Hallo Sacco,
Ja, TWH und Saarlos Wolfhunde sind toll - zum Anschauen, jedenfalls. Wolfhunde sind eine Aufgabe für sich und während es manche Halter stolz macht zu wissen, dass sie da 'eben keinen normalen Hund' an der Leine führen, muss man sich auch wirklich darauf einlassen können da 'eben keinen normalen Hund' an der Leine zu führen. Bewundernd-ängstliche Blicke auf der Strasse mit einem Wolfhund sind Dir sicher. Viele Menschen, die ausser im Zoo kaum mit Wölfen in Berührung kommen, romantisieren die Tiere, und man wird häufig in allerlei Gespräche mit Mitmenschen über den Hund verwickelt.
Ich kenne um die 20 Wolfhunde und davon waren höchstens drei, die ich nicht als äusserst vorsichtig, unsicher und scheu erlebt hätte. Als die 'bessere Polizeihunde', die man sich wünschte, stellten sich beide Rassen nicht heraus. Leendert Saarlos sah bald ein, dass Hunde nicht 'zu domestiziert' für ihren Job waren, sondern eher 'gerade domestiziert genug'. Man schaffte es, einige THW zu Suchhunden und, wenn ich mich Recht erinnere, sogar zu Schutzhunden auszubilden - hervorgetan hätte sich dabei aber keiner dabei. Es gibt gute Gründe, weshalb man diese Rassen kaum auf Hundesportanlässen sieht.
Einige (von denen, die ich kenne, ein ganzer Drittel) kommen weder mit Menschen, noch mit anderen Hunden zurecht, weil sie häufig anders kommunizieren. Ich schreibe bewusst anders und nicht 'feiner' oder 'differenzierter' - das kommt sehr aufs Exemplar an, das man erwischt. Daraufhin entwickeln sich manche zu Angstbeissern oder korrigieren dann andere - Menschen wie Hunde - mit dem Hintergrund ihres Schäfererbes in allem, was ihrer Meinung nach nicht richtig läuft, weil sie unfähig sind, sich in eine unserer Umwelt angepasste Kommunikationssituation einzufügen. Auch das kann man wieder romantisch verklären und sagen, dass wir in unserer überzivilisierten Welt der Natur nicht mehr zuhören können. Dabei vergisst man, dass diese Rassen eine Kreation des Menschen sind und - im unglücklichsten Fall, ständig irgendwo im nirgendwo zwischen den beiden Familien, die sie miteinander in Einklang bringen sollen, dem lupus und dem familiaris, schweben.
Wofür sie sicher nie gezüchtet wurden, ist, als 'Familienhund' herzuhalten, der einfach dekorativ nebenher läuft. Entscheidet man sich für einen Wolfhund, muss man sich darauf einstellen, sich seinem Hund anzupassen, nicht umgekehrt. Es kann sein, dass ihn Stadtspaziergänge, Besuche in Hundeschulen, etc. zeit seines Lebens überfordern werden - darauf sollte man vorbereitet sein und darauf eingehen können und wollen. Sehr bald ist dann Schluss mit dem Traum, den Hund auszustellen oder mal auf einen 'gemütlichen' Spaziergang mit anderen Hunden mitzunehmen, wenn sich herausstellen sollte, dass der Hund es nicht verträgt. Das kann sich allerdings - wie Bloch ja schon hervorgehoben hat - für unsere Hundehalterverhältnisse erst relativ spät, also mit zwei oder drei Jahren, zeigen.
Ich habe ihre Reizschwelle generell als relativ niedrig empfunden, sie sind nicht gerade das, was man früher gerne als 'nervenstark' bezeichnet hat, sondern erst einmal defensiv. Sie können aber blitzschnell in die Offensive fallen, wenn sie sich bedroht fühlen, sowohl bei anderen Hunden, wie auch bei anderen Menschen. Als 'dominant' würde ich ihr Verhalten im Durchschnitt nicht bezeichnen - eher als öfter mal 'unsicher-aggressiv'. Kommt ein 'Alle-Lieben-mich-und-ich-lieb-alle'-Labrador strahlend in gerader Linie auf einen Wolfhund zugerannt und möchte 'spielen', wird der Wolfhund diesem, in ihren Augen, rotzfrechen Lümmel erst einmal die Leviten lesen und ihm zeigen, was er davon hält, wenn so unverfroren, distanzlos und ohne Einladung auf ihn zugestürmt wird. Das heisst deswegen aber nicht, dass der Wolfhund 'Recht' hat und der Labbi verzüchtet ist, nur weil irgend jemand einmal behauptet hat, der Wolfhund sei aber 'natürlicher' in seinem Verhalten als der andere und der Labbi sei deswegen denaturiert. Es heisst nur, dass die beiden (noch?) keine gemeinsame Kommunikationsebene miteinander gefunden haben. Je nach Wolfhundexemplar wird er solche Annäherungen tolerieren lernen, oder sie nur bis zu einem gewissen Alter - eben bis mit etwa zwei bis drei Jahren - nicht korrigieren. Die Wolfhunde, die ich kennen gelernt habe, welche mit einem anderen, nicht-wolfshybriden, sicheren und ruhigen Hund zusammen gelebt haben, haben sich stark an diesem orientiert und waren dadurch etwas gelassener, was mir auch die Besitzer bestätigt haben. In allen Fällen war aber der Ersthund der ältere, nicht-wolfshybride. Ob es sich umgekehrt auch so verhält, weiss ich nicht.
Ich würde Dir wirklich empfehlen, Dich mal an einer Ausstellung umzusehen. Das muss keine, die nur auf TWH beschränkt ist, sein, sondern geh ruhig auch auf eine grosse, internationale. Hier lassen sich nämlich sehr schön Rassen vergleichen - nicht nur im Aussehen, sondern auch im Verhalten - und man kann sich überlegen, ob man sich in die Haltergemeinschaft, die man so vor sich sieht, eingliedern möchte und kann. Natürlich sind Aussteller nur eine Seite der Medaille, aber hier findet sich ein grosser Pool von Züchtern, Hunden und Interessierten zusammen.