curly87: Tja, mit Hundebüchern und -trainern ist es genau wie mit Elternratgebern:
Grau ist alle Theorie...
Hunde funktionieren nun mal nicht nach Anleitung, und während einem die Natur für den eigenen Nachwuchs normalerweise über den Arterhaltungstrieb ein gerüttelt Maß an Intuition mitgegeben hat, ist es bei einer artfremden Spezies nun mal nicht selbstverständlich, dass man erspürt, wie der Hund so drauf ist, was für Bedürfnisse er gerade hat.
Ich vermute ganz stark, dass es bei Dir daran krankt. Für mich braucht der Hund keine Chefs, sondern jemanden, der ihn in dem Leben, das er führen soll, vernünftig aufgleist, und das funktioniert, ähnlich wie bei Kindern, nach dem Prinzip Fordern und Fördern: Hey, Du kaust mir nicht die Kinder an, dafür spiele ich mit Dir.
Für mich gehören Sennenhunde zu den Rassen, bei denen man auch meinen sollte, was man sagt.
Da niemand hier eine Glaskugel hat und Deinen Umgang mit dem Hund sieht, eine Frage (bzw. zwei): Wie kopfgesteuert und theorielastig ist Dein Umgang mit dem Hund? Hast Du das Gefühl, Du verstehst ihn?
[Ich hatte mal ein Aha-Erlebnis mit dem vorigen Cattledog, als ich noch nicht hier auf dem Bauernhof bei meinem Freund wohnte, sondern immer nur zu Besuch kam. Ich schob mit dem Mistschieber - muss man sich ähnlich wie einen Schneeschieber vorstellen, also groß und mit Stahlblech vorne dran - Spalten ab und trieb dabei mit Hund die Kühe weiter zum Melkstand. Aus irgendeinem Grund hatte Miss Haifischlächeln eine Kuh auf dem Kieker, die etwas lahmte, warum, weiß ich nicht mehr. Sie legte sich zwischendurch immer wieder im Stroh ab, und ich musste den Hund immer wieder abrufen, weil das Aas der Kuh genau beim Aufstehen in die Hacken wollte. Die Kuh ging aber voran, also war eigentlich kein Grund für dieses ständige Scheuchen, was der Hund auch wusste.
Irgendwann reichte es mir, und ich dachte, versuch's noch einmal, und ich hau Dir mit dem Mistschieber vor die Glocke.
Die kleine Natter schlich sich auch geduckt an, und ich nahm den Schieber einfach nur hoch, hielt ihn noch nicht mal in ihre Richtung, und blieb still stehen. Ich sagte kein Wort, sondern sah sie nur an. In einem Comic hätte ich eine Gedankenblase mit Gewitterwolken und geballten Fäusten über dem Kopf gehabt.
Plötzlich dreht der Hund ab, richtet sich auf, klappt die Ohren ein und wedelt, so nach dem Motto, na, die habe ich gut im Griff, nicht wahr?]
Du schreibst, Ihr habt einen strukturierten Tagesablauf, der Hund aber nicht. Warum?
Wenn er bei Euch leben soll, muss er in Euren strukturierten Tagesablauf mit eingebunden werden. Sich wiederholende Abläufe geben Sicherheit und machen Euch für den Hund berechenbarer.
Meine Trainerin empfahl mir sogar, nicht immer alles zur gleichen Zeit zu machen, um keine Erwartungshaltung im Hund hervor zu rufen.
Das da ist für mich, mit Verlaub gesagt, ein Stück gequirlte Kacke der modernen Hundehaltung. Warum sollte ein Hund, der mit einem in der Familie lebt, keine Erwartungen haben dürfen? Sich auf schöne Dinge im Tagesablauf freuen dürfen? M. E. erzeugt man mit dieser Nebelwerfermethode das genaue Gegenteil, nämlich eine permanente Erwartungshaltung.
Caterina