Beiträge von Wandelroeschen

    Ich glaube auch, was hier noch unterschieden werden sollte: Hunde brauchen die Einzelzeit mit ihren Menschen sicher nicht. Die sind glücklich unter sich.

    Nein. Das ist der Unterschied zwischen Hund und Wolf. Hunde verfügen über gewisse ziemlich einzigartige Fähigkeiten mit Menschen in Kommunikation zu treten, welchen andere Tierarten - so auch dem Wolf - vorbehalten bleiben.

    Wissenschaftliche Arbeiten sagen da doch schon länger etwas anderes (siehe z.B. Feddersen-Petersen, Miklosi, etc.)

    Selbstverständlich ist nichts absolut: es gibt durchaus Hunde, welche keine Menschen 'brauchen' (wobei das sowieso ein sehr schwierig zu definierender Begriff ist). Zwar können Hunde, wie die Dingos in Australien, wieder in Sonderformen verwildern, doch macht den Hund als Wesen schon eher aus, dass er sich den Lebensraum mit dem Menschen teilt. Das bedeutet allerdings nicht, dass jeder Hund zum Sofawolf geboren ist. Es kann auch heissen, dass Hunde sich als halbwilde Strassenhunde ohne eigentlichen Besitzer in der Nähe des Menschen aufhalten.

    Sobald Hunde auf den Menschen geprägt und mit ihm sozialisiert wurden, scheinen sie zu einer stabilen Rudelbildung mit Artgenossen nicht mehr fähig oder gewillt zu sein. Anders sieht es bei (wieder) ganz oder halb verwilderten Formen aus (z.B. Bonanni & Cafazzo), wobei sich auch diese Gruppen meist weiterhin so nah an der menschlichen Zivilisation aufhalten, wie sie dort eben toleriert werden.

    In dieser Hinsicht finde ich bei der Vielhundehaltung eben schon wichtig, dass jeder Hund tatsächlich täglich genügend Aufmerksamkeit und Sozialkontakt mit 'seinen' Menschen erhält.

    Wieviel Nähe und Aufmerksamkeit ein Hund verträgt ist rasse-, typen- und charakterabhängig.

    Gerade Begleithunderassen sind sehr viel resilienter und zeigen - meiner Erfahrung nach - tendentiell weniger Probleme, wenn ihnen alle Aufmerksamkeit der Welt geschenkt wird. Andererseits können diese Hunde oft auch besser damit umgehen, wenn sie eben nicht der Nabel der Welt sind. Bei 'Arbeitsrassen' ist diese Balance oft schwieriger zu finden und zu erhalten. Diese Hundetypen sind schlichtweg oft nicht dafür gezüchtet, den ganzen Tag lang neben dem Menschen zu verbringen, sondern wurden ab und zu (und das keinesfalls unbedingt täglich) kurz mal zum Arbeitseinsatz herangezogen und dann wieder in den Zwinger, bzw. den Stall gebracht.

    Dann ist es auch eine Charaktersache: genauso wie es eben Menschen gibt, die den ganzen Tag lang gerne in Gesellschaft anderer verbringen, gibt es auch Hunde, welche dieselbe Vorliebe haben. Andere bevorzugen eher das Alleinesein. Die Problematik dabei ist natürlich, dass unsere Hunde sich nicht aussuchen können, mit wem sie leben.

    Ich versuche bei meinen eigenen Hunden alle obengenannten Kriterien zu beachten, wenn ich die Musse habe, entscheiden zu können, wieviel Aufmerksamkeit jeder kriegt. Je nachdem wie mein Alltag sich gerade gestaltet, ist die Zeit, welche für die Hunde bleibt, halt vorgegeben.

    Ich halte es für alle Seiten für sehr gsund, sich immer auch wieder bewusst von den Hunden zu lösen und versuche auch meinen Hunden immer wieder Zeiten einzurichten, in denen sie eine Pause haben. Ich gebe mein Bestes, dass es ihnen gut geht, also brauche ich auch kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich meinem 'hundelosen' Leben ebenfalls Platz einräume und sie währenddessen bestmöglichst betreuen lasse.

    Vom Typ her sind meine Hunde - obwohl alles sog. 'Arbeitsrassen' - sehr unterschiedlich. Von dem, der den ganzen Tag auf mir leben könnte und dabei keinerlei Auffälligkeiten zeigen würde bis zu dem, der seine Einzelpausen aktiv einfordert, diese wie die Luft zum Leben braucht und ohne sie ziemlich ungeniessbar wird, ist alles dabei.

    Ich verstehe, dass man keinen Pudel halten will. Weshalb man allerdings sowohl einen Pudelmix wie auch einen Pudelpointer, nicht aber einen reinen Pudel in Erwägung ziehen kann, erschliesst sich mir nicht so ganz. Als erstes hätte ich bei Euch auch an einen Pudel, Labradoodle o. Ä. gedacht. Aber: im Gegensatz zum reinrassigen Pudel können Labradoodle (je nach Kombination sogar stark) haaren und ja, sie sind halbe Pudel.


    P.s.: Ich wundere mich immer wieder, was es andere Leute angeht, wer wieviel für welchen Hund zahlt. Ist das Eifersucht? Das kann einem doch völlig schnuppe sein und ist nun in der Doodle-Debatte wirklich der irrelevanteste Punkt.

    Ich denke auch: Du brauchst keinen Hundetrainer, sondern Erziehungsberatung für Dein Kind. So erwachsen ein 13-jähriger Mensch auch wirken mag: er ist es nicht und kann die Konsequenzen seiner Handlungen noch nicht vollständig einschätzen.

    Es ist Deine Aufgabe und Pflicht, Deinen Hund vor dem übereifrigen Kind zu schützen, klare Regeln aufzustellen und Dir Konsequenzen zu überlegen, wenn diese nicht befolgt werden. Reden (= den Verstand ansprechen) hilft, wie Du ja selber beobachtest, hier nicht: also ist Handeln angesagt.

    Nimm Deine Verantwortung wahr, gehe das Risiko einer Auseinandersetzung mit Deiner Tochter ein (es ist gerade ihre Entwicklungsaufgabe, die geltenden Regeln und das bisher etablierte System zu hinterfragen) und hol Dir in dieser Hinsicht Hilfe, wenn Du sie brauchst. Die Hundetrainer haben Dir bereits gesagt, was zu tun ist.

    Es ist aber ein anderes Mindset, dass der Hund für die psychische Belastung im Agi braucht, als er für die psychische Belastung im Gebrauchshundesport benötigt.

    Das lässt sich nicht von heute auf morgen umstellen und dass dabei wieder zig Hunde auf der Strecke bleiben werden, in deren Generation diese Umstellung im Kopf einfach noch nicht funktioniert hat, darüber wird dann fleißig geschwiegen, denn man will ja die handvoll pushen und in der Zucht halten, bei denen es zumindest ansatzweise geklappt hat und darauf "aufbauen".

    Die anderen sieht man nicht, redet man nicht drüber, gibt's also nicht.

    Danke für Deine sachliche Antwort.

    Das sehe und verstehe ich absolut. Mir ist nur nicht ganz klar, weshalb nicht beides gehen sollte. Ich hätte jetzt nicht gefordert oder erwartet, dass die ganze Mali-Zucht gleich eine ganze Kehrtwendung macht und alles ab sofort wie verrückt nur noch auf Tauglichkeit im Agility selektiert. Meine Vorstellung wäre eher, dass man denjenigen, welche diese Hunde für einen neuen, weiteren Verwendungszweck halten und züchten wollen, ebenfalls ihr Recht zugesteht, die Rasse mitzugestalten und sie dabei so unterstützt, dass gewisse rassetypische Merkmale trotzdem nicht verloren gehen.

    Aber es stimmt natürlich, dass dabei irgendwelche festgefahrenen schwarz-weiss Positionen in dieser Diskussion nicht hilfreich sind. Wenn jeder einfach nur seine eigene Vision dieser Rasse durchsetzen will können keinerlei Kompromisse gefunden und ein gemeinsames Ziel entwickelt werden.

    Schlussendlich läuft das natürlich auf die Diskussion hinaus, ob man eine Rasse einfach nur einem (möglicherweise gar nie dagewesenen) 'alten' und 'ursprünglichen' Ideal und Standard entsprechend erhalten oder sie den modernen Ansprüchen gemäss weiterentwickeln will.

    Dass das eine ständige Gratwanderung ist, sehe ich durchaus. Einfach nur sofort jedem neuen Hype hinterherzurennen, kann auch nicht das Ziel der Übung sein.

    Wenn wir den 'Erhalten um jeden Preis'-Gedanken allerdings konsequent durchdenken, dürfte auch kein einziger Schäferhund irgendetwas anderes tun, als nach wie vor mit einem Hirten durch die Lande zu ziehen und Furche zu laufen. Das steht schliesslich schon im Namen...

    Ein wichtiger Punkt bei der Diskussion um Rasseerhalt und Weiterentwicklung ist halt auch, dass unsere Ideen bezüglich des 'ursprünglichen' Verwendungszwecks eines Hundes erstens arbiträr sind und sich zweitens auf einen ebenfalls meist willkürlich in einer (realen oder fiktiven) historischen Zeit festgesetzten Zeitpunkt beziehen.

    Genau. Ich sehe, was Helfstyna und Murmelchen sagen, aber beim Agility geht es ja, wie Gandorf sagt, um eine sehr messbare, körperliche Leistung sowie eine gewisse Fitness, Trainierbarkeit und Nervenstärke um im Parcours Leistung bringen zu können.

    Der Vergleich mit dem Berger Blanc Suisse und dem Dobi hinken da meiner Meinung nach, weil die einfach zu Begleithunden umgemodelt werden sollten (ohne klares Zuchtziel wie von mir definiert).

    Um mal kurz deutlicher zu schreiben was ich meine:

    Zuchtziel Hunde unter dem Standard. Darauf wird selektiert. Das ist DAS Ziel.

    Und ja, wenn dann Rueden mit 51 oder 52 cm in der Zucht sind oder Huendinnen in dem Bereich und das kein 'Unfall' sondern Zuchtziel ist, dann finde ich das falsch.

    Und wenn ich dann hoere wie wertvoll dieser Hund doch fuer die Zucht ist (das ist die Begruendung..teilweise auch vom RZV!) dann darf ich mich schon fragen was an so Hunden (welche Punkte ich meine habe ich weiter vorne geschrieben) so wertvoll fuer eine Gebrauchshunderasse, die noch immer auch im Dienst laeuft, sein soll.

    Und zusaetzlich finde ich die Selektion auf ein einziges Merkmal auf lange Sicht hin voellig falsch.

    Ich möchte nicht streiten, ich möchte lernen, deshalb frage ich: Wenn doch offensichtlich ein Bedarf an Hunden da ist, welche diesen Kriterien entsprechen und es für die Hunde keine negativen Konsequenzen hat: wieso nicht?

    Standards sind ja nicht gottgegeben, sondern genau so menschgemacht wie neue Anforderungen (Malis oder DSHs für Agility).

    Gibt es ausser 'dafür wurde die Rasse nicht ursprünglich verwendet' und 'ich will nicht, dass diese Hunde dafür gebraucht werden' noch andere Gründe, weshalb man die Zucht nicht auch in diese Richtung öffnen sollte?

    Was die Selektion auf ein einziges Merkmal betrifft, bin ich ganz bei Dir.

    Ich würde auch sagen: spar Dir die Zeit und Mühe.

    Das ist so eine Glaubensrichtung, die meiner Erfahrung nach von Leuten kommt, die erstens noch nie wirklich Einblick in die tiefen Abgründe des Tierschutzwesens erhalten haben und zweitens noch nie einen Hund für einen anderen Zweck hielten als den, einen netten Begleiter und ein neues Projekt zu finden.

    Beides ist legitim und genau so lange kein Problem, wie man erkennt, dass das eine persönliche Einstellung ist und man diese Weltanschauung und Lebensweise keinem anderen aufzwingen will.

    Ich versteh Deine Angst. Auf Reisen hab ich das schon so gelöst, dass ich mir eine robuste Kette und zwei kleine, aber stabile Vorhängeschlösser gekauft hab. Damit konnte ich einerseits das Rad, andererseits aber auch den Hund zumindest so sichern, dass ihn niemand einfach so beim Vorbeigehen mitnehmen konnte. Dem Hund hab ich die Kette so um den Hals gelegt, dass sie relativ eng sass und man sie nicht einfach über den Kopf streifen konnte. Wohl war mir dabei zwar selten und ich habe den Hund immer nur so kurz wie möglich alleine gelassen, aber was muss, das muss.

    Worüber man sich im Klaren sein muss: der Hund ist damit Passanten (die durchaus nicht immer wohlwollend sein müssen und den Hund auch mal als Zielscheibe ihrer fehlgeleiteten Absichten missbrauchen können) und allen anderen Widrigkeiten völlig ausgeliefert. Je nachdem können Leute sich (vielleicht nicht ganz zu unrecht) auch darüber empören, dass da ein Hund so angekettet sitzt. Wenn ich konnte, hab ich den Hund immer (angekettet) in den Anhänger gepackt, damit er nicht ganz so sichtbar war.

    Ideal ist die Lösung also nicht, zumal man bei Kette und Vorhängeschlössern bei Radtouren ja auch immer einen Kompromiss zwischen Sicherheit und Gewicht eingehen muss.

    Ich hab auch just nach meinem Post gedacht, dass es eigentlich zwei sehr getrennte Themen sind.

    A) wie kommen die Gebrauchs-/Arbeitsrassen aus einem genetischen Minipool raus

    B) wie sieht die Zukunft der Hundezucht aus, wenn viele Rassen kaum noch gebraucht werden

    A) Gebrauchs- und Arbeitsrassen sind witzigerweise nicht diejenigen, welche da die grössten Probleme hätten. Wann auch immer ein Tier zu einer gewissen (mehr oder weniger messbaren) körperlichen Leistung herangezogen wird, achten Züchter schon darauf, dass diese Leistung auch erbracht werden kann. Wenn Du Zuchten anschaust, die auf Leistung selektieren, wirst Du da zwar beide Extreme in Bezug auf Inzucht und Outcross finden, aber in den allermeisten Fällen findest Du - möglicherweise genau deshalb - in diesem Bereich eine einigermassen stabile und im Hinblick auf die genetische Vielfalt eher weniger gefährdete Population. Leuten, denen es in erster Linie wirklich um (messbare) Leistung geht, kümmern sich meist weniger um einen Fleck am falschen Ort oder nicht perfekt stehende Ohren. Oft sind genau da die Zuchtbücher auch entweder ganz geöffnet oder man findet andere Mittel und Wege, als 'gut' bewertete, aber nicht zwingend 'reinrassige' Tiere in die Zucht aufzunehmen.

    Das eigentliche Problem findet man bei denjenigen Tieren, die keine (messbaren) Kriterien mehr erfüllen müssen, damit sie in die Zucht dürfen. Liebhaber-, Familien- und Begleithunde sind also diejenigen Rassen, welche die geringste genetische Vielfalt aufweisen. Da kann man noch so mit der ellenlangen Ursprungsgeschichte wedeln und wunderschöne Geschichten zum eigentlichen Einsatzgebiet dieser Hunde erzählen: es ändert nichts daran, dass die allergrösste Mehrheit dieser Tiere jetzt eben 'einfach' als Haustiere gehalten werden. Wer nur noch auf einer Show möglichst spektakulär seinen ins Extreme verzüchteten Körper herzeigen muss, bringt - im biologischen Sinn - eben keine wirklich messbare Leistung.

    Anstatt die Haustierhaltung aber nun einfach zu verteufeln - was einige hier im Forum gerne tun - finde ich, sollten stattdessen klare Kriterien aufgestellt werden, was von einem nachhaltig und dem Tierwohl entsprechend gezüchteten Hund, der später selber auch 'guten' Nachwuchs produzieren soll, erwartet werden kann. So stünde für mich z.B. die Gesundheit (inklusiver der Erhaltung der genetischen Vielfalt) und das Wesen (neugierig, freundlich, resilient, hohe Reizschwelle, sehr hohe Tendenz zu Fiddle / Freeze und möglichst keine Fight-Neigung bei Konflikten, sehr hohe Beisshemmung) im Vordergrund.

    B) Nun, auch das hat unweigerlich mit dem Kulturwandel zu tun. Anstatt dagegen anzukämpfen setze ich mich kontroverserweise ja dafür ein, diejenigen Hunde zu züchten, welche eine Gesellschaft sucht und will. Anstatt also z.B. Doodles und weitere Modekreuzungen zu verteufeln, sollte man sich meiner Meinung nach besser dazu Gedanken zu machen, welche Rassen denn den Ansprüchen, welche die Leute heute an ihre Haustiere haben, gerechter werden und wie man dies mit einer durchdachten, gezielten und vernünftigen Zuchtpraxis erreichen kann. Das wäre auch durchaus im Sinne des Tierwohls.

    Hundehaltung ist eine emotionale und keine rationale Sache. Deshalb kann man zwar dafür plädieren, dass nur eine ausgewählte Gruppe von wohlinformierten Leuten Hunde halten dürfen, aber es ist in seiner Forderung einfach utopisch. Anstatt also einfach mal die ganze Menschheit in ihrem Wesen und ihrer emotionalen Reaktion Hunden gegenüber umerziehen zu wollen, würde ich eher beim Hund - der ja eh schon ein menschgemachtes Produkt ist - ansetzen. Die Genetik des Menschen können wir schlecht bekämpfen. Diejenige des Hundes aber, die liegt in der Hand und der Verantwortung eines jeden Züchters und Zuchtverbandes...