Den Ball kann ich flach werfen, so dass der Hund nicht springt, das ist der Unterschied. Er hat schon als Junghund gelernt, zum "Auspowern" die Scheibe mit den bizarrsten Verrenkungen in der Luft zu fangen. Außerdem läuft er normalerweise erst einen Halbkreis und stellt sich mir gegenüber auf, dann erst werfe ich. Je nachdem, welche Formationen ich ihn um Bäume etc. laufen lasse, bevor er sich mir gegenüber aufbaut, ist auch das Tempo unterschiedlich.
Er bot mir dieses Kreislaufen von sich aus an, also habe ich es einfach ausgebaut.
Ich achte schon darauf, dass Erwin nicht springt und nach Möglichkeit auch nicht galoppiert. Am Fahrrad läuft er von sich aus mittlerweile so schön im Trab - immer vorausgesetzt, es kommt kein Auto...
Natürlich können auch Hütehunde "gut" suchen, aber sie suchen anders als Jagdhunde, das ist zumindest mein Eindruck: dass sie es eher als Denksportaufgabe lernen, wenn Ihr versteht, was ich meine.
Ich will es deswegen nicht haben, weil ich die Erfahrung gemacht habe, wenn die klugen Biester etwas können, dann wenden sie es auch an, d. h. meine Befürchtung ist, dass dann mal eben auf eine Wildspur umgeschaltet wird... und das bekomme ich als Mensch nicht mit! Reagiert der Hund auf einen Sichtreiz und kann ich ihn gut genug lesen, kann ich eingreifen... Seit wir morgens die erste Runde im Dunklen fahren, läuft er auch ohne Leine - eben weil er nicht sieht, was er schon allein an Rehen jagen könnte...
Der Beruf meiner bisherigen Hunde war nämlich immer "Begleiter", und dazu sollten sie schon halbwegs kontrollierbar in Wald und Flur sein.
Daher habe ich gezielt einen jungen, bewegungsfreudigen Hund gesucht, mit dem ich als Ausgleich zu meinem sitzenden Beruf und zu diesem riesigen, alten Haus mit der ganzen Putzarbeit so richtig schön rumkomme in dieser wunderschönen Gegend, ohne den Hund immer an der Leine haben zu müssen.
(Madame Cattledog hat leider schwer Arthrose und bewegt sich meist im Tempo eines zweijährigen Kindes fort. Mit ihr wackele ich rund um den Hof über Weiden und Felder, wo sie frei laufen und mausen kann. Auch sie ist Nasen-Analphabetin, hat aber den 7. Sinn, wenn sich irgendwo ein Mensch oder auch mal ein ausgebrochenes Rindvieh zeigt.)
Und ich denke, Erwin macht sich ganz gut, er kennt schon "Briefkasten" (der nächste ist ca. 1 km von hier entfernt) und die Namen diverser Nachbarn (wobei hier alles in einer Entfernung von 3 km Luftlinie als "Nachbar" bezeichnet wird), wo immer mal was vorbeizubringen oder abzuholen ist, was ich dann mit Rad und Hund übernehme - und der Hund mir zeigen soll, wo es hingeht, wenn ich z. B. "Briefkasten" sage.
Ich kann ihn mit zum Einkaufen in die nächstgrößere Ortschaft nehmen, er fährt Bus & Bahn, benimmt sich im Restaurant, ist fremden Leuten und Hunden gegenüber nicht aufdringlich, sondern begegnet ihnen mit freundlichem Desinteresse, Hauptsache, er kommt mit.
Natürlich wäre er besser an Schafen ausgebildet worden, denn ich denke, das könnte er schon, wenn ich ihn auch nicht als besonders durchsetzungsfähig einschätze, aber ich war zum Schluss die einzige Interessentin, die übrig blieb... ich wäre die Letzte gewesen, die auf dem Hund bestanden hätte, wenn jemand dagewesen wäre, der ihn für Schafe gewollt hätte.
Ich kann ihm mit dem Ball und seinen Riesenkreisen auf diversen Wiesen nur einen müden Abklatsch davon bieten, das ist mir schon klar, ebenso, dass er vielleicht mit seinen ganzen Allergien in einem weniger mit Schimmelpilz, Futtermilbe & Co. belasteten Umfeld besser aufgehoben wäre.
Nichtsdestotrotz, wir lieben ihn sehr und möchten ihn auch nicht mehr missen, und ich glaube, ganz soo unwohl fühlt er sich hier auch nicht.
Caterina