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Naja, nicht alles was medizinisch möglich ist, ist auch im Sinne des Tierwohls. Da ziehe ich die Grenze.
Zwischen Hund und Pferd sind viele Unterschiede. Ich kenne mich was das medizinische beim Pferd angeht sehr gut aus, deshalb kann ich mir dazu Gedanken machen. Der größte Unterschied, mit Vor- und Nachteilen zugleich, ist sicherlich die Art der Betreuung. Viele Eingriffe beim Pferd haben nach Klinikaufenthalt zum Beispiel eine wochenlange, wenn nicht sogar monatelange Boxenruhe (oder kontrollierte Bewegung, so kontrolliert wie es geht, denn handeln kannst du dann kaum noch ein Pferd) zur Folge. Das muss man natürlich mit tausenden Faktoren abwägen, ob man das dem Lauf, Flucht und Herdentier Pferd zumuten kann. Aber, und da ist der Unterschied, vor allem für das Tier: es steht im Stall. Es ist kein Hund, den ich mit nach Hause nehme und ihn 24/7 bei der Genesung begleiten kann. Diese Boxenhaft ist oftmals in meinen Augen nicht lebenswert und dann ist eben die Frage, was danach kommt. Nochmal 10 Jahre auf der Weide auf den Tod warten? Je nach Art der Unterbringung auch nicht erstrebenswert. Ich habe mich bei solchen Eingriffen schon sowohl dafür, als auch dagegen entschieden. Der Hund hat, wenn auch mit Schmerzen und Einschränkungen, sehr schnell seine Familie wieder. Er ist in seinen existenziellen Bedürfnissen weitaus weniger eingeschränkt, als ein Pferd nach einer OP.
Das kommt natürlich immer alles ganz, ganz speziell auf den Einzelfall an, die medizinischen Befunde, die eigenen Möglichkeiten um Umstände, Tiercharakter und 100 weitere Faktoren. Ich wollte nur versuchen darzulegen, weshalb ich tendenziell beim Hund vermutlich mehr medizinische Eingriffe durchführen lassen würde, als beim Pferd. Beim Pferd ist medizinisch, wenn man notfalls auch (aus meiner Sicht) aufs Tierwojl verzichtet, fast alles machbar. Das ist ein Drölfzigtausend-Milliarden-Geschäft. Für so einen 5 Millionen Gaul (bitte entschuldigt, daß Pferd kann nichts dafür) wird zur Not eben ne neue OP Methode erfunden. aaaaaaber... ich schweife ab.
Deine gezogene Grenze ergibt aber bzgl. des Themas AKU keinen Sinn. Mir ging es nicht generell um die Grenze bei medizinischer Versorgung. Die sollte immer im Sinne des Tierwohls gezogen werden (und auch da sind die Grenzen bei jedem anders).
Aber ob ich bei ner AKU nur Temperatur messe und abhöre, dem Hund noch Blut abnehme (und da vom Hundertsten uns Tausendste komme) oder beim Röntgen nur die Hüfte oder gleich noch sämtliche Gelenke und die Wirbelsäule mitmachen lasse, ob ich gleich noch CT/MRT hinterher schiebe, wenn er eh schon in Narkose liegt, auf sämtliche rassetypische Krankheiten untersuchen lasse,… da sehe ich das Tierwohl nicht gefährdet. Trotzdem muss man ja irgendwo eine Grenze ziehen, denn das Feld Vorsorgeuntersuchungen ist ein weites und man kann ja nun nicht alles untersuchen. Bzw. kenne ich tatsächlich keine TÄ, die das machen würden. Zumindest die, mit denen ich zu tun habe, sagen mir schon recht deutlich, was sie mir an Diagnostik jetzt ganz eindeutig NICHT empfehlen würden. 🤪
Dass die Entscheidung, welche Behandlung man im Falle eines Falles so wählt, von sehr vielen Faktoren abhängt, hatte ich ja auch erwähnt. Scheinbar ist aber meine Kernaussage dabei flöten gegangen: gerade weil man mit einem Hund so eng zusammenlebt, theoretisch viel machbar ist, es kein Schema F gibt, ein Hund per se erstmal mit vielen Lebensmodellen zurechtkommt im Vergleich zum Pferd,… wirst du dich auf Krankheit x nicht im Vorfeld vorbereiten können. Und schon gar nicht auf den geplanten Behandlungsverlauf, der ja vielleicht auch erst in ein paar Jahren beginnen wird.
Meine eine Hündin hat Leishmaniose. In ihrem ersten Lebensjahr war das eine Vollkatastrophe, seitdem läuft sie aber weitestgehend unkompliziert. Trotzdem hat sie immer mal Ausbrüche der Krankheit und damit einhergehend Sekundärerkrankungen und -probleme. Was und wann das ist, ist vollkommen unvorhersehbar und genau so ist es auch mit den daran anknüpfenden Behandlungen. Was ich sicher weiß ist, dass sie Leishmaniose hat (und das ist natürlich ohne Frage eine wichtige Erkenntnis). Alles andere kommt, wie es kommt und man muss sich dann eben was einfallen lassen, was für sie passt. Meine Praxis hat noch eine Handvoll weitere Leishmaniose-Hunde. Die reagieren alle vollkommen unterschiedlich auf die Erkrankung an sich, aber auch bzgl. der Medikamente und Nebenwirkungen.
Und so ist es doch mit ganz vielen Erkrankungen und Hunden.
Davon ab verstehe ich deinen Einwand mit der rosaroten Brille nicht. Wenn für dich eine Erkrankung eh kein Ausschlusskriterium ist, dann spielt das doch gar keine Rolle? Dann geht es ja nur um vermeintlich bessere Planbarkeit.
Glücklicherweise verliert sich so eine rostrote Brille ja aber eh meist mit der Zeit und dann kann man ja auch wieder ganz normal sinnvolle Diagnostik betreiben.