Auch hier mag ich nachhaken. Bei meiner Frage, wie genau denn ein souveräner selbstbewusster Kleinhund ausschaut und reagiert, bezogen sich die Antworten immer irgendwie auf eine direkte Konfrontation bzw. direkten Kontakt. Da habe ich mich schon gefragt, ob das denn immer zwingend nötig ist. Ein Hund muss doch auch im Freilauf dem anderen signalisieren können, dass er gerade keinen Kontakt wünscht, ohne, dass sie direkt schon Nase an Nase stehen und - in Bezug auf das vorangegangene Zitat - auch ohne Knurren, Zähnefletschen und Abschnappen.
Dem steht ja der Zwang zur Interaktion eher gegenüber und scheint mir auch eine ganz andere Situation zu sein, als wenn zwei Hunde auf einem Feld ohne Leine interagieren können.Wie genau wäre diese Begegnung denn zu managen?
Mit Interaktion zwingen hatte ich die Situation im Kopf, wenn Gassi um den Block gegangen wird, und man trifft fremde Hunde. Die müssen doch Hallo sagen
Das "wir" im oberen Zitat oben bezog sich auf alle (unvernünftigen) Hundehalter pauschal und allgemein auf uns Menschen, die wir in Städten leben und Hunde zwingen, auf engem Raum immer wieder über Gerüche, Hinterlassenschaften, Markierungen, Kontakt miteinander konfrontiert zu werden.
Viele Hunde sind territorial und mögen keine fremden Hunde in ihrem "Revier", das setzt sie also unter Stress.
Im Freilauf gibt es eben kontaktfreudige Hunderassen, die überall begeistert hinrennen und solche, die da schon die Nase rümpfen, wenn wieder so ein Kasper angerannt kommt.
Vielleicht fehlt gerade Junghunden auch die Erziehung durch einen souveränen Althund, der schon mal sagt, was er davon hält, gestört zu werden.
Zu verlangen, dass im Freilauf das Recht deines Hundes auf Ungestörtheit von anderen Hunden respektiert wird, ohne dass dein Hund Mittel hätte, es durchzusetzen, ist mMn unrealistisch.
Hunde sind keine demokratisch denkenden Wesen, die sich Gedanken machen, was der andere gern jetzt möchte - die denken nur an sich. Und manchmal kollidiert das eben, wenn die Dobermannhündin gern eine rüpelige Schubserei als gelungene Interaktion sehen würde, deine Havaneserdame aber da so gar keinen Bock drauf hat, als Punshingball missbraucht zu werden. Da müssen dann die HH eingreifen.
Oder der Kleinhund deutlich werden, was ich aber nicht will, weil ich solche Sachen regle. Mein Kleiner ist da sonst ganz rigoros. Der macht sich im Freilauf steif, richtet sich auf, knurrt, wenn einer auf ihn zugerannt kommt, und wenn der nicht sofort abdreht, rennt er ihm keifend und fletschend hinterher und hätte dann auch schon mal Fell im Maul . Ich greife schon vorher ein, ich möchte ihn ja noch etwas behalten... das Echo kann nämlich dann auch ganz schön unschön sein, wenn der andere Hund da drauf einsteigt.
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Ich persönlich mache es so, dass meine Hunde ohne Anfragen von mir an den anderen HH gar nirgendwo hingehen sondern bei Hundesichtung, auch wenn der andere Hund frei ist, von mir rangerufen und angeleint werden. Sogar wenn wir den Hund kennen, frage ich kurz, denn es könnte auch mal was sein, was einem Zusammentreffen im Weg steht.
Meine Große kann ziemlich ignorant sein - sie lässt sich aber auch unglaublich viel gefallen und wird selten böse (bis auf pöbelnde Kläffer an der Leine, ist aber schon viel besser geworden bzw. sie reagiert kaum noch, *freu). Weil sie gern zu jedem Hund mit Karacho hinwill, lasse ich sie an der Leine und frage erst mal, ob der andere Hund Kontakt möchte.
Manchmal wird bejaht, ich leine kurz vor dem anderen Hund ab, meine Große kommt zum Schnüffeln auf den zu, und der dreht zb ab und fiddelt, was das Zeug hält. Sie natürlich begeistert hinterher. Das unterbreche ich sofort, rufe sie ab, wenn es nicht besser wird, bleibt sie an der Leine. Das wird sonst schnell zum Mobbing, in das sie verfällt, was ich nicht möchte. Oft hat der andere Hundehalter noch gar kein Problem erkannt und freut sich, weil die Hunde "so schön spielen", ich sehe da was anderes. Das ist zb Management, wie ich es verstehe.
Eigentlich müsste der andere HH schon eingreifen, wenn sein Hund das Fiddeln (= Unsicherheit) anfängt, aber unglaublich viele Hunde werden dann einfach mit der Situation allein gelassen. Die müssen sich dann eine Lösung überlegen und haben im Zweifel was fürs nächste Mal gelernt . Und ich verstehe das, dass man als Hund so einen Riesen nicht so toll findet, auch, wenn der keine Aggression zeigt. Schon allein, dass meine Große keine Bögen läuft sondern freudig wedelnd auf den anderen Hund zukommt, ist ja an sich schon eine Frechheit, was ich aber ihr nicht aberzogen bekommen habe.
An der Leine gibt es bei uns keinen Kontakt, weil meine Große sonst schnell ein Leinengewurschtel produziert und viele Hunde an der Leine aggressiv reagieren auf uns.
Zum Schluss noch zum Management, ich lasse auch fremde Hunde nicht immer zu meinen hin, das gehört auch dazu. Also ICH lasse die nicht hin, ich verscheuche die, wenn die mir nicht gefallen. Würde sich mein Hund auf den Rücken legen (worst case), würde ich den anderen Hund wegschieben und die Interaktion beenden. Sowas lasse ich aber gar nicht erst zu.
Wir hatten und haben einen Husky hier, der immer an der langen Flexi Gassi geht. Der hat immer den Todesblick drauf, der sagt immer nonverbal "mach dich vom Acker, ich kill dich", während seine Besitzerin verzückt lächelnd zuschaut, wie ihr Rambo eine Interaktion unter solchen Vorzeichen beginnt. Ich hatte meine Große gerade erst frisch, sie war ein Baby von 9 Wochen. Und die Frau wollte den Husky allen Ernstes zu uns lassen, kein Platz zum Ausweichen, und sie sagte über ihren Hund dabei "meiner ist soo ängstlich" ... Selbstredend, dass ich meinen Welpen hinter mich genommen hab und das Weite gesucht hab, nicht ohne ihr mitzuteilen, dass ich da keine Angst sehen kann bei ihrem Hund. So unterschiedlich sind eben die Wahrnehmungen
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Puh, ist was lang geworden... Sorry