Beiträge von AnnetteV

    Hallo,

    Ich finde es super, dass Du Dir die verschiedenen Vorschläge, die hier gebracht wurden, sorgfältig anhörst und dann abwägst. Du machst das schon ganz richtig. :smile:

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    Ich grenz also nochmal ein:

    + Airedale (einziges Minus bisher die Optik und dass ich keinen kenne)
    + Groenendael (Nachteil: Risiko an einen wesensschwachen Wibbel zu geraten ist nicht so gering)
    + Hovawart (kenn ich nicht so richtig gut, hören sich aber passend an)
    + Chessie (Optik ist nicht ganz meins, keine Retrievererfahrung)

    Ich habe (im Ring) schon weit über 200 Hovawarte angetroffen und kenne ungefähr ein Dutzend auch persönlich ziemlich gut, deshalb vielleicht noch ein Wort dazu: Hovawarte wachen häufig sehr gut und entscheiden gerne selbstständig. Häufig neigen sie nicht dazu, zu schnell einzugreifen, aber wenn sie sich doch mal dazu entschliessen es zu tun, dann sind sie relativ kompromisslos und setzen sich durch. In allen Fällen, in denen Kinder in den Familien waren, hielten die Hunde stets ein wachendes Auge auf sie und liessen sich von ihren 'Schutzbefohlenen' zwar alles gefallen, aber nichts vorschreiben. So lange die Hunde lebten hörten sie nur auf die Erwachsenen - die Kinder hatten, selbst als sie älter wurden, keine Chance bei den Hunden. Eine Tochter aus einer der Familien holte sich, als sie etwas älter war, einen Mali und arbeitete mit dem selbstständig und aktiv im Sport, aber selbst da liess sich der alte Hovi von ihr überhaupt nichts befehlen. Die Kinder konnten mit den Hunden nie raus, die Hovis nahmen ihre Aufgabe sehr ernst.

    Freunde der Kinder wurden unter Umständen im Haus toleriert, doch die meisten Hunde wurden dann weggesperrt: gab es nämlich unter den Kindern mal Krach, waren die Hunde auf der Stelle da und ihre Loyalität glasklar... Sie waren nicht grundlos oder übermässig aggressiv - der Mali der einen Tochter war da z. B. ein ganz anderes Kaliber. Dagegen waren die meisten die reinsten Pazifisten, die sich liebend gerne den ganzen Tag auf ihrem (strategischen) Liegeplatz ausstreckten und entspannt und mit schläfrigen Augen dem Treiben folgten. Entstand aber eine Situation, die sie als ihrer Aufmerksamkeit würdig betrachteten, waren sie blitzschnell da und handelten.

    Obwohl Hovawarte echt tolle Hunde sind, bin ich mir nicht sicher, ob sie für Deine Arbeit geeignet wären, besonders nicht, wenn sie nicht vom Welpenalter her bereits in die Aufgabe 'hineingewachsen' sind. Rassen, die ich allerdings bereits erfolgreich in einem Kontext habe arbeiten sehen, der Deinem gleicht, waren Landseer, Neufundländer, Leonberger, Berner Sennenhunde, Schäfermixe, Boxer, Golden Retriever und Labradore.

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    Ich schaffe klare Bedingungen für den Hund, mein Training ist so aufgebaut das ich es, ohne grosse Probleme, als "Straffrei" verkaufen KÖNNTE, das ist es aber de Fakto nicht
    Ich baue genauso Alternativen auf, ich nutze genauso PV aber ich bin ehrlich in dem was ich sage und zwar das ich nicht nur PV benutze und das mein Einwirken in dem Moment, wenn der Hund in die Situation MUSS ( sei es ne Gruppe Jogger überrascht uns) kein "management" ist
    Breche ich den Hund in dem Moment ab damit der nicht in die Jogger knallt ( Maulkorb is zwar drauf aber so n Reinplötzen muss auch nicht sein) ist das Strafe und Punkt

    Genau das ist momentan einer der grössten Punkte, weshalb ich nicht ausschliesslich mit positiver Verstärkung arbeiten kann: es ist mir bei gewissen Hunden schlichtweg unmöglich, das Umfeld konsequent und dauerhaft so zu managen, dass es nicht doch ab und an Überraschungen gibt, in der unerwünschtes Verhalten auftreten könnte.

    Beispiel: Ich wohne in einer U-förmigen Strasse. Jeder Haushalt hat mindestens zwei Freigängerkatzen. Ich wohne genau im Halbrund dieser Strasse, aber nun soll ich mit einem Hund arbeiten, der (unter anderem) auch Katzen tötet. Weder Auto noch Garten sind vorhanden. Ich bin also gezwungen, jeden Tag diesen Weg zu gehen und mir werden bei dieser Katzen unweigerlich immer wieder welche begegnen. Wenn ich aber nie weiss, wann eine Katze auftauchen wird, kann ich das Umfeld nicht so managen, wie ich es für ein ausschliesslich positives Training benötigen würde. Da Katzen jagen auch ungeheuer selbstbelohnend ist, kann ich mit Hühnerherzen, Reizangeln und Quietschebällen belohnen, bis mir die Arme abfallen - der Hund wird nach wie vor die Katze als lohnenswerter empfinden. Ich kann den Hund ja aber nicht einfach nur im Haus halten und nie mehr nach draussen gehen. Wenn ich also nur positiv verstärken möchte, habe ich in dieser Situation nur drei Möglichkeiten: ich lebe damit, ich ziehe um oder ich gebe den Hund ab.

    Hallo,

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    3) Der Tipp mit Frolic in der Tasche ist vielleicht als Notnagel keine schlechte Idee, werde ich in Zukunft wohl mal ausprobieren. Wenn die Hunde mich dann in freudiger Erwartung abpassen, kann ich damit gut leben. :D
    Aber nicht, dass ich dann mit 20 Hunden im Schlepptau nach Hause laufen muss :lachtot:
    Wie gut ist denn das Gedächtsnis von Hunden so? Sagen wir ich laufe da morgen früh noch einmal lang. Hunde kommen wieder, ich "besteche" sie erfolgreich. Wenn ich dann in 2 Wochen erst wieder da lang laufe, erinnern die sich noch an mich?

    Jein - das Gedächtnis von Hunden ist ziemlich gut, aber da man so einen Hund ja schlecht fragen kann 'haste das jetz kapiert?' weiss man erst, ob der Hund das, was man ihm beibringen wollte, auch funktioniert, wenn man es testet. Die Chance ist sehr gering, dass nach einmaligem Leckerli-Werfen bereits eine positive Verknüpfung da ist. Je nachdem wie clever Du belohnst, kann es kürzer oder länger dauern, bis sie begriffen haben, dass es sich nicht lohnt, Dich zu vertreiben. Wenn Du wirklich täglich übst und konsequent freundliches Verhalten belohnst würde ich einen realistischen Zeitrahmen zwischen drei Tagen und zwei Wochen sehen.

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    4) Ich werde glaube ich heute Nachmittag da tatsächlich mal mit dem Auto vorbeifahren und gucken, ob man mit den Besitzern reden kann. Einen Versuch ist es Wert, ich möchte ja kein Riesenfass aufmachen.
    Als ich da in der Situation stand, wusste ich aber auch nicht wirklich, was ich machen sollte. So nach 2 Minuten habe ich ernsthaft mit dem Gedanken gespielt 110 zu wählen. :(

    Verständlich. Ich hielte es für eine gute Strategie, die Besitzer zu fragen wie Du denn mit den Hunden umgehen sollst, wenn du sie denn joggenderweise antriffst, anstatt z.B. mit Beschuldigungen um Dich zu werfen. Kann sein, dass Dir von irgendwelcher Seite her auch geraten wird, Dich mit verschiedensten Sprays auszurüsten und die Hunde damit fern zu halten. Das ist allerdings keine besonders gute Idee, denn einerseits stimmt das die Hunde Joggern gegenüber nicht gerade freundlicher und wenn Du andererseits an einen Hund gerätst, den das nicht sonderlich beeindruckt oder ihn zu einer 'jetzt erst recht' Haltung motiviert, hast Du ein echtes Problem.

    Hallo,

    Dieses Problem verstehe ich gut und ich finde es toll, dass Du Dich damit an Hundebesitzer wendest. Ich würde mich wundern, wenn erstens die Hundebesitzer wegen eines einsamen Joggers ihre Hunde einsperren würden und zweitens das Ordnungsamt ausrücken würde - nichts ist unmöglich, aber in ländlichen Gegenden, in denen es üblich ist, die Hunde auf dem Hof frei laufen zu lassen, ticken die Uhren meist noch etwas anders.

    Als Soforthilfe kannst du versuchen, einige Leckerbissen für die Hunde mitzunehmen, bis sie sich an Dich gewöhnt haben. Hunde sind sehr bestechlich und wenn da einer kommt, der ihnen etwas zu Fressen hinwirft, werden sie sich mit grosser Wahrscheinlichkeit dem Leckerbissen zuwenden. Dafür in Frage kommen zum Beispiel Brot - das kann auch altes, aber bitte nicht schimmeliges sein - Wurst- oder Käsestückchen, oder eine Handvoll Hundefutter. Brot, Käse und Wurst sind natürlich nicht gerade optimales Hundefutter, aber viele Hunde nehmen diese Dinge gerne an - und Du willst die Tiere damit ja nicht ernähren, sondern Dir vom Leibe halten.

    Achte darauf, den Hunden das Futter nicht dann hinzuwerfen, wenn sie sich Dir gerade unfreundlich nähern, sonst lernen sie, dass es sich lohnt, wenn man Dich bedroht. Was Du ihnen beibringen willst, ist im Gegenteil, dass Du harmlos bist und sie einen Leckerbissen kriegen, wenn sie Dich in Ruhe lassen.

    Hallo GhAres,

    Gerne geschehen. :smile:

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    Die Videos zu "Leave it" sind ja höchstinteressant. Ares und ich haben es gerade geübt. Mit Trockenfleisch klappte es bereits recht gut! Bei der Leber sind wir gscheitert, dann habe ich das Futter wortlos wieder eingepackt und bin gegangen.

    Einfach dran bleiben - ein Hund generalisiert nicht wie wir, kann also sein, dass Du das 'Spiel' mit der Leber noch einmal ganz von vorne beginnen musst. Hunde, die bisher nicht geclickt wurden, bzw. bisher nie selber ihr Hirn einschalten und sich um eine Lösung bemühen mussten, können das nicht plötzlich auf Anhieb. Übe einfach weiter, bleib konsequent und denk daran: Hundetraining soll Spass machen - und zwar Dir und dem Hund! Dann wird es bald auch mit der Leber klappen.

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    Kannst du die anderen Videos dieser Youtuberin empfehlen?

    Auf jeden Fall. Kikopup ist zwar eine 'Hardcore'-Clickerin, d.h. sie lehnt sogar ein 'Nein' im Hundetraining ab, aber ihre Videos sind durchwegs instruktiv. So militant muss man die Sache natürlich nicht unbedingt angehen, aber ich finde ihre Videos interessant und fundiert erklärt. Es gibt viele Videos von Leuten, die mit ihren Hunden über positive Verstärkung arbeiten. Schau Dir die Videos an und übernimm das, was Du für Dich brauchen kannst.

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    Denkt ihr, dass einem Hunde gravierende Fehler lange übel nehmen? Mich plagt das schlechte Gewissen.

    Das ist zu menschlich gedacht. Hunde sind nicht nachtragend so wie wir das kennen. Wenn Dich die vergangenen Erfahrungen und ihre Konsequenzen allerdings zum Umdenken bewegt haben, wird sich das auch auf die Beziehung zwischen Dir und Deinem Hund auswirken. Wirst Du berechenbarer und bringst dem Hund erst bei, was Du von ihm willst, bevor Du Dir überlegst, ob Du ein Nichtbefolgen strafen möchtest, wird das gegenseitige Vertrauen und die Freude miteinander zu arbeiten, signifikant ansteigen.

    Ich glaube auch, dass das nicht die richtige Hundeschule für Dich ist. Gerade die 'Windigen' habe ich als häufig sehr sensibel erlebt. Während die Europäer einem ja auch schon mal einen Ausrutscher verzeihen, hat man es sich bei den Arabern und Persern mit Grobheiten allerdings sehr schnell verscherzt. Ein Hoch also auf Deinen Grey, der Dir diesen Umgang also nicht krumm nimmt.

    Ich bin ein grosser Fan davon, dem Hund so weit wie möglich mit positiver Verstärkung beizubringen. Ich glaube, dass ein Hund durchaus ein 'Nein' kennen und darauf auch reagieren können sollte - aber dafür brauche ich keine 'Pseudobisse' oder eine viertelstündige Diskussion an der am Halsband geruckt und gezogen wird.

    'Aus' oder 'Lass es' kann man dem Hund z.B. auch so beibringen.

    https://www.youtube.com/watch?annotati…A&v=zNAOe1djDyc

    oder

    https://www.youtube.com/watch?v=pEeS2dPpPtA

    Der Hund lernt dabei nicht, dass er vom Menschen gestraft wird, wenn er den Keks nimmt, sondern, dass es sich für ihn viel mehr lohnt auf den Menschen zu hören als sich selbst zu bedienen. Ich belohne während des ganzen Aufbaus übrigens konsequent mit einer für den Hund hochwertigeren Belohnung als dem Futter, das ich auf den Boden schmeisse (normalerweise das ödeste Trockenfutter, das ich finden kann). Erst dann gehe ich dazu über, ab und zu gleichwertiges Futter zu geben oder dann später eben einfach eine 'normale' Belohnung. Heute habe ich ausnahmslos Hunde, die man problemlos selbst von den besten 'Leckereien' abrufen kann - natürlich ohne, dass ich jedes Mal mit einer Superbelohnung aufwarten muss.

    Hallo zusammen,

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    Oft wird ja angedeutet, dass clickern zwar lustig ist, aber quasi nichts für "härtere" Fälle ist. Ich gebe zu, ich kenne keine "Red Zone" Hunde persönlich. Der Begriff ist ja auch ziemlich von C.M. geprägt, ich würds so definieren, dass es gefährliche Hunde sind, die schonmal gebissen oder sogar getötet haben.

    Ja, Clickerer haben oft den Ruf, 'Wattebäuschchenwerfer' zu sein, weil sie es, ehrlich gesagt, manchmal auch sind. Es erinnert mich etwas an den Vegetarismus: man fühlt sich als 'normaler' Mensch kaum befugt, etwas dagegen zu sagen, weil Moralvorstellungen da in einen Konflikt mit den Gelüsten kommen - oder um es Freudianisch auszudrücken: das Über-Ich kommt in einen Konflikt mit dem Es. Weil clickern als 'sanft' gilt, zieht es Ökos in Jesuslatschen, die mit sich und der Welt in Harmonie leben wollen, geradezu magisch an. Clickern wird zur Religion erhoben und alles Strafende ist schlecht, uninformiert und wird behandelt gemäss 'Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun'. Dass die Grenzen zwischen Bestärkung und Bestrafung fliessend sein können, dass ich den Hund, um ihn für 'positive Verstärkung' empfänglich zu machen, auch in Isolationshaft setzen oder hungern lassen kann, wird dabei geflissentlich ignoriert. Ich wundere mich, dass noch nie jemand von der 'nicht immer netten Fraktion' da angesetzt und mal nachgehakt hat... Was ich damit sagen will: die Methode oder das Trainingsgerät an sich sind häufig weniger problematisch als derjenige, der sie anwendet. Das gilt beim Clickern genauso wie bei allen anderen Methoden.

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    Aber ich weiß, dass bei meinen Hunden, das Clicker- Training sehr wirksam ist und eigentlich sogar sehr schnell zum Erfolg führt.

    Wenn man weiss, was man tut und wie man es tut, ist Clickern ungeheuer erfolgreich, ja. Meines Erachtens wurde aber viel Schaden angerichtet indem man versucht hat, die Methode nicht nur als durchgehend 'nett' und 'soft', sondern auch als 'für jedermann' und 'ganz einfach' anzupreisen. Clickern ist ungeheuer komplex - wenn man damit langfristige, zuverlässige Resultate erzielen will. Und: auch wenn das gerne propagiert wird, ersetzt es die Beziehungsarbeit nicht.

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    Habt ihr da Erfahrung?

    Ja, auch mit Hunden, die Du 'red zone' nennst.

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    Was denkt ihr, kann man bei Härtefällen nur mit Härte arbeiten?

    Das kommt auf den Hund, den Trainer, das Ziel und die Trainingsumstände an.

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    Kennt ihr solche Fälle persönlich? Wie wird mit den Hunden trainiert?

    Ja. Antwort: siehe oben.

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    Ich hab jetzt etwas recherchiert und bin auf dieses Video gestoßen

    Glaubwürdig wird das für mich erst, wenn ich auch das Video der Anamnese sehen kann, d.h. dieser Hund mit diesem Hundeführer an diesem Ort unter möglichst ähnlichen Umständen vor der ersten Trainingseinheit. Die Erklärung ist nett und ich glaube dieser Hundetrainerin und ihrer Beschreibung ihres Falles gerne - aber es ist nichts weiter als glauben, nicht wissen. Beweisen tut das Video so für uns, die weder den Hund, noch die Situation von vorher kennen, überhaupt nichts.

    Ich arbeite, so weit möglich, mit positiver Verstärkung und gestehe dem Hund zu, zuerst zu lernen, was ich von ihm möchte. Bei vielen Hunden reicht es, diejenigen Verhaltensweisen zu verstärken, die ich gerne haben möchte, aber nicht bei allen.

    Hallo Jilseponie,

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    Zu "unserer" Situation:
    Sie, Emma, Hündin, aus Rumänien von der Straße, Vorgeschichte ansonsten unbekannt, ca. 10-12 Monate alt.
    Ich, Gassigeher im örtl. Tierheim, relativ Hundeunerfahren und dementsprechend manchmal ein wenig ratlos, habe mir vorgenommen jetzt etwas mehr mit Emma zu arbeiten.

    Auch wenn Du es sicher gut meinst, halte ich das für eine schwierige Kombination - mal 'einfach so' an einem Hund herumdoktern kann gut gehen, muss aber nicht. Hat/Kennt das Tierheim keinen Hundetrainer, der Dir wenigstens am Anfang mal zur Seite stehen und Dich beraten könnte?

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    Leider kam sie ca. 2 Wochen später wieder zurück. Grund: Sie sei absolut ängstlich, würde zu Hause in ihrer neuen Familien nicht mehr vor die Tür gehen und teilweise wenn "die Familie sie dazu bringen wolle" Zähne zeigen.

    Seit sie wieder da ist, ist sie um ein vielfaches ängstlicher als vorher und so leider absolut nicht mehr vermittelbar.
    Emma ist im Tierheim ein ganz toller Hund. Verschmust, freundlich, aufgeschlossen, neugierig, andere Rüden gar kein Problem, Hündinnen meist auch nicht.

    Dass sie zurück kam, kann man der 'neuen Ex-Familie' wirklich nicht verübeln. Dieser Hund war meiner Meinung nach von Anfang an nicht vermittelbar - es sei denn, die neue Familie wurde ausdrücklich schon mit der Beschreibung, dass er nicht Gassi gehen möchte, konfrontiert. So oder so, der Rückgabegrund war ja keine Ausrede, sondern schildert ein Verhalten, das die Hündin ja auch zeigt. Der Hund kommt aus Rumänien und lebte, nehme ich an, entweder auf der Strasse oder im Tierheim: das Konzept 'Gassi', wie wir das kennen, ist ihm wahrscheinlich völlig fremd und müsste ihr erst antrainiert werden. Das ist in dem Sinne kein Verhaltens- sondern ein hausgemachtes Problem: der Hund hat einen Kulturschock. Plötzlich prassen tausende von neuen Eindrücken auf ihn ein. Auf der Strasse hätte er sich diesen selbstständig entziehen, bzw. Einfluss darauf nehmen können, ob er sich mit diesen überhaupt auseinander setzen oder lieben fliehen möchte. Jetzt ist er aber an einer Leine und kann nicht mehr fliehen.

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    Alleine das Tierheim verlassen: Nicht möglich. Sie macht keinen Schritt. (Solange man auf dem Gelände ist, geht sie eigentlich an der Leine überall mit hin). Mit vielen Leckerli kommt man evtl noch 10 Meter vom Eingangstor weg. Danach legt sie sich hin, oder besser gesagt, kauert sie sich ins Gras, und geht keinen Meter mehr weiter.

    Das ist in dem Sinne kein Verhaltens- sondern ein hausgemachtes Problem: der Hund hat einen Kulturschock. Plötzlich prassen tausende von neuen Eindrücken auf ihn ein. Auf der Strasse hätte er sich diesen selbstständig entziehen, bzw. Einfluss darauf nehmen können, ob er sich mit diesen überhaupt auseinander setzen oder lieben fliehen möchte. Jetzt aber hängt man ihn plötzlich an eine Leine und nimmt ihm die Möglichkeit zur Flucht. Der Hund wählt hier noch die netteste Variante: er kauert sich ins Gras und wählt somit die einzige Art von 'Flucht', die ihm noch geblieben ist. Genausogut könnte er um sich beissen oder auf alles los gehen, was ihm nicht geheuer ist. Das Problem ist nicht, dass der Hund nicht leinenführig ist, sondern er seiner Umgebung nicht traut. Soll sich das ändern, muss man ihm zeigen, dass dieser neue Ort durchaus seine guten Seiten hat. Manche ehemalige Strassenhunde lernen das irgendwann, andere nie. Letzteren hat man keinen Gefallen getan, sie in ein neues Land zu transportieren.

    Ich würde an den 10 Metern arbeiten, die sie ja schon mit Dir kommt - aber sie keinesfalls zwingen, weiter weg zu gehen. Sie muss jetzt noch nicht weiter weg, sondern soll Vertrauen aufbauen. Das wird aber nicht damit aufgebaut, dass man sie dauernd durch die Gegend schleppt und sie immer wieder die Erfahrung machen muss, dass Menschen sie bloss in fürchterlich unsichere Gebiete bringen. Futter gibt es (zumindest an dem Tag, an dem Du da bist) nur in den kritischen 10 Metern - verlange aber nichts Unmögliches. Geht sie die 10 Meter gern und folgt Dir willig, kannst Du einen, oder zwei Schritte weiter gehen und ihr das Futter dort anbieten. Arbeite nicht zu schnell - das kann Wochen dauern. Kontrolliere Dein Umfeld und stelle sicher, dass ihr während Du mit ihr arbeitst, auf keine anderen Hunde triffst, bzw. nur auf solche, die angeleint sind und halte so viel Distanz wie möglich. Biete ihr dann Futter an, wenn ihr einen anderen Hund seht.

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    Nimmt man ihren Kumpel mit zum Gassi gehen, ist es wiederum kein Problem. Dann folgt sie ihm eigentlich überall mit hin.
    (soweit so gut, ist ja immerhin schonmal ein Anfang).

    Ein anderer, bereits 'zivilisierter' Hund gibt ihr - wie bei Strassenhunden sehr häufig - mehr Sicherheit. Sie wäre in einem Mehrhundehaushalt also wahrscheinlich besser aufgehoben.

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    Beruhigend streicheln? - Dann denkt sie doch nur, dass sie berechtigte Angst hat, oder?
    Ignorieren? - Wie kann sich die Situation dann bessern?
    Weiterzerren? - Druck bei einer ängstlichen Hündin aufbauen wiederstrebt mir...

    Während manche Trainer mittlerweile sagen, dass Angst sich durch Zuneigung nicht verstärken lässt, und abgesehen davon, dass Streicheln alleine die Situation auch nicht verbessern wird, hast Du hier schon die richtige Intuition: alle diese Varianten sind nicht eben weiterführend. Was also tun? Den Hund erstmal gar nicht in die Situation kommen zu lassen und Dir bis dahin überlegen, was Du vom Hund willst, anstatt Dir darüber den Kopf zu zerbrechen, welches Verhalten Du vom Hund nicht willst.

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    - Trennen von dem Rüden ohne Weltuntergang zu beschwören
    Vorm Gassigehen schonmal auf dem Gelände von ihrem Kumpel wegführen, entspannen lassen. Beim Gassigehen mit ihm auch mal um eine Ecke verschwinden (mein Mann geht immer mit). Im TH von ihm wegführen ist schon fast kein Problem mehr.
    Außerhalb sich kurz trennen, wird langsam auch akzeptiert. Aber alleine weitergehen ist noch nicht möglich. Sie wartet dann halt auf ihren Kumpel.

    Verständlich. Gerade vertrauenserweckend sind die Massnahmen, die Menschen mit ihr machen, bisher ja nicht. Kommen die, wird man gefesselt und von der einzigen psychischen Stütze, die man in diesem unbekannten Umfeld noch hat, weggeführt...

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    Mir ist bewusst, dass eigentlich täglich mehrfach mit ihr geübt werden müsste. Vor allem die Basics. Dafür hat das Personal aber keine Zeit. Ebenso wenig wie ich.

    Und hier merkst Du ja selber, dass das Unterfangen, das Du Dir aufgehalst hast, ethisch vielleicht löblich, praktisch dann aber doch schwierig ist. Denn: wer arbeitet mit dem Hund, wenn Du nicht da bist? Nur Du oder darf in dem Tierheim einfach jeder mal an jeden Hund ran, der gerade lustig ist, Zeit und eine neue Idee hat? Werden die neuen Besitzer mit Trainingsanleitungen unterstützt oder ist jeder einfach ein Versager und kein richtiger Tierfreund, der den Hund wieder zurück bringt? Wenn das Personal keine Zeit hat, mit dem Hund zu trainieren: ist dann trotzdem garantiert, dass der Hund an den Tagen, an denen Du nicht da bist, nicht doch 'Gassi' geführt wird? Dann bliebe Deine noble Absicht leider nichts weiter als das.

    Hallo Yunari,

    Im Grundsatz sind wir uns ja einig. Eines möchte ich aber noch anmerken: der Saarlos sollte ursprünglich schon auch als Diensthund eingesetzt werden - und zwar womöglich in allen Sparten, genauso wie der Deutsche Schäferhund, den er ja verbessern sollte. Dass er, laut Standard 'nicht in Hinsicht auf eine besondere Dienstleistung gezüchtet worden' ist, beschönigt so ein bisschen, dass er diesem Anspruch dann doch nicht gerecht werden konnte.

    Die Tatsache, dass 'auserlesene Tiere dieser neuen Rasse als Blindenführhunde gute Dienste leisteten' heisst aber nicht, dass er eigentlich dafür gezüchtet wurde - dieses Ziel hatte Leendert Saarlos sicher nicht in erster Linie vor Augen, als er einen neuen Diensthund schaffen wollte. Der Standard macht das fairerweise auch sehr explizit und sagt, dass man die Hunde deshalb 'zunächst zu dieser Arbeit geeignet' hielt. Wenn ein Hund allerdings als 'Lebhafter, von Energie strotzender Hund, der einen stolzen und unabhängigen Charakter aufweist' und nur 'aus eigenem freien Willen gehorsam' ist und über einen 'wolfähnliche[n] Fluchttrieb in unbekannten Situation' verfügt, braucht man nicht viel Fantasie, wie auserlesen diejenigen Tiere gewesen sein müssen, die sich dann trotz dieser Eigenschaften wenn schon zu nichts anderem 'wenigstens' zum Blindenhund ausbilden liessen. Es ist kein Zufall, dass man normalerweise für die Blindenhundearbeit eher Tiere wählt, die resilient, zuverlässig und freundlich, aber nicht übermässig lebhaft sind. Aus diesem Grund sind auch 80% der Blindenhunde Labrador Retriever - und kastriert (siehe http://www.blindenhundeschule.ch/fuehrhunde/fra…fuehrhunde.html). Dass sie als Diensthund oder eben Blindenhund nicht geeignet sind, macht die Wolfhunde natürlich weder besser noch schlechter, aber es wäre falsch, damit zu werben.

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    Man sollte zu einem Wolfhund passen, dann ist er ein wunderbar einfacher Hund. Passt man nicht, ist er aber auch kein Hund, der sich dir anpassen wird (wie es die meisten anderen Hunderassen tun bzw. eben hinnehmen müssen) und dann kommt es automatisch zu Problemen.

    Das würde ich absolut so unterschreiben. Es liegt mir fern, irgend jemandem eine Rasse ein- oder auszureden, ich halte es nur für wichtig, dass man sich zunächst darüber informiert, was man sich ins Haus holt und ob man bereit ist, gewisse Möglichkeiten, die eben rassetypisch sein können - aber nicht müssen! - in Kauf zu nehmen. Von den Voraussetzungen her sprechen Deine Beiträge ja durchaus nicht gegen einen Wolfhund, Sacco.

    Ich finde Ausstellungen aufschlussreich, nicht weil ich an den Ergebnissen per se interessiert wäre, sondern um einen direkten Vergleich der Haltergemeinschaften, der Hunde und der verschiedenen Rassen untereinander zu haben. Es macht einen riesigen Unterschied, ob ich am Golden Retriever Ring, am Dobermann Ring oder eben am TWH Ring stehe, sowohl in Bezug auf das Auftreten der Hunde, als auch auf die diversen Menschen drum herum. Man sieht hier eine grössere Gruppe der bestimmten Rasse nicht nur unter sich, sondern auch unter anderen Hunden - und unter ganz besonderen Umständen.

    Hallo Yunari,

    Dass die beiden Rassen heute unterschiedlich sind, stimmt einerseits, andererseits sind Ursprung und Gesinnung aber schon sehr ähnlich. An ursprünglichen Unterscheidungen ist da, dass

    - der Saarlos etwas früher (in den 1930er Jahren) entstanden ist
    - der Saarlos aus DSH und sibirisch-europäischem Wolf, der TWH aus DSH und einem Karpatenwolf entstand

    aber dass

    - man in beiden Fällen eine neue, bessere Diensthunderasse kreieren und die gängigen Deutschen Schäfer 'verbessern' wollte stand bei beiden Experimenten im Vordergrund.

    Der Widerspruch zwischen Diensthund und Familienhund steht heute noch meiner Meinung nach sehr offensichtlich im Standart des Saarlos. Einerseits steht, dass Saarlos 'beabsichtigte, als Liebhaber des Deutschen Schäferhundes, in diese
    Rasse die natürlichen Eigenschaften zurückzuzüchten, damit ein
    besserer Gebrauchshund entstehe', andererseits aber auch: 'Der Saarloswolfhond nicht in Hinsicht auf
    eine besondere Dienstleistung gezüchtet worden ist; er besitzt
    Eigenschaften, die es ihm ermöglichen, ein treuer und zuverlässiger
    Gesellschafts-und Haushund zu sein.'

    Dass die Zucht der beiden Rassen in unterschiedliche Richtung gegangen sein will, ist verständlich - trotzdem sind die beiden Rassen sich näher als das die Rasseklubs allgemein wahr haben möchten. Der Unterschied zwischen einem (unter Umständen) ähnlich aussehenden Husky und den beiden Wolfhunden ist dennoch nach wie vor um ein Vielfaches grösser als zwischen den letzteren beiden.