Tagesablauf:
Aufwachen, ihn erstmal ignorieren und nach 2-3 Minuten souverän und ruhig begrüßen. (wobei ich hier kurz, sanft und ruhig über den Rücken streichel, aber die Hand schnell wegziehen muss, weil er wieder danach schnappt.) Dann anleinen, hoch heben und nach draußen bringen für sein Geschäft. (Mittlerweile hebe ich ihn so im Arm, dass er nicht mehr nach den Händen schnappen kann - klappt aber nicht immer weil er manchmal zappelt und ich ihn dann mit der Hand festhalten muss, sonst fällt er runter). Danach gibt es Futter.
--> Du musst ihn nicht ignorieren. Steht er mit dir auf oder bleibt er liegen? Sollte er noch dösen, auf keinen Fall anfassen. Das nervt, wenn man im Schlaf betatscht wird. Sollte er mit dir aufstehen und dich erwartungsvoll anschauen, sag ihm in der Hocke guten Morgen. Anfassen ist dann Bauchgefühl: Mag er das? Mag er das nicht? Ansonsten einfach anleinen und raus.
Früher hat er direkt viel Aufmerksamkeit und Spiel bekommen - das haben wir jetzt auch abgeschafft, weil es hieß, es begünstigt sein überdrehtes Verhalten und stärkt seine Annahme der Alpha im Haus zu sein. Daher wird er erstmal ignoriert und ich setze mich an dem PC zum arbeiten. Zwischen der Arbeit, wenn er an mir hochspringt, ignoriere ich ihn. Erst wenn er sich ruhig woanders beschäftigt oder auf seinem Bett sitzt, komme ich von mir aus auf ihn zu und biete ihm Streicheln oder ein kurzes Spiel (Kuscheltier oder Quietscher) an. Knabberstangen hat er immer zur Verfügung. Das Streicheln funktioniert jedoch nur wenn er müde ist, ansonsten schnappt er ja direkt zu und will quasi mit der Hand spielen. Hier kommt dann die entsprechende Methode. Wie gesagt, irgnorieren und sich abwenden, ggf. Spiel beenden oder sogar aus dem Zimmer gehen, hatte ihn nie gejuckt (obwohl es heisst dass wenn man aus dem Zimmer geht, die Welpen anfangen mit jaulen). Er jault eigentlich nur wenn er etwas nicht bekommt, das er gerade haben will. [...]
--> Hunde erkennen, dass Menschen keine Hunde sind. Es gibt kein Rudel, nur eine Zweckgemeinschaft zwischen uns und den Fellnasen. Entsprechend gibts auch keine Alphas oder sowas. Trainer, die damit argumentieren, bitte sofort Heim schicken und einen anderen suchen. Sein Bett gehört auch ihm, da muss sich keiner reinsetzen. Das ergibt auch keinen Sinn und stellt euch eher in seltsames Licht bei eurem Hund. Sei froh, wenn er eine Ruhezone hat. Die hat er aber nur, wenn dort keiner einfach drinsitzt oder ihn dort antatscht.
--> Beißhemmung dauert übrigens einfach. Beim einen Hund mehr, beim anderen weniger. Im Forum gibt es dazu viele Beiträge und die klassischen Ratschläge wie ignorieren oder "Au" sagen helfen dort nie. Geduld! Irgendwann klickerts auch bei eurer Schnappschildkröte.
Vor dem Mittagessen geht es nochmal kurz raus mit ihm. Dann esse ich Mittag (an meinem PC Platz) und ignoriere ihn wieder. Manchmal mache ich nach dem Essen auch einen Mittagsschlaf, da ist er meistens auch müde und darf dann sogar mit mir im Bett kuscheln und schlafen. Nach (seinem) Aufwachen (er weckt nämlich mich), bekommt er nochmal Futter und dann geht es wieder kurz raus. Bei diesen "kurz raus", dreht es sich um ca. 5 Minuten vor der Haustüre. Wenn er sein Geschäft macht möchte ich ihn (direkt danach) loben, aber das lässt er gar nicht zu. entweder geht er weg, dass ich ihn nicht streicheln kann, oder schnappt eben wieder. Habe es auch statt Streicheln mit Leckerli geben versucht, manchmal nimmt er es, machmal ist die Umgebung interessanter.
--> Loben reicht eigentlich aus. Wenn die Umwelt so spannend ist (in dem Alter eh normal), will sowieso kein Hund angefasst werden.
Am Nachmittag oder am frühen Abend (kommt auf die veriierende Arbeitszeit meines Freundes drauf an) machen wir eine größere Gassi Runde, kurz vorher nochmal Futter. Bei kaltem Wetter fiel das leider öfter in letzter Zeit aus, weil selbst mit Hundemantel friert er draußen und er soll ja keine Erkältung bekommen. Stattdessen mache ich dann in der Wohnung Spiel oder Training. Training mit Leckerli und bisher kann er Sitz, Bleib auf kurzer Distanz, Pfötchen geben, Platz und Anstupsen. Wenn wir eine große Gassi Runde machen können, anfangs war das immer die selbe Strecke zur Eingewöhnung, mittlerweile möchte ich dass er "Neues" entdecken kann. Also unterschiedliche Parks, auch mal vor einem Supermarkt kurz verweilen (nein, nicht alleine, wir bleiben bei ihm. Es geht mir nur um die Menschen zu beobachten). Mal in die U-Bahn runter oder eine Bushaltestelle. Solche Dinge eben und abwechslungsreich. Bei schönem Wetter auch mit Schleppleine auf eine Wiese liegen. Der Rückruf klappt bisher auch wunderbar. Je nach Wetter bestimmen wir die Länge der Runde, weil ihm manchmal einfach zu kalt wird oder der Wind zu unangenehm. Bei super schönem Wetter sind wir auch mal 2 Stunden draußen (mit Pausen, nicht ständig am Gehen). Meine Recherchen besagten, dass man je nach alter in Minuten raus soll. Das wären dann nur 13 Minuten aktuell bei ihm. Das finden wir zu wenig, weil er sehr viel Energie hat und sichtlich auch gerne draußen ist (bei gutem Wetter). Also wieso zwingen, wieder in die Wohnung zu gehen. Auch haben wir eine erfahrene Hundehalterin getroffen, die meinte, man soll ihm jetzt schon möglichst viel zeigen und beibringen und kann daher super länger draußen bleiben. Bei der Welpenstunde wäre er ja auch eine ganze Stunde draußen beschäftigt. Also ich hoffe, das is schon gut so wie wir es machen.
--> Die Zeitregel besagt "Zeit angestrengt an der Leine laufen". Entspannt schnuffeln, rumsitzen oder ohne Training Welt anschauen zählt da nicht rein. Welpen sind allerdings schnell überfordert. Mehr als 1-2 "neue Dinge" in der Woche (längere Parkrunde, U-Bahn, Restaurant, Besuch bei Freunden) sollte es also nicht geben. Sonst ist ein Hund gestresst, den Stress baut er dann bei euch ab (z. B. Hände schnappen, nicht zur Ruhe kommen, winseln etc.). Ihr lernt ihm sonst nämlich nur eins "Neue Situationen sind Stress, alles Neue ist blöd". So erzieht man sich einen Hund mit schwachem Nervenkostüm. Keine Ahnung warum überall so ein Stress mit Prägung und Lernen gemacht wird. Damit erreicht man irgendwie genau das Gegenteil – ein gestresstes Nervenbündel, was garnichts mehr lernen kann. Denn Stress blockiert die Aufnahme neuer Dinge im Hirn. Dieser Punkt hier ist Typ Bauchgefühl. Da tickt jeder Hund anders.
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Ich mag mich täuschen, aber ich denke unser Welpe ist halt kein 0-8-15 Welpe, bei dem alles so funktioniert wie in Literatur etc breitgetreten wird. Und ich versuche einfach nur die richtige Erziehung zu finden, die auf unseren Welpen passen. Ich denke auch, dass es nicht "die eine richtige Erziehung" gibt. Genauso mit "nur positive Verstärkung anwenden", ist zwar schön wenn das manchmal funktioniert, aber es wird wohl nicht bei jedem Hund funktionieren. Und wenn es so viele Beiträge, Artikel und auch von Züchtern Tipps zu Alternativen gibt, die in menschlichen Ohren sich als quälerei anhören, denke ich nicht dass sie komplett daneben liegen. Sie erklären auch alles mit dem Hundeverhalten und erfinden nicht irgendwelche Misshandlungen.
--> Kein Hund funktioniert nach Literatur. Welpen die total aufdrehen sind meist einfach gestresst und überfordert. Der Familienwechsel ist schon hart, für den einen Hund mehr, für den anderen weniger. Gerade Sensibelchen kompensieren das mit Blödsinn.
--> Du solltest auch lernen, dass du kein Hund bist! Weder Mutter noch Kumpelhund. Du bist ganz neutral betrachtet ausschließlich eine Zweckgemeinschaft mit einer anderen Spezies. Der Hund kapiert nicht, wenn du Hunde nachmachst. Dafür sind deine körperlichen Handlungen viel zu unsinnig und im Vergleich zu Hundekommunikation grobmotorisch. Viele Dinge die du liest, sind zudem recht altmodische Ansichten.
--> Und noch ganz wichtig: Mein Hund hat ein 3/4 Jahr gebraucht, um ein Verhalten abzulegen. Du probierst in 5 Wochen tausend unterschiedliche Dinge aus. Das KANN so schnell nicht wirken und im Hundehirn Sinn ergeben. Das braucht je nach Training Monate, bis beim Hund etwas wirklich sitzt. Wie bereits erwähnt, bist du dadurch einfach unberechenbar für den Hund. Und was glaubst du, wie sich ein Hund in einer Familie fühlt, die er einfach nicht einschätzen kann? Richtig: Unwohl und unsicher. Ihr sollt ihm Halt geben und Vertrauen erzeugen. Wenn du weiter nur liest und wild rumprobierst, anstatt aus eigener Überzeugung und Bauchgefühl Routine zu etablieren, wird das dauerhaft immer schwieriger. Also nicht alles total verdenken und einfach mal die Welpenzeit genießen. Hunde lernen ihr Leben lang. Außer der Sozialisation an Mensch und Hund könnt ihr vieles selbst mit 7 Jahren noch neu beibringen. Stress raus, Gefühl rein!