauchen könnte.
Wie Du siehst, wird Schuld - ob berechtigt oder nicht ist eine Frage der persönlichen Wertvorstellungen - in allen Varianten eine grosse Rolle spielen. Die Frage ist einzig, mit welcher Art von Schuld und Belastung Du am einfachsten umgehen kannst.