Beiträge von Hundundmehr

    Aber ich glaube durchaus, dass eine erwähnenswerte Anzahl an Kleinhunden nur deshalb unbeschadet ihr unangemessen agressives Verhalten ausleben kann, weil so mancher Großhundebesitzer dafür sorgt, daß der eigene Hund keine angemessene Reaktion zeigt.

    Du empfindest es also als angemessen, wenn ein großer Hund einem kleineren Hund größeren Schaden zufügt, als der kleinere Hund je anrichten könnte?

    Warum?

    Weil er der Überlegenere ist, und es kann?

    Wird denn überhaupt in Betracht gezogen, dass es durchaus auch noch andere Gründe gibt, die eine innerartliche Schadenbegrenzung verstärken/fördern?

    Dass es eine natürliche Anlage für Angemessenheit geben könnte gibt, die den Siegeszug als beliebtesten tierischen Begleiter des Menschen überhaupt erst ermöglicht hat?

    Kennt ihr das Silberfuchs-Langzeitexperiment des russischen Wissenschaftlers Beljajew, der die Wirkungen von Domestikation nachgewiesen hat mithilfe der Selektion auf ein einziges Merkmal (Charakteristikum): ZAHMHEIT.

    tassut Es geht nicht um die "Angemessenheitsvorstellung" eines einzelnen, individuellen Hundes, sondern um die Frage: Gibt es eine solche Angemessenheit bei Haushunden?

    Dazu müssen viele Hunde und deren Verhaltensweisen ethnologisch betrachtet werden, und die Häufigkeit bestimmter Verhaltensweisen und deren Abweichungen nach ganz klaren Vorgaben erfasst werden.

    Ich habe beim Lesen Deines Texts den Eindruck, dass diese Motivation der Schadensbegrenzung die einzige Grundlage bildet für die Bewertung, welches Verhalten angemessen ist. Das verkennt in meinen Augen, dass es auch andere Beweggründe gibt, innerartliche Aggression zu zeigen, bei der Schadensbegrenzung eben nicht mehr das Ziel ist.

    Eben nicht!

    Die Annahme, es gibt unterschiedliche Motivationen die eine Schadensbegrenzung verhindern, setzt voraus dass es eine Schadensbegrenzung gibt.

    ....................

    Mal anders herum: Wenn es diese natürliche Vorgabe (=Angemessenheit im Verhalten) nicht geben würde, jeder Hund also völlig ungehemmt entscheiden könnte, welche Maßnahmen mit welcher Vehemenz er einsetzt, um sich gegen schädigende Einflüsse von Außen zu wehren - müsste es dann bei 10 Millionen (14 Millionen geschätzt) nicht deutlich mehr Vorfälle geben?

    Müssten dann nicht deutlich mehr Klein(st)hunde schwer verletzt oder gar getötet werden?

    Oder glaubt hier irgend jemand, es wäre allein der Umsicht der Halter zu verdanken, dass viele große Hunde nicht beschädigend auf "Angriffe" kleinerer Hunde ohne Beschädigung reagieren?

    Ich habe es extra in "" gesetzt, weil ich keine Ahnung habe, was für den Hund selbst angemessen ist und was unter nicht von Menschen moderierten Hunden angemessen wäre.

    Es geht nicht um das, was für den Hund selbst angemessen ist, weil die genetische Grundlagen minimalste Variationen zeigen, die den Genotyp bestimmen.

    Dazu kommt Erfahrungslernen, woraus sich dann der Phänotyp entwickelt.

    GIbt es überhaupt "objektiv angemessen"?

    Worauf bezieht sich hier "objektiv"?

    Meine Frage war: Was ist angemessenes Verhalten, und gibt es das beim Hund? (Moral lasse ich jetzt mal außen vor).

    Angemessenheit lässt sich definieren: Eine Reaktion ist dann angemessen, wenn sie das Ergebnis, welches die Aktion hervorrufen würde oder auch hervorgerufen hat, nicht übermäßig überschreitet.

    Wenn mich jemand im Gedränge schubst, evtl. sogar unbeabsichtigt, dann ist es sicher unangemessen, wenn ich mir eine Flasche nehme und diesem über den Schädel haue.

    Die Frage ist dann: Existiert eine solche Angemessenheit im Handeln auch in der Vorstellung von Hunden?

    Dazu hatte ich Beißhemmung und Drohverhalten beim Hund angeführt; Alleine die Tatsache, dass es diese Möglichkeiten der Dosierung mit dem Ziel der Schadensbegrenzung bei Hunden gibt, ist ein Nachweis dafür, dass eine Vorstellung von Angemessenheit im Verhalten genetisch veranlagt ist.

    Weiterführend habe ich angeführt, dass dieses Verhalten der Schadensbegrenzung - welches ursächlich zum Erhalt der eigenen Unversehrheit dient - im speziellen bei Haushunden, als genetisches Erbe ihrer Wolfvorfahren, mit Gefühlen und der Fähigkeit zur Empathie verbunden ist.

    Grund dafür ist die typische Veranlagung des Wolfes, in familiären Verbänden zu leben, wobei diese hochentwickelte Fähigkeit auch in sehr hohem Maße ermöglicht, familienfremde Wölfe in diesen familiären Verband aufzunehmen.

    Die Domestikation hat bei Haushunden zu einer Veränderung im Gehirn geführt; Zwar hat sich der senso-motorische Bereich verkleinert, dafür ist der assoziative Bereich größer geworden.

    Dieser assoziative Bereich ermöglicht mehr Handlungsspielraum im eigenen Verhalten, führt also weiter weg von den genetisch verankerten Handlungen der Triebe.

    Gerade das hat dazu geführt, dass Hunde eben keinen eigenen, speziellen Hundelebensraum haben, sondern ihr "natürlicher" Lebensraum die Menschenwelt ist.

    Ihre Fähigkeit, in einem so engen Sozialverband mit einer anderen Spezies zu leben, der einem Familienverband gleichkommt, beruht auf der genetischen Grundlage von Wölfen, die grundsätzlich in einem hochsozialen Familienverband (Rudel) leben.

    Diese Angemessenheit im Verhalten bei Wölfen im Rudel zeigt sich aber auch rudelfremden Artgenossen gegenüber.

    Beim Aufeinandertreffen mit rudelfremden Artgenossen wird abgewägt, ob diese eine tatsächliche Bedrohung darstellen, die groß genug ist dass die eigene Unversehrtheit (wozu eben auch die Interessen des eigenen Rudels zählen können) außer acht gelassen wird.

    Dieses Fehlen von Artgenossenaggression ist die Grundlage dafür, dass Haushunde lernen können, sich ihre Umwelt mit fremden Hunden zu teilen, ohne direkt aufeinander los zu gehen. Sie kommen in der Regel als "unbeschriebenes Blatt" ohne eine Disposition für ein Feindbild gegenüber Artgenossen auf die Welt.

    Das kann durchaus verändert werden durch den selektiven Eingriff des Menschen ...

    Für mich auch ein Grund dafür, warum es keine Zuchten mit artgenossenaggressiven Hunden geben dürfte.

    All das - und noch vieles mehr - bringt mich zu der Aussage:

    Das massive Attackieren eines Klein(st)hundes von einem Großhund ist ein unangemessenes Verhalten.

    Btw: Artgenossen (Klein'st'hunde) als Beute zu erkennen, wird nicht umsonst als "fehlgeleitetes Beutefangverhalten" bezeichnet - denn Artgenossen sind grundsätzlich keine Beute.

    Wer oder was definiert denn in Deinen Augen, was angemessen, und was unangemessen ist?

    Genau das ist doch das Problem, um das es - zumindest mir - geht, weil es im Austausch (nicht nur hier) unter Menschen nahezu unmöglich ist, über "Angemessenheit im hündischen Verhalten" zu sprechen, ohne genau zu differenzieren, was ist den "angemessenes hündisches Verhalten" - und gibt es das überhaupt.

    Sowohl im realen als auch virtuellen Leben wird doch "angemessenes Verhalten" immer sofort autmatisiert als "menschliche Vorgaben" - was mMn eben genau dazu führt, dass Menschen in Unkenntnis und/oder Nichtberücksichtigung canidentypischer Verhaltensweisen eine vom Menschen gemachte Anspruchshaltung an Hunde im öffentlichen Leben haben, die völlig überzogen und fern jeglicher Berücksichtigung des Faktes ist ... dass Hunde immer noch Hunde sind, und damit weder Engel, noch "die besseren Menschen".

    Wobei ich mir bei Letzterem nicht sicher bin, ob das nicht doch tatsächlich zutrifft :denker:

    Jetzt sind wir in dieser Diskussion bei den ganz vielen Ausnahmen und Variationen hinsichtlich der Frage nach Angemessenheit im Verhalten.

    Meine Ausgangsfrage im Threadtitel war: Gibt es das beim Hund?

    Meine These: Ja die gibt es, unbedingt.

    Es gibt eine intrinsische Motivation bei Haushunden, die genetisch veranlagt ist, als Erbe von ihren Urahnen, den Wölfen.

    Welpen lernen im Spiel mit ihren Geschwistern, und auch anderen zu ihrer Familie gehörenden Mitgliedern, was Angemessenheit im Umgang mit einem Artgenossen ist, und was nicht angemessen ist.

    Ausnahme im Spoiler

    Wolfswelpen entwickeln keine Aggression im Spiel mit ihren Wurfgeschwistern, die so hoch wird, dass sie sich gegenseitig schwer verletzen.

    Insofern ist das Verhalten von Welpen bestimmter Rassen, die schon früh getrennt werden müssen weil sie sich sonst gegenseitig schwer verletzten würden, ein Ergebnis der Selektion durch den Menschen, und absolut artuntypisch.

    Dazu zählt das Erlernen der Beißhemmung, aber auch das canidentypische, sehr breite Drohverhaltensspektrum hat seine Begründung im Vermeiden von beschädigenden Auseinandersetzungen.

    Welpen entwickeln in der spielerischen Interaktion ein Gefühl für Angemessenheit im Verhalten - und das ist der Punkt: Angemessenheit ist immer mit Gefühlen verbunden, es gibt kein Verhalten ohne Gefühle (Ausnahme: Beutefangsequenzen - aber das ist ein anderes Thema).

    Gerade beim Drohverhalten gibt es eine Verhaltensreaktion, die genetisch veranlagt ist:

    Grundsätzlich bewirkt eine erfolgreiche Drohung den Abbruch einer Auseinandersetzung.

    Eine erfolgreiche Drohung bewirkt eine Verhaltensänderung beim Bedrohten, die ein Fortsetzen des Konfliktes unnötig macht.

    Das ist aus meiner Sicht eine natürliche Grenze für Angemessenheit im Verhalten:

    Es ist angemessen, einen Konflikt als beendet zu empfinden, und ihn auch zu beenden ohne weitere Eskalation, wenn der Bedrohte eine Verhaltensänderung zeigt, die das Fortführen des Konfliktes unnötig macht.

    Ein einfaches Beispiel: Zwei Hunde setzen sich körperlich auseinander, im Verlauf unterwirft sich einer der beiden aktiv, indem er sich auf den Rücken wirft, oder geworfen wird und sich ergibt (weshalb dies oftmals begleitet wird von hohen, fiependen Lauten, während der andere Hund über ihm steht).

    Diese aktive Unterwerfung beendet eine Dominanzklärung; Der Unterwürfige bestätigt sein Gegenüber in seiner Überlegenheit.

    Es bedarf keiner Fortsetzung, der Unterwürfige wird z. B. nicht durch Bisse kampfunfähig gemacht, sondern der dermaßen als überlegen erklärte Sieger untermauert evtl. noch mal durch Knurren seiner "Siegerposition", lässt aber dann vom Unterwürfigen ab, und lässt ihn ziehen.

    Diese - oft als "ritualisierte Drohverhaltensgesten" bezeichneten Verhaltensweisen sind bei allen Haushunden zu sehen - und sie scheinen einen natürlichen Verhaltenskodex vorzugeben, der eine natürliche Messlatte darstellt was angemessen ist, und was nicht.

    Das wird bestätigt durch den Fakt, dass sich bei den 10-(statistisch erfasst) bis 14 (geschätzte Dunkelziffer) Millionen Haushunden allein in Deutschland der weitaus überwiegende Teil ein Verhalten zeigt, welches im Allgemeinen als "beschädigungsvermeidend", im Besonderen gerade im Umgang mit aggressiv auftretenden Kleinhunden gegenüber Großhunden als absolut deeskalierend bezeichnet werden kann.

    Das ist jetzt natürlich nur eine von gefühlt tausenden Überlegungen, die zur Antwort der Frage nach "Angemessenheit" beitragen, aber es scheint eine zu sein, die wir gern ignorieren, wie die Frage nach dem Umgang mit den eigenen Welpen genauso zeigt wie das Erstaunen darüber, dass ein Hund völlig "angemessen" mit bekannten Kleinhunden spielt und dann doch in einem Konflikt mit einem fremden Zwerg so gar nicht "angemessen" reagiert.

    Du schreibst hier allerdings selber, dass ein anderes Verhalten gruppenfremden Kleinhunden gegenüber nicht angemessen ist.

    Eben weil der Hund im Kontakt mit bekannten Kleinhunden gelernt hat, wie er sich ihnen gegenüber angemessen verhält (z. B. auf die eigene Körperkontrolle zu achten in der Interaktion, eine hohe Beißhemmung zu zeigen, oder aber auch das Wissen, dass eine Bedrohung durch einen Kleinhund für ihn selber keine Bedrohung darstellt, und er es deshalb gleichmütig ignorieren und einfach standhalten oder auch weggehen kann, ...etc.)

    Warum er diese unangemessene Reaktion unbekannten Kleinhunden (oder auch allen ihm fremden Hunden) gegenüber zeigt, ist eine andere Frage.

    Es ist und bleibt aber eine unangemessene Reaktion.

    In deinem erwähnten Beispiel würde ich sagen: Der Hund hat dieses angemessene Verhalten im Umgang mit bekannten Kleinhunden einfach nicht generalisiert. Die Ursachen dafür können sehr vielfältig sein, sind aber spekulativ, und führen zu weit.

    Für den Halter eines solchen Hundes bedeutet dies aber, im Führen seines Hundes darauf zu achten, dass es erst ein Kennenlernen geben muss, um einen unbekannten Kleinhund zu einem bekannten werden zu lassen.

    Oder er sichert seinen Hund dort, wo er auf unbekannte Kleinhunde treffen könnte, eben entsprechend.

    Ich lese so oft, Hunde wissen genau wie sie ihre Kraft/Energie dosieren und was sie einem anderen Hund "zufügen" an Verletzungen. Daran glaube ich halt nur bis zu einem gewissen Grad.

    Ich auch.

    Grundsätzlich ist es mMn - die eben auch auf etlichen kynologischen Studien basiert - aber Fakt, dass Haushunden eine hohe intrinsische Motivation zuzusprechen ist, Kraft/Energie dosieren zu können und zu wollen, und eben auch darüber entscheiden zu können und zu wollen, welchen Grad an Verletzungen sie einem anderen Hund zufügen.

    In welchem Maß das aber individuell - sowohl auf den Hund als auch die Situation bezogen - dann faktisch durchgeführt wird, ist von vielen Faktoren abhängig.

    Eine genetisch veranlagte Artgenossenaggression hat auf diese intrinsische Grundmotivation genauso Einfluss, wie die von dir genannten Beispiele:

    Eine für einen Berner Sennenhund "angemessene" Maßregelung des ihn ständig attackiernden Nachbars Yorkshire Terriers (gerne während beide Halterparteien sich stets darüber amüsierten, weil passiert ja nix, weil der Berner ja so gutmütig ist) kann für den Yorkie tödlich ausfallen wenn dem Berner nach dem xten Mal doch mal der Kragen platzt.

    "Der Kragen platzt" ist eine emotionale Motivation, die die vorherige intrinsische Motivation, nämlich das "gutmütige" Handeln aufgrund der deutlichen Unterlegenheit des Yorkie, beeinflusst, und diese "Gutmütigkeit" verkleinert.

    Wut lässt Handlungen außer Kontrolle geraten - und selbst wenn dann "nur" vergessen wird, dass das undosierte Einsetzen der eigenen körperlichen Überlegenheit zu einem größeren Schaden als beabsichtigt führt ... ist es immer noch ein Schaden.

    Nun, woher genau soll der Berner wissen wie doll er bei einer Maßregelung beim Yorkie zulangen darf, wenn er z.B. sonst den Umgang mit Kleinsthunden nicht kennt und nur mit Artgenossen in seiner Gewichtsklasse toben darf? Weil es ihm von Geburt an in die Wiege gelegt wurde?

    Da es hier um den gleichen Berner geht - nun, er hatte doch einen angemessenen Umgang mit Klein(st)hunden, denn sonst hätte er doch nicht etliche Male "gutmütig" auf die Attacken reagiert?

    Dass er nicht nur keine Hilfe von den beteiligten Menschen bekam, sondern er darüber hinaus immer wieder von seinen Menschen in diese Situation gebracht wurde, kann den gegenüber Klein(st)hunden ansonsten "gutmütig" agierendsten Hund in eine emotionale Lage bringen, in der er sich eben nicht mehr angemessen oder auch moralisch verhält.

    Ein anderer Aspekt ist das "Üben" von angemessenem Umgang mit kleinen/schwächeren Lebewesen.

    Ich bekomme z. B. immer die Krise, wenn ich Bilder von einem Welpen in engem Kontakt mit Säuglingen sehe - wann soll dieser Welpe denn gelernt haben, dass Menschen- und vor Allem Babyhaut unglaublich zart und verletzbar ist, und wann soll er gelernt haben, über die notwendige Körperkontrolle zu verfügen, die verhindert dass er mit seinen Krallen unbeabsichtigt über diese zarte Haut ratscht - und woher soll er wissen, dass man das nicht macht?

    Trotz einer genetisch intrinsisch angelegten Motivation, Schwächere nicht unangemessen zu behandeln, verfügt er doch überhaupt noch nicht über irgendeinen Erfahrungsschatz, der ihm ermöglicht ein Baby als schwaches, hilfloses und besondere Umsicht erforderliches Lebewesen erkennen zu können!

    Diese Erwartungshaltung des Menschen oder auch die Forderung, der Hund wisse oder müsste es wissen, wie er seine Kräfte dosiert und wenn nicht, wenn ein anderer Hund zu Schaden oder gar Tod kommt, ist das "gewollt", geht für mich in die Richtung das Hunde sowas wie eine Art von Moral kennen müssen. Und diese Ansicht teile ich halt nicht.

    Eben genau diese Erwartungshaltung habe ich nicht.

    Eben weil ich weiß, dass auch natürliche Veranlagen gezielt entwickelt werden müssen, damit sie sich im Verhalten zeigen können.

    Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle, z. B. andere genetische Motivationen (Aggressionsreaktionsnorm, aber auch Artgenossenaggression z. B.), aber auch Erfahrungen im Umgang mit Schwächeren, und eben auch die Erziehung, die der betreffende Mensch dem eigenen Hund angedeihen lässt.

    Auch gibt es "Grobmotoriker", die einfach nicht in der Lage sind ihre Körpermasse ausreichend zu kontrollieren.

    Da spielen viele Faktoren eine Rolle.

    Das erlebe ich anders - Messlatten existieren, aber eben nicht nur eine. Was als angemessen und überzogen gilt, ist auch eine individuelle Festlegung jedes einzelnen aufgrund seiner Anlagen und Erfahrungen.

    Natürlich hat jedes Individuum auch seine eigene "Messlatte", denn das macht Individualität aus.

    Sobald ein Individuum aber Mitglied einer Gruppe, eines sozialen Gefüges, und im größeren Umfang Bestandteil einer Gesellschaft ist, wird von diesen sozialen Gefügen eine gemeinsame Messlatte gebildet.

    Diese bestimmt, was als angemessen und überzogen gilt - und nicht das Empfinden des Einzelnen.

    Das kann durchaus mal mehr mal weniger davon abweichen - macht es aber eben nicht "angemessen".


    Moral ... puh :ugly:

    Sie wird so gerne als Alleinstellungsmerkmal des Menschen betrachtet.

    Moral beruht aber auf Emotionen und Empathie - also der Fähigkeit, sich in den Gemütszustand eines anderen Lebewesens hinein zu versetzen.

    Da die Gehirne von Säugetieren aber nahezu identisch aufgebaut sind, gerade im Bereich des Limbischen Systems (welches Emotionen und Triebe/Instinkte reguliert), was auch beim Menschen ein Erbe unserer tierischen Vorfahren ist, ist die Vorstellung von Moral kein menschliches Privileg, und erst recht kein Alleinstellungsmerkmal des Menschen.

    Mona X Danke für diesen link zu "intrinsische Motivation zu sozialem Verhalten" - es fällt mir in dieser Welt doch manchmal schwer, an meiner positiven Grundeinstellung zu Menschen allgemein festzuhalten; Dieser Artikel hat mich wieder darin bestärkt - danke dafür :bussi:

    Im Thread "der gefährliche Hund" wurde von mir der Begriff "angemessenes Verhalten" eingebracht, mit der Intention, dies losgelöst von moralischen Aspekten zu betrachten.

    Scheinbar ist dies aber nicht möglich, ohne moralische Aspekte damit zu verknüpfen.

    Was ist "angemessenes Verhalten", und was ist "Moral"?


    "Eine Maßnahme ist dann angemessen, wenn die Nachteile, die mit ihr verbunden sind, nicht völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die sie bewirkt." (aus: Juraforum Angemessenheit einer Maßnahme ▷ Definition & Bedeutung (juraforum.de))

    Wenn also ein Verhalten eine Maßnahme ist, die als Reaktion auf ein anderes Verhalten vorgenommen wird, so kann diese auch unter dem Aspekt der Angemessenheit betrachtet werden.

    Besitzen Hunde die Fähigkeit, also eine genetisch Veranlagung, die ihnen die Möglichkeit gibt Angemessenheit zur Erlernen bei Reaktionen auf störende Einflüsse?

    Unbedingt - denn nur diese Fähigkeit ermöglicht es überhaupt, in sozialen Verbänden zu leben.

    Jetzt ist es bei Hunden genauso wie bei Menschen - sowohl die Lernfähigkeit als auch die Lernergebnisse sind sehr individuell, es gibt auch genetische Dispositionen, die das Maß dessen was möglich ist, eingrenzen, und auch Lernerfahrungen sind unterschiedlich und haben unterschiedliche Auswirkungen.

    Das ändert aber nichts daran, dass es eine Messlatte gibt für das was angemessen ist, und was als überzogen bezeichnet werden kann.

    Der Begriff der Moral ist da schwieriger zuzuordnen, es gibt allerdings durchaus Kynologen wie Bloch, Miklosi, Gansloßer, Hense und Bekoff, die Hunden durchaus die Fähigkeit für moralisches Verhalten zusprechen.

    Das Problem ist aber - wie so oft, wenn es um den Verdacht der Vermenschlichung geht - dass Hunden die eigenen, menschlichen Moralvorstellungen übergestülpt werden.

    Hunde haben aber ihre eigenen - eben hundlichen - moralischen Normen, Grundsätze und Werte.

    Aber sie haben welche.

    Mobber sind unter Hunden genauso wenig beliebt, wie Hunde, die mit jedem ein Dominanztänzchen eingehen wollen der nicht bei 3 auf den Bäumen ist.

    Aber auch die Reaktion auf Fehlverhalten sollte angemessen sein - und es ist nicht angemessen, wenn man jemandem der einem zwar droht, aber deutlich schwächer und damit keine wirkliche Gefahr darstellt, dermaßen maßregelt, dass er tierärztlich versorgt werden muss... oder gar Schlimmeres.