Ich habe den Eindruck, dass viele Hundehalter teilweise kein Gefühl dafür haben, was sie ihrem Hund so alles abverlangen.
Da wird sofort nach dem Einzug jeden Tag ordentlich in mehreren Einheiten trainiert, zur Sozialisierung auf Hundewiesen gegangen, dann soll der Hund zu Hause sofort umkippen und schlafen, wenn der Haushalt gemacht wird. Der Tag ist durchgetaktet, wenn es mit der Stubenreinheit oder dem Durchschlafen nicht klappt, wird aus dem Welpen ein Problem. Da gibt es etliche starre Ideen, Ziele und Pläne, denen der Hund teilweise gar nicht genügen kann.
Der erwachsene Hund soll überall mit hin, sich in der Stadt, bei Besuchen, mit Fremdhunden nahtlos eingliedern. Viel Impulskontrolle liefern, entspannt an der Leine laufen, Fremdhunde nicht anpöbeln, nicht jagen, im Büro still liegen und schlafen.
Die Phasen, in denen der Hund einfach mal Hund sein kann, sind eng gestrickt. Und wenn das alles nicht funktioniert, drehen sich Hund und Halter teilweise wechselseitig in eine Stressschleife.
Das Ganze dann gerne mit Spezialisten/ Arbeitsrassen, deren Eigenschaften denen eines Begleithundes im Wege stehen.
Ich vermisse ganz oft das gemeinsame Entdecken, das Arbeiten mit und im Tempo des Hundes, der da gerade heranwächst, und das Gespür für das Tier. Stattdessen wird alles auf "Funktionalität und Leistung" ausgelegt und enormer Druck erzeugt, wenn die gesteckten Ziele nicht erreicht werden.
Ich lese die Aufforderung zu mehr Ruhe teilweise auch als Änderung dieses strikten Ablaufplans, der völlig am Tier vorbei läuft. Teilweise aber auch als Aufforderung, mal einen Schritt zurückzutreten, von den starren Vorstellungen abzulassen und mit Abstand aus einer neuen Perspektive auf das Tier und auf den Hund zu schauen, um einen anderen Ansatz zu finden und sich auf den eigenen Hund und dessen Bedürfnisse einzulassen.