Ich bin dafür das ganze mal etwas weniger romantisch und verklärt zu betrachten..
Wenn man mal ganz realistisch ist, braucht kein Hund ein 100 Euro Spezialhundebett um glücklich zu sein. Er muss auch nicht bei Herrchen im Bett liegen und er muss auch nicht non-stop betüddelt werden. Genau genommen braucht kein Hund den Menschen überhaupt, wenn er ein Hunderudel hat.
Was natürlich auch Tatsache ist, ist dass ein manchen Regionen (gerade in Städten) die Straßenhunde systematisch eingesammelt und getötet werden, gerade weil viele Menschen ihre ehemaligen Haushunde aussetzen.
Ebenso ist es aber auch in vielen Regionen der Fall, dass die Hunde in gewisser Weise in entfernter Coexistenz mit dem Menschen leben, allerdings durchaus ihren Abstand halten. Sie bekommen evtl mal nen Eimer hinterhergeworfen oder einen Tritt ab und ja,sie sind oft hungrig und nicht immer klinisch sauber. Allerdings ist das bei jedem anderen, im weitesten Sinne, "wild" oder halbwild Lebenden Tier auch so. Ein Raubtier bekommt mal einen Tritt ab und es ist ganz normal das Tiere in Gefangenschaft länger am Leben erhalten werden( und das formuliere ich ganz bewusst so)können, als in ihrem angestammten Lebensraum. Meine persönliche Auffassung vom Leben ist nicht, dass es um jeden Preis erhalten werden sollte und ich glaube auch nicht, dass es wirkliche Tierliebe ist den Hund tagein tagaus mit harten Medikamenten vollzustopfen, nur weil man es nicht akzeptieren kann das ein großer Hund mit 12 Jahren nunmal sein Leben im Regelfall gelebt hat.
Durch den Boom mit dem Auslandstierschutz ist es doch nunmal auch einfach so, dass sich nicht darauf beschränkt wird einzelne, leichter vermittelbare Hunde aus Tötungsstationen zu retten und andere Straßenhunde zu kastrieren, sondern die Organisationen fahren teilweise auch in ländlichen Gebieten herum und "sammeln" dort die Hunde auf. Das geht so weit, dass die Bewohner der Gebiete hektisch die Hunde einsperren, wenn es heißt, die Deutschen kommen. Dies ist keine Übertreibung.
Aber wasfür Hunde vermittelt man denn dann da? gehen wir einmal von einem 1-2jährigen Hund (wir wollen ja nichtmal den Worstcase..) aus. Dieser Hund hat unter Umständen seine Prägungsphase halbwild auf einem Dorf verbracht, wo es keine geteerten Straßen, keine Autoabgase oder Autos überhaupt gibt, wo er einen Sicherheitsabstand vom Menschen halten musste und wo sein geprägter, vorrangiger Sozialpartner andere Hunde waren.
Nun packt man diesen Hund ein und bringt ihn nach Deutschland. Es ist laut, es ist voll, er wird gezwungen an der 1m Leine neben dem Wesen herzutrotten das er in seiner Prägungsphase gelernt hat zu meiden.
Es gab bereits in den 50er Jahren Versuche von Wissenschaftlern, in denen ganz normale Rassehunde ohne wirklichen Menschlichen Kontakt im Rudel aufgezogen wurden. Dies tat man nicht mir irgendwelchen "Ur-Rassen" sondern mit eindeutig domestizierten Haushunden wie Collies oder Labradore. Ergebnis der ganzen Geschichte war, dass auch diese doch eigentlich als sehr anhänglich geltende Hunde keinerlei Bezug zum Menschen hatten und ihr Leben lang ihr natürliches Misstrauen dem Menschen gegenüber nicht ablegten.
Ähnlich ist es doch auch bei halbwild lebenden Straßenhunden.
Was jetzt kommt ist dann meine persönliche Erfahrung.
Ich habe bis jetzt noch keinen einzigen ehemaligen "echten" Straßenhund gesehen, der wirklich ohne Einschränkungen hier in der Stadt leben konnte, selbst wenn sie sehr früh als Junghunde/Welpen nach Deutschland kamen. Dafür alles von nur "leicht verängstigt" bis "ständige Todesangst". Mir besonders im Gedächtnis blieb eine Hündin, die schon beim Anblick des Menschen vollkommen verängstigt war, dauernd unter Stress stand und der man die reine Todesangst in den Augen sehen konnte. Diese Hündin kam nichtmal erwachsen nach Deutschland, sondern durchaus noch als Junghund. Trotzdem sind die Verbesserungen nur Minimal und da frage ich mich dann ernsthaft, hat man diesem Hund denn wirklich einen Gefallen getan? Auch wenn sie in ihrer Heimat evtl nicht mehr leben würde, wäre das nicht vielleicht die bessere Wahl, in Vergleich mit permanenter Todesangst?
Von den Haltern südländischer, ehemaliger Straßenhunde hört man immer wieder, "es dauert eben länger, aber wir machen schon kleine Fortschritte" etc. Aber ob der Hund diese "kleinen Fortschritte" auch als solche wahrnimmt? Ist das nicht ein Hobby das auf den Ängsten und der Überforderung eines Lebewesens aufgebaut wird, die absolut nicht sein müssten?
Gerade in "Tierschützer"kreisen ist es doch mehr oder weniger In sich soeinen Hund zu holen und je ängstlicher und verschreckter der Hund in seiner neuen Umgebung ist, desto toller fühlt man sich das man einem solch armen Wesen jetzt auch ermöglicht auf einer Plüschcouch zu schlafen.
Klar könnte man sagen, bei den "richtigen", fachkundigen Haltern wird das alles schon. Aber a) wie oben bereits erwähnt, gewisse Versäumnisse lassen sich nicht mehr aufholen und b) muss ich doch dann als seriöse Organisation dafür sorge tragen das eben nicht das liebe ältere Ehepaar, das zwar nicht unbedingt Einblick in die tiefere Psyche eines Tieres hat, dafür aber ein großes Herz und eigentlich einen Kuschelhund möchte, soeinen Hund bekommt.
Wenn ich heute eine in der Haltung etwas schwierigere Hunderasse züchte, dann würde mir doch auch jeder zustimmen das ich nicht auf gut Glück einen Wurf machen kann und am Ende kommen von 10 Welpen 2 zu Leuten die damit klar kommen und glücklich sind - der Rest, ist halt dann Pech?
Wenn die Lage so aussieht, sollte ich dann nicht darauf verzichten diesen Wurf zu machen - übertragen, sollte ich dann als Organisation nicht darauf verzichten massenweise Hunde nach Deutschland zu karren um sie dann an überforderte Gutmenschen zu vermitteln?