Widersprechen will ich vor allem bei der Thematik, dass ein Puli partout kein Stadthund ist und man Genetik nicht abtrainieren kann. Natürlich hat der Puli mit seiner jahrtausende langen Historie als Hütehund gewisse Triebe, die verstärkt auftreten. Nichtsdestoweniger kann ein solches Verhalten bei jedem Hund jeder Rasse auftreten.
Kann es. Aber die Wahrscheinlichkeiten sind sehr, sehr unterschiedlich. Einen Hund wie den Puli musst du sehr viel stärker verbiegen als einen Labrador oder Pudel.
Ferner finde ich es immer sehr anmaßend zu behaupten, ein solcher Hund habe nichts in der Stadt verloren. Unser Hund bekommt genügend Möglichkeiten, für Auslauf und Spiel - nahezu jeden Tag. Wenn es danach gehe, dürften auch nie Schäferhunde, Border Collies oder Australien Shepards in Städten über 100 000 Einwohner:innen gehalten werden.
Ich wohne mitten in einer Stadt mit über 100'000 Einwohnern. Ist es Zufall, dass ich die genannten Rassen, obwohl nicht alle so spezialisiert wie der Puli, tatsächlich eher selten sehe? Und fast gar nicht in den städtischen informellen Auslaufgebieten? Es gab eine Zeit, da sah man mehr Aussies. Das war recht kurz, obwohl es im Vorland der Städte immer noch viele gibt. Auch die Schäferhunde sind eher in den Vororten zu finden. Und werden meist auf dem Hundeplatz ausgelastet, plus radelnd über Land. Die im Agility so zahlreichen Border Collies sieht man auch fast nie im Stadtwald. Und wenn, dann nur im Dauerstress bällchenfixiert.
Man kann mit jedem gut erzogenen Hund mal durch die City spazieren, ob BC oder Puli. Betonung auf "mal". Immer im Gedränge, mit Kinder- und Hundebegenungen stresst manche Hunde ungemein. Wenn das täglich so stressig ist, fehlen die Ruhepausen, in denen sich der Hund vom Stress erholen kann. Und NEIN, man kann Genetik tatsächlich nicht einfach wegtrainieren. Daran ändert auch nichts, wenn einzelne Hunde in unpassender Umgebung resignieren und alles einfach ertragen.
Meine Jagdhunde sind ja nun auch nicht unbedingt in der Stadt heimisch. Aber die Spaniels wurden über Jahrhunderte selektiert, mit dem Gedränge an (verträglichen) Hunden und Menschen bei einer grossen Gesellschaftsjagd klarzukommen. Sind daher deutlich besser gerüstet genetisch, als ein Puli. Trotzdem gibt es einzelne Exemplare, denen es schnell zuviel wird.
Dein Hund zeigt dir momentan sehr deutlich, dass er nicht klarkommt mit seinem Umfeld. Ich masse mir nicht an, zu sagen, ob er von der Genetik her flexibel genug ist, mit geduldiger Erziehung und Gewöhnung und rassegerechtem Ausgleich da noch hinzukommen. Aber überlege dir bitte, wie weit du gehen kannst, um für den Hund passende Lebensumstände zu schaffen. Damit er die unpassenden Situationen aushalten und auch verarbeiten kann. Das ist aufwändig, und nicht jedem Menschen im Berufsleben möglich.
Den Hund zu "trainieren", bzw. zu verbiegen, bis er resigniert aufgibt und alle Umweltreize stumpf erträgt ist keine hundegerechte Lösung.