Was mich aber noch interessiert: Wir haben ja noch nie gezielt Ruhe geübt, es war bis jetzt nicht nötig. Ich wüsste auch gar nicht, wie man so etwas übt
Aaaaaaber, ich würde das schon sinnvoll finden, man weiß ja nie, was kommt. Wie übt ihr das denn (also die, die das üben) bzw. wie baut ihr das im Alltag ein?
Da gibt es zwei unterschiedliche Aspekte, die auch nicht durcheinander geworfen werden sollten.
Im Prinzip geht es um die Erwartungshaltung, die den sympathischen Bereich des vegetativen Nervensystems aktiv hält.
Am Beispiel: Für einen Welpen ist ALLES neu und aufregend, dass hier der Sympathikus verstärkt aktiv ist, ist in dieser Lebensphase NORMAL. Deshalb wird zum Beispiel auch davor gewarnt, einen Welpen zu sehr zu Bespaßen und auf seine Forderung nach Aktivitäten einzugehen, sondern lieber dosiert Aktivitäten zu planen und ausreichende Erholungsphasen sorgfältig im Blick zu haben. Sonst erzieht man sich ein "Duracellhäschen", welches immer mehr Aktivität einfordert, weil es nie gelernt hat zur Ruhe zu kommen.
Dieses "zur Ruhe kommen" ergibt sich im Laufe der Zeit, weil der Welpe beim Heranwachsen Schritt für Schritt wahrnimmt, dass der Alltag routinemäßige Formen (eine Struktur) hat: Es gibt Zeiten der Aktivität, und Zeiten wo eben NICHTS passiert.
Der Hund lernt also, nicht mehr ständig in Erwartungshaltung für irgend etwas Spannendes, Aufregendes, Überraschendes zu sein, er lernt, dass es ZEITEN für ihn gibt, wo sein Erkundungsdrang (Seekingsystem; Basisemotionen nach Panksepp - für die, die es mehr interessiert
) auf seine Kosten kommt, und Zeiten, wo Ruhe ist und er sich erholen kann (durch Schlaf/Ruhen z. B., aber auch durch liebevolle Zuwendung wie gemeinsames Kuscheln auf der Couch - Caresystem/Basisemotionen Panksepp).
An dieser Stelle sollte eigentlich deutlich sein, warum eine von Außen erzwungene "Ruhe" (beispielsweise durch das Einsperren in eine Box) wenig Sinn macht: Von Außen erzwungen ist immer ein NEGATIVES Erleben, und verursacht ein negatives Empfinden (Frust z. B.). Das verringert die Wahrscheinlichkeit darauf, Ruhe als etwas Wohltuendes, Positives zu erfahren, ungemein - wenn nicht sogar völlig.
Die Alltagsunterteilung in Aktion und Ruhe ist also ein längerdauernder Lernprozess, der der Fähigkeit des Hundes angepasst ist, oder es zumindest sein sollte.
Ein erwachsener Hund mit der entsprechenden Lebenserfahrung VERSTEHT, wenn man ihm mitteilt, dass jetzt keine Zeit für Aktion ist.
Ein Welpe hat keinen Ausknopf, weshalb man diesem "Brücken" baut:
Beschäftigungsmöglichkeiten, mit denen er sich alleine vergnügen kann; längere Kausnacks, die den Parasympathikus aktivieren (wodurch die Aktivität des Sympathikus gedämmt wird); Streicheleinheiten, die Oxytocin ausschütten, welches auch den Parasympathikus aktiviert; Bewegungsraum, wo der Welpe seinem Bewegungsdrang nachgehen kann ohne dem Menschen Wichtiges zu zerstören, nur mal als Beispiele.
Ein zweiter Aspekt ist die "konditionierte Entspannung" - ein ERLERNTES Ritual, welches den Hund aus höheren oder gar hohen Erregungslagen "rausholt", und die Möglichkeit gibt, einen Hund aus einer Situation mit hoher Erregung herauszuführen - um dann z. B. alternative Bewältigungsstrategien erlernen zu KÖNNEN.
Im (wirklich) weitesten Sinne haben z. B. auch meine Hunde ein solch erlerntes Ritual: NACH dem großen Hauptspaziergang gibt es immer die "große Mahlzeit" für meine Jungs.
Sie haben gelernt, dass nach dieser langen Aktion ihr Magen gefüllt wird - und liegen anschließend platt, satt und zufrieden irgendwo rum ... und PENNEN.